Bei der Schweizer Bundesratswahl 2009 wurde am 16. September 2009 in einer Ersatzwahl Didier Burkhalter (FDP) als Nachfolger für den zurücktretenden Pascal Couchepin (FDP) von der Vereinigten Bundesversammlung in den Schweizer Bundesrat gewählt.

Das Bundesratsfoto vor der Ersatzwahl
Gewählter Bundesrat Didier Burkhalter bei seiner Rede zur Wahlannahme

Rücktritt Couchepin

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Der zurückgetretene Pascal Couchepin

Pascal Couchepin wurde an der Wahl vom 11. März 1998 in den Bundesrat als Nachfolger von Jean-Pascal Delamuraz (FDP) gewählt. Am Anfang seiner Amtszeit stand er dem Volkswirtschaftsdepartement vor, zuletzt und bis zu seinem Rücktritt war er im Bundesrat als Innenminister der Schweiz. Zweimal, 2003 und 2008, amtete Couchepin als Bundespräsident. In seiner Amtszeit als Bundesrat war das Hauptanliegen Couchepins die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67. Couchepin stand in den letzten Monaten seiner Amtszeit wegen der Krankenkassenprämien-Erhöhungen unter Druck. Die Ärztevereinigung protestierte gegen seine Gesundheitspolitik und forderte seinen Rücktritt. Gegenüber seiner Partei versprach Couchepin vor den Nationalratswahlen 2007, im Laufe der Legislatur 2007–2011 zurückzutreten.[1]

Am 12. Juni 2009 las Nationalratspräsidentin Chiara Simoneschi-Cortesi vor Beginn der Nationalratssitzung das Rücktrittsschreiben Couchepins vor, in dem er schrieb, dass er am 31. Oktober 2009 zurücktreten werde. Gründe für seinen Rücktritt nannte Couchepin nicht.[2] Er habe den Beschluss für seinen Rücktritt bereits vor längerer Zeit getroffen, zudem habe er angekündigt, er werde im Laufe der Legislatur zurücktreten. Im Herbst sei Halbzeit der Legislatur, womit dies der richtige Zeitpunkt sei. Seine Partei habe damit genügend Zeit, um einen Kandidaten für die Nachfolgewahl zu finden.[3]

Positionen der Parteien

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Die Bundesversammlung versucht, sämtliche politischen Strömungen in den Bundesrat als Konkordanzregierung zu wählen. Dabei galt lange Zeit die sogenannte Zauberformel 2:2:2:1, bei der die Grossparteien SP, CVP und FDP zwei Sitze im Bundesrat hatten, während die SVP nur einen Sitz in der Regierung stellte. Diese Zauberformel stützte sich auf die Stimmenanteile in der Bundesversammlung. Bei den Bundesratswahlen 2003 wurde jedoch anstelle der CVP-Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold der SVP-Nationalrat Christoph Blocher gewählt, nachdem die SVP zur wählerstärksten Partei wurde. Die FDP wollte «ihren» Sitz verteidigen und berief sich auf ihren drittgrössten Wähleranteil (mit der Liberalen Partei, nach SVP und SP, aber vor CVP). Die CVP wollte ihren 2003 an die SVP verlorenen Sitz zurückholen und berief sich dabei auf die zweitgrösste Fraktion (zusammen mit EVP/glp, nach der SVP aber vor SP und FDP).

Die SVP entschied sich dazu, keinen eigenen Kandidaten zu unterstützen. Dies aber nur unter der Voraussetzung, dass die FDP den Kandidaten Lüscher nicht vorzeitig aus dem Rennen nimmt.[4] Die Grüne Partei überlegte sich ebenfalls eine Kandidatur, entschied sich jedoch im September 2009 dagegen.[4] Die SP und die BDP wollten keinen eigenen Kandidaten stellen.

Kandidaten

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Laut Verfassung sollen alle Landesgegenden und Sprachregionen angemessen im Bundesrat vertreten sein. Da mit Pascal Couchepin einer von zwei Vertretern der Westschweiz zurücktrat, war unbestritten, dass der Sitz an eine Person aus der französischen oder der italienischsprachigen Schweiz vergeben werden sollte.

Parteiinterne Ausscheidungen der FDP

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Von ihren Kantonalparteien nominiert wurden für die parteiinternen Ausscheidungen: Nationalrätin Martine Brunschwig Graf[5] und Nationalrat Christian Lüscher,[5] beide Kanton Genf, Ständerat Didier Burkhalter,[6] Kanton Neuenburg, und Regierungsrat Pascal Broulis,[7] Kanton Waadt. Parteipräsident Fulvio Pelli, Kanton Tessin, wurde von seiner Kantonalpartei zwar nicht offiziell nominiert, aber als Kandidat zuhanden der Bundeshausfraktion vorgeschlagen.[8] Die FDP-Liberale Fraktion der Bundesversammlung nominierte am 28. August Didier Burkhalter und Christian Lüscher.[4]

Parteiinterne Ausscheidungen der CVP

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Bei der CVP wurden Nationalrat Dominique de Buman und Ständerat Urs Schwaller[9] aus dem Kanton Freiburg sowie der Tessiner Staatsrat Luigi Pedrazzini vorgeschlagen. Die CVP/EVP/glp-Fraktion entschied sich am 8. September für Urs Schwaller als einzigen offiziellen Kandidaten.[10]

Offizielle Kandidaten

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Die Wahl

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Das Parlament applaudiert dem gewählten Bundesrat
 
Didier Burkhalter erklärt die Annahme der Wahl
Kandidaten 1. Wahlgang[11] 2. Wahlgang[11] 3. Wahlgang[11] 4. Wahlgang[11]
  Didier Burkhalter 58 72 80 129
  Christian Lüscher 73 72 63 4 (zurückgezogen)
  Urs Schwaller 79 89 95 106
  Dick Marty 34 12 (zurückgezogen) 5 (zurückgezogen) 0
Andere 1 0 0 0
Eingegangene Wahlzettel 245[12] 245 243 245
Ungültige Wahlzettel 0 0 0 1
Leere Wahlzettel 0 0 0 5
Gültige Wahlzettel 245 245 243 239
Absolutes Mehr 123 123 122 120
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Commons: Bundesratswahl 2009 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Urs Bloch: Erhobenen Hauptes auf seinem Weg. In: Neue Zürcher Zeitung. 12. Juni 2009, abgerufen am 24. Oktober 2022.
  2. Couchepin tritt zurück. In: Neue Zürcher Zeitung. 12. Juni 2009, abgerufen am 24. Oktober 2022.
  3. Katharina Fontana: Rücktritt mit geschwellter Brust (Memento vom 16. September 2009 im Internet Archive). In: Neue Zürcher Zeitung. 13. Juni 2009.
  4. a b c Die FDP steigt mit Burkhalter und Lüscher ins Rennen. In: Neue Zürcher Zeitung. 28. August 2009.
  5. a b In: Tages-Anzeiger. 24. Juli 2009.
  6. In: Aargauer Zeitung. 9. Juli 2009.
  7. In: Tages-Anzeiger. 7. August 2009.
  8. Verena Vonarburg: Alles spricht für ein Duell Pelli gegen Schwaller (Memento vom 14. August 2009 im Internet Archive). In: Tages-Anzeiger. 11. August 2009.
  9. Jürg Ackermann: CVP hofft weiter auf Schwaller. In: St. Galler Tagblatt. 8. August 2009.
  10. CVP tritt mit Schwaller an – Kandidatenkarussel komplett (Memento vom 24. September 2009 im Internet Archive). In: Berner Zeitung. 8. September 2009.
  11. a b c d Burkhalter ist neuer Bundesrat – «Ich schwöre vor Gott» (Memento vom 16. Februar 2012 im Internet Archive). In: Der Bund. 16. September 2009.
  12. Die Bundesversammlung umfasste seit dem Tod des Ständerates Ernst Leuenberger nur 245 Mitglieder.