Wikipedia:10 Jahre Wikipedia/Wikipedia Buch/Marcela
Bebilderung einer Onlineenzyklopädie
Bearbeitensubjektive Betrachtungen zu 7 Jahren Bildergeschichte
Bearbeiten- Vorsicht! vollkommen POV, voller Fehler und Lücken und sowieso...
2003 war alles noch anders in der Wikipedia. Die meisten Leser kamen mit Modem, entsprechend langsam war der Seitenaufbau. Große Fotos oder gar Galerien in Artikeln gab es entsprechend noch nicht. Die Empfehlung war damals, Fotos reduziert auf 800 x 600 Pixel mit einer Dateigröße von 0,1 MB hochzuladen. Das bedeutete zwar etwas Mehrarbeit vor dem Hochladen aber schließlich dauerte das ja auch so schon lange genug, schön wenn kleine Dateien das etwas beschleunigen. Der Besucher profitiert ja auch davon und muß nicht so lange warten, bis er die Bilder sieht. Nur etwa 5 Jahre später wurde die maximale Dateigröße übrigens auf 100 MB erhöht.
Überhaupt, wie soll das funktionieren? Im Brockhaus hat man 2 Spalten hochkant, am Bildschirm ist alles quer. Sieht schon komisch aus das Ganze. Und die Bilder sind immer rechts, wer hat sich das denn ausgedacht? Es ist ja ganz nett hier in dieser komischen Wikidingsbums, man muß sich nicht mehr mit kryptischem HTML herumschlagen. Aber das kann doch nie was werden, wenn hier jeder machen kann, was er will. Naja, meine Fotos sind ja nicht wertvoll, beobachte ich das Ganze erstmal.
Das Hochladen ist denkbar einfach, Bild auswählen und abschicken. Manch einer schreibt beim Upload noch "GFDL" dazu, das scheint hier irgendwie so üblich zu sein, also mache ich das auch so. Andere sind schon damals ganz besonders vorbildlich und schreiben sogar beim Bild dazu, um was es sich handelt. Nur wozu? Ich binde das Foto doch gleich in einen Artikel ein, da steht doch dann, was es darstellt? Daß wir irgendwann mal mehr Bilder als Artikel haben werden, kam damals wohl kaum einem von uns in den Sinn. Bildlizenz? Was ist das, wozu braucht man das? Kaum einer kümmert sich um sowas, Hauptsache, wir bekommen die Artikel bebildert. Daß ich da einen Artikel zu einem Nachbardorf erstmal anlegen mußte und daß darin jahrelang ein Foto ganz oben auf der Seite prangte, was zwar von dort war, aber meinen ganz persönlichen Blick auf das Dorf darstellte und alles andere als repräsentativ war - geschenkt, heute ist das anders.
Es dauerte nicht lange, da kam jemand auf die Idee, daß es doch für die verschiedenen Sprachen der Wikipedia eine gesamte Bilderdatenbank geben könnte, Commons war geschaffen. Diese Internationalität hat natürlich auch so seine Schattenseiten, ohne Englischkenntnisse kommt man dort nicht weit, für mich also keine Alternative. Trotzdem tummeln sich dort nebenan bald eine Menge Leute, in der Wikipedia werden Stimmen laut, daß in Zukunft Bilder nur noch nach Commons geladen werden sollen, wie das zum Beispiel in der spanischen Sprachvariante üblich ist, dort ist die Möglichkeit abgeschaltet, in die Wikipedia direkt Fotos zu laden. Eine entsprechende Umfrage hat dann aber ergeben, daß wir doch dabei bleiben wie gehabt und Jahre später hat sich gezeigt, wie richtig die Entscheidung war.
So ganz langsam wird das Bewußtsein auch im Bilderbereich geschärft, daß man nicht alles darf, was man möchte. Daß Fotos fast immer als Kunstwerke angesehen werden, spricht sich so langsam herum, daß man keine fremden Fotos verwenden darf, ebenfalls. Noch 2005 ist das Thema Bebilderung jedoch weitgehend Leuten überlassen, die auch so ohnehin fotografieren. Bilder für die Wikipedia entstehen quasi nebenbei. Als Fotograf geht man mitunter mit ganz speziellen Augen durch die Gegend. "Hat der Artikel Fahrradständer schon ein Bild? Wer weiß, mache ich mal sicherheitshalber eins." Alles, was irgendwie ein Artikel sein oder werden könnte wird dabei mit Fotos bedacht. Ganz langsam wird klar, daß wir da irgendwann den Überblick verlieren werden. Also werden Fotos nun mit aussagefähigen Beschreibungen versehen (so jedenfalls die Idealvorstellung), um sie mit der Suchfunktion finden zu können. Es war bisher einfach, Artikel zu bebildern, viele Objekte waren einfach noch nicht fotografiert.
Mit dem massenhaften Aufkommen von Digitalkameras änderte sich dies sehr schnell. Nun kamen auch Benutzer dazu, Bilder beizusteuern, die sonst kaum oder nie fotografiert haben. Dies brachte jedoch auch als Nebeneffekt, daß wir uns Gedanken um die Qualität machten. Es kamen schon so manche Bilder herein, die so schlecht waren, daß man kaum erkannte, um was es geht. Trotz allem hat sich der Grundsatz durchgesetzt, daß es keine Kriterien für Bilder geben wird, daß wir alles behalten, was bildrechtlich in Ordnung ist. So tummeln sich heute noch manch verborgene Schätzchen, für die sich der Uploader mittlerweile schämt. Anders bei Commons, mittlerweile auch von nicht Englischsprechenden bedienbar: dort gibt es strenge Richtlinien und was sich außerhalb eines nicht sehr detaillierten Projektrahmens bewegt, wird gelöscht. Überhaupt, Commons hat sich durchgesetzt, die Idee der zentralen Datenbank bietet einige gewichtige Vorteile, die man nicht ignorieren kann. Und wenn mich da jemand von der Seite anmacht und mit mir englisch sprechen will, dann hat er halt Pech gehabt.
Die Wikipedia wird langsam erwachsen, braucht sich bei Vergleichen mit Brockhaus & Co. nicht mehr verstecken und auch die Fotos werden erwachsen. 2006 hält sich kaum noch jemand an die 0,1 MB- Grenze, viele Fotografen besitzen bereits Digitalkameras, die Software wird ebenfalls erwachsen und es ist so etwas wie professionelles Arbeiten möglich. Die Fotografen treffen sich 2007 erstmals in Nürnberg zu einem Arbeitsworkshop, dieser wird in der Folge zum festen halbjährlichem Bestandteil der Zusammenarbeit.
Anders als anderswo ist die Meute der Wikipediafotografen ein buntes Häufchen aller Altersklassen, aller Wissensgebiete sowie mit der unterschiedlichsten Kameraausstattung. Während der typische Wikipediamitarbeiter mitunter als männlich, ledig und 25jähriger Informatikstudent definiert wird, sind die Fotografen doch eher gestandenen Alters, der Anteil an Männern und Frauen hält sich fast die Waage.
Die Bilderarbeit ist professioneller geworden, nicht nur was die Bildergebnisse angeht. Man findet mittlerweile zu fast allen Themen Bildmaterial, es gibt Mitarbeiter, die sich fast nur damit beschäftigen, den Bilderberg zu sichten, zu ordnen und Inhalte auffindbar zu machen. Eine gut funktionierende Fotowerkstatt erfüllt fast alle Wünsche, auch wenn diese manchmal die Grenzen des Machbaren erreichen. Und manchmal wird auch einfach nur herumgesponnen, auch sowas gehört dazu.
Es gibt erste zaghafte Versuche von Profis, auch Bilder zu spenden. Für das Meiste sind wir jedoch auf eigene Arbeit angewiesen. Diese wird uns allerdings seit einigen Jahren auch massiv erleichtert, beim Zauberwort "Wikipedia" öffnen sich nicht selten Türen, die selbst akkreditierten Fotografen verschlossen bleiben.
Ob es die Verleihung der Nobelpreise oder der Quadriga sind, Konzerte bekannter Musiker oder auch Pressetermine zu Filmpremieren, Wikipediafotografen sind mittlerweile dabei, um immer aktuelles Bildmaterial zur Verfügung zu stellen. Da werden am Schließtag auch mal Museumstüren geöffnet, um Saurier und alte Taschenuhren zu fotografieren, fast alle Abgeordneten des niedersächsischen Landtags werden porträtiert, die Kleinstadt Lüneburg ist nach einem Treffen dort mit mehr Bildern versehen als die meisten deutschen Landeshauptstädte.
Wikipedia braucht sich nicht mehr zu verstecken und dies gilt in gleichem Maße für die Bebilderung. Stellenweise nicht vorhanden oder sehr schlecht, stellenweise überdurchschnittlich gut und auf professionellem Niveau, genau wie bei den Artikeln. Wir wollen und müssen nicht morgen fertig sein, deshalb ist auch beim Thema Bebilderung vieles noch unreif oder halbfertig. Aber wir sind dran. Und wir werden immer besser.