Bob-Europameisterschaft 1993

Bob-Europameisterschaft in St. Moritz, Schweiz

Die Bob-Europameisterschaft 1993 wurde am 16. und 17. Januar im Zweierbob und am 22. und 23. Januar 1993 im Viererbob zum sechsten Mal auf der Natureisbahn im schweizerischen St. Moritz ausgetragen. Sie wurde neben den Bob-Weltmeisterschaften Igls zu einer eigenständigen Veranstaltung außerhalb des Bob-Weltcups klassifiziert. Dementsprechend wurden bei der EM vier Läufe ausgetragen.

Bob-Europameisterschaft 1993
Männer Frauen
Sieger
Zweierbob Schweiz Gustav Weder
Donat Acklin
Viererbob Schweiz Gustav Weder
Donat Acklin
Kurt Meier
Domenico Semeraro
1992
1994

In der Saison zwischen den Olympischen Spielen von Albertville und Lillehammer richtete sich der Focus der meisten Auswahltrainer vor allem auf die Weltmeisterschaft in Igls. Da die EM als zusätzlicher Termin neben dem Weltcup nach einer längeren Weihnachtspause auf einer Natureisbahn ausgetragen wurde, war der Wert als Training für die auf Kunsteis ausgetragene Weltmeisterschaft eher begrenzt. So gab Bundestrainer Raimund Bethge den drei führenden deutschen Piloten Wolfgang Hoppe, Christoph Langen und Harald Czudaj die Möglichkeit, sich auf die WM vorbereiten und wie im Fall Hoppe auch Verletzungen auskurieren zu können. Deutsches Aushängeschild war daher der Olympiazweite von Albertville, Rudi Lochner. Neben ihm gingen Sepp Dostthaler und der in der Olympiasaison etwas in der Versenkung verschwundene Dirk Wiese an den Start.

Im Schweizer Boblager gab es einige Zeit etwas Sorgen um den Titelverteidiger Gustav Weder, der sich eine Verletzung in der Kniekehle zugezogen hatte. Die Schweizer Meisterschaften auslassend, ging der gesetzte Titelfavorit bei beiden EM-Wettbewerben an den Start. Ihm folgte im Zweierbob überraschend Celeste Poltera, der nach seinem Ausschluss aus dem Nationalkader im Sommer 1992 durch sein gutes Abschneiden bei den Schweizer Meisterschaften einen EM-Startplatz erhielt.[1] Das eidgenössische Aufgebot komplettierten im Zweierbob Reto Götschi und im Viererbob der neuen Schweizer Meister Christian Meili.

Mit Ingo Appelt hatte Österreich nach dessen Olympiasieg im Viererbob eigentlich einen Titelfavorit in seinen Reihen, zudem war mit Hubert Schösser, der im Vorjahr EM-Bronze im Vierer gewonnen hatte, ein weiterer Medaillenkandidat hinzugekommen. Nachdem allerdings Appelts Vater im April 1992 gestorben war, entschloss sich der Olympiasieger, das väterliche Juweliergeschäft zu übernehmen und mit dem Bobsport aufzuhören.[2]

Anhand der Weltcupwertung konnten nur bedingt Rückschlüsse auf weitere, vermeintliche Favoriten gezogen werden. Nach dem letzten Weltcup, der bereits Mitte Dezember 1992 in La Plagne stattgefunden hatte, lag in der Zweierbobwertung Weder vor dem Italiener Huber, an dritter Stelle der Amerikaner Brian Shimer.[3] Bei den großen Schlitten war die Konkurrenz aus Übersee das Maß das Dinge, es führte Brian Shimer vor dem Kanadier Chris Lori und dem verletzten Wolfgang Hoppe.[4]

Zweierbob

Bearbeiten

In dem Feld von 23 Bobs aus 12 Nationen unternahm Titelverteidiger Gustav Weder den Versuch, seinen fünften Europameistertitel im Zweierbob feiern können. Dies gelang ihm in überzeugender Manier, da er in allen vier Läufen Bestzeit fuhr. Etwas überraschend belegte der erst zum zweiten Mal bei einer EM als Pilot startende Celeste Poltera den Silberrang und machte somit den Schweizer Doppelerfolg perfekt. Nach dem Weltmeistertitel von 1987, bei dem er im Zweierbob als Anschieber von Ralph Pichler fuhr, gewann Poltera nun seine erste internationale Medaille als Bobpilot. Sepp Dostthaler konnte mit Anschieber Mike Sehr nach einem spannenden Finale noch die Bronzemedaille bejubeln. Im letzten Lauf entriss mit er der drittbesten Laufzeit dem italienischen Duo Huber/Ticci noch das Edelmetall, am Ende betrug der Vorsprung 4 Hundertstel.[5][6]

Rang Bob Gesamtzeit Rückstand
1 Schweiz  Schweiz I
Gustav Weder
Donat Acklin
4:18,91 min
2 Schweiz  Schweiz III
Celeste Poltera
Marco Battaglia
4:19,45 min +0.54
3 Deutschland  Deutschland II
Sepp Dostthaler
Mike Sehr
4:19,73 min +0.82
4 Italien  Italien I
Günther Huber
Stefano Ticci
4:19,77 min +0.86
5 Lettland  Lettland
Zintis Ekmanis
Aldis Intlers
4:19,78 min +0.87
6 Deutschland  Deutschland I
Rudi Lochner
Markus Zimmermann
4:19,87 min +0,96
7 Schweiz  Schweiz II
Reto Götschi
Guido Acklin
4:20,29 min +1.38
8 Tschechien  Tschechien I
Jiří Džmura
Pavel Polomský
4:20,36 min +1.45
9 Osterreich  Österreich III
Kurt Einberger
Christian Swette
4:20,40 min +1.49
10 Osterreich  Österreich I
Hubert Schösser
Harald Winkler
4:20,49 min +1.58
11 Deutschland  Deutschland III
Dirk Wiese
Michael Liekmeier
4:20,61 min +1,70

Viererbob

Bearbeiten

Während im Vorfeld vor allem die Schweizer Presse wie beim Zweierbob schon von einem Doppelerfolg der Eidgenossen träumte,[7] sah der Zwischenstand nach dem ersten Wettkampftag doch ein wenig anders aus. Zwar führte der favorisierte Gustav Weder mit einem Vorsprung von 23 Hundertstel, dahinter belegten aber der Brite Mark Tout und der Vorjahresdritte Hubert Schösser aus Österreich die weiteren Medaillenränge. Auf dem vierten Rang lag Dirk Wiese mit seiner Crew, dem ganze sieben Hundertstel auf Silber und gar nur zwei Hundertstel auf Bronze fehlten. Der neue Schweizer Viererbob-Meister Christian Meili lag nur 15 Hundertstel hinter Wiese und konnte sich somit auch noch Hoffnungen auf eine Medaille machen.[8] Am zweiten Wettkampftag konnte Weder durch zwei Laufbestzeiten seinen Vorsprung ausbauen und gewann letztlich souverän den Titel im Viererbob. Im Kampf um Silber wurde es im letzten Lauf nochmals spannend, nachdem sich die Reihenfolge nach dem dritten Lauf auf den vorderen Plätzen nicht geändert hatte. Mit gleicher Zeit wie Gustav Weder gelang Dirk Wiese der Sprung aufs Podest, er verdrängte den Briten Tout noch vom Silberrang. Für Wiese war es nach 1991, als er schon einmal EM-Silber im Viererbob gewann, die zweite internationale Medaille. Der Österreicher Schösser fuhr auch noch schneller als der Brite, so dass Tout letztendlich undankbarer Vierter wurde, während Schösser mit 2 Hundertstel Vorsprung seine Bronzemedaille vom Vorjahr erfolgreich verteidigen konnte.[9][10][11]

Rang Bob Gesamtzeit Rückstand
1 Schweiz  Schweiz II
Gustav Weder
Donat Acklin
Kurt Meier
Domenico Semeraro
4:13,45 min
2 Deutschland  Deutschland II
Dirk Wiese
Christoph Bartsch
Oliver Rogge
Wolfgang Haupt
4:13,91 min +0,46
3 Osterreich  Österreich II
Hubert Schösser
Gerhard Redl
Harald Winkler
Gerhard Haidacher
4:13,99 min +0.54
4 Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich I
Mark Tout
Chris Symonds
Courtney Rumbolt
Lenox Paul
4:14,03 min +0.58
5 Schweiz  Schweiz I
Christian Meili
Bruno Gerber
Christian Reich
Gerold Löffler
4:14,24 min +0.79
6 Schweiz  Schweiz III
Reto Götschi
Guido Acklin
Thomas Zumbühl
Beat Seitz
4:14,91 min +1.46
7 Deutschland  Deutschland III
Sepp Dostthaler
Harald Philipp
Mike Sehr
Olaf Hampel
4:15,07 min +1.62
8 Frankreich  Frankreich I
Christoph Flacher
Claude Dasse
Thierry Tribondeau
Max Robert
4:15,22 min +1.77
9 Deutschland  Deutschland I
Rudi Lochner
Kai-Uwe Kohlert
Uwe Höring
Markus Zimmermann/
Michael Liekmeier
4:15,43 min +1.98
10 Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich II
Sean Olsson
Vernon Bramble
Dean Ward
Eric Sekwalor
4:15,85 min +2.40

Medaillenspiegel

Bearbeiten
Platz Nation Gold Silber Bronze
1 Schweiz  Schweiz 2 1 0
2 Deutschland  Deutschland 0 1 1
3 Osterreich  Österreich 0 0 1

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Freiburger Nachrichten vom 6. Januar 1993 S.
  2. Thuner Tagblatt vom 13. November 1992 S.27
  3. Thuner Tagblatt vom 14. Dezember 1992 S.16
  4. Thuner Tagblatt vom 17. Dezember 1992 S.19
  5. Freiburger Nachrichten vom 18. Januar 1993 S.10
  6. Berliner Zeitung vom 18. Januar 1993 S. 12
  7. Thuner Tagblatt vom 21. Januar 1993 S.18
  8. Thuner Tagblatt vom 23. Januar 1993 S.17
  9. Engadiner Post vom 26. Januar 1993 S.8
  10. Neue Zeit vom 25. Januar 1993 S. 14
  11. Wales on Sunday vom 24. Januar 1993 S. 76