Die Freimaurerloge Friedrich der Große -o- Prometheus ist eine am 9. März 1912 unter dem Namen “Friedrich der Große” in Berlin gegründete reguläre Freimaurerloge. Sie ist eine Tochterloge der Großen National-Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" (3WK) und eine der wenigen deutschen Freimaurerlogen, die seit ihrer Gründung ununterbrochen[Anm. 1] bestehen. Bekannt wurde die Loge durch die Mitgliedschaft von Karl Habicht, Gustav Stresemann und Georg Marschall. Seit 1952 trägt sie ihren heutigen Namen nachdem sie sich bereits 1946 mit ihrer Ausgründung “Prometheus” zusammengeschlossen hatte. Das Symbol “-o-” zwischen den Namen der früher eigenständigen Logen “Friedrich der Große” und “Prometheus” soll drei Kettenglieder darstellen und deutet die Verbindung durch die Bruderkette an.

Gründung der Loge unter dem Namen "Friedrich der Große" im Jahr 1912

Bearbeiten

1912 waren die Mitgliederzahlen in den Berliner Tochterlogen der 3WK stark angestiegen, sodass ein weiteres Anwachsen nicht mehr im Interesse der Arbeitsfähigkeit lag. Aus diesem Grund beschloss das Bundesdirektorium der 3WK am 17. Januar 1912 drei neue Tochterlogen zu gründen. Vorausgegangen war eine Versammlung der Großloge. Am 8. Februar 1912 wurde in einer weiteren Versammlung die Leitung der drei neuen Logen vorberaten. Für die Loge "Friedrich der Große" nahm man den Pfarrer der St. Petri-Kirche, Karl Habicht, in Aussicht [1]. Habicht war zu diesem Zeitpunkt zugeordneter Meister der Loge "Zu den drei Seraphim" und seit 1896 Freimaurer. Am 9. März 1912 erfolgte die Gründungsarbeit der Loge, die sich im Jahr des Jubiläums seines 200. Geburtstages den Namen des Königs von Preußen erwählt hatte. Karl Habicht übernahm als Meister vom Stuhl die sog. Hammerführung und behielt dieses Logen-Amt bis 1929 inne, obwohl er 1920 National-Großmeister der Mutterloge wurde [2].

Entwicklung der Loge bis 1922

Bearbeiten

Das erste Jahrzehnt der jungen Loge war vom 1. Weltkrieg, von der Novemberrevolution, der Inflation und der Not der Nachkriegsjahre überschattet. Mit dem Wunsch nach Halt in Zeiten der empfundenen tiefsten Niederlage, politischer Unruhen und des Hungers drängten viele Suchende in die Logen. Bis zu 40 Aufnahmen im Jahr ließen die Loge „Friedrich der Groß“ bald auf über 300 Mitglieder anwachsen. Zu den Neuaufgenommenen gehörte auch der damalige Reichsaußenminister und spätere Friedensnobelpreisträger Gustav Stresemann [3].

Gustav Stresemanns

Bearbeiten

Die Mitgliedschaft von Gustav Stresemann spielte nicht nur für die Geschichte der Loge Friedrich der Große, sondern auch für die GNML (3WK) eine bedeutende Rolle. Zugleich ist sie aber auch ein Symbol für das Scheitern der Freimaurerei im Nationalsozialismus. Mit Karl Habicht wandte sich Stresemann gegen Bestrebungen der deutschen Freimaurerei, sich mit dem aufkommenden Nationalsozialismus zu arrangieren. Beide scheiterten in ihren Bemühungen. Stresemann starb bereits sechs Jahre nach seiner Aufnahme und Karl Habicht wandte sich am 10. März 1933 von der Freimaurerei ab.

Die geheime Abstimmung in der Loge am 7. Juni 1923 über seine Aufnahme ergab drei Gegenstimmen. [Anm. 2] Nur einer der drei Gegner Stresemanns, Erich Klemm, kam der Aufforderung nach, seine Bedenken schriftlich zu formulieren. Klemm kritisierte den Personenkult um Stresemanns Aufnahme. Ferner sei Stresemanns Frau Jüdin (tatsächlich war sie die protestantische Tochter jüdischer Eltern, die zum Christentum übergetreten waren).[Anm. 3] Ferner besorgte Klemm zu Recht, dass die politische Haltung Stresemann den nationalen Kräften einen Vorwand gegen die Freimaurerei bieten könnte.[4] Wenige Tage nach der Aufnahme versammelten sich die Beamten, die Träger von Funktionen in der Loge. Habicht verlas ein anonymes Schreiben das Stresemann am Morgen des Tages seiner Aufnahme erhalten hatte. Darin wurde er aufgefordert, seinen Aufnahmeantrag zurückzunehmen. Hierauf sah Habicht sich veranlasst seinen Rücktritt als Meister von Stuhl anzubieten, was vom Beamtenrat abgelehnt wurde. [5]

Freimaurerischer Werdegang

Bearbeiten

Der freimaurerische Werdegang Stresemanns wurde aufgrund seiner herausragenden Stellung in der Öffentlichkeit bevorzugt. Am 6. März 1924 wurde er bereits zum Gesellen befördert, am 5. Juni 1924 zum Meister erhoben und am 27, April 1927 zum Schottenmeister erhoben. Die GNML (3WK) verlieh ihm sodann am 14. Januar 1927 die Ehrenmitgliedschaft.[6][7] Stresemann führte der Loge auch weitere angesehene Personlichkeiten zu. Darunter den Staatssekretär Rochus von Rheinbaben, seinen Fraktionsfreund Otto Most sowie seinen Privatsekretär Henry Bernhard.[8]

Öffentliche Aufmerksamkeit

Bearbeiten

Wegen seiner Zugehörigkeit zur Freimaurerei war Stresemann innerhalb und außerhalb der Loge Angriffe ausgesetzt gewesen.[9] Auch Habicht als enger Vertrauter Stresemanns wurde angegriffen. 1932 musste Habicht in einem Prozess als Zeuge aussagen und wurde dazu befragt, ob Stresemann in seiner Politik unter freimaurerischen Einfluss und Lenkung gestanden habe.[10][11] Am 1. Oktober 1924 schrieb Kurt Tucholsky: Der Mitbegründer der Paneuropa-Union Édouard Herriot und Stresemann hätten „sich gleich beim ersten Händedruck erkannt. Herr Gustav Stresemann ist in diesem Jahre Freimaurer geworden, und das ist in Frankreich nicht unbekannt geblieben.“[12] In seiner Rede zum Beitritt Deutschlands zum Völkerbund verwendete er freimaurerische Begriffe wie den des göttlichen Baumeisters der Erde zurück.[13] Für die Nationalsozialisten war die Mitgliedschaft ein Beweis für die „jüdische Unterwanderung der Freimaurerei durch das Weltjudentum“. In einer ersten Reaktion des „Völkischen Beobachters“ hieß es: „Wir gestehen: Uns wurde ganz unappetitlich zumute, als wir diese faden Ergüsse abgedroschener Freimaurer-Phraseologie durchlesen mußten“[14]. Stresemann wurde vorgeworfen, er beabsichtige, die Trennung der deutschen Großloge von denen in Frankreich und England überwinden zu wollen. Entgegen Habichts Haltung hielt Stresemann nichts von einer direkten Auseinandersetzung mit seinen Kritikern. In einen Brief an Habicht kommentierte er diese Kritik wie folgt:

„Wir haben es nicht nötig, zu erklären, daß wir deutsch und christlich denken. Die Leute, die nicht überzeugt sein wollen und die wie Ludendorff, Reventlow etc. geistig verwirrt sind, so daß man nicht weiß, ob sie normal zu denken vermögen, werden wir nie überzeugen, und im übrigen machen unsere Erklärungen den Eindruck der Schwäche. Wenn deshalb noch einmal irgend etwas erklärt werden sollte, dann bitte ich doch dringend (…), mit einem heiligen Donnerwetter dreinzuschlagen und zu sagen, daß uns die Kritik von Narren nicht berührt (…).“

Gustav Stresemann: in Henry Bernhard: Gustav Stresemann. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Freimaurer Krefeld 1948, S. 15

Dieses Zitat verdeutlicht, dass Stresemann und Habicht die Absichten der Nationalsozialisten unterschätzten. Beide hielten die freimaurerfeindliche Haltung der NSDAP für politische Rhetorik und setzten auf die Unterstützung des bürgerlichen Lagers. Unterstützt wurde diese Fehleinschätzung durch einen Wandel in der nationalsozialistischen Agitation ab dem Jahr 1929.[15] Die NSDAP verzichtete auf öffentliche antifreimaurische Agitation, Rosenberg, zuvor ein führender Vertreter der gegen die Freimaurer gerichteten Agitation, forderte eine „ besonnene, kritische und wissenschaftliche“ Auseinandersetzung mit der Freimaurerei[16]. Tatsächlich sammelte die SS und später der Sicherheitsdienst(SD) bereits Material zum Aufbau der von Heydrich ab 1931 geführten „Gegnerkarte“[17].

Ausgründung der Loge "Prometheus" 1925 bis zur gewaltsamen Schließung der Loge 1935

Bearbeiten

Anfang des Jahres 1925 schied eine Gruppe von Mitgliedern aus der zahlenmäßig zu großen Loge „Friedrich der Große“ aus, um die neue Johannisloge „Prometheus“ zu gründen. Diese erhielt am 14. März 1925 ihre Stiftungsurkunde von der Großloge. Erster Meister vom Stuhl wurde der Kaufmann Josef Wilde. Im Jahr 1929 wechselte in beiden Logen die Besetzung des Stuhlmeisteramtes. Nachfolger Habichts wurde der Studienrat Erich Hollenbach, auf Wilde folgte Direktor Hermann Herbst. Beide neuen Stuhlmeister führten die Loge bis zu ihrer Schließung im Juni 1935. Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten nahmen auch die Angriffe auf die Freimaurerei zu. Die Zahl der Neuaufnahmen in den Bund gingen zurück. Viele Mitglieder deckten aus Angst die Loge. Die verbliebenen Mitglieder mussten 1935 die Loge schließen. Die verbliebenen Mitglieder trafen sich im privaten Rahmen. Karl Habicht resignierte als National-Großmeister schon 1933. In dem Bemühen, die Öffentlichkeit und die neuen NS-Machthaber zu überzeugen, dass die Freimaurerei keine staatsgefährdenden, volksfeindlichen Ziele verfolge, veröffentlichte er in einer illustrierten Zeitschrift eine Bericht über die Freimaurerei. Die bildliche Darstellung vom Inneren des Freimaurer-Tempels und von rituellen Gegenständen sowie das Foto eines Freimaurers in maurerischer Bekleidung trugen Habicht den Vorwurf ein, den Eid der Verschwiegenheit gebrochen zu haben. Habicht trat als National-Großmeister zurück. Nachfolger wurde am 9. April 1933 Otto Bordes. Er stand der NSDAP nahe [18].

Wiedereröffnung der Loge 1946 bis zur Namensgebung "Friedrich der Große -o- Prometheus"

Bearbeiten

1945 fanden sich wenige Mitglieder der Loge „Prometheus“ und noch weniger Mitglieder aus der Loge „Friedrich der Große“ zusammen. Viele der Logenbrüder waren zerstreut, gefallen, gestorben, im Konzentrationslager umgekommen oder alt geworden. Da die Verwendung des Namens „Friedrich der Große“ unpassend erschien, schlossen sich alle verbliebenen Mitglieder am 12. Juli 1946 zur Loge „Prometheus“ zusammen. Am 25. August 1946 erfolgte mit der ersten freimaurerischen Arbeit nach 1935 die Lichteinbringung. Hermann Herbst wurde wieder Meister vom Stuhl. 1949 folgte ihm Oberstudiendirektor Otto Steinbrück. Bis 1952 hatten sich auch die politischen Verhältnisse soweit konsolidiert, dass die alte und wieder junge Loge die beiden Logennamen zu „Friedrich der Große -o- Prometheus“ verschmelzen konnten. Im März 1962 beging die Loge unter Steinbrück ihr 50. Stiftungsfest. Steinbrück war von 1958 bis 1967 übrigens auch National-Großmeister der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“.

Bearbeiten

Anmerkungen

Bearbeiten
  1. Die Loge musste aufgrund der nationalsozialistischen Herrschaft ihre Arbeit einstellen. Dieser Zwangsakt beseitigte jedoch nicht ihre Rechtspersönlichkeit. vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1955
  2. Nach dem Brauchtum der Freimaurer soll der Beschluss über eine Aufnahme möglichst einstimmig gefasst werden. Daher hätten drei Gegenstimmen zur Ablehnung eines Aufnahmeantrages genügen können. In einem solchen Fall kann der Meister von Stuhl die Bedenkenträger auffordern, ihre Bedenken offen darzulegen. Da vorliegend nur ein Mitglied seine Bedenken offen vortrug, oblag es Habicht den Aufnahmeantrag anzunehmen.
  3. Seit 16. Februar 1924 wurden in der GNML (3WK) nur Männer mit „christlich-religiöse Weltanschauung“ aufgenommen. Vor dem Weltkrieg war die Lage der Judenfrage folgende: Von den altpreußischen Großlogen ließen die Große Landesloge und die "Drei Weltkugeln" Juden zum Besuche zu, nahmen sie aber als christliche Systeme nicht als Mitglieder auf. Die Großloge "Royal York Zur Freundschaft" ließ sie zu den Johannisgraden zu. Die übrigen deutschen (humanitären) Großlogen hatten jüdische Mitglieder.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“: Festschrift zum 225. jährigen Bestehen der Großen National-Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln". Gestiftet am 13. September 1740, Berlin 1965, S. 49, 113
  2. Johannisloge „Friedrich der Große -o- Prometheus“: Festschrift zur Feier des Fünfzigjährigen Bestehens, Berlin 1962, S. 6
  3. Johannisloge „Friedrich der Große -o- Prometheus“: Festschrift zur Feier des Fünfzigjährigen Bestehens, Berlin 1962, S. 11
  4. Schreiben von Klemm an Habicht vom 9. Juni 1923; GStA Berlin, Logen 5.2. B 32 Nr. 79
  5. GStA PK Berlin, FM 5.2.B32 Nr. 119
  6. Werner Schwartz: Die Große National-Mutterloge der Preußischen Staaten, gen. „Zu den Drei Weltkugeln“ 1933–2000. Versuch einer Standortbestimmung. Berlin 2002, S. 1265.
  7. Karl Heinrich Pohl: Gustav Stresemann: Biografie eines Grenzgängers. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, ISBN 978-3-647-30082-5, S. 98 Anm. 105.
  8. Karl Heinrich Pohl: Gustav Stresemann: Biografie eines Grenzgängers. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, ISBN 978-3-647-30082-5, S. 98.
  9. Hans Ambach, Wegbereiter Europas: Gustav Stresemann in: ELEUSIS Heft 4/2015, S. 53 f.
  10. Robert Schneider: Die Freimaurerei vor Gericht. 3. Auflage. Selbstverlag des Verfassers, 1936, OCLC 459111150, S. 72.
  11. Werner Schwartz: Die Große National-Mutterloge der Preußischen Staaten, gen. „Zu den Drei Weltkugeln“ 1933–2000. Versuch einer Standortbestimmung. Berlin 2002, S. 235–238.
  12. Kurt Tucholsky: Republik wider Willen, Texte 1911 bis 1932; Der erste Händedruck. Hamburg 1985, S. 10733.
  13. Siehe auch Reinhard Markner: Der Freimaurer Stresemann im Visier der Nationalsozialisten. In: Quatuor-Coronati-Jahrbuch 42 (2005), S. 67–75.
  14. „Stresemanns Freimaurerrede“, in: Völkischer Beobachter vom 12./13. September 1926
  15. Marcus Meyer: „... dass der Orden ein völkischer werden muss" Anmerkungen zum Spannungsverhältnis von Freimaurerei, völkischer Bewegung und Nationalsozialismus. In: Uwe Puschner und Clemens Vollnhals (Hrsg.): Die völkisch-religiöse Bewegung im Nationalsozialismus (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts. Band 047). 2. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-525-36996-8, S. 491–509.
  16. Armin Pfahl-Traughber: Der antisemitisch-antifreimaurerische Verschwörungsmythos in der Weimarer Republik und im NS-Staat. Braumüller, Wien 1993, ISBN 3-7003-1017-X, S. 54–56.
  17. Marcus Meyer: „... dass der Orden ein völkischer werden muss". Anmerkungen zum Spannungsverhältnis von Freimaurerei, völkischer Bewegung und Nationalsozialismus. In: Uwe Puschner und Clemens Vollnhals (Hrsg.): Die völkisch-religiöse Bewegung im Nationalsozialismus (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts. Band 047). 2. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-525-36996-8, S. 505.
  18. Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“: Festschrift zum 250. jährigen Bestehen der Großen National-Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" 1740-1990, Berlin 1990, S. 53