Sieghard von Schauenburg

46. Abt des Klosters Lorsch

Sieghard von Schauenburg (* 1120[1]; † 14. Juli 1198[2]) (auch Sighart oder Sigehard) war der 46. Abt des Klosters Lorsch.

Urkunde: Schlichtung des Streits zwischen dem Bischof von Speyer und Kloster Maulbronn, mit dem Siegel Sieghards von Schaumburg, Abt des Klosters Lorsch

Sieghard entstammte dem Adelsgeschlecht der Schauenburger. Seine Eltern waren Graf Gerhard von Schauenburg und Heilicka von Burgeck. Aus dieser Ehe gingen weiter drei weitere Söhne hervor: Gerhard II., Berthold und Gottfried. Ein Bruder seines Vaters war Siegfried II. von Wolfsölden, der von 1127 bis 1146 Bischof von Speyer war[3].

 
Sieghard von Wolfsölden
 
 
 
Uta von Calw
 
 
Berthold von Burgeck
 
 
 
Beatrix von Dachau
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Siegfried II. von Wolfsölden
 
 
 
Gerhard von Schauenburg
 
 
 
 
 
Heilicka von Burgeck
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gerhard II. von Schauenburg
 
 
Sieghard von Schauenburg
 
 
Berthold I. von Schauenburg
 
 
Gottfried von Schauenburg

Der Familiensitz der Schauenburger befand sich auf der Schauenburg bei Dossenheim.[4][5] Im Jahr 1147 trat Sieghard in das Kloster Hirsau ein. 1150 wechselte er als Mönch nach Lorsch[1], wo er 1167 Abt wurde[6]. Dieses Amt hatte er 31 Jahre inne und wurde darin nur von Abt Adalung, der 33 Jahre lang regierte, übertroffen. Sieghard starb am 14. Juli 1198.

Während Sieghards Abbatiat wurde zwischen 1170 und 1195 der berühmte Lorscher Codex zusammengestellt. Dieses Werk enthält eine Chronik des Klosters seit der Gründung und 3836 Abschriften von Urkunden, die vor allem auf die Übertragung von Grundbesitz betreffen. Der Chronist beschreibt Sieghards Abtszeit als „unter keinen guten Vorzeichen“ stehend und betrachtet sie sogar als den Beginn des „unaufhaltsamen Abstiegs“. Andererseits folgt auf diese Vorbemerkungen eine Urkunde, in der der Papst der Abtei und seinen Besitzungen seinen persönlichen Schutz zusichert. Der Chronist deutet an, dass dieser Schutz durch die einflussreiche Familie des Abtes erwirkt worden sei.[6]

Sieghard war Spross einer einflussreichen und begüterten Familie. Zusammen mit seinen Brüdern stiftete er dem Kloster wertvolle Besitztümer, darunter ein Hofgut in der Nähe des Marktes in Weinheim sowie Weinberge, Wiesen und Ackerland[7]. Aus anderen Urkunden wissen wir, dass Sieghard ein bei Kaiser, Papst und Kardinälen geschätzter Ratgeber war. So wird er beispielsweise in einem Schiedsspruch Friedrichs I. im Streit zwischen Klerus und Bürgerschaft zu Mainz als Mitautor eines Gutachtens von „im Kirchenrecht bewanderte Personen“ genannt[8]. Oder an anderer Stelle finden wir ihn zusammen mit anderen als Schlichter eines Streits zwischen dem Bischof von Speyer und Kloster Maulbronn[9].

Die Frage nach der Autorenschaft des Nibelungenlieds

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Es gibt die höchst umstrittene Theorie, wonach Sieghard der Autor des Nibelungenlieds gewesen sei. Diese Hypothese wird unter anderem durch die geografische Nähe von Lorsch zu Orten, die in der Sage erwähnt werden, sowie durch biografische Verbindungen Sieghards zur höfischen Gesellschaft in Speyer und Worms gestützt. Zudem tragen eine Großmutter namens Ute und ein Onkel namens Siegfried die gleichen Namen wie zwei der Protagonisten des Epos, deren Gräber laut der Handschrift C des Nibelungenlieds in Lorsch („ze Lorze“) vermutet werden.[1] Diese Theorie wird jedoch von anderen Forschern als unhaltbar und schlecht belegt zurückgewiesen[10][11].

Einzelnachweise

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  1. a b c Wolfgang Selzer: Lorsch und das Nibelungenlied. Lorsch 1964, Laurissa Jubilans, S. 106–114, S. 113.
  2. Karl Josef Minst: Die benediktinischen Fürstäbte des Klosters Lorsch. Lorsch 1964, Laurissa Jubilans, S. 71–76, hier: S. 75.
  3. von Wolfsölden, Siegfried II. In: Genealogische Datenbank Bohrer. Abgerufen am 12. Juni 2024.
  4. von Schauenburg, Gerhard I. In: Genealogische Datenbank Bohrer. Abgerufen am 12. Juni 2024.
  5. von Burgeck, Heilicka. In: Genealogische Datenbank Bohrer. Abgerufen am 12. Juni 2024.
  6. a b Chronicon. Urkunden Nrn 1–166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764–1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten. In: Lorscher Codex. Band 1. Verlag Laurissa, Lorsch 1966, Vermerke 164 a und b, Urkunde 164 (Reg. 3653) (uni-heidelberg.de).
  7. Schenkungsurkunden Nr. 2911–3836. In: Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch. Band 5. Verlag Laurissa, Lorsch 1971, Urkunde 3822 (uni-heidelberg.de).
  8. Schiedsspruch Friedrichs I. im Streit zwischen Klerus und Bürgerschaft zu Mainz. In: Archivium Laurishamense – digital. Abgerufen am 12. Juli 2024.
  9. Schlichtung des Streits zwischen dem Bischof von Speyer und Kloster Maulbronn. In: Archivium Laurishamense – digital. Abgerufen am 12. Juli 2024.
  10. Wolfgang Hochbruck: Die Verbindung des Klosters Lorsch zum Nibelungenlied. In: Geschichtsblätter Kreis Bergstrasse. Nr. 17, 1984, S. 41–50, hier: S. 41 (researchgate.net).
  11. Julius Reinhard Dieterich: Der Dichter des Nibelungenliedes. Ein Versuch. In: Jahresgabe der Gesellschaft hessischer Bücherfreunde. Darmstadt 1923, hier:S. 156 (digitale-sammlungen.de).