Bismutit

Mineral aus der Gruppe der Carbonate

Bismutit, nicht zu verwechseln mit dem Bismutsulfid Bismuthinit, veraltet auch als Wismutspat bekannt, ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“ mit der chemischen Zusammensetzung Bi2[O2|CO3][4] und ist damit chemisch gesehen ein Bismut-Carbonat mit zusätzlichen Sauerstoffionen.

Bismutit
Hellgelber, nadelig-faseriger Bismutit vom Hohenstein, Reichenbach, Odenwald, Hessen (Sichtfeld 5 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Bit[1]

Andere Namen

Wismutspat[2]

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate und Nitrate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

V/C.09
V/C.09-020

5.BE.25
16a.03.05.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-pyramidal; mm2[5]
Raumgruppe Imm2 (Nr. 44)Vorlage:Raumgruppe/44[3]
Gitterparameter a = 3,865 Å; b = 3,862 Å; c = 13,675 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5 bis 3,5[6]
Dichte (g/cm3) gemessen: 6,1 bis 7,7; berechnet: 8,25[6]
Spaltbarkeit deutlich bis gut nach {001}[7]
Farbe stroh- bis bräunlichgelb, hellgelb, hellgrün, grünlichgrau, blau, braun, schwarz
Strichfarbe grauweiß
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz Glasglanz bis Wachsglanz, Perlglanz, matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 2,120 bis 2,150[7]
nβ = 2,120 bis 2,300[7]
nγ = 2,28[5]
Doppelbrechung δ = 0,120[7] bis 0,160[5]

Bismutit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt überwiegend kugelige, radialstrahlige oder massige bis pulvrige Mineral-Aggregate von meist weißer, grauer oder gelber Farbe. Es wurden aber auch schon grün, blau, braun und schwarz gefärbte Bismutite gefunden.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals gefunden wurde Bismutit in der „Grube Arme Hilfe“ bei Ullersreuth (Hirschberg (Saale), Thüringen). Als Erstbeschreibung des Minerals gilt die Publikation August Breithaupts von 1841.[8] Breithaupt erwähnte jedoch, dass schon vorher mehrmals kohlensaures Wismutoxid gefunden wurde, wobei dieses im Gemenge vorlag und nicht genau charakterisiert werden konnte:

„Schon mehrmals hat man angegeben, daß in der Natur ein kohlensaures Wismutoxyd vorkomme, aber in keiner Mineralogie ist eine Charakteristik zu finden. Zuletzt noch gab Hr. Gregor an, daß zu St. Agnes in Cornwall kohlensaures Wismut vorgekommen sey. Seine Untersuchung beweist jedoch, daß er einen gemengten Körper zerlegt hat. […] Auf der Eisensteingrube Arme Hülfe zu Ullersreuth bei Hirschberg im Reussischen Voigtlande findet sich unter anderem in einem hornigen dichten Brauneisenerz: gediegen Wismut, Wismutglanz und Hypochlorid, der erstere in eingesprengten oder kleinen Parthieen, der zweite in eingewachsenen nadelförmigen Krystallen und ebenfalls derb. Diese zwei metallischen, von Kupferkies begleitet werdenden, Mineralien sind zuweilen an ihren Rändern und an der Oberfläche, gewöhnlicher aber durch und durch in eine blassgraue oder grüne Substanz umgewandelt, die, wie ich gefunden habe, mehr oder weniger rein aus kohlensaurem Wismutoxyd besteht, und die deshalb, da sie doch jedenfalls ein eigenthümliches Naturproduct ist, den Namen: Bismutit führen möge.“

August Breithaupt in Ueber das natürliche kohlensaure Wismutoxyd, 1841[8]

Breithaupt benannte das Mineral in Anlehnung an den hohen Bismut-Gehalt von über 80 %.

Klassifikation

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In der veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Bismutit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung „Wasserfreie Carbonate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Phosgenit die „Phosgenit-Bismutit-Gruppe“ mit der System-Nr. V/C.09 und den weiteren Mitgliedern Beyerit und Kettnerit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Bismutit in die neu definierte Klasse der „Carbonate und Nitrate“ (die Borate bilden hier eine eigene Klasse), dort aber ebenfalls in die Abteilung der „Carbonate mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Pb, Bi“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 5.BE.25 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Bismutit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Carbonate - Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 16a.03.05 innerhalb der Unterabteilung „Carbonate – Hydroxyl oder Halogen mit (AB)2(XO)3Zq“ zu finden.

Kristallstruktur

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Ersten Strukturmessungen zufolge schien Bismutit in tetragonaler Symmetrie zu kristallisieren. Allerdings ließ sich mit dieser Annahme die Struktur nicht vollständig lösen. Eine neue Strukturanalyse im Jahre 2002 ergab schließlich, dass Bismutit im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Imm2 (Raumgruppen-Nr. 44)Vorlage:Raumgruppe/44 mit den Gitterparametern a = 3,865 Å, b = 3,862 Å und c = 13,675 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle kristallisiert,[3] wobei die Elementarzelle jedoch eine ausgeprägte pseudotetragonale Anordnung zeigt.

Bildung und Fundorte

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Bismutit bildet sich als Sekundärmineral durch Verwitterung (meist Oxidation) aus anderen Bismut-Mineralen oder gediegen Bismut. Er tritt daher entsprechend in Paragenese mit gediegen Bismut, Bismuthinit, Bismutoferrit, Chalkopyrit und Goethit auf.

Als eher seltene Mineralbildung kann Bismutit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er jedoch wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand 2017) rund 700 Fundorte. Neben seiner Typlokalität Ullersreuth in Thüringen fand man Bismutit in Deutschland unter anderem noch in Baden-Württemberg (Schwarzwald), Bayern (Fichtelgebirge, Spessart), Hessen (Odenwald), Niedersachsen (Harz), Nordrhein-Westfalen (Sauerland, Siegerland), Rheinland-Pfalz (Siegerland, Westerwald), Sachsen-Anhalt (Harz) und Sachsen (Erzgebirge).

In Österreich trat das Mineral unter anderem am Hüttenberger Erzberg und nahe der Duisburger Hütte in Kärnten, bei Kottaun (Gemeinde Geras) in Niederösterreich, an mehreren Orten im Salzburger Land sowie bei Brunngraben nahe Flatschach und Sankt Oswald in Freiland in der Steiermark auf.

In der Schweiz fand man Bismutit bisher vor allem in den Kantonen Graubünden und Wallis.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Armenien, Äthiopien, Australien, Bolivien, Brasilien, Chile, China, Finnland, Frankreich, Griechenland, Indien, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, der Demokratischen Republik Kongo, Madagaskar, Mexiko, Mongolei, Mosambik, Namibia, Norwegen, Papua-Neuguinea, Peru, Polen, Portugal, Ruanda, Rumänien, Russland, Schweden, Simbabwe, der Slowakei, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Tschechien, Ungarn, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[9]

Siehe auch

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Literatur

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  • A. Breithaupt: XV. Ueber das natürliche kohlensaure Wismutoxyd. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 23, 1841, S. 627–630 (rruff.info [PDF; 476 kB; abgerufen am 17. Januar 2017]).
  • Clifford Frondel: Mineralogy of the oxides and carbonates of bismuth. In: American Mineralogist. Band 28, 1943, S. 521–535 (rruff.info [PDF; 979 kB; abgerufen am 17. Januar 2017]).
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 715.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Nebel Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 126.
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Commons: Bismutite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 188, 344.
  3. a b c d Joel D. Grice: A solution to the crystal structures of bismutite and beyerite. In: The Canadian Mineralogist. Band 40, 2002, S. 693–698 (rruff.info [PDF; 650 kB; abgerufen am 17. Januar 2017]).
  4. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 300.
  5. a b c Webmineral – Bismutit (englisch)
  6. a b Bismutite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 63 kB]).
  7. a b c d Mindat – Bisutite (englisch)
  8. a b A. Breithaupt: XV. Ueber das natürliche kohlensaure Wismutoxyd. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 23, 1841, S. 627–630 (rruff.info [PDF; 476 kB; abgerufen am 17. Januar 2017]).
  9. Fundortliste für Bismutit beim Mineralienatlas und bei Mindat