Slovenska Koroška
Als Slowenisches Kärnten oder Slovenska Koroška (slowenisch Koroška für Kärnten) werden Landesteile des ehemaligen Kronlandes Kärnten bezeichnet, die seit 1918 zu Jugoslawien bzw. Slowenien gehören.[1]
Slowenische Teile des ehemaligen Kronlandes Kärnten (Slovenska Koroška)
BearbeitenAls Landesteil Koroška oder Slovenska Koroška der Republik Slowenien bezeichnet man jene Teile des einstigen Herzogtums Kärnten, die nach dem Zusammenbruch der österreich-ungarischen Monarchie am Ende des Ersten Weltkrieges durch den Vertrag von Saint-Germain ohne Volksabstimmung an den SHS-Staat gefallen waren.
Es handelt sich dabei um zwei geographisch getrennte Gebiete (auf der Karte gelb):
- das Drautal flussabwärts von der Staatsgrenze zwischen Slowenien und Österreich bis einschließlich Dravograd (Unterdrauburg) sowie das dort einmündende Mießtal,
- das Jezersko (Seeland), das sich oberhalb von Kranj (Krainburg) befindet.
Das Bewusstsein der Region Slowenisch-Kärnten (Koroška) und die Erweiterung einiger Teile der ehemaligen Untersteiermark wird mit den historischen Erkenntnissen auf das Fürstentum Karantanien legitimiert. Karantanien soll sich bis ins Gebiet der ehemaligen Untersteiermark erstreckt haben, eine Annahme, die 2003 durch die Entdeckung von Mauerresten des ältesten Kirchenbaus aus karolingischer Zeit auf vermutlich karantanischem Gebiet im Bereich der Georgskirche von Legen (Slovenj Gradec)/Lechen (Windischgrätz), jetzt einem Ortsteil von Windischgraz/Slovenj Gradec, erhärtet wird. Die slowenische Untersteiermark bis ins Savetal, dürfte ebenfalls dazu gehört haben. Der Historiker Herwig Wolfram[2] nimmt an, dass die Karantanen auf mehr als 35 % des heute österreichischen und etwa 10 bis 15 % des slowenischen Staatsgebietes ihre frühmittelalterliche Staatlichkeit entwickelten. In Bewusstsein, Brauchtum und Mundart der Bewohner ist die historische Teilung des slowenischen Sprachraumes nach wie vor tief verankert, noch verstärkt durch die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgte Umbenennung[3] der Orte Guštanj (Gutenstein) und Črna (Schwarzenbach) in Ravne na Koroškem bzw. Črna na Koroškem („in Kärnten“).
Im Zuge der Expansion des Dritten Reiches im Zweiten Weltkrieg kamen alle zur heutigen statistischen Region Koroška gehörigen Gebiete vom April 1941 bis Kriegsende unter deutsche Zivilverwaltung. Der Anschluss dieser Gebiete erfolgte je nach ihrer früheren Zugehörigkeit an die Gaue Kärnten bzw. Steiermark. Die beiden Länder waren dadurch im Zweiten Weltkrieg unter der Bezeichnung „Gau“ in den Kronlandgrenzen von vor 1918 wieder erstanden.[4][5]
Auf dem Gebiet der heutigen Koroška wurden zwischen Mai und August 1945 im Rahmen der kommunistischen Partisanenjustiz rund 15.000 Menschen ermordet.[6] Die größten Sammel- und Massengräber wurden in Holmec (200 Tote),[7] Poljana, Dravograd (200 Tote),[8] und in der Massengrabstätte Liescha (rund 800) aufgefunden.[9] Mit großer Sicherheit liegen in dem Massengrab Liescha (Leše) an die 60 Österreicher neben den vermeintlichen slowenischen Kollaborateuren und kroatische Flüchtlinge (Domobranzen und Ustascha), die bereits tot aus dem gesamten Miestal (Mežiška dolina) dorthin gebracht wurden, ebenso wie die Opfer des Massakers von Bleiburg. In der slowenischen Koroska gibt es verstreut in Wäldern zahlreiche nicht exhumierte Einzelgräber. Die genaue Anzahl der getöteten Altösterreicher ist nicht bekannt. Das größte Massengrab ist in Žančani bei Slovenj Gradec (Windischgratz).[10]
Ab 1945 waren die Gebiete der heutigen slowenischen Region Koroška wieder Teil Jugoslawiens und gehören nunmehr zu Slowenien, das 1991 unabhängig wurde. Zum EU-Beitritt 2004 wurde für die gemeinsamen statistischen Zwecke die Koroška statistična regija (Statistikregion Koroška) geschaffen, die Richtung Süden und in sich zusammenhängend auch Teile der historischen Untersteiermark umfasst.
Die Region umfasst drei Täler – das Meža-, Mislinja- und Drautal in Slowenien und drei Gebirge – Pohorje, Karawanken und Savinjer Alpen.[11][12]
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Arnold Suppan: Jugoslawien und Österreich 1918–1938: bilaterale Aussenpolitik im europäischen Umfeld. Veröffentlichungen des österreichischen Ost- und Südosteuropa-Instituts. Band 14. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1996, ISBN 3-486-56166-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
BearbeitenHistorische Region:
- Fran Ramovšs Karte der slowenischen Mundarten von 1935. (gif-Datei) In: The Slovenian Linguist. 13. September 2000, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 8. Februar 2007; abgerufen im September 2009 (englisch, Aus: Fran Ramovš: Karta slovenskih narečij v priročni izdaji. Cankarjeva založba, Ljubljana 1957 (slowenisch). ).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ France Bernik, Reinhard Lauer: Die Grundlagen der slowenischen Kultur, S. 41. Walter de Gruyter, 2010, ISBN 978-3-11-022077-3 (google.com [abgerufen am 3. Oktober 2023]).
- ↑ Herwig Wolfram: Ethnographie des frühmittelalterlichen Österreich. Aufsatz. In: Wilhelm Baier, Diether Kramer (Hrsg.): Karantanien – Mutter von Kärnten und Steiermark. Verlag Hermagoras, Klagenfurt 2003
- ↑ Slovenia Holidays: Ravne na Koroškem
- ↑ Anordnung des Gauleiters der NSDAP in Kärnten über den Aufbau der NSDAP in den besetzten Gebieten Kärntens und Krains
- ↑ Denkschriften des Gaugrenzlandamtes NSDAP in Kärnten „Das Mießtal“ und „Das Dreieck von Assling“
- ↑ Dežman Jože (Hrsg.): Poročilo Komisije vlade Republike Slovenije za reševanje vprašanj prikritih grobišč 2005–2008, Ljubljana 2008.
- ↑ Abrechnungsfuror in Kroatien, S. 368.
- ↑ Kleine Zeitung – O. A.: Die blutige Grenze (13. Fortsetzung): Es ist lange her seit dem Mord, in: Kleine Zeitung 1953
- ↑ Florian T. Rulitz: Die Tragödie von Bleiburg und Viktring. Partisanengewalt in Kärnten am Beispiel der antikommunistischen Flüchtlinge im Mai 1945. Hermagoras Verlag, Klagenfurt/Ljubljana/Wien, 2011. ISBN 978-3-7086-0616-3, S. 262.
- ↑ Florian T. Rulitz: Die Tragödie von Bleiburg und Viktring. Partisanengewalt in Kärnten am Beispiel der antikommunistischen Flüchtlinge im Mai 1945. Hermagoras Verlag, Klagenfurt/Ljubljana/Wien, 2011. ISBN 978-3-7086-0616-3, S. 263
- ↑ Über Koroška | koroska.si. Abgerufen am 19. August 2023.
- ↑ Regionalna razvojna agencija za Koroško: Koroška. In: RRA Koroška. 23. August 2021, abgerufen am 25. Januar 2024 (deutsch).