DVB-T2
DVB-T2 (Abkürzung für englisch „Digital Video Broadcasting – Terrestrial, 2nd generation“; deutsch etwa „Digitale Videoübertragung – erdgebundenes Antennenfernsehen, zweite Generation“) ist der Nachfolgestandard von DVB-T. Er bezeichnet die Verbreitung digitaler Radio-, Fernseh- und Datensignale mittels terrestrischer Übertragung.[1] DVB-T2 zeichnet sich gegenüber seinem Vorgänger durch eine höhere spektrale Effizienz aus. Diese ermöglicht, eine höhere Zahl von Programmen zu übertragen, die auch noch eine höhere technische Qualität haben. DVB-T2 ist zu DVB-T nicht kompatibel.
Merkmale von DVB-T2
BearbeitenAuszug aus den Systemanforderungen des DVB-Konsortiums:[2][3]
- Fokus auf stationären Empfang, wobei jedoch mobiler und portabler Empfang möglich sein sollen.
- Verbesserung der Robustheit des Signals (pro Dienst unterschiedlich konfigurierbar).
- Erhöhung der Größe von Gleichwellennetzen um mindestens 30 Prozent.
- Steigerung der Benutzerfreundlichkeit durch kürzere Umschaltzeiten.
- Kostengünstigere Verbreitung durch effizientere Frequenzbandnutzung. Das heißt, bei gleichem Bandbreitenbedarf können mehr Programme mit gleichzeitig besserer Qualität, inklusive HDTV gesendet werden.
- Sende-Diversität (bessere Versorgung durch zwei Sendeantennen – Multiple-Input-Multiple-Output-Konzept).
- Verschiedene Bandbreiten definiert.
- Steilerer Abfall der Spektrumsflanken.
Betrieb
BearbeitenSpezifische Punkte zu der Einführung und dem Betrieb von DVB-T2 in verschiedenen Ländern sind in einer eigenen Liste zusammengefasst. Der DVB-T2-Betrieb und dessen marktpolitische Implikationen in Deutschland sind im Artikel DVB-T2 HD, dem in Deutschland eingeführten Marketingbegriff, zusammengestellt. Hingegen wurde DVB-T am 3. Juni 2019 in der Schweiz ersatzlos eingestellt, DVB-T2 kam dort nicht zum Zuge.
Technik
BearbeitenIm Oktober 2009 wurde die DVB-T2-Norm vom Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) unter EN 302 755 V.1.1.1 veröffentlicht.[4]
- Nutzung von COFDM als Modulationsverfahren: Neben den von DVB-T bekannten 2K- und 8K-Modi kann auch ein 16K- oder ein 32K-Modus verwendet werden, der größere Gleichwellennetze erlaubt. Zudem ermöglicht der 16K- und 32K-FFT-Modus bei gleicher Größe des Gleichwellennetzes ein relativ gesehen kürzeres Guard Intervall, was zu einer gesteigerten Nutzdatenrate führt.
- Nutzung von 256-QAM: Bei DVB-T wurden QPSK, 16-QAM und 64-QAM verwendet. Diese ermöglichen die Übertragung von 2, 4 bzw. 6 Bits je Symbol. DVB-T2 wird jedoch zusätzlich die Option für 256-QAM beinhalten, was eine Übertragung von 8 Bits je Symbol ermöglicht. Die dafür benötigte höhere Signalfeldstärke wird teilweise durch die neue Vorwärtsfehlerkorrektur kompensiert.
- Neue Vorwärtsfehlerkorrektur: Durch Verwendung neuer Fehlerkorrekturmechanismen lässt sich die benötigte Signalfeldstärke für fehlerfreien Empfang ein wenig reduzieren. Die Wahl fiel auf einen Code der Gruppe der LDPC-Codes (Low-Density-Parity-Check-Code).
- Nutzung der MISO-Technik: MISO (Multiple Input – Single Output) verwendet mehrere Sendeantennen. Durch Ausnutzung spezieller Kanaleigenschaften lässt sich die Robustheit des Signals erheblich steigern.
Am 3. Juni 2008 ist ein Datenblatt der DVB-Gruppe erschienen.[5] Der Standard wurde im Juni 2008 vom Lenkungsausschuss ratifiziert.[6] In folgender Tabelle sind die wesentlichen technischen Unterschiede zwischen DVB-T und DVB-T2 zusammengefasst, in Fett die zusätzlichen Optionen bei DVB-T2:
DVB-T | DVB-T2 | |
---|---|---|
Vorwärtsfehlerkorrektur (FEC) | Faltungscode + RS-Code 1/2, 2/3, 3/4, 5/6, 7/8 |
LDPC + BCH-Code 1/2, 3/5, 2/3, 3/4, 4/5, 5/6 |
Modulation | QPSK, 16-QAM, 64-QAM | QPSK, 16-QAM, 64-QAM, 256-QAM |
Guard Intervall | 1/4, 1/8, 1/16, 1/32 | 1/4, 19/128, 1/8, 19/256, 1/16, 1/32, 1/128 |
Diskrete Fourier-Transformation (DFT) Blocklänge |
2k, 8k | 1k, 2k, 4k, 8k, 16k, 32k |
Verteilte Pilotsignale | gesamt: 8 % | gesamt: 1 %, 2 %, 4 %, 8 % |
Kontinuierliche Pilotsignale | gesamt: 2,6 % | gesamt: 0,35 % |
Abwärtskompatibilität zu DVB-T
BearbeitenEine Abwärtskompatibilität zu DVB-T ist für den Nachfolger DVB-T2 nicht gegeben, da die Datenübertragungsverfahren auf der Funkschnittstelle inkompatibel zueinander sind. Nur wenn zusätzlich ein DVB-T-Empfänger verbaut ist, können DVB-T2-Geräte auch DVB-T empfangen. Solche Geräte können bei der Umstellung des Verbreitungsstandards weitergenutzt werden.
Einsatz neuer Bildkompressionsverfahren
BearbeitenIm Rahmen von DVB-T2 können verschiedene Videokompressionsverfahren eingesetzt werden wie z. B. MPEG-4 AVC (H.264) oder High Efficiency Video Coding (H.265). Das eingesetzte Videokompressionsverfahren (Videocodec) ist zwar für den konkreten Fernsehempfang und Bilddarstellung wesentlich, ist aber kein Teil des DVB-T2-Standards, da der DVB-T2-Standard nur die physische Schicht der Übertragung definiert.
Literatur
Bearbeiten- Ulrich Reimers: DVB (Digital Video Broadcasting). 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-540-43545-X
- Thomas Riegler: DVB-T. Vth 2004, ISBN 3-88180-802-7
- Peter Dehn: Fernsehen überall ganz einfach, Der Praxis-Ratgeber zum Digitalfernsehen per Antenne. Books on Demand GmbH, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-1163-5
- Manfred Braun u. a.: Netzplanung und Kosten von DVB-T. Vitas 1999, ISBN 3-89158-244-7
- Eric Karstens: Fernsehen digital. Eine Einführung. VS-Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14864-8
Weblinks
Bearbeiten- Seite des DVB-Projektes zu DVB-T2 (englisch)
- Modellversuch DVB-T2. Archiviert vom am 8. Februar 2014; abgerufen am 27. September 2014.
- DVB-T2 wurde ratifiziert. heise.de
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Implementation guidelines for a second generation digital terrestrial television broadcasting system (DVB-T2). etsi.org, August 2012, abgerufen am 20. April 2024 (englisch).
- ↑ Selbstdarstellung des DVB-Konsortiums ( vom 21. November 2010 im Internet Archive)
- ↑ DVB-T2 Call for Technologies ( vom 27. September 2007 im Internet Archive) Kommerzielle Anforderungen an DVB-T2, siehe Anhang „commercial requirements“
- ↑ Final draft ETSI EN 302 755 V1.2.1 (2010-10). European Standard (Telecommunications series)
- ↑ 2nd Generation T Generation Terrestrial ( vom 6. Februar 2009 im Internet Archive)
- ↑ Pressemitteilung auf dvb.org vom 30. Juni 2008 ( vom 22. September 2010 im Internet Archive) (PDF; 28 kB)