Agrarkultur ist ein Ausdruck für Landwirtschaft, der häufig in mehrsprachigen oder übersetzten Texten, durch wörtliche Übertragung des englischen agriculture, verwendet wird.

Zusätzlich wird der Begriff als politisches Schlagwort verwendet, um traditionelle bäuerliche Landwirtschaft gegenüber der industriellen Landwirtschaft hervorzuheben. Damit sollen die positiven Wirkungen, die Landwirtschaft im Hinblick auf die Umwelt, das Klima, die Biodiversität und die Gesellschaft erbringen kann, hervorgehoben werden.[1]

Begriff, Bedeutung und Entstehung

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Agrarkultur ist ein kritischer Begriff, der alle Phänomene im ländlichen Raum umfasst, die ein Gegengewicht zur industriellen Landwirtschaft darstellen. Der Weltagrarbericht kam bereits 2008 zu dem Schluss, dass die industrielle Landbewirtschaftung mit ihrer extremen Ausrichtung auf Technisierung, Rationalisierung und Marktwirtschaft für eine nachhaltige Ernährungssicherung nicht zukunftsfähig ist[2] und benennt eine kleinteilige, multifunktionale und lokal ausgerichtete Landbewirtschaftung im Kampf gegen Hunger und Armut als zukunftsfähiges Modell. Der Begriff Agrarkultur in diesem Sinne wurde Mitte der 1980er Jahre von der Schweisfurth-Stiftung eingeführt, die eine Neuerung der Agrarkultur in ihren Statuten und ihrem Stiftungsauftrag u. a. als Zielsetzung für eine umwelt-, menschen- und tiergerechte Landwirtschaft benennt.[3]

Einen anderen Zugang wählt der Autor Nikolai Fuchs, der Agrarkultur in seinem Band Evolutive Agrarkultur im Kontext der biodynamischen Landwirtschaft nach Rudolf Steiner beschreibt. Als evolutive Agrarkultur versteht der Autor eine Landwirtschaft, die weniger von der Natur her, sondern vielmehr vom Menschen her gedacht wird. Über die Landwirtschaft und ihre Produkte soll die Entwicklung des Menschen befördert werden.[4]

In jüngerer Zeit wurde der Begriff auch von Bioverbänden und anderen Organisationen zunehmend entdeckt:

  • Bio-Austria[5]
  • Demeter e.V.[6]
  • Gen-ethisches Netzwerk e.V.[7]

Innerhalb des Kritischen Agrarberichts stellt Agrarkultur neben Agrarpolitik, internationale Beziehungen, Produktion und Markt, Regionalentwicklung, Tierhaltung und Tierschutz, Soziale Lage, Landwirtschaft und Ökologie, Gentechnik, Ökologischer Landbau, Verbraucher und Wald eine eigene Aufsatzkategorie dar.[8] Der Agrarethiker Franz-Theo Gottwald definiert Agrarkultur als „bäuerlich-dörflichen Lebensstil“, den man „aus ganzheitlicher Perspektive also als Agrarkultur im eigentlichen Sinne des Wortes verstehen [kann]“[9] Daneben gibt es den Ansatz, Agrarkultur im Licht einer landschaftskulturellen Entwicklung zu sehen. Ausschlaggebend ist hier der Erhalt und die Entwicklung einer Kulturlandschaft, die naturnah ist und vor dem Hintergrund einer touristischen Nutzung bestehen kann (etwa Landschaftspflegeverband Mecklenburger Agrarkultur e.V.)

Literatur

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  • Agrarbündnis e.V. (Hrsg.): Der kritische Agrarbericht 2012. Daten, Berichte, Hintergründe, Positionen zur Agrardebatte. Schwerpunkt: Zusammenarbeiten für eine andere Landwirtschaft. ISBN 978-3-930413-52-2.
  • Andreas Bodenstedt, Andreas Nebelung: Ökologische Soziologie / Agrarkultur-Theorie. Focus, Gießen 2003, ISBN 3-88349-498-4.
  • Nikolai Fuchs: Evolutive Agrarkultur. Landwirtschaft nach dem Bildprinzip des Menschen. Eine Skizze. Verlag Lebendige Erde Demeter e.V., 2014, ISBN 978-3-941232-12-9.
  • Franz-Theo Gottwald, Isabel Boergen: Eine Frage der Gerechtigkeit. Vielfalt als normatives Prinzip für Ernährungssicherung. Schwerpunkt Agrarkultur. In: Der kritische Agrarbericht. Hamm 2011, ISBN 978-3-930413-45-4, S. 255–261.
  • Franz-Theo Gottwald: Esst anders! Vom Ende der Skandale. Über inspirierte Bauern, innovative Handwerker und informierte Genießer. (= Agrarkultur im 21. Jahrhundert). 2. Auflage. 2012, ISBN 978-3-89518-853-4.
  • Schneider, Manuel: Mythen der Landwirtschaft. Argumente für eine ökologische Agrarkultur. Stiftung Ökologie & Landbau, 2001, ISBN 3-934499-40-6.
  • Karl Ludwig Schweisfurth, Franz-Theo Gottwald, Meinolf Dierkes: Wege zu einer nachhaltigen Agrar- und Ernährungskultur. Leitbild für eine zukunftsfähige Lebensmittelerzeugung, -verarbeitung und -vermarktung. Schweisfurth-Stiftung, München 2002, ISBN 3-00-010396-1.
  • Karl Ludwig Schweisfurth: Ernährung ist Leben – Ökosoziale Innovationen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Land- und Lebensmittelwirtschaft. In: Karl Peter Sprinkart, Peter Dürr, Markus Hipp, Klaus Sailer: Perspektiven gesellschaftlicher Innovation. Nachhaltige Strategien für die Zukunftsfelder Ernährung, Umwelt, Politik, Wirtschaft, Kommunikation. Walhalla, 2015, ISBN 978-3-8029-3926-6.
  • Helga Willer, Minou Yussefi: Ökologische Agrarkultur Weltweit. Stiftung Ökologie & Landbau, 2001, ISBN 3-934499-38-4.
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Einzelnachweise

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  1. Hermann Priebe: Die subventionierte Naturzerstörung. Plädoyer für eine neue Agrarkultur. Goldmann, München 1990, S. 12f.
  2. International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development IAASTD: Agriculture at a Crossroads, 2009, Synthesis Report, S. 28.
  3. Schweisfurth-Stiftung. Abgerufen am 10. September 2019.
  4. Nikolai Fuchs: Evolutive Agrarkultur. Landwirtschaft nach dem Bildprinzip des Menschen. Eine Skizze. Verlag Lebendige Erde Demeter e.V., 2014.
  5. Bio austria. Abgerufen am 10. September 2019.
  6. demeter.de (Memento des Originals vom 16. März 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.demeter.de
  7. Anita Idel: Biologische Vielfalt und Agrarkultur. In: gen-ethisches-netzwerk.de. Abgerufen am 10. September 2019.
  8. bauernstimme.de (Memento des Originals vom 13. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bauernstimme.de
  9. Franz-Theo Gottwald: Esst anders! Vom Ende der Skandale. Über inspirierte Bauern, innovative Handwerker und informierte Genießer. (= Agrarkultur im 21. Jahrhundert). 2. Auflage. 2012, S. 21.