Alfred Kühn
Alfred Richard Wilhelm Kühn (* 22. April 1885 in Baden-Baden; † 22. November 1968 in Tübingen) war ein deutscher Zoologe und Genetiker.
Werdegang
BearbeitenAlfred Kühn studierte von 1904 bis 1908 in Freiburg Zoologie und Physiologie, 1910 habilitierte er sich. Kühn war ab 1914 außerordentlicher Professor an der Universität Freiburg. Während seiner Zeit in Freiburg heiratete er 1914 Margarethe Geiges (1888–1987), die Tochter des Glasmalers Fritz Geiges. Die Ehe blieb kinderlos.[1] Im Jahr 1916 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[2] Im Jahr 1918 war Alfred Kühn Assistent und Privatdozent an der Universität Berlin. Ab 1920 war er Professor für Zoologie und Vererbungslehre an der Universität Göttingen.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war Kühn 1934 zusammen mit Martin Staemmler und Friedrich Burgdörfer einer der Autoren des Buches Erbkunde, Rassenpflege, Bevölkerungspolitik. Schicksalsfragen des deutschen Volkes.[3] Zu seinen akademischen Schülern gehörte der Erbbiologe Günther Just.[4] 1935 erhielt er eine positive Beurteilung durch die NS-Gauleitung Süd-Hannover-Braunschweig, in der es unter anderem hieß: „daß er in unserem Sinne seine Arbeit tut, ohne sich dadurch der NSDAP verbunden zu fühlen“.[5] Seit 1937 war Kühn Direktor am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in Berlin-Dahlem. Neben seiner Forschungstätigkeit war er Herausgeber der Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Vererbungslehre und später auch Sachbearbeiter für Genetik bei der vom SS-Ahnenerbe übernommenen Zeitschrift Der Biologe.[3] 1937 war er Vorsitzender der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte. Ab 1942 war Kühn Mitglied des Senats der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt er bereits 1945 einen Lehrstuhl an der Eberhard Karls Universität Tübingen.[3] Von 1951 bis 1958 war er Direktor des Max-Planck-Instituts für Biologie sowie weiterhin Professor für Zoologie an der Universität Tübingen.
Seine Forschungsgebiete waren Genetik und Entwicklungsphysiologie, insbesondere bei Insekten (etwa bei der Mehlmotte, lateinisch Ephestia kuehniella[6]).
Ehrungen
Bearbeiten- 1921: Ordentliches Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften[7]
- 1942: Kopernikus-Preis
- 1959: Darwin-Plakette der Leopoldina
- 1960: Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
- 1963: Ehrenmitglied der Leopoldina
- 1965: Harnack-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft
- 1966: Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland
Veröffentlichungen (Auswahl)
Bearbeiten- Die Orientierung der Tiere im Raum. Fischer, Jena 1919 (Digitalisat).
- Grundriß der allgemeinen Zoologie für Studierende. Thieme, Leipzig 1922; 17. Auflage 1969.
- mit Hans Piepho: Über hormonale Wirkungen bei der Verpuppung der Schmetterlinge. In: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Mathematisch-physikalische Klasse, Fachgruppe 6, N. F., Bd. 2 (1936), Nr. 9, S. 141–154.
- Grundriß der Vererbungslehre. Quelle und Meyer, Leipzig 1939.
- Zur Entwicklungsphysiologie der Schmetterlingsmetamorphose. In: VII. Internationaler Kongress für Entomologie: Verhandlungen. Uschmann, Weimar 1939/40.
- [Rezension zu:] Günther Just, Handbuch der Erbbiologie des Menschen. In: Die Naturwissenschaften. Band 30, 1942, S. 474–476.
- Vorlesungen über Entwicklungsphysiologie. Springer, Berlin 1955.
- Versuche zur Entwicklung eines Modells der Genwirkungen. In: Die Naturwissenschaften. Band 43, Heft 2, (Januar) 1956, S. 25–28. doi:10.1007/BF00637519.
Literatur
Bearbeiten- Hansjochem Autrum: Kühn, Alfred. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 192 f. (Digitalisat).
- Georg Birukow: Alfred Kühn. 22. April 1885 – 22. November 1968. In: Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. 1968, S. 83–85
- Manfred D. Laubichler, Hans-Jörg Rheinberger: Alfred Kühn (1885–1968) and developmental evolution. Journal of Experimental Zoology Part B: Molecular and Developmental Evolution 302B (2004) 103–110
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Alfred Kühn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Video: Alfred Kühn, Tübingen 1961. Institut für den Wissenschaftlichen Film (IWF) 1963, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.3203/IWF/G-81.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Hansjochem Autrum: Kühn, Alfred. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 192 f. (Digitalisat).
- ↑ Mitgliedseintrag von Alfred Kühn bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 22. Oktober 2015.
- ↑ a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 348.
- ↑ Ute Felbor: Rassenbiologie und Vererbungswissenschaft in der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg 1937–1945. Königshausen & Neumann, Würzburg 1995, ISBN 3-88479-932-0 (Zugleich Dissertation Würzburg 1995), S. 156.
- ↑ Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Fischer Taschenbuch 2005, S. 348.
- ↑ Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-10-039310-4, S. 356 f. und 362.
- ↑ Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 141.
Personendaten | |
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NAME | Kühn, Alfred |
ALTERNATIVNAMEN | Kühn, Alfred Richard Wilhelm (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Zoologe und Genetiker |
GEBURTSDATUM | 22. April 1885 |
GEBURTSORT | Baden-Baden |
STERBEDATUM | 22. November 1968 |
STERBEORT | Tübingen |