Das Amt Bieber, auch: Bieberer Grund, war ein Amt in der Grafschaft Hanau-Münzenberg und dann dem Fürstentum Hanau und der Provinz Hanau im Kurfürstentum Hessen. Es stammte aus der Rienecker Erbschaft.

Funktion

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In der Frühen Neuzeit waren Ämter eine Ebene zwischen den Gemeinden und der Landesherrschaft. Die Funktionen von Verwaltung und Rechtsprechung waren hier nicht getrennt. Dem Amt stand ein Amtmann vor, der von der Landesherrschaft eingesetzt wurde.

Geschichte

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1333 starb der Bruder der Mutter Ulrichs II. von Hanau, Graf Ludwig V. von Rieneck, womit diese Linie der Grafen von Rieneck erlosch. Durch ein Abkommen zwischen dem Verstorbenen und Ulrich I. von Hanau aus dem Jahr 1296 waren Hanau die Lehenanwartschaften des Rieneckers übertragen. Allerdings hatte Ludwig V. 1329 verfügt, dass seine Tochter Udelhilt das Erbe antreten solle. Aus dieser Konstellation entwickelte sich ein umfangreicher Erbstreit, an dem sich auch andere Linien des Rienecker Hauses und die größten Lehensherren, Kurmainz und das Hochstift Würzburg, beteiligen. Letztendlich aber gelang es Ulrich II. unter anderem wenigstens die Hälfte des Amtes Bieber von Kurmainz als Lehen zu erhalten.[1] Das Amt Bieber wurde dadurch ein Kondominat, zunächst zwischen den Grafen von Rieneck und den Herren von Hanau, das beide je zur ideellen Hälfte als Lehensnehmer von Kurmainz innehatten. Als Graf Philipp III. von Rieneck, letztes männliches Mitglied seiner Familie, am 3. September 1559 starb, fiel dessen Teil an Kurmainz zurück. Das Kondominat bestand nun zwischen Kurmainz und der Grafschaft Hanau-Münzenberg, wobei die Hanauer Hälfte daran weiter ein Lehen von Kurmainz war. 1684 fiel die Mainzer Hälfte – auch als Lehen von Mainz – im Tausch gegen die hanauische Hälfte des ebenfalls mit Mainz gemeinschaftlichen Amtes Partenstein komplett an die Grafschaft Hanau.

Zwischen 1598 und 1629 kam es im Amt Biebergemünd zu einer Reihe von Hexenprozessen, 36 sind durch erhaltene Unterlagen nachgewiesen, nicht bei allen ist der Ausgang bekannt. Die meisten endeten nach Folter und Geständnis durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen. Einzelne Fällen endeten mit einer „Begnadigung“ durch Hinrichtung mit dem Schwert und anschließendem Verbrennen der Leiche oder mussten nach dem Suizid der Angeklagten eingestellt werden.[2]

1736 starb mit Graf Johann Reinhard III. der letzte Graf von Hanau und die Grafschaft Hanau-Münzenberg fiel an die Landgrafschaft Hessen-Kassel. 1821 kam es in der ehemaligen, nun „Kurfürstentum Hessen“ genannten Landgrafschaft, zu einer grundlegenden Verwaltungsreform. Das Amt Bieber wurde dem neu gebildeten Kreis Gelnhausen zugeschlagen. Mit der Gebietsreform in Hessen ging dieser Landkreis dann 1974 im Main-Kinzig-Kreis auf.

Bedeutend war das Amt durch den Bergbau, eine wesentliche Einnahmequelle der Grafschaft Hanau im 18. Jahrhundert. Der in einem Rechtsakt zwischen Kurmainz und Hanau erstmals 1494 erwähnte Bergbau konzentrierte sich auf Kupfer, Silber und Blei. Führend im Bergbau des Amtes war die Familie Cancrin. Sie führte das seit 1739 staatliche Berg- und Hüttenwesen von 1741 bis 1790. Erst in dieser Zeit wurde der Bergbau in Bieber bedeutender als andere kleine Bergbaugebiete im Spessart.[3] Zeitweise waren zwischen 400 und 500 Menschen beschäftigt. Das Silber wurde zwischen 1754 und 1803 in Kassel und Hanau zu Münzen, den Bieberer Ausbeutetalern (und -gulden), geprägt. Insgesamt sollen davon ca. 40.000 bis 45.000 ausgegeben worden sein.[4] Der Kupferbergbau wurde bald nach 1802 wegen Erschöpfung der Lagerstätten eingestellt.

Bestandteile

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Zu dem Amt Bieber gehörten die Dörfer

Einwohnerentwicklung

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  • 1632[5]: 134 Familien
  • 1707: 154 Familien
  • 1754: 1.121 Einwohner

Literatur

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  • Engelhard, Regenerus, Erdbeschreibung der Hessischen Lande Casselischen Antheiles mit Anmerkungen aus der Geschichte und aus Urkunden erläutert, Teil 2, Cassel 1778, ND 2004, S. 790ff.
  • Freymann, Klaus, Metallerzbergbau im Spessart = Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg 1991.
  • Haase, Franziska, Ulrich I., Herr von Hanau 1281–1306, masch. Diss. Münster 1924, S. 11.
  • Landau, G., Historisch-topographische Beschreibung der wüsten Ortschaften im Kurfürstentum Hessen... = Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, 7. Supplement, Kassel 1858, S. 376.
  • Puchert, Helmut, Der Hessische Spessart – Beiträge zur Forst- und Jagdgeschichte = Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung 23 = Schriftenreihe des Hessischen Forstkulturhistorischen Museums Bieber 3.
  • Reimer, Heinrich, Historisches Ortslexikon für Kurhessen, Marburg 1926, S. 45.

Einzelnachweise

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  1. Theodor Ruf: Hanau und Rieneck. Über das wechselhafte Verhältnis zweier benachbarter Adelsgeschlechter im Mittelalter. In: Neues Magazin für Hanauische Geschichte, 8. Bd., Nr. 6, S. 300–311 (305ff).
  2. Peter Gbiorczyk: Zauberglaube und Hexenprozesse in der Grafschaft Hanau-Münzenberg im 16. und 17. Jahrhundert. Shaker. Düren 2021. ISBN 978-3-8440-7902-9, S. 181–209.
  3. K. Freymann: Der Metallerzbergbau im Spessart. Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg 1991.
  4. Beispiele siehe: http://www.spessartit.de/taler.htm
  5. In den Jahren 1632, 1707 und 1754 wurde in der Grafschaft Hanau die Zahl der Einwohner ermittelt. Die Zahlen sind hier wiedergegeben nach Erhard Bus: Die Folgen des großen Krieges – der Westen der Grafschaft Hanau-Münzenberg nach dem Westfälischen Frieden. In: Hanauer Geschichtsverein 1844: Der Dreißigjährige Krieg in Hanau und Umgebung = Hanauer Geschichtsblätter 45 (2011), ISBN 978-3-935395-15-9, S. 277–320 (289ff.)