Toni Kleefisch

deutscher Architekt

Anton „Toni“ Kleefisch[1] (* 26. Oktober 1888 in Feldkassel; † 22. Oktober 1975)[2][3] war ein deutscher Architekt des 20. Jahrhunderts. Er war überwiegend in Bonn und Umgebung tätig. Kleefischs Werk umfasst Gebäude im Stil des Art déco, des Heimatschutzstils und der sachlichen Nachkriegsmoderne. Er kann als einer der Protagonisten des Wiederaufbaus der Stadt Bonn angesehen werden. Viele seiner Gebäude sind als Kulturdenkmale in die Denkmalliste eingetragen.

 
St. Michael in Bonn von 1953. Beispiel für Kleefischs Sakralbauten der Nachkriegszeit

Geboren im damals noch nicht nach Köln eingemeindeten Feldkassel bei Köln, siedelt die Familie bald nach Friesheim bei Erftstadt über.[3] Nach dem Ende seiner Volksschulzeit geht er bei einem nicht näher benannten Architekten für Kirchenbau in Lehre, was seine spätere Architektenlaufbahn prägen sollte.[3] Im Jahr 1908 tritt er in das Architekturbüro von Jakob Stumpf ein, dessen Teilhaber er nach dem Ersten Weltkrieg wird.[4] Aus dieser Zusammenarbeit gehen in den 1920er Jahren das Studentenhaus Tillmanneum, sowie das Kinogebäude des Bonner Metropol-Theaters hervor. 1932 bis 34 entsteht das Schloss für Auguste Viktoria von Hohenzollern in Umkirch bei Freiburg. Bei diesem Projekt für die Witwe des portugiesischen Königs, kam es zu einem Rechtsstreit zwischen der Bauherrin und Jakob Stumpf, worauf Kleefisch das Projekt alleine beendet.[5]

1933 macht Kleefisch sich mit einem eigenen Büro selbstständig.[3] Offenbar geht die Kooperation mit dem 14 Jahre älteren Stumpf jedoch in einigen Projekten weiter.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Kleefisch für den Wiederaufbau zahlreicher kriegszerstörter Kirchen in Bonn verantwortlich, von denen die wichtigsten das Bonner Münster und St. Remigius gewesen sein dürften. Dies geschieht ab 1947 mit seinem neuen Teilhaber Dipl. Ing. Karl Leyers, wobei das Büro unter Toni Kleefisch B.D.A firmiert. Seine Tätigkeit als Kirchenbaumeister, zu der auch Neubauten, wie St. Michael in der Bonner Weststadt, bildete einen Schwerpunkt seiner Arbeit. Er soll an der Errichtung oder dem Wiederaufbau von rund 30 Kirchen in Bonn, der Eifel und dem Westerwald gewirkt haben.[4] Seine späteren Aufträge ab 1958 führte er mit seinem Sohn Kurt Kleefisch aus, der auch das Architekturbüro weiterführte.[3]

Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt war der Bau neuer Schulgebäude, Studentenhäuser und andere Sozialeinrichtungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Besonders herauszuheben sind der der erste Bonner Schulneubau, das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium,[6] sowie das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium II (heute Friedrich Ebert Gymnasium). Bei beiden Projekten taucht gleichberechtigt auch der Name Karl Leyers als Projektverantwortlicher auf.

Auch seine Tätigkeit für den Verein „Studentenwohl e.V.“, der Vorgängerorganisation des heutigen Studierendenwerks Bonn, ging nach dem Krieg weiter. Sein im Krieg zerstörtes „Tillmanneum“ baute er nach neuen Plänen 1952 als „Wohnheim Tillmannhaus“ wieder auf. Es folgten weitere Wohnheime und Mensen. Gerade seine Bauten für das Studierendenwerk sind zuletzt durch Abrisse oder Umbauten verloren gegangen.

Laut einem Nachruf auf ihn im Bonner General-Anzeiger arbeitete er noch bis kurz vor seinem Tod an Plänen für Umgestaltungen der Krypta und des Hochchores der Bonner Münsterbasilika.[7]

Bauzeit Ort Adresse Bild Objekt Maßnahme Anmerkungen
1923–24 Bonn-Zentrum Lennéstr. 28, Bonn
Lage
  Tillmanneum Neubau[4] Erstes deutsches Studentenhaus benannt nach Fritz Tillmann. Im Zweiten Weltkrieg zerstört
1926[8] Bonn-Auerberg Friedrich-Wöhler-Straße, Bonn
Lage
Verwaltungsgebäude und Werkhallen der Vereinigten Leichtmetall-Werke (VLW) Neubau[4]
1928 Bonn-Zentrum Markt 24, Bonn
Lage
  Kino Metropol-Theater Neubau (mit Jakob Stumpf) Heute als Einzelhandelsfläche genutzt. Die Fassade steht unter Denkmalschutz.[9]
1933–1934 Umkirch
Lage
  Schloss Fulwell-Park im Queen-Auguste-Victoria-Park Neubau (mit Jakob Stumpf).
1940–41, 1948 Bonn-Gronau Adenauerallee 89a, Bonn
Lage
  Villa Bungarten Umgestaltung der gründerzeitlichen Fassade (mit Jakob Stumpf) 1987 Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Bonn.[10]
ab 1946? Bonn-Zentrum Gerhard-von-Are-Straße 5, Bonn
Lage
  Bonner Münster Wiederaufbau[3][4]
1948–50 Rheinbach Hauptstraße 8, Rheinbach
Lage
  St. Martin in Rheinbach Neubau bei Erhaltung des Kirchturms des kriegszerstörten Vorgängerbaus.[11]
1949 Bonn-Zentrum Nassestr. 11, Bonn
Lage
  Mensa Nassestraße Neubau[4] abgebrochen 2021[12]
1949 Kerpen An Burg Mödrath 1, Kerpen
Lage
  Haus Mödrath Umbau zu einem Kinderheim des Malteserordens.[13] Nach weiteren Umbauten heute als Ausstellungshaus genutzt.
1950 Bonn-Poppelsdorf Trierer Straße 59, Bonn
Lage
  Freibad Melbbad Neubau mit Karl Leyers Ein Neubau der Funktionsgebäude ist Seitens der Stadt Bonn geplant (2022).[14]
1950–55 Bonn-Zentrum Brüdergasse 8–10, Bonn
Lage
  St. Remigus Wiederaufbau Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.[15]
1951–52 Bonn-Auerberg Seehausstraße, Bonn
Lage
Werksiedlung der Vereinigten Leichtmetall-Werke Neubau[16]
1951–55 Bonn-Weststadt Endenicher Allee 1–3, Bonn
Lage
  Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium Neubau[6] Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.[17]
1951 Bonn-Zentrum Maarflach 7–13, Bonn
Lage
  Münsterschule Neubau mit Karl Leyers[18]
1952 Bonn-Zentrum Lennéstraße 26–28, Bonn
Lage
  Studentenwohnheim Tillmannhaus Neubau Neubau an der Stelle des im Krieg zerstörten Tillmaneum, abgebrochen 2021[19]
1951–58 Bonn-Bad Godesberg Hindenburgallee 50, Bonn
Lage
  Nicolaus-Cusanus-Gymnasium Neubau als Architektengemeinschaft Kron und Hitz, Kleefisch und Leyersweck Heute Schulgebäude der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule.
1953 Bonn-Lengsdorf Uhlgasse 1, Bonn
Lage
  St. Petri in Ketten Wiederaufbau Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.[20]
1953 Bonn-Weststadt Rheinbacher Str. 1, Bonn
Lage
  St. Michael Neubau[21]
1953 Bonn-Castell Kölnstraße 54, Bonn
Lage
  St.-Johannes-Hospital Erweiterung/Aufstockung mit Karl Leyers Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.[22]
1954 Beuel-Mitte Hermannstraße 37, Bonn-Beuel
Lage
  St.-Joseph-Hospital Neubau der Kapelle des Krankenhauses[23] Verändernde Aus- und Umbauten 1968 und 1981[24]
1955 Bonn-Duisdorf Rochusstraße 223, Bonn
Lage
  St. Rochus Erweiterung[25][26]
1955–56 Bonn-Auerberg Eupener Straße 26, Bonn
Lage
  St. Bernhard Neubau mit Karl Leyers[27][28]
1955–1957 Bonn-Gronau Ollenhauerstraße 5, Bonn
Lage
  Friedrich Ebert Gymnasium Neubau mit Karl Leyers[29]
1956 Bonn-Südstadt Adenauerallee 168, Bonn
Lage
Wohnhaus Stein Umbau[30]
1960–62 Wolsdorf Jakobstraße 14, Siegburg
Lage
  Dreifaltigkeitskirche Erweiterung[31]
1961–65 Bonn-Lessenich Roncallistraße 27, Bonn
Lage
  St. Laurentius Renovierung und Teilrekonstruktion mit Kurt Kleefisch Die Kirche steht, einschließlich des Pfarrhauses und Wirtschaftsgebäuden unter Denkmalschutz.[32]
1963 Bonn-Castell Am Wichelshof 32, Bonn
Lage
Studentenwohnheim Am Wichelshof Neubau mit Karl Leyers[33]
1966 Bonn-Zentrum Adenauerallee 63, Bonn
Lage
Studentenwohnheim Newmanhaus Neubau mit Karl Leyers[33]
1969 Bonn-Poppelsdorf Endenicher Allee Mensa Poppelsdorf Neubau überformt durch Umbau 2017
1971 Leuscheid Prospekt der Orgel von St. Mariä Heimsuchung[34] Es ist nicht klar, ob die Quelle die 1970 neu erbaute Kirche meint oder den Vorgängerbau aus dem 18. Jahrhundert
1974–1976 Obertshausen Franz-Liszt-Straße 15, Obertshausen
 
St. Thomas Morus Neubau mit Kurt Kleefisch

Einzelnachweise

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  1. Leo Koep (Hrsg.): Bücher in Menschenhand: Festschrift zum Goldenen Priesterjubiläum d. päpstl. Hausprälaten u. Direktors d. Borromäusvereins Johannes Braun. Bonn 1955, DNB 572791844, S. 16.
  2. Internationale Architektur-Datenbank. Abgerufen am 22. August 2022.
  3. a b c d e f Alfred Hüwel: Als Baumeister beeinflusste er Bonn und Umgebung, Architekt Kleefisch vollendet das 80. Lebensjahr - Führend im Kirchenbau. In: Bonner Rundschau. 25. Oktober 1968.
  4. a b c d e f Das Stadtbild entscheidend mitgestaltet - Architekt Toni Kleefisch 80 Jahre - Er baute rund 30 Kirchen. In: General-Anzeiger Bonn. Bonn 26. Oktober 1968.
  5. Internetauftritt des Vereins Queen-Auguste-Victoria-Park e.V. Abgerufen am 23. August 2022.
  6. a b Ursel und Jürgen Zänker: Bauen im Bonner Raum 49–69. Versuch einer Bestandsaufnahme (= Landschaftsverband Rheinland [Hrsg.]: Kunst und Altertum am Rhein. Führer des Rheinischen Landesmuseums in Bonn. Nr. 21). Rheinland-Verlag, Düsseldorf 1969, S. 97–98.
  7. Seine letzten Pläne galten der Ausgestaltung der Münsterbasilika, Architekt Toni Kleefisch gestorben - Er prägte das Bild Bonns mit. In: General-Anzeiger Bonn. 24. Oktober 1975.
  8. Ortsausschuss Auerberg. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  9. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 39, Nummer A 238
  10. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 3, Nummer A 1290
  11. Eintrag bei „Kultur. Landschaft. Digital.“, Internetangebot des Landschaftsverbandes Rheinland. Abgerufen am 22. August 2022.
  12. Abbruch der Mensa Nassestraße weit fortgeschritten. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  13. Haus Mödrath – Räume für Kunst; Baugeschichte. Abgerufen am 22. August 2022.
  14. Pressemitteilung der Stadt zur Machbarkeitsstudie. Abgerufen am 23. August 2022.
  15. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 13, Nummer A 442
  16. Kerstin Kähling: Aufgelockert und gegliedert: Städte- und Siedlungsbau der fünfziger und frühen sechziger Jahre in der provisorischen Bundeshauptstadt Bonn. Hrsg.: Stadtarchiv Bonn. Bonn 2004, ISBN 978-3-922832-34-8, S. 230.
  17. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 18, Nummer A 3906
  18. Klaus Honnef (Hrsg.): Aus den Trümmern : Kunst und Kultur im Rheinland und Westfalen 1945 - 1952. Bonn 1985, ISBN 978-3-7927-0871-2, S. 115.
  19. Abrissarbeiten September bis Oktober. Abgerufen am 28. Januar 2023.
  20. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 55, Nummer A 1185
  21. Internetauftritt der Kirchengemeinde St. Michael. Abgerufen am 22. August 2022.
  22. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 32, Nummer A 2338
  23. Patrycja Muc: Der Engel, der zum König wurde. In: General-Anzeiger. 30. Dezember 2014, abgerufen am 7. Dezember 2022.
  24. Carl Jakob Bachem: Beueler Chronik: Zeittafel zur Geschichte des rechtsrheinischen Bonn. Bonn 1989, ISBN 978-3-922832-06-5.
  25. Internetauftritt der Kirchengemeinde St. Rochus. Abgerufen am 18. September 2022.
  26. Peter Hammond: Liturgy and Architecture. Columbia University Press, 1960, ISBN 978-0-231-88576-8, S. 143.
  27. Internetauftritt der Kirchengemeinde St. Thomas Morus. Abgerufen am 22. August 2022.
  28. Gabriele Immenkeppel: 60 Jahre St. Bernhard in Auerberg. In: General-Anzeiger Bonn. 13. Dezember 2016, abgerufen am 8. Dezember 2022.
  29. Eintrag bei „Kultur. Landschaft. Digital.“, Internetangebot des Landschaftsverbandes Rheinland. Abgerufen am 22. August 2022.
  30. Eintrag bei „Kultur. Landschaft. Digital.“, Internetangebot des Landschaftsverbandes Rheinland. Abgerufen am 22. August 2022.
  31. Internetauftritt der Kirchengemeinde St. Servatius. Abgerufen am 22. August 2022.
  32. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 49, Nummer A 3934
  33. a b Heinz-Henning Huth: Der Normalgeschoßgrundriß im Studentenwohnheim. Braunschweig 1967, DNB 482185945, S. 117–118.
  34. orgelbase.nl. Abgerufen am 31. Januar 2023.