Arturo Benedetti Michelangeli
Arturo Benedetti Michelangeli (* 5. Januar 1920 in Brescia; † 12. Juni 1995 in Lugano) war ein italienischer Pianist.
Leben
BearbeitenAls Kind wollte Benedetti Michelangeli eigentlich gar nicht Pianist werden. Sein Vater und seine Mutter spielten Klavier, er aber liebte die Geige und wollte unbedingt Geiger werden. Sein Vorbild war der berühmte Bronisław Huberman. Er musste dann aber krankheitsbedingt das Instrument wechseln und ließ sich 1930–1933 von Giovanni Anfossi am Conservatorio Giuseppe Verdi in Mailand zum Pianisten ausbilden. 1938 belegte er mit 18 Jahren zwar nur den 7. Platz beim Ysaÿe-Musikwettbewerb (Concours Musical Reine Elisabeth) in Brüssel (der Sieger war Emil Gilels), aber bereits ein Jahr später erlangte er beim Concours de Genève den ersten Preis. Jurymitglied Alfred Cortot sprach damals von einem „neuen Liszt“. Anschließend übte er zwei Jahre lang eine Lehrtätigkeit in Bologna aus. Im Februar 1943 konzertierte er mit den Berliner Philharmonikern unter Ernest Ansermet in der Berliner Philharmonie mit dem Klavierkonzert von Schumann.
Seine Weltkarriere begann mit seinem Londoner Debüt im Jahre 1946. 1964 gründete er die Internationale Pianistenakademie in Brescia, der er fünf Jahre lang vorstand. Zu seinen Schülern gehörten u. a. Ivan Moravec, Martha Argerich, Maurizio Pollini und Bernd Goetzke.[1]
Repertoire
BearbeitenSeinem Perfektionismus ist es zuzuschreiben, dass er sich im Konzert und bei Aufnahmen auf ein relativ schmales Repertoire konzentrierte. So wird ihm konträr dazu eine Vertrautheit mit fast der gesamten romantischen Klavierliteratur und ein gewaltiges „privates“ Repertoire nachgesagt, von welchem große Teile niemals an die Öffentlichkeit gelangten. Als Beispiel dafür lassen sich etwa 50 der Scarlatti-Sonaten anführen, wobei nur wenige dieser jemals das Publikum erreichen durften.[2] Neben der Musik von Ravel und Debussy widmete er sich besonders ausgesuchten Werken der Wiener Klassik und der Musik der Romantik. Viele seiner Interpretationen zeichneten sich durch großen farblichen Reichtum, klangliche Vollendung und strukturelle Klarheit aus.
Verschiedenes
BearbeitenBenedetti Michelangeli stand im Rufe eines unnahbaren Perfektionisten, der bereits wegen geringfügiger Mängel Konzerte absagte. Gefürchtet waren auch seine gereizten Reaktionen aufgrund schon geringer Störungen aus dem Publikum.
Er reiste grundsätzlich mit seinem eigenen Flügel und eigenem Klaviertechniker (Angelo Fabbrini); bei seinem Instrument handelte es sich um einen Flügel aus der sehr kleinen italienischen Fabrik Tallone, deren Markenzeichen darin bestand, dass nur matte Flügel produziert werden konnten, weil zum Lackieren der Raum fehlte.
Aufnahmen
BearbeitenBenedetti Michelangelis Debussy-Aufnahmen wird heute allgemein Referenz-Status zuerkannt. Als herausragende Aufnahmen sind außerdem die Einspielungen von Domenico Scarlatti, Frédéric Chopin, Maurice Ravel und Robert Schumann zu nennen. Eine frühe Aufnahme der Variationen über ein Thema von Paganini (Brahms) (von den 28 Stücken ließ er drei aus) und der Balladen op. 10 von Johannes Brahms sollte zum Maßstab für spätere Interpreten werden.
Frühen Aufnahmen einzelner Stücke des katalanischen Komponisten Federico Mompou ist es vielleicht zu verdanken, dass dessen Werk nicht in Vergessenheit geraten ist.
Benedetti Michelangeli bearbeitete 19 Volkslieder a cappella für den Bergsteigerchor Coro della SAT aus Trient.
Literatur
Bearbeiten- Cord Garben: Die kühle Kunst der Perfektion. Arturo Benedetti Michelangeli. Florian Noetzel Verlag, Wilhelmshaven 2020, ISBN 978-3-7959-1042-6.
- Cord Garben: Arturo Benedetti Michelangeli. Gratwanderungen mit einem Genie. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2002, ISBN 3-434-50524-5 (Buch mit 1 Audio-CD).
- Lidia Kozubek: Arturo Benedetti Michelangeli as I Knew Him. Lang, Bern 2011, ISBN 978-3-631-61167-8 (= Ars Musica 2).
- Jochen Köhler: Arturo Benedetti Michelangeli. Auf der Suche nach dem Vollkommenen. Wolke, Hofheim 2020, ISBN 978-3-95593-045-5
Film
Bearbeiten- Ein unfassbarer Pianist – Arturo Benedetti Michelangeli. Dokumentarfilm, Deutschland, 2019, 52:34 Min., Buch und Regie: Syrthos J. Dreher, Dag Freyer, Produktion: 3B Produktion, SWR, Unitel, SRF, Erstsendung: 12. Januar 2020 bei arte, Inhaltsangabe von ARD, online-Video aufrufbar bis zum 11. April 2020. Archivaufnahmen und Zeitzeugen-Gespräche, u. a. mit Cord Garben, Michelangelis Produzent von 1974 bis 1992; den Pianisten Vladimir Ashkenazy und Wowka Aschkenasi; Angelo Fabbrini, Michelangelis Klaviertechniker; Raubkopierer Harry Chin.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Arturo Benedetti Michelangeli im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Arturo Benedetti Michelangeli bei Discogs
- Das «Arturo Benedetti Michelangeli» Dokumentationszentrum (deutsch)
- Michelangeli Chronology. Chronologie der Konzerte 1939–1993, mit den jeweiligen Programmen von: Andrew F. Wilson, 22. Februar 2006, (englisch)
- Arturo Benedetti Michelangeli • komplette Diskographie und Concertographie, ( vom 4. Juni 2016 im Internet Archive) von: Yoshiyuki Mukudai, (englisch, japanisch)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Anthony Tommasini: Arturo Benedetti Michelangeli, Reclusive Pianist, Is Dead at 75. In: The New York Times. 13. Juni 1995, abgerufen am 23. Januar 2016 (englisch).
- ↑ Jochen Köhler: Arturo Benedetti Michelangeli. Auf der Suche nach dem Vollkommenen. Hrsg.: Jochen Köhler. Wolke Verlag, Hofheim 2020, S. 122, 124.
Personendaten | |
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NAME | Benedetti Michelangeli, Arturo |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Pianist |
GEBURTSDATUM | 5. Januar 1920 |
GEBURTSORT | Brescia |
STERBEDATUM | 12. Juni 1995 |
STERBEORT | Lugano |