X = Unfertig

Die Kasseler Altstadt bildete bis zu ihrer Vernichtung im Zweiten Weltkrieg das Zentrum der nordhessischen Großstadt und historischen hessischen Hauptstadt Kassel. Die flächendeckende Fachwerkbebauung gehörte zu den bedeutendsten in Europa.

Geschichte X

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Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit der Stadtentwicklung und Bebauung im Altstadtbereich. Zur allgemeinen Stadtgeschichte siehe: Geschichte der Stadt Kassel

Anfänge der Stadt

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Wann die erste dauerhafte Siedlung im Bereich der späteren Kasseler Altstadt errichtet wurde, lässt sich nicht mehr genau bestimmen. Da das Altstadtgebiet immer hochwassergefährdet war, lagen die Siedlungsschwerpunkte im Kasseler Becken lange Zeit in Kirchditmold und Wolfsanger. Erstmals schriftlich erwähnt wird Kassel als Chassala bzw. Chassela im Jahr 913 n. Chr. als Königshof, in dem Konrad I. zwei Urkunden über die Abtei Hersfeld ausstellte. Der damalige Königshof, eine Vorstufe zur Königspfalz, wird wie vergleichbare Siedlungen aus einem ummauerten Gutshof, Wirtschaftsgebäuden und einer Kapelle bestanden haben. Möglicherweise bestand bereits eine Siedlung um den Königshof.

In den folgenden beiden Jahrhunderten erscheint Kassel weitere Male als Ausstellungsort von königlichen Urkunden. Landgraf Ludwig III. von Thüringen bezeichnet Kassel in einer Urkunde von 1189 erstmals als Stadt. 1239 bestätigte Hermann II. von Thüringen, der Sohn der Heiligen Elisabeth, die Stadtrechte. In der Urkunde wurden in fünf Artikeln Regelungen zum Stadtfrieden getroffen. Das Siegel, welches auf die Urkunde gesetzt ist, zeigt nun die gerade erst fertiggestellten Stadtmauern. Während der Herrschaft der Thüringer Landgrafen als Burggrafen von Kassel ließ der Einfluss Reiches auf die Stadt immer mehr nach und Kassel begann sich unabhängig zu entwickeln.

Frühe Stadterweiterungen

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Nach Westen war die stetig wachsende Stadt mit Mauern gesichert, der Brückenkopf auf der anderen Seite der Fulda war zunächst nicht befestigt. 1289 wird die Kasseler Neustadt auf der anderen Seite der Fulda, ab dem 17. Jhd. Unterneustadt genannt, erstmals erwähnt. Der neue Stadtteil unterschied sich vor allem durch die regelmäßig angelegten Straßen vom verwinkelten Zentrum um den Markt. Mittelpunkt der Neustadt war der Holzmarkt mit der Magdalenenkirche. Eine neu errichtete Holzbrücke mit Dach verband Holz- und Altmarkt.

Vierzig Jahre später war die Stadt erneut so stark gewachsen, dass eine Stadterweiterung nötig wurde. Unter der Regentschaft von Landgraf Heinrich dem Eisernen entstand 1330 der neue Stadtteil Freiheit, so genannt, da Steuerfreiheiten Menschen dazu bringen sollten, sich dort anzusiedeln. Die neue Stadtmauer umfasste nun auch das Kloster Ahnaberg und das Elisabethhospital, die vorher außerhalb der Mauern lagen. Der Bau der Martinskirche als Freiheiter Pfarrkirche begann 1343. Von Landgraf Heinrich ursprünglich als Dom Hessens als Zeichen des Bestrebens sich gegen das Erzbistum Mainz zu behaupten geplant, wurde der Bau der Kirche von zahlreichen Unglücken begleitet. Im Jahr der Grundsteinlegung wurde Kassel von einem Hochwasser nie dagewesenen Ausmaßes getroffen, der die Bauarbeiten für längere Zeit unmöglich machte. Fünf Jahre später raffte der Schwarze Tod tausende Bürger der Stadt hin. Der Bau ruhte aus Mangel an Arbeitskräften und finanziellen Mitteln bis 1364.

1346 war die Unterneustädter Fuldabrücke so instabil geworden, dass Heinrich einen Neubau errichten lies. Um diesen zu finanzieren ließ er ein Brückengeld erheben - das erste dokumentierte der deutschen Geschichte.[1] Nachdem die drei Stadtteile, die ursprünglich als eigene Städte verwaltet wurden, zusammengelegt wurden, begann 1408 der Bau eines gemeinsamen Rathauses am Altmarkt.

Stadtbrand und Festungsbau

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Bis ins 16. Jahrhundert war Kassel von Stadtbränden, die viele Städte regelmäßig heimsuchten, vollständig verschont geblieben. Dazu beigetragen haben mag auch eine Verordnung von 1384, die das Verursachen von offenen Feuern empfindlich bestrafte. Am 20. Juli 1521, im Jahr des Wormser Ediktes, brannten 306 Häuser in einem am Müllertor entfachten Feuer nieder.[2]

Beim Wiederaufbau wurde vielfach nicht mehr ausschließlich Fachwerk, sondern auch Sandstein zum Bau der Häuser genutzt. Außerhalb der Stadt ließ Landgraf Philipp I. von Hessen gleichzeitig Festungsanlagen errichten, die Kassel zu einer Festung oberster Stufe machen sollten. Die Stadt wurde mit Bastionen, einem Wall und einem doppelten Wassergraben verstärkt. Nach zwanzigjähriger Bauzeit waren die Wallanlagen 1547 fertiggestellt.[2]

Nachdem Philipp nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg vom Kaiser gefangen genommen worden war, ließ dieser die Festungsanlagen, die noch kein Jahr fertiggestellt waren, wieder schleifen. Nach der Befreiung Philipps 1552 begann der Wiederaufbau der Festungsanlagen. Der Landgraf befahl nach Fertigstellung, dass jeder Kasseler Bürger im Wachdienst ausgebildet werden sollte. Aus diesem Edikt entstand später die Bürgerschützenkompanie, die die Stadt auch dann noch zu einer wehrhaften Festung machen sollte, wenn alle Soldaten aus der Stadt abgezogen waren. Sie ersetzte die bereits seit Jahrhunderten bestehenden "Bastiansbrüder".

Im selben Jahrhundert wurde die hölzerne Fuldabrücke durch einen gewölbten steinernen Bau ersetzt.

Hessen-Kassel X

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Fachwerkgebäude am Altmarkt

Landgraf Wilhelm der Weise ließ die von seinem Vater angelegten Wallanlagen erweitern und modernisieren und ließ das Zeughaus als Arsenal und größtes Gebäude der Stadt errichten.

Das Stadtbild veränderte sich unter Landgraf Moritz drastisch. Waren die meisten Gebäude vorher zweistöckige Fachwerkhäuser mit Lehmschlag und Scheunen, zogen in seiner Regierungszeit eine große Zahl wohlhabende wallonische Händler in die Stadt, die Renaissancebauten mit reich ornamentierten Steingiebeln errichten ließen. Zur gleichen Zeit begann der Niedergang der städtischen Selbstverwaltung. Für das Bürgermeisteramt wurden nun juristische Kenntnisse verlangt, von den ortsansässigen Rechtsanwälten wollte jedoch selten einer seine Kanzlei für das damals unbezahlte Amt aufgeben. So wurde der Bürgermeister meist vom Landgrafen ernannt.

Nationalsozialismus und Freiheiter Durchbruch X

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Das Deichmannhaus am Marställer Platz

Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

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Siehe auch: Luftangriff auf Kassel am 22. Oktober 1943

Aufgrund der dichten Bebauung mit leicht entflammbaren Fachwerkhäusern in der Altstadt wurde Kassel bereits früh auf die Liste jener Städte gesetzt, die gemäß der britischen Area Bombing Directive für einen flächendeckenden Brandbombenangriff besonders geeignet waren.

Ab 1941 kam es zu kleineren Bombenangriffen, bei denen einzelne Gebäude, wie etwa das Residenzpalais, zerstört oder beschädigt wurden. Den größten Angriff, im Volksmund die Bombennacht genannt, erlebte Kassel in der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober 1943. Innerhalb von 22 Minuten wurde die gesamte mittelalterliche Altstadt durch einen mit 420.000 Stabbrandbomben entfachten Feuersturm nahezu vollständig eingeäschert. Bei dem Angriff starben zwischen 7000 und 10.000 Menschen. Auf Luftbildaufnahmen brannte die Stadt nach einer Woche immernoch.

Neubebauung nach dem Krieg X

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Siehe auch: Wiederaufbau von Kassel nach dem Zweiten Weltkrieg

Wiederaufbaubemühungen X

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Bauwerke X

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Erhaltene Bauwerke X

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Folgende Bauwerke sind innerhalb und in der Nähe der Altstadt bis heute erhalten oder wurden wiederaufgebaut:

Gebäude Erbaut Bild Anmerkungen
Alte Brüderkirche 1294-1304   1943 zerstört, bis 1955 wiederaufgebaut, 1971 nach Bau der Neuen Brüderkirche entweiht.
Renthof 1294-1304   Zusammen mit der Brüderkirche errichtet, ehemaliges Karmeliterkloster, 1633-1653 Sitz der Universität Kassel.
Zwehrenturm 1330   Ehemaliges Stadttor, später Gefängnis, von 1709 bis 1913 Sternwarte.
Martinskirche 1364-1462   Als Pfarrkirche für die erste Stadterweiterung Freiheit errichtet, seit 1524 protestantisch. 1889-1892 wurde der Nordturm errichtet. 1943 schwer beschädigt, 1954-1958 mit modernen Türmen wiederaufgebaut. Bischofssitz von Kurhessen-Waldeck.
Druselturm 1415   Teil der Stadtbefestigung und Gefängnis, 1905 niedergebrannt und wiederaufgebaut, 1943 bis auf das Dach unbeschadet geblieben.
Elisabethhospital 1586   1943 ausgebrannt, Rückbau abgerissen, Fassade intakt.
Marstall 1591-1593   1943 vollständig ausgebrannt, bis 1966 nach historischem Vorbild als Kleinmarkthalle wiederaufgebaut.
Ottoneum 1603-1606   Erstes festes Theatergebäude Deutschlands, seit 1884 Naturkundemuseum, 1943 stark beschädigt.
Karlskirche 1710   Oberneustädter Kirche, 1943 beschädigt, 1957 vereinfacht rekonstruiert.
Palais Bellevue 1714   Als Observatorium gebaut, 1811 zum Schloss ausgebaut. 1943 brannte der Rest vom Schloss nieder und wurde nicht wieder aufgebaut.
Fridericianum 1779   Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, mit etwas erhöhter Geschosshöhe wiederaufgebaut.
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  • Rathaus

Als Ruinen erhalten X

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Gebäude Erbaut Bild Anmerkungen
Rotes Palais 1821-1826   Teil des Residenzpalais. 1941 beschädigt, 1954 abgerissen. Portikus am Friedrichsplatz ist erhalten.
Lutherkirche 1897   Auf dem Altstädter Friedhof errichtet, Kirchenschiff 1943 zerstört. 1970 wurde auf dem Platz eine moderne Kirche gebaut, der Turm blieb stehen.

Im Zweiten Weltkrieg oder später zerstört X

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Dies ist eine Auswahl von Gebäuden der Kasseler Altstadt, die heute nicht mehr stehen.

Gebäude Erbaut Bild Anmerkungen
Weißes Palais 1767-1769   Teil des Residenzpalais. 1943 zerstört, 1948 gesprengt.
Alte Elisabethkirche 1770-1777 1943 zerstört, 1954 gesprengt, 1960 wurde an anderer Stelle ein Neubau errichtet.
Palais Reichenbach 1772   Teil des Residenzpalais. Front 1941 zerstört, Seitenflügel 2006 abgerissen.
  • Weißes Palais
  • Staatsoper
  • Deichmannhaus

Vor dem Zweiten Weltkrieg zerstört X

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  • Auetor
  • Palais Rotenburg
  • Stadtschloss
  • Altes Rathaus
  • Kloster Ahnaberg
  • Magdalenenkirche

Literatur

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  • Jörg Adrian Huber: Stadtgeschichte Kassel, Imhof, Petersberg, 2012
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Einzelnachweise

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  1. Jörg Adrian Huber: Stadtgeschichte Kassel. Imhof, Petersberg 2012, S. 41.
  2. a b Jörg Adrian Huber: Stadtgeschichte Kassel. Imhof, Petersberg 2012, S. 74.