Werner von Selchow

preußischer Landwirtschaftsminister

Werner Erdmann Ludolff von Selchow (* 1. Februar 1806 in Danzig; † 23. Februar 1884 in Brandenburg an der Havel) war ein preußischer Landwirtschaftsminister und Domdechant zu Brandenburg.

Herkunft

Bearbeiten

Er stammte aus der uradligen neumärkischen Familie von Selchow. Seine Eltern waren Friedrich Wilhelm von Selchow (1769–1845) und Friederike Ludowika Amalie, geb. von Kummer (1783–1864).

Werdegang

Bearbeiten

Selchow studierte Jura. 1828 war er Gerichtsreferendar in Danzig, dann in Marienwerder. In Rettkewitz besaß er ein Rittergut. Von 1843 bis 1845 war er Landrat des Kreises Lauenburg-Bütow, nach dessen Aufteilung von 1846 bis 1851 Landrat des neugebildeten Kreises Lauenburg.[1]

1848/49 war er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung für den 1. Wahlkreis der Provinz Pommern (Lauenburg). Dort gehörte er der Casinofraktion und später der Fraktion Café Milani an.

Anschließend wechselte er aus der Provinz nach Berlin, 1849 war er „Hilfsarbeiter“ (eine Art Assistent) im preußischen Ministerium des Innern. Im Jahr 1850 war Selchow Mitglied im Volkshaus der Erfurter Union. Außerdem war er bis 1852 Mitglied der Rechten in der zweiten Kammer des Preußischen Abgeordnetenhauses. Dem Abgeordnetenhaus gehörte er erneut von 1863 bis 1870 an, er schloss sich keiner Fraktion an.[2]

1851 ging er wieder in die Provinz; zunächst als Vizepräsident der Regierung in Liegnitz, von 1853 bis 1855 Regierungspräsident in Liegnitz. Von 1856 bis 1862 war er Regierungspräsident in Frankfurt an der Oder, 1862 wurde er Oberpräsident der Provinz Brandenburg und Mitglied des Preußischen Staatsrats.[3]

Im Dezember 1862 wurde er als Landwirtschaftsminister in das erste Ministerium des neuen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck berufen. Diese Funktion übte er bis zu seiner Pensionierung 1873 aus. Von 1863 bis 1870 war er auch wieder Mitglied des Abgeordnetenhauses (Rechte, fraktionslos).[4] Nach seiner Pensionierung ließ er sich auf dem Gut Karolinenthal bei Rettkewitz, Kreis Lauenburg in Pommern, nieder; 1874 fungierte er dort als Amtsvorsteher des neu gebildeten Amtsbezirks Rettkewitz.[5]

Ehe und Nachkommen

Bearbeiten

Seine Frau Karoline (geb. von Hanstein) brachte zehn Kinder zur Welt, acht Töchter und zwei Söhne. Seine Enkelin Anni von Gottberg war in der Zeit des Nationalsozialismus Mitglied der Bekennenden Kirche.

Domdechant zu Brandenburg

Bearbeiten

Großen Einfluss[6] und Ansehen[7] erhielt Selchow als Domdechant des Hochstifts zu Brandenburg. Gleichzeitig war er interemistisch das Amt des Kurators der Ritterakademie Brandenburg, der alten Bildungseinrichtung für den märkischen Adel samt Alumnat und Schule. Sein Nachfolger als Kurator wurde der Domherr Hans von Rochow-Plessow.

Sonstiges

Bearbeiten

In Berlin-Schmargendorf wurde 1906 die Selchowstraße nach ihm benannt;[8] dies liegt in der privatisierten Domäne Dahlem, in dem die neu angelegten Straßen auch nach Landwirtschaftsministern benannt wurden, denen die Domäne unterstand. Bereits 1889 wurde eine Selchowstraße in Berlin-Adlershof benannt, jedoch möglicherweise nach dem Grundeigentümer August Selchow (1829–1892).[9]

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Reinhold Cramer: Geschichte der Lande Lauenburg und Bütow. Band 1: Die Geschichte. Universitäts-Druckerei E. J. Dalkowski, Königsberg 1858, Anhang S. 86; Textarchiv – Internet Archive.
  2. Bernhard Mann (Bearb.) unter Mitarbeit von Martin Doerry, Cornelia Rauh, Thomas Kühne: Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus 1867–1918. Droste, Düsseldorf 1988, ISBN 3-7700-5146-7, S. 363 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 3).
  3. Rainer Paetau, Hartwin Spenkuch (Bearb.): Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817–1934/38. Band 6/II. In: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Neue Folge. Olms-Weidmann, Hildesheim 2003, S. 710; bbaw.de (PDF; 1,9 MB).
  4. Bärbel Holtz (Bearb.): Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817–1934/38. Band 4/II. In: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Neue Folge. Olms-Weidmann, Hildesheim 2003, ISBN 3-487-11827-0, S. 646; bbaw.de (PDF; 1,9 MB).
  5. Extra-Blatt zum Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Cöslin, 16. März 1874, S. 2. A. L. Budack Erben, Cöslin; Online
  6. Otto Heine: Zu der am 22. März 1884 vormittags um 10 Uhr in der Aula der Ritter-Akademie stattfindenden Feier des Allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs ladet ein. Mit dem Bericht über das Schuljahr von Ostern 1883 bis Ostern 1884. In: Ritter-Akademie zu Brandenburg. Jahresbericht. XXVIII. 1884. Progr. No. 66/67 Auflage. 4. Kurator, Lehrer und Beamte, 25. Mai 1883. Druck Gustav Matthes, Brandenburg a. d. Havel 1884, S. 10 (Online).
  7. Otto Heine: Zu der am 22. März 1884 vormittags um 10 Uhr in der Aula der Ritter-Akademie stattfindenden Feier des Allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs ladet ein. Mit dem Bericht über das Schuljahr von Ostern 1883 bis Ostern 1884. In: Ritter-Akademie zu Brandenburg. Jahresbericht. XXVIII. 1884. Progr. No. 66/67 Auflage. Druck Gustav Matthes, Brandenburg a. d. Havel 1884, S. 20 (Online).
  8. Selchowstraße [Schmargendorf.] In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  9. Selchowstraße [Adlershof.] In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)