Darstellung (Lie-Algebra)

mathematisches Konzept zur Untersuchung von Lie-Algebren

Eine Darstellung einer Lie-Algebra ist ein mathematisches Konzept zur Untersuchung von Lie-Algebren. Eine solche Darstellung ist ein Homomorphismus einer vorgegebenen Lie-Algebra in die Lie-Algebra der Endomorphismen über einem Vektorraum. Abstrakt gegebene Lie-Algebren werden auf diese Weise zu konkreten linearen Lie-Algebren in Beziehung gesetzt.

Motivation und Definitionen

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Es sei   eine Lie-Algebra, das heißt   ist ein  -Vektorraum zusammen mit einer bilinearen Multiplikation  , genannt Lie-Produkt, so dass   für alle   und   für alle   (Jacobi-Identität).

Das Standardbeispiel einer solchen Lie-Algebra ist der Vektorraum   der linearen Abbildungen   auf einem Vektorraum  , wobei das Lie-Produkt durch den Kommutator   definiert sei. Leicht rechnet man nach, dass tatsächlich eine Lie-Algebra vorliegt, die sogenannte allgemeine lineare Lie-Algebra. Unter-Lie-Algebren von   heißen lineare Lie-Algebren. Es liegt nun nahe, allgemeine Lie-Algebren in Beziehung zu linearen Lie-Algebren setzen zu wollen. Das motiviert folgende Definition.

Eine Darstellung einer Lie-Algebra   auf einem Vektorraum   ist ein Lie-Algebren-Homomorphismus  , das heißt   ist eine lineare Abbildung, die zusätzlich

 

für alle   erfüllt. Man nennt   den Darstellungsraum, seine Dimension heißt Dimension der Darstellung.

Zwei Darstellungen   und   heißen äquivalent, falls es einen Vektorraum-Isomorphismus   gibt, so dass

  für alle  .

Zwei äquivalente Darstellungen verhalten sich daher im Wesentlichen gleich, lediglich die Vektoren, auf denen die Bild-Endomorphismen der Darstellung operieren, sind mittels eines Vektorraum-Isomorphismus ausgetauscht.

Wie auch in der Darstellungstheorie von Gruppen oder Algebren kann man eine Lie-Algebren-Darstellung in eine Modulstruktur übersetzen. Ist   eine Lie-Algebra, so ist ein  -Modul   ein Vektorraum zusammen mit einer bilinearen Abbildung  , so dass

  für alle   und  .

Ist nun   eine Lie-Algebren-Darstellung auf  , so wird durch   eine  -Modul-Struktur auf   definiert. Ist umgekehrt   ein  -Modul, so erhält man eine Darstellung  , indem man   durch   definiert. Mittels dieser Beziehung kann man Aussagen über Darstellungen in Aussagen über Moduln übersetzen und umgekehrt, das heißt Darstellungen von   und  -Moduln sind äquivalente Begriffe.

Beispiele

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Nulldarstellung

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Ein erstes sehr einfaches Beispiel einer Darstellung einer Lie-Algebra ist der Homomorphismus, der jedes Element auf den Endomorphismus 0 abbildet. Eine solche Darstellung heißt Nulldarstellung und es gibt eine solche Nulldarstellung auf jedem Vektorraum. Auf dem Nullvektorraum gibt es nur diese Darstellung.

Lineare Lie-Algebren

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Es sei   eine lineare Lie-Algebra. Dann ist die Inklusionsabbildung

 

offenbar eine Darstellung von   auf  .

Von Lie-Gruppen-Darstellungen induzierte Darstellungen

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Ist   eine Darstellung einer Lie-Gruppe, so induziert das Differential von   am neutralen Element   bekanntlich einen Lie-Algebren-Homomorphismus   zwischen den zugehörigen Lie-Algebren, das heißt wir erhalten eine Lie-Algebren-Darstellung von   auf  . Dieses Zusammenspiel von Lie-Gruppen-Darstellungen und Lie-Algebren-Darstellungen ist ein wichtiges Instrument in der Untersuchung von Lie-Gruppen.

Die adjungierte Darstellung

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Ist   eine Lie-Algebra, so heißt eine lineare Abbildung   eine Derivation auf  , falls

  für alle  .

Die Menge aller Derivationen auf  , genannt  , ist eine Unter-Lie-Algebra von  . Mittels   und der Jacobi-Identität rechnet man mühelos nach, dass

 

eine Derivation ist, und mit denselben Mitteln, dass

 

ein Lie-Algebren-Homomorphismus ist. Damit ist   eine Darstellung von   auf  , die man die adjungierte Darstellung nennt,   heißt die Adjungierte von  . Die adjungierte Darstellung spielt eine wichtige Rolle in der Untersuchung der Lie-Algebren, unter anderem wegen ihres Auftretens in der Killing-Form.

Konstruktionen von Darstellungen

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Hier werden Methoden beschrieben, wie man aus gegebenen Darstellungen von Lie-Algebren neue Darstellungen konstruieren kann. Die Konstruktionen können leicht in entsprechende Konstruktionen für Moduln übersetzt werden.

Teildarstellung

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Ist   eine Darstellung der Lie-Algebra  , so heißt ein Untervektorraum   invariant, genauer  -invariant, falls jedes   den Untervektorraum in sich abbildet, das heißt falls

  für alle  .

Dann ist die Abbildung

 

offenbar eine Darstellung auf  , wobei mit   die Einschränkung auf   bezeichnet sei. Diese Darstellung wird in naheliegender Weise mit   bezeichnet, auch wenn das nicht ganz korrekt ist, denn die Abbildung   selbst wird ja nicht auf   eingeschränkt.

Die invarianten Unterräume entsprechen offenbar genau den Untermoduln des zugehörigen  -Moduls  . Man hat stets   und   selbst als invariante Unterräume bzw. Untermoduln, diese heißen trivial, da sie nur zu einer Nulldarstellung oder zur gegebenen Darstellung führen. Neue, von 0 verschiedene Darstellungen erhält man also nur für nicht-triviale invariante Unterräume.

Die invarianten Unterräume der adjungierten Darstellung sind genau die Ideale der Lie-Algebra.

Direkte Summe

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Sind   und   Darstellungen der Lie-Algebra   auf   bzw.  , so definiert

 

eine Lie-Algebren-Darstellung auf der direkten Summe  . Diese Darstellung wird in naheliegender Weise mit   bezeichnet und heißt direkte Summe der Darstellungen, auch wenn das nicht ganz korrekt ist, denn sie ist ja nicht auf   definiert.

Tensorprodukte

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Sind   und   Darstellungen der Lie-Algebra   auf   bzw.  , so kann man auf dem Tensorprodukt   wie folgt eine Darstellung erklären.

 

Damit ist die Wirkung von   zunächst nur auf elementaren Tensoren   erklärt, diese lässt sich aber mittels der universellen Eigenschaft des Tensorproduktes linear auf   ausdehnen. Die so definierte Darstellung heißt, ebenfalls nicht ganz korrekt, das Tensorprodukt der Darstellungen und wird mit   bezeichnet.

Duale Darstellung

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Ist   eine Darstellung der Lie-Algebra  , so erhält man durch folgende Definition eine mit   bezeichnete Darstellung auf dem Dualraum  :

  für  .

Zur Definition muss man erklären, welches lineare Funktional   sein soll, das heißt wie   auf Vektoren aus   wirkt. Genau das geschieht durch die angegebene Formel. Das Minuszeichen ist für die Gültigkeit von   erforderlich. Man nennt   die duale oder kontragrediente Darstellung. Auch diese Bezeichnung ist nicht ganz korrekt, denn es handelt sich nicht um die zu   duale Abbildung.

Besondere Darstellungen

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Treue Darstellungen

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Ein  -Modul   heißt treu, wenn aus   für alle   auf   geschlossen werden kann. Das ist äquivalent dazu, dass die zugehörige Darstellung injektiv ist. Daher nennt man injektive Darstellungen ebenfalls treu. Das Vorliegen einer treuen Darstellung von   auf   bedeutet demnach, dass   isomorph zu einer Unter-Lie-Algebra von   und damit zu einer linearen Lie-Algebra ist.

Irreduzible Darstellungen

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Bei der Untersuchung von Darstellungen einer Lie-Algebra versucht man, diese in einfachere Darstellungen zu zerlegen. Daher wird man sich für solche Darstellungen interessieren, die keine invarianten Teilräume haben, denn diese können als kleinste Bausteine einer solchen Zerlegung angesehen werden. Man nennt eine mindestens eindimensionale Darstellung   irreduzibel, wenn sie keine nicht-trivialen, invarianten Teilräume besitzt. Der Nullvektorraum, der nur die Nulldarstellung zulässt, ist damit explizit als Darstellungsraum einer irreduziblen Darstellung ausgenommen. Die Klassifikation sämtlicher irreduzibler Darstellungen einer Lie-Algebra bis auf Äquivalenz ist ein wichtiges Ziel in der Darstellungstheorie.

Vollständig reduzible Darstellungen

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Eine Darstellung heißt vollständig reduzibel, wenn sie äquivalent zu einer direkten Summe irreduzibler Darstellungen ist. So sind nach einem Satz von Weyl alle endlichdimensionen Darstellungen einer halbeinfachen Lie-Algebra vollständig reduzibel. Mit Kenntnis aller irreduziblen Darstellungen einer halbeinfachen Lie-Algebra kennt man dann bis auf Äquivalenz alle endlichdimensionalen Darstellungen.

Siehe auch

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Literatur

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  • James E. Humphreys: Introduction to Lie Algebras and Representation Theory, 2. überarbeitete Auflage, Graduate Texts in Mathematics, 9. Springer-Verlag, New York (1978), ISBN 0-387-90053-5