Hans Giffhorn
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Eine alte Geschichte:
Betr.: Hans Giffhorn, „Wurde Amerika in der Antike entdeckt?“ im Wikipedia-Artikel „Chachapoya“, Version vom 3. Februar bis 15. Juli 2013 Hans Giffhorn (Diskussion) 09:10, 19. Jul. 2013 (CEST)
In eigener Sache
Zeitgleich mit dem Erscheinen meines Buchs wurde im Wikipedia-Artikel „Chachapoya“ ein neuer Abschnitt eingefügt: „Das Aussehen der Chachapoya“. Da der oder die Verfasser des Abschnitts mir gegenüber anonym bleiben möchten und auch nicht bereit sind, Korrekturen durchzuführen, und da ich als Betroffener dafür ebenfalls nicht in Frage komme, sehe ich keine andere Möglichkeit, als auf diesem Wege über folgendes zu informieren: Die im Abschnitt „Das Aussehen der Chachapoya“ und im Unterkapitel „Alternative Theorien zur Abstammung“ enthaltenen Aussagen, die meine Arbeit direkt oder indirekt abwerten, stützen sich auf unbelegte und nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen. Die einzige angegebene Quelle, mein Buch, widerlegt alle diese Tatsachenbehauptungen.
Belege zu Falschaussagen im Artikel
Zunächst zum Abschnitt über de Mahieu, mit dem offenbar eine Nähe meiner Forschungsergebnisse zu Mahieus Ideen suggeriert werden soll (ich habe übrigens erst wenige Monate vor dem Abschluss des Buchs zum ersten Mal von de Mahieu, der ja kein Chachapoya-Theoretiker ist, erfahren):
„Die Interpretation als blond und hellhäutig kam erst viel später mit den kulturrassistischen Ideen des SS-Waffengrenadiers Jacques de Mahieu auf.“
Die vielen Originalberichte der Chronisten über „weiße Chachapoya“ lassen sich beim besten Willen nicht anders interpretieren als „hellhäutig“, wie auch mehrere unumstritten seriöse und renommierte zu den Chachapoya forschende Wissenschaftler wie Adriana v. Hagen und Peter Lerche feststellen (Belege und Quellen dazu in meinem Buch S. 245 und S. 253f).
„Tatsächlich ist aber in den Berichten der spanischen Eroberer, die sich mit den Chachapoya im Kampf gegen die Inka verbündeten, nie von `blonden Indianern´ die Rede.“
Das sei ebenfalls nur eine kulturrassistische Interpretation. Aber: Mahieus Kulturrassismus bezog sich auf die Inka-Elite und auf die absurde Idee, dass deren Führungsqualitäten ein Ergebnis der Zugehörigkeit zur „Herrenrasse Wikinger“ seien. Im Zusammenhang mit den Chachapoya tauchten vergleichbare Ideen m.W. noch nie auf. Auch der christlich-fundamentalistische Sektengründer Gene Savoy vertrat keine rassistischen Ideen. Es geht also nur um die Frage: Sind Berichte der Chronisten über „blonde Indianer“ eine Erfindung von Kulturrassisten, oder gibt es solche Berichte tatsächlich.
Hier bin ich auf einen solchen Bericht gestoßen: Pizarro, Pedro 1571/1978 Relacion del descubrimiento y conquista de los reinos del Peru. Lima: Pontificia Universidad Catolica del Peru S. 240f. (wörtliche Übersetzung in meinem Buch, S.253). Pedro Pizarro beschreibt dort seine Reiseerlebnisse im Norden Perus bei den Chachapoya und den damals etwas nördlich vom Chachapoya-Gebiet lebenden Cañari und die Unterschiede der Bevölkerung Nordostperus zum Rest Perus, z.B. der Inka. Ob er die blonden Indianer bei den Cañari oder bei den Chachapoya traf, wird aus seinen Formulierungen nicht eindeutig klar. Doch aus dem Gesamtzusammenhang schloss ich im Buch, dass er das wohl, wie die anderen Beschreibungen, auf die Chachapoya bezog. Für den Kontext des Artikels ist das auch unerheblich, weil es ja um den Bezug zu „kulturrassistischen Ideen“ und die Behauptung im Chachapoya-Artikel geht, dass in den Konquistadorenberichten „nie von blonden Indianern die Rede“ sei. Der Autor des beanstandeten Abschnitts, „Astrofratz“, interpretiert den Bericht von Pedro Pizarro auf der Diskussionsseite zwar falsch, dennoch bestätigt er im selben Beitrag, dass Pizarro „blonde Indianer“ erwähnt und dass somit seine eigene Behauptung im Hauptartikel unwahr ist. Dennoch korrigierte er die Behauptung nicht.
Nun zu den Zeitangaben im nächsten Absatz, die wohl den Eindruck erwecken sollen, dass ich nicht wüsste, dass 1000 Jahre Zeitabstand das Entstehen von Verwandtschaftsbeziehungen verhindern, oder dass ich über den Forschungsstand zum Alter der Kulturen nicht informiert sei:
„Hans Giffhorn meint Hinweise gefunden zu haben, die eine Verwandtschaft der Cachapoya mit den 1000 Jahre früher lebenden Keltiberern, Kelten, Karthagern und Balearen von der spanischen Halbinsel zeigen“
Für behaupteten 1000 Jahre Unterschied liefert „Astrofratz“ keinerlei Belege. Es gibt aber genug Belege dafür, dass auch diese Behauptung falsch ist.
In Bezug zu „Keltiberern,…Karthagern und Balearen“ sage ich nichts über eine „Verwandtschaft“ aus. Nur in Bezug auf Kelten Nordwestspaniens schreibe ich über eine solche Möglichkeit. Erst um 19 v.Chr. hatten die Römer die Kelten und Keltiberer der Iberischen Halbinsel endgültig besiegt (Quelle: Martin Luik „Der schwierige Weg zur Weltmacht. Roms Eroberung der iberischen Halbinsel 218-19 v.Chr.“, Verlag v.Zabern, Mainz 2005, S.110). Aber deren Kulturen (wie auch die der „Karthager und Balearen“) lebten noch viele Jahrzehnte weiter. Also dürfte, wenn die Behauptung von „Astrofratz“ stimmen würde, die Chachapoya-Kultur frühestens und unbestreitbar um etwa 1000 n.Chr. entstanden sein.
Am (nicht von „Astrofratz“ formulierten) Beginn des Wiki-Artikels „Chachapoya“ steht zum Alter der Festung Kuelap, dem bekanntesten Zeugnis der Chachapoya-Kultur: „Um etwa 800 n. Chr. errichteten sie (die Chachapoya) die Festung von Kuelap.“ Also muss die Chachapoya-Kultur zu der Zeit schon bestanden haben. Doch Wikipedia ist nicht wissenschaftlich zitierfähig.
Nun existieren zum Beginn der Chachapoya-Kultur weder schriftliche Zeugnisse noch z.B. Berichte von Dritten. Alle Aussagen dazu können sich allein auf die Datierungen archäologischer Funde stützen. Und nur wenige Prozent der archäologischen Stätten der Chachapoya wurden bisher professionell untersucht und datiert (dazu die aktuellste von vielen Quellen: In einer 2012 produzierten BBC-Doku über die Chachapoya, „Lost Kingdoms of South America – People of the Clouds“, auf Youtube veröffentlicht am 13.03.2013, https://www.youtube.com/watch?v=TktIidCnPGI, wurde bei 1´35“ die amerikanische Expertin Adriana v. Hagen, Vize-Direktorin des Chachapoya-Museums Leymebamba, gefragt: „How much of the archaeology of the Chachapoya has been actually found? “ A.v.H.: „Five percent? If that? I can count on one hand the sites which have been excavated scientifically.“ „And it´s a huge region.“ „Yes.”). Da eine Datierung nur feststellen kann, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die Chachapoya-Kultur bereits existierte und nicht ausschließen kann, dass es auch frühere Zeugnisse gibt, sind nur überprüfbare Aussagen zum Mindestalter der Chachapoya-Kultur möglich. Wie lange vorher die Kultur tatsächlich begann, kann grundsätzlich nur vermutet werden. Also muss die Aussage der Autoren betr. 1000 Jahre Unterschied schon deshalb falsch sein, weil sie als gesicherte Tatsache formuliert wurde. Doch darüber hinaus habe ich im Buch (S. 72ff) ausführlich dargelegt, dass Kuelap etwa um 400 n.Chr. bereits existierte und dass vieles dafür spricht (so Dr. Peter Lerche), dass die Chachapoya-Kultur schon vor über 2000 Jahren, also noch vor dem Ende der keltiberischen Kultur, entstanden sein muss.
Eine weitere Quelle zum Alter von Kuelap: Der seit 1986 amtierende Leiter der Ausgrabungen in Kuelap, der Archäologe Dr. Alfredo Narváez, sagt in der oben genannten auf Youtube veröffentlichten BBC-Doku über die Entstehung von Kuelap bei 49´40“: "Los fechados mas antiguos que tenemos son del Siglo 6to, es decir alrededor del año 500. Pero sospechamos que la ocupacion comienza antes, quizas en el 400 despues de cristo." Englischer Untertitel (genaue Übersetzung – der Moderator befindet sich mit A. N. in Kuelap und fragt): „What do we know about the beginning of the site?” A.N.: “Yes, the earliest dates we have are around the 6th century A.D, around the year 500. But we suspect the occupation started much earlier, maybe around 400 AD.” Es gibt mehrere weitere öffentliche Äußerungen von Narváez im selben Sinn, in denen er z.B. die Bauzeit von Kuelap auf „die ersten Jahrhunderte n.Chr.“ einschätzt und eine neuere Radiocarbon-Analyse, die ca. 400n.Chr. ergab, erwähnt. Auch der (überholte) englischsprachige Wikipedia-Artikel über Kuelap nennt die Radiocarbon-Analysen von Narváez.
Andere archäologische Befunde (die allerdings noch nicht veröffentlicht wurden) belegen, dass die Chachapoya-Kultur um ca. 70 n.Chr. bzw. 3 nach Chr. bereits existierte, und bestätigen so Lerches Schlussfolgerung. Aber ich denke, es gibt genug Belege dafür, dass die Behauptung „1000 Jahre Abstand“ nicht stimmt.
Ich bin gern bereit, mich zu Fragen oder Einwänden zu diesen Aussagen zu äußern – über meine email-Adresse giffhorn@t-online.de