11. Plenum des ZK der SED

(16. bis 18. Dezember 1965)

Das 11. Plenum des ZK der SED nach dem VI. Parteitag fand in der Zeit vom 15.[1] bis zum 18. Dezember 1965 statt und war eine Tagung des ZK der SED, welche eine Zäsur in der Entwicklung der DDR bedeutete. Der ursprünglich als Wirtschaftsplenum angesetzte Gipfel – geplant war der Beschluss der zweiten Etappe des „Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung“ (NÖSPL) – entwickelte sich zu einer „Kahlschlag-Diskussion“ der Jugend- und Kulturpolitik.

Rolle der Plenartagungen des ZK der SED

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In der Zeit zwischen den Parteitagen fungierte das 1950 eingeführte Zentralkomitee (ZK) als höchstes Organ der SED und behandelte die jeweils anfallenden Agenden in regelmäßigen Plenartagungen.[2] Die Zählung dieser Tagungen begann nach jedem Parteitag der SED jeweils von Neuem. In der Zeit zwischen dem VI. Parteitag (15. bis 21. Januar 1963) und dem VII. Parteitag (17. bis 22. April 1967) hielt das ZK insgesamt 15 derartige Tagungen ab. Die Entwicklungen des 11. Plenums des ZK wurden schon auf dem 9. Plenum des ZK durch Walter Ulbricht eingeleitet.

Das 11. Plenum nach dem VI. Parteitag

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Im Mittelpunkt des 11. Plenums des ZK nach dem VI. Parteitag der SED stand eine kollektive Anklage gegen die Künstler der DDR, aber auch das „Versagen“ der Kontrollgremien wurde angeprangert. Als Wortführer entpuppte sich Erich Honecker, der den Kreativen u. a. „Nihilismus“, „Skeptizismus“ und „Pornographie“ vorwarf.

Von den anwesenden Schriftstellern meldeten sich fünf zu Wort: Wolfgang Joho, Anna Seghers, Kurt Barthel, Helmut Baierl und Christa Wolf. Christa Wolf übte Kritik an der Kulturabteilung, indem sie sagte, dass nicht die Literatur an der Unmoral der Jugend schuld sei, sondern „eine Leere, in die unsere mangelnde geistige offensive Anziehungskraft Teile der Jugend geführt hat, durch die Hohlräume entstanden sind, in die jetzt selbstverständlich fremde, feindliche Ideologien eindringen“. Sie kritisierte den vorherrschenden Ökonomismus, weil er keine anderen Ziele als Wohlstand propagiere. Außerdem plädierte sie für einen Dialog zwischen Ost und West.

Das 11. Plenum des ZK nach dem VI. Parteitag der SED hatte einschneidende Wirkungen auf die Kulturszene: Es wurden zahlreiche Filme, Theaterstücke, Bücher und Musikgruppen verboten, darunter u. a. Das Kaninchen bin ich von Kurt Maetzig, Denk bloß nicht, ich heule von Frank Vogel, Der Bau von Heiner Müller, oder auch Stefan Heyms Der Tag X. Ferner betraf das Verbot 12 DEFA-Filme in verschiedenstem Fertigungsstand, deren Aufführung verboten bzw. deren Produktion abgebrochen wurden. Als bekanntestes Beispiel gilt Frank Beyers Spur der Steine, der nach zähen Kämpfen im Juni 1966 uraufgeführt, aber schon 10 Tage später aus dem Verleih genommen wurde. Die mit Aufführungsverbot belegten Filme wurden inoffiziell als „Kellerfilme“ bezeichnet, da sie allesamt im Archiv verschwanden. Auch westliche Beatmusik wurde für einige Jahre quasi verboten.

Das 11. Plenum des ZK beendete eine kurze Phase der Liberalisierung nach dem VI. Parteitag der SED 1963. Das Umschwenken der DDR-Führung ist in einem engen Zusammenhang mit dem Machtwechsel in der Sowjetunion zu sehen (Leonid Iljitsch Breschnew). Aufgrund der gravierenden Folgen für die Kulturpolitik und -landschaft der DDR wird das 11. Plenum des ZK nach dem VI. Parteitag auch als „Kahlschlag-Plenum“ bezeichnet.

Stimmen zum Plenum

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Erich Honecker:

„Unsere DDR ist ein sauberer Staat. In ihr gibt es unverrückbare Maßstäbe der Ethik und Moral, für Anstand und gute Sitte.“

Walter Ulbricht:

„Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nu kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je, und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen.“[3]

Brigitte Reimann:

„Heute war die Rede Honeckers auf dem ZK-Plenum abgedruckt. Die Katze ist aus dem Sack: die Schriftsteller sind schuld an der sittlichen Verrohung der Jugend. Destruktive Kunstwerke, brutale Darstellungen, westlicher Einfluß, Sexualorgien, weiß der Teufel was – und natürlich die böse Lust am Zweifeln. Die Schriftsteller stehen meckernd abseits, während unsere braven Werktätigen den Sozialismus aufbauen. […]“[4]

Klaus Wischnewski, Chefdramaturg der DEFA:

„Mit so einem Plenum hat natürlich kein Mensch gerechnet. Man wußte aber schon kurze Zeit hinterher, dass hier der Esel gemeint war und der Sack gehauen wurde, also dass da Stellvertreterkriege geführt wurden. Es wurde ganz bewusst eine ideologische Schlammschlacht herbeigeführt.“

Jochen Mückenberger, Generaldirektor der DEFA:

„Dass es aber so radikal sein und man die halbe Jahresproduktion verbieten würde, das wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht. (…) Die Stimmung uns gegenüber war feindlich, als ob wir nicht dazugehörten. Es war eine Art Spießrutenlauf. (…) Die Meinungsäußerung war einhellig, mit einer einzigen Ausnahme. Christa Wolf versuchte mutig, den Anspruch der Kunst auf Wahrhaftigkeit zu verteidigen. Sie hat mir sehr imponiert.“

Literatur

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Siehe auch

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  • Das 11.Plenum des ZK der SED (15.12.1965). Archiviert vom Original am 14. Juni 2014; abgerufen am 5. Januar 2016.
  • Tondokumente des 11. Plenums des ZK der SED

Einzelnachweise

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  1. Günter Agde: Kahlschlag, Das 11. Plenum des ZK der SED 1965. Abschnitt: Zeitplan der 11. Tagung des ZK der SED. In: Günter Agde (Hrsg.): Kahlschlag, Das 11. Plenum des ZK der SED 1965. 2. erweiterte Auflage. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2000, ISBN 978-3-7466-8045-3, S. 195.
  2. Marc Straßenburg: Archivgut der SED und des FDGB – Führungsgremien. Abgerufen am 2. August 2017.
  3. Originalstimme Walter Ulbricht: Anspielung auf das Yeah, Yeah, Yeah der Beatles als wav-Datei.
  4. Brigitte Reimann, Tagebucheintrag vom 16. Dezember 1965, in: B.R.: Alles schmeckt nach Abschied. Tagebücher 1964–1970. Berlin 1998, S. 170.