Carl-von-Ossietzky-Gymnasium (Berlin)

Schule in Berlin

Das Carl-von-Ossietzky-Gymnasium ist ein Gymnasium im Berliner Ortsteil Pankow, das nach dem Publizisten Carl von Ossietzky benannt ist. Informationen zu anderen Schulen dieses Namens sind → hier zu finden.

Carl-von-Ossietzky-Gymnasium
Frontansicht
Schulform Gymnasium
Schulnummer 03Y08
Gründung 1909
Adresse Görschstraße 42/44
13187 Berlin
Ort Berlin-Pankow
Land Berlin
Staat Deutschland
Koordinaten 52° 34′ 0″ N, 13° 24′ 1″ OKoordinaten: 52° 34′ 0″ N, 13° 24′ 1″ O
Träger Land Berlin
Schüler 1040 (2021/2022)[1]
Lehrkräfte 90 + 4 Referendare (2021/2022)[1]
Leitung Ilona Kowollik
Website cvo.berlin

Geschichte

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Bauphase

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Die überaus schnelle Entwicklung Pankows, das damals noch ein Vorort Berlins mit über 40.000 Einwohnern war, machte die Bereitstellung neuer Schulräume notwendig. Die Gemeindevertretung beschloss daher am 7. Juli 1908 den Bau einer höheren Mädchenschule, eines Lehrerinnenseminars nebst Übungsschule, sowie dreier Gemeindedoppelschulen nach den Entwürfen des Regierungsbaumeisters Carl Fenten. Welches nun auf dem bereits 1907[2] von der Gemeinde gekauften Grundstück an der Görschstraße 42/44 errichtet werden sollte. Am 1. April 1909[2][3] wurde mit dem Bau eines kaiserlichen Lyzeums[4] im Neorenaissance-Stil begonnen.[5]

Unter der Leitung Fentens wirkten die Architekten Rudolf Klante und Eilert Franzen und die Bildhauer Hans Schmidt und Franz Pristel am Bau mit.

„Die Bebauung ist so erfolgt, dass der Zugang zur höheren Mädchenschule und zum Seminar sowie der damit verbundenen Übungsschule von der Görschstraße, der Zugang für die Mädchen der Gemeindeschulen von der Neuen Schönholzer Straße und für die Knaben der Gemeindeschulen von der Wollankstraße aus erfolgt. Durch diese Verteilung ist eine Überlastung des Straßenverkehrs bei Schulschluss ausgeschlossen.“

Carl Fenten[6]

Am 1. April 1910 konnten nach nur einjähriger Bauzeit die ersten zehn Klassen der höheren Mädchenschule bereits ihren Einzug in das neue Haus halten, denen am 1. Oktober 1914 Gemeindeschulklassen folgten.

Am 5. November 1911 fanden die Einweihungsfeierlichkeiten der höheren Mädchenschule und des höheren Lehrerinnenseminars statt. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz.[7]

Richard-Wagner-Lyzeum

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Anfang der 1920er Jahre wurde die Schule in Richard-Wagner-Lyzeum umbenannt.[2][8]

Anna-Magdalena-Bach-Schule

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1939 wurde die höhere Mädchenschule in Anna-Magdalena-Bach-Schule[9] nach der zweiten Ehefrau von Johann Sebastian Bach umbenannt. 1943 wurde für Ausgebombte eine Sammelstelle eingerichtet. In den Kriegstagen 1944/1945 wurde die Turnhalle durch Bomben zerstört.[10]

Die Aula der Schule wurde gern für Versammlung und Ausschüsse von SPD, FDJ, KPD und SED genutzt.[11][12]

Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Schüler der Knabenoberrealschule „Carl Peters“, Namensgeber war der Begründer der deutschen Kolonie Ostafrika, nach der Konfiszierung ihres Schulhauses (seit den 1920er Jahren: Reinhold-Burger-Schule)[13] in der Neuen Schönholzer Straße 32 durch die Rote Armee in der Görschstraße Unterschlupf fanden, wurde aus diesem Provisorium eine feste Größe. Zunächst wurde im November 1946 der Name von Peters, durch Grausamkeiten gegen Schwarzafrikaner ohnehin schwer belastet, durch den des Pazifisten Carl von Ossietzky ersetzt.[2] Schon bald übertrug sich dieser auch auf die Bildungseinrichtung der Mädchen. Bereits 1950/51 fusionierten die Mädchen- und die Jungenschule zur Ossietzky-Oberschule.

Erweiterte Oberschule Carl-von-Ossietzky

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Ab 1951 wurde der Name Erweiterte Oberschule (EOS) Carl-von-Ossietzky geführt.[6]

1955 schuf die Bildhauerin Maria Schockel-Rostowskaja eine Porträtbüste Ossietzkys aus Bronze, die auf einem Sockel vor dem Gebäude aufgestellt wurde. Ein Zweitguss wurde 1977 im Treppenhaus aufgestellt. Beide wurden nach 1989 entwendet. Der Zweitguss wurde später sichergestellt und ist zur Zeit wohl eingelagert.

 
Bild des Haupteingangs, 1987

Ossietzky-Affäre

Im September 1988 fertigten acht Schüler der damaligen EOS kritische Wandzeitungen und Unterschriftenlisten zu den Streiks in Polen und der geplanten NVA-Parade anlässlich des DDR-Jubiläums am 7. Oktober an. Die beteiligten Schüler wurden daraufhin vor ein Schultribunal geladen. Vier von ihnen wurden der Schule verwiesen, zwei wurden zwangsumgeschult, die restlichen zwei erhielten einen Verweis. Zudem wurden drei von ihnen aus der FDJ ausgeschlossen.[14]

Trotz des Protestes oppositioneller Gruppen und West-Berliner Schulen blieben die Urteile bestehen. Erst nach der politischen Wende konnten die vier verwiesenen Schüler ihr Abitur nachholen.[15]

Carl-von-Ossietzky-Gymnasium

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1991 wurde aus der Erweiterten Oberschule Carl-von-Ossietzky das Carl-von-Ossietzky-Gymnasium,[6] außerdem wurde der Schulverein gegründet. Der Schulverein unterstützt bis heute Projekte der Schule, vor allem mit finanziellen Mitteln.[16]

Das Gebäude wurde bereits mehrmals als Drehort für Kinoproduktionen genutzt. So ist die Aula der Schule in einer Szene des Films Sonnenallee zu sehen. Die Fassade des Innenhofes diente als Kulisse der Eröffnungsszene in dem Film Was nützt die Liebe in Gedanken, sowie 1989 für den DEFA-Spielfilm Coming Out, in dem der damalige Kunstlehrer in einer Nebenrolle auftrat.

Auch für den oscarprämierten Kurzfilm Spielzeugland von Jochen Alexander Freydank dienten Innenhof und Fassade des Gebäudes als Drehort und Kulisse.[17]

Im Carl-von-Ossietzky-Gymnasium werden etwa 900 Schüler von 70 Lehrern unterrichtet. Die Schule beteiligte sich als eine von etwa 40 Schulen am Schulversuch Ethik/Philosophie. Leistungskurse werden in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Bildende Kunst, Musik, Politikwissenschaft (ehemals Politische Weltkunde), Philosophie, Geschichte, Mathematik, Physik, Chemie und Biologie angeboten.

Außerdem wird als zweite Fremdsprache auch Italienisch unterrichtet und ab der 8. Klasse Chinesisch oder Latein als Wahlpflichtfach angeboten. Die Grundkurse Darstellendes Spiel, Studium und Beruf, Informatik und Digitale Welten expandieren das bekannte Fächerangebot in der Sekundarstufe II. Zudem engagiert sich die Schule im Bereich Umwelt und wurde 2016 zum vierten Male als Umweltschule in Europa ausgezeichnet.[18]

Es gibt zudem die Möglichkeit, sich in der Freizeit im Chor, in der Bigband, im Awareness-Team sowie im Orchester der Schule zu engagieren.

Partnerschaften

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Die Schule hat Partnerschaften mit der Beijing No. 80 High School in der Volksrepublik China, dem Lycée Privé Saint-Marc Lyon in Frankreich, dem Burgården-Gymnasium Göteborg in Schweden, dem International Business College Kolding in Dänemark und der Godolphin School Milford Hill in England.[19]

Die Schülvertretungen des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums und der Rosa-Luxemburg-Oberschule (Gymnasium) haben einen gemeinsamen Schulball in der Aula der Rosa-Luxemburg-Oberschule veranstaltet. Außerdem findet in den 8. Klassen zwischen diesen Schulen ein Klassentausch statt, bei dem die Schüler für eine Woche am jeweils anderen Gymnasium unterrichtet werden.

Des Weiteren gibt es eine Partnerschaft mit der benachbarten Reinhold-Burger-Schule (Sekundarschule). Diese wurde angestrebt, weil es vermehrt zu Konflikten zwischen den Schülern der Schulen kam. Sie findet z. B. in Form von gemeinsamen Kunstprojekttagen statt. Außerdem wurde zur Gewaltprävention an beiden Schulen eine gemeinsame Kooperationsvereinbarung mit dem zuständigen Polizeiabschnitt unterzeichnet.[19][20]

Schul- und Förderverein

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Der Schulverein wurde 1991 als gemeinnütziger Förderverein gegründet. Ihm gehören Schüler, Lehrer, Ehemalige, Eltern und Großeltern sowie Interessierte aus dem Umfeld an. Er finanziert u. a. die Anschaffung ergänzender Unterrichtsmaterialien, Klassenfahrten, Austauschprogramme und kulturelle Events.[21] Der Schulverein berichtet regelmäßig im Newsletter über seine Aktivitäten.[22]

Schülerzeitung Moron

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Die Schülerzeitung des CvO war in mehreren Schülerzeitungswettbewerben erfolgreich. 2010 erreichte die Moron beim Sonderpreis „EinSatz für eine bessere Gesellschaft“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den dritten Platz, beim Schülerzeitungswettbewerb des Landes Berlin, der Morgenpost und der Jungen Presse Berlin 2010 den ersten und 2011 sowie 2018 den zweiten Platz in der Kategorie „Beste Schülerzeitung (Gymnasium)“.

Persönlichkeiten

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Rektoren

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Ehemalige Schülerinnen und Schüler

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Literatur

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  • Stadtbezirk Pankow. Görschstraße. Schulkomplex. In: Heinrich Trost (Gesamtredaktion): Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Hauptstadt Berlin. II. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin, 1987, S. 34–38.
  • Jörn Kalkbrenner: Margot Honecker gegen Ossietzky-Schüler. Urteil ohne Prozess. Dietz Verlag, Berlin 1990.
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Commons: Carl-von-Ossietzky-Gymnasium – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Schulportrait Carl-von-Ossietzky-Gymnasium. In: bildung.berlin.de. 25. August 2021, abgerufen am 3. Juni 2022.
  2. a b c d Hartmut Seefeld: Barocke Nachbarschaft. Aus der Geschichte der Görschstraße in Pankow. (PDF) In: Vor Ort. Mieterberatung Prenzlauer Berg, Gesellschaft für Sozialplanung mbH, 26. September 2008, S. 13, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 2. Februar 2014.
  3. Maria Rüger: Erinnerungen an meine jugendbewegte Zeit, Berlin 1950–1952. (PDF) In: Die Kunst des Vernetzens. Verlag für Berlin-Brandenburg, 2006, S. 69, abgerufen am 2. Februar 2014 (1. Auflage).
  4. Daten zur Organisation Richard-Wagner-Lyzeum (Berlin-Pankow) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  5. Oberlyzeum (Berlin-Pankow). BBF Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, abgerufen am 25. Januar 2014.
  6. a b c Alex Lubawinski: 100 Jahre Carl-von-Ossietzky-Gymnasium. (PDF) In: Pankower Stimme. SPD Kreisbüro Berlin NordOst (Pankow), 2010, S. 7, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 2. Februar 2014 (Herbstausgabe).@1@2Vorlage:Toter Link/spdnet.sozi.info (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  7. Eintrag 09085240 in der Berliner Landesdenkmalliste
  8. Cea Bilang: Paulas Weg ins Leben: Im Fadenkreuz zwischen Ost-West und Nord-Süd. C.M. Amelung Verlag, 2009, ISBN 3-9811878-8-1, S. 49.
  9. Anna-Magdalena-Bach-Schule (Berlin). BBF Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, abgerufen am 25. Januar 2014.
  10. Zerstörungen 1940–1945. In: Historisches Heimatarchiv Berlin-Pankow. Abgerufen am 2. Februar 2014.
  11. landesarchiv-berlin.de (Memento vom 30. März 2014 im Internet Archive) (PDF)
  12. SPD-Opposition tagte. Abgerufen am 2. Februar 2015 (Zugriff nur mit Abonnement).
  13. Joachim Zeller: Die „koloniale Wissens- und Willensbildung der Jugend“. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Februar 2015; abgerufen am 2. Februar 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlin-postkolonial.de
  14. Ossietzky-Affäre (Memento vom 1. Februar 2015 im Internet Archive) auf fluter.de
  15. Ereignisse an der Berliner Ossietzky-Schule. Jugendopposition in der DDR; abgerufen am 16. Mai 2009.
  16. mabu-immobilien.de (Memento vom 1. Februar 2015 im Internet Archive)
  17. Der Tagesspiegel, 23. Februar 2009
  18. Frank Schulenberg: Nachhaltiges Denken beginnt in der Schule: Internationales Nachhaltigkeitssiegel für 24 Berliner Schulen. In: berlin.de. 19. Juli 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. September 2016; abgerufen am 23. September 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlin.de
  19. a b Erläuterungen der Partnerschaften (Memento vom 24. November 2015 im Internet Archive) auf der Website des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums
  20. Kooperationsvereinbarung mit der Reinhold-Burger-Oberschule und dem Polizeiabschnitt 17 der Polizeidirektion 1 (Memento vom 1. Dezember 2015 im Internet Archive) (PDF)
  21. Website des Schulvereins des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums Berlin-Pankow. Abgerufen am 3. September 2019.
  22. Newsletter des Schulvereins des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums Berlin-Pankow. Abgerufen am 15. September 2019.
  23. Bernd Schäfer: Priester in zwei deutschen Diktaturen. Die antifaschistische Legende des Karl Fischer (1900–1972). (PDF)