Bernoullische Ungleichung

Ungleichung (1+x)ⁿ ≥ 1+nx für x ≥ −1 und n∈ℕ

In der Mathematik versteht man unter der bernoullischen Ungleichung eine einfache, aber wichtige Ungleichung, mit der sich eine Potenzfunktion nach unten abschätzen lässt.

Eine Veranschaulichung der Bernoulli-Ungleichung. Hier die beiden Funktionen (roter Graph) und (blauer Graph) mit dem konkreten Wert . Der rote Graph liegt für stets oberhalb des blauen Graphen.

Für jede reelle Zahl [1] und jede ganze Zahl gilt

.[2]

Benannt ist die Ungleichung nach dem Schweizer Mathematiker Jakob I Bernoulli.[3]

Geschichte

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Jakob Bernoulli veröffentlichte diese Ungleichung zuerst in seiner Arbeit Positiones Arithmeticae de Seriebus Infinitis (Basel, 1689), in der er diese Ungleichung häufig anwandte.[4]

Laut Joseph E. Hofmann geht die Ungleichung aber auf den Mathematiker Sluse zurück, der sie 1668 in seiner Arbeit Mesolabum veröffentlicht haben soll.[5][4]

Beweis über vollständige Induktion

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Die bernoullische Ungleichung lässt sich mit vollständiger Induktion beweisen.[6] Der Induktionsanfang   ist erfüllt:

 .[2]

Als Induktionsvoraussetzung gelte nun   für  ,   und  . Dann folgt wegen   und der Induktionsvoraussetzung

 

Nach dem Induktionsprinzip gilt die Behauptung für alle  .

Alternativer Beweis für nicht-negative x

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Für   kann die Bernoulli-Ungleichung auch über den binomischen Lehrsatz bewiesen werden. Es gilt hier

 

Beispiel

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Behauptung:

 

für alle reellen  .

Beweis: Zunächst sei   definiert durch

 .

Dann gilt nach der Bernoulli-Ungleichung

 ,

also

 .

Es ist aber

 .

Damit ist dann auch

 

und letztlich

 

Verwandte Ungleichungen

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Strikte Ungleichung

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Ebenfalls als bernoullische Ungleichung wird folgende Ungleichung bezeichnet, die ein „strikt größer“ statt eines „größer gleich“ verwendet:

Für alle reellen Zahlen  ,   und alle natürlichen Zahlen   gilt

 .

Der Beweis lässt sich ebenfalls mit Induktion nach dem gleichen Muster wie der Beweis für die Formulierung mit „größer gleich“ durchführen.[3]

Reelle Exponenten

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Für reelle Exponenten lassen sich folgende Verallgemeinerungen durch Vergleich der Ableitungen zeigen: Für alle   gilt

 ,

wenn  , und

 ,

wenn  .

Variable Faktoren

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Betrachtet man keine Potenz, sondern ein Produkt unterschiedlicher Faktoren, so lässt sich folgende Verallgemeinerung mittels vollständiger Induktion zeigen:

 ,

falls   für alle   oder falls   für alle   und  .[3]

Setzt man dabei   und betrachtet den Spezialfall  , also  , so erhält man die sogenannte Weierstraß-Produkt-Ungleichung[7][8]

 

Anwendungen

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Exponentialfunktion

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Die bernoullische Ungleichung ist bei vielen Abschätzungen hilfreich. Es sei   fix, dann ist   für hinreichend großes  . Mit der bernoullischen Ungleichung gilt daher

  für hinreichend großes  .

Wegen

 

ist somit die Ungleichung

  für alle  

bewiesen.

Beweis von Ungleichungen mit Potenzen

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Um die Konvergenz   für reelle Zahlen   mit   zu beweisen, muss unter anderem ein   gefunden werden, so dass   für ein beliebig vorgegebenes   ist. Hierfür kann die Bernoulli-Ungleichung verwendet werden. Zunächst formt man die Zielungleichung   durch Äquivalenzumformungen um:

 

Wegen   ist  . Setzen wir   so ist   und außerdem nach der Bernoulli-Ungleichung

 

Alternativ kann also auch ein   gefunden werden, so dass   ist. Ist nämlich   dann folgt aus obiger Ungleichung  , dass automatisch auch   ist. Die Existenz von   ist durch das archimedische Axiom gewährleistet.

Der Vorteil der obigen Vorgehensweise ist der, dass hier im Beweis nicht auf den Logarithmus zurückgegriffen werden muss, welcher am Anfang einer Analysis-Vorlesung in der Regel noch nicht zur Verfügung steht.

Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel

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Unter Verwendung einer Abschätzung mit der bernoullischen Ungleichung lässt sich die Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel über vollständige Induktion beweisen. Es ist sogar so, dass die Bernoulli-Ungleichung äquivalent zur Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel ist.[9]

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  • Yuan-Chuan Li, Cheh-Chih Yeh: Some Equivalent Forms of Bernoulli’s Inequality: A Survey. In: Applied Mathematics. 04, 2013, S. 1070, doi:10.4236/am.2013.47146

Quellen und Bemerkungen

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  1. In der Tat gilt die Ungleichung sogar für   und ungerade  , allerdings lässt sich dies nicht mehr so direkt mit vollständiger Induktion, sondern z. B. durch Vergleich der Ableitungen zeigen. Dazu zeigt man, dass   für   negative Ableitung und damit keine Extrema hat, während der Wert für   und   positiv ist. In diesem Fall hat   ein lokales Maximum in  . Für gerades   gilt die Ungleichung sogar für alle reellen  , da hier für   die linke Seite der Ungleichung stets positiv bleibt, während die rechte sicher negativ ist.
  2. a b Für den Fall   und   muss   vereinbart werden.
  3. a b c Harro Heuser, Lehrbuch der Analysis, Teil 1. B. G. Teubner Stuttgart, 1984, ISBN 3-519-22221-3, S. 61, Kapitel 7.9 und S. 68, Aufgabe 7.17
  4. a b History of Science and Mathematics.
  5. Über die Exercitatio Geometrica des M. A. Ricci. (1963), Seite 177.
  6. http://mo.mathematik.uni-stuttgart.de/inhalt/erlaeuterung/erlaeuterung39/
  7. Adam Kertesz und Eric Weisstein: Weierstrass Product Inequality. In: MathWorld (englisch).
  8. http://www.cut-the-knot.org/Generalization/wineq.shtml
  9. Yuan-Chuan Li, Cheh-Chih Yeh: Some Equivalent Forms of Bernoulli’s Inequality: A Survey. In: Applied Mathematics. 04, 2013, S. 1070, doi:10.4236/am.2013.47146.