Erziehungsheim Lichtenstern

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Es ist mir unangenehm aufgefallen, dass in keiner Weise auf die Tatsache hingewiesen wird,dass Lichtenstern auch ein kirchliches Erziehungsheim für Jungen und Mädchen war. Ich selbst musste dort von meinem 8. bis zum 13. Lebensjahr einen wertvollen Teil meiner Kindheit dort verbringen. Untergebracht waren Kinder aus problematischen Familien, Waisen oder auch schon negativ aufgefallene Jugendliche.

Der Leiter war ein Kirchenrat der evangelischen Kirche, und es gab eine ganze Anzahl wechselder Erzieher und Erzieherinnen. Beten und arbeiten in der Landwirtschaft und im klostereigenen Garten zur Selbstversorgung war ein völlig normaler Vorgang. In der umfangreichen Landwirtschaft mit Viehbestand wurde, besonders zur Erntezeit, auch alle Kinder eingesetzt. Dadurch fiel natürlich auch öfter der Unterricht aus. Es gab eine Volksschule bis zur 8. Klasse. Eine weiterführende Schule für diese Kinder gab es in Lichtenstern nicht. Nach Beendigung meiner Schulzeit im April 1953 wurde mir alternativlos eine Bäckerlehre in Heilbronn verordnet. Meine geschiedene Mutter hatte zu dieser Zeit keine Erziehungsberechtigung, sodas ein mir unbekannter Vormund diesen Vorgang einleitete.

In dem Jungentrakt gab es 3 in Altersgruppen eingeteilte Gruppen. Ich gehörte bei meinem Weggang zu den mittleren Altersgruppe. Besonders die Gruppe der Kleinen (6 bis ca. 10) jährigen hatte es schwer. Da ein großer Teil von diesen Jungen inkontinent war, machte sich besonders ein brutaler Erzieher, Gebhard mit Namen, einen Spass daraus, diese Jungen an den Ohren aus dem Bett zu ziehen daran hochzuziehen und dies einige Male zu wiederholen. Ohrfeigen gab es für den kleinsten Widerspruch. Es setzte Prügel wann immer es diesem Mann gefiel. Bei einer Gelegenheit an der mein Freund und ich uns über diesen Mann lustig gemacht hatten, bekam ich solche Prügel, Faustschläge und Tritte, dass ich zwei Tage im Bett bleiben musste. Niemand schien dies aufzufallen. Wir waren komplett rechtlos. Es kam immer wieder vor, dass Insassen aus dem Heim flohen. Diese wurden meistens schnell wieder gefasst und wieder zurück gebracht.

Für mich war der Auffenhalt in Lichtenstern der blanke Horror und noch heute, mit 70 Jahren, packt mit die Wut über die Zustände dort und über die Erzieher, die alle sehr fromm und rechtschaffen nach außen wirkten. Núr wer in seiner Gruppe zu den Führenden zählte galt etwas. Die Erzieher waren nur da um die verordnete Disziplin zu überwachen. Als Resümee kann ich sagen, dass wer dort einen Teil seiner Kindheit und Jugend verbringen mußte, litt und leidet sein Leben lang darunter. Eine Kirche habe ich danach nie wieder aufgesucht. Mich wundert, dass über die christliche Erziehungsanstalt Lichtenstern nichts bekannt sein soll. Vielleicht ist aber jetzt jemand bereit über seine eigenen Erlebnisse aus dieser Zeit zu schreiben.


Ich selbst habe mit einer Lederklopfpeitsche bei einer Gelegenheit direkt auf da nackte Gesäß vom Leiter dieser Instution Prügel bezogen. Dies war üblich bei irgendwelchen Vergehen oder Versäumnissen. (nicht signierter Beitrag von 95.88.170.45 (Diskussion | Beiträge) 23:22, 17. Feb. 2009)

Interessante Anmerkungen. Als einer der bisherigen Hauptautoren des Artikels konnte ich natürlich nur das schreiben, was in der mir vorliegenden Literatur zu Lichtenstern steht. Als Literatur für den Artikel wurde insbesondere die im Artikel unter „Literatur“ genannte Schrift von Schlitter von 1936 verwendet, die naturgemäß nur die Geschichte bis 1936 enthält. Weitere verwendete Literatur war das Heimatbuch für Löwenstein von 1987, wo von den genannten Zuständen nichts erwähnt wird. Da die bundesdeutsche Heimerziehung in jüngerer Zeit Gegenstand der Forschung und Aufarbeitung ist, wäre es interessant zu wissen, ob das Erziehungsheim in einer Schrift zum Thema Heimerziehung untersucht oder erwähnt wird, da gemäß den Anforderungen an Wikipedia:Belege hier nur gesammelt werden soll, was bereits anderweilig veröffentlicht und damit nachprüfbar ist. Literaturhinweise werden dankend entgegengenommen. -- · peter schmelzle · d · @ · 01:27, 18. Feb. 2009 (CET)Beantworten
Ich schau noch mal nach im Löwensteiner Heimatbuch, ganz am Rande steht da glaube ich was drin zum Erziehungsheim als gewissermaßen letztem Ausläufer der Kindererrettungsanstalt von 1836, freilich ohne dass irgendwie näher drauf eingegangen würde. Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass die Heilbronner Stimme als hiesige Regionalzeitung sich für das Thema interessiert, denn die Erziehungsheime der 50er- und 60er-Jahre und die Zustände in ihnen sind seit einigen Jahren in der Diskussion, und die Stimme ist zwar nicht gerade ein Paradeblatt des investigativen Journalismus, aber ab und an scheuen sie auch kontroverse Themen nicht. Dass du deine Erlebnisse hier niederschreibst, weist darauf hin, dass du Interesse hast, sie mitzuteilen. Bei der regionalen Tageszeitung ginge das noch besser, und vielleicht wären sich ja auch mal irgendwelche Offizielle in Lichtenstern und/oder der Landeskirche zu einer Stellungnahme bereit. Viele Grüße -- Rosenzweig δ 18:01, 18. Feb. 2009 (CET)Beantworten

Es ist wirklich bemerkenswert, dass diese Zeit als Erziehungsheim nicht allgemein bekannt ist. Übrigens hieß der damalige Leiter Held. Kirchenrat Dr. Held Einmal im Jahr war ein großes Treffen vieler Honorationen, bei der die Zöglinge auch kleine Theaterstücke aufführten. So habe ich mal den Endecker C. Columbus gespielt. War lustig, da mir die Segel im Waschzuber bei der Anlandung in Amerika umfielen. Ich denke schon, dass bei der Heilbronner Stimme in ihren Archiven Information zu finden sind. Ich wurde mit 13 Jahren, nach Beendigung der Volksschule an eine Bäckerei in Heilbronn-Böckingen zur Lehre geschickt. Dort lernte ich aus und ging dann nach Bremen in meine Heimatstadt zurück. Ja, in der Tat, ich würde schon gerne mal mit Offiziellen der evangelischen Landeskirche korrespondieren. Aber wie in den Kirchen üblich, wird immer abgewiegeld. Es wäre allerdings gut, wenn andere Betroffene sich hier mal einklinken würden.Viele Grüße. (nicht signierter Beitrag von 95.88.169.55 (Diskussion | Beiträge) 12:59, 18. Apr. 2009 (CEST)) Beantworten

Mein Vater (Jahrgang 1947) sowie vier seiner Geschwister waren zwischen 1954 und 1961 ebenfalls in der Erziehungsanstalt Lichtenstern. Mein Opa hat nach Kriegsende seine Familie verlassen, meine Oma war somit alleinerziehend. Mein Vater begann die Schule zu schwänzen worauf seiner Mutter das Sorgerecht entzogen wurde. Die Kinder kamen nach Lichtenstern. Mein Vater und seine Geschwister haben dort fürchterliches erlebt. Er wurde über Jahre hinweg sexuell missbraucht. Die Kinder wurden aus nichtigsten Anlässen (nicht schnell genug aufgestanden, nicht freundlich genug gegrüßt, schmutzige Fingernägel...)mit Ochsenziemern und der „siebenschwänzigen Katze“ verprügelt bis sie nicht mehr aufstehen konnten. In der Schule waren Hiebe mit dem Rohrstock, Ohrfeigen und Demütigungen an der Tagesordnung. In der gesamten Anstalt gab es nur eine Person, einen Handwerker von außerhalb, die Mitleid mit den Kindern hatte und ihnen hin und wieder Süßigkeiten zusteckte. Vor Abschluss der Volksschule wurde er von der Heimleitung für vollkommen verstockt und unerziehbar erklärt und in ein Heim für schwererziehbare Kinder nach Tuttlingen geschickt. Dort ging der Terror weiter. Am ersten Abend hatte er sich in dem Gebäude verlaufen. Er kam ein paar Minuten zu spät zum Abendessen. Er ging zum Pfarrer, der dort die Aufsicht führte, um sich zu entschuldigen Der drehte sich ohne ein Wort zu sagen um und gab ihm eine Ohrfeige die ihn quer durch den Essaal fliegen ließ. Seit diesem Tag ist er auf dem Ohr taub. Mein Vater ist durch seine Erlebnisse in den Heimen schwer depressiv und hat sich sein Leben lang mit Selbstmordgedanken getragen. Erst jetzt, mit 62 Jahren, ist er in der Lage teilweise darüber zu sprechen. Ich habe mich in seinem Namen an die Evangelischen Stiftung Lichtenstern gewandt und warte nun auf eine Antwort auf die Frage warum die Zeit zwischen 1946 und 1963 auf ihrer Homepage nur in einem Nebensatz („1946 wurde eine kirchliche Lehrerinnenoberschule und ein Erziehungsheim eingerichtet.“) erwähnt ist. Ich würde mich sehr freuen wenn der Autor mit dem ersten Kommentar mit mir Kontakt aufnehmen würde! --Katharina75 18:39, 14. Mär. 2010 (CET)Beantworten

Auf meine Anfrage wurde mir umgehend geantwortet.Die Stiftung reagierte sehr bestürzt und bot meinem Vater sofort ein persönliches Gespräch an. Von der Geschichte der Vorgängereinrichtung sei bisher nichts bekannt gewesen, es gäbe aber noch Akten im Archiv aus dieser Zeit. Anfang April wurde mir mitgeteilt dass das Thema Mißhandlungen/Mißbrauch im Erziehungsheim derzeit intern Kreise zieht. Im Zusammenhang mit dem Jubiläum 2011 wird sich intern mit diesem Thema ganz bewußt befasst. Auch die Website soll überarbeitet werden. Ich bin überrascht und dankbar wie offen und hilfsbereit reagiert wurde, das erleichtert die Aufarbeitung der Heimzeit für meinen Vater sehr. Die württembergische evangelische Landeskirche hat im Zuge der Aufarbeitung der Heimerziehung in den 50er, 60er Jahren eine Kommission eingerichtet, die Vorwürfen sexuellen Missbrauchs in kirchlichen Einrichtungen nachgeht. Dort reagierte man auf mein Schreiben ebenfalls prompt, die Akten aus den Heimen werden angefordert und die Heimgeschichte soll aufgearbeitet werden.--Katharina75 10:03, 26. Apr. 2010 (CEST)Beantworten

Ich hab mal die stellv. Chefredakteurin der "Stimme" auf diese Diskussion hingewiesen. Gruß --84.164.109.102 23:12, 26. Apr. 2010 (CEST)Beantworten

Liebe Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die genannten Vorfälle in der Geschichte der Evangelischen Stiftung Lichtenstern sind nicht zu entschuldigen und mehr als bedauerlich. Leider gibt es in Ihren Diskussionsbeiträgen keine direkte Kontaktmöglichkeit – daher auf diesem Wege das Angebot an Sie, gerne direkt auf die heutige Stiftung Lichtenstern zu zukommen. Wir stehen derzeit bereits in Kontakt mit Betroffenen und werden dieses dunkle Kapitel unserer Vorgängereinrichtung in Lichtenstern nicht unbearbeitet lassen. Mit freundlichen Grüßen,

Ihre Stiftungsleitung, Evangelische Stiftung Lichtenstern --Evang. Stiftung Lichtenstern 18:28, 29. Apr. 2010 (CEST)Beantworten

Wobei die Website der Stiftung, mit dortiger Kontaktmöglichkeit usw., unter Lichtenstern#Weblinks schon seit Jahren drin steht. -- Rosenzweig δ 00:59, 30. Apr. 2010 (CEST)Beantworten


Mittlerweile wurde ich ans DWW weiter verwiesen. Folgender Briefauszug, den ich heute an Frau Scholz vom Diakonischen Werk Württemberg gemailt habe, fast die Ereignisse seit meinem letzten Eintrag zusammen.

"Sehr geehrte Frau Scholz, die Nichtbeantwortung meiner e-mails bezüglich meiner Anfrage über eine eventuelle Kostenübernahme der Traumatherapie meines Vaters interpretiere ich als eine Ablehnung derselben. Ich habe mich erstmalig vor 8 Monaten, am 22.03.2010, an Sie gewandt und Sie über den Fall meines Vaters informiert. Damals war noch Veronika Bohnet von der Württembergischen Landeskirche zuständig. Danach hörte ich fast 5 Monate nichts mehr. Erst auf meine Nachfrage am 18.08 habe ich erfahren dass seit langem das DWW zuständig ist und es Frau Bohnet unerklärlich ist warum sich bis dato noch niemand bei mir gemeldet hat. Am 24.08. wurde mir zugesagt dass man klären wolle ob die Kirche / die Diakonie für die Kosten einer Traumatherapie aufkommt. Ich habe mehrmals betont wie schlecht der Gesundheitszustand meines Vaters ist und dass er sich zum damaligen Zeitpunkt als Folge seiner Heimgeschichte in einer achtwöchige stationären psychotherapeutischen Therapie befindet . Es sollte bis zum Ende seiner Entlassung aus der Reha (im September) die Frage der Weiterführung einer ambulanten Therapie geklärt sein. Ich habe Ihnen mitgeteilt dass die seine behandelnden Ärzte ihm dringend angeraten haben eine Traumatherapie im Anschluss an die Reha zu beginnen. Jetzt sind bald wieder drei Monate verstrichen ohne eine konkrete Zusage oder Absage Ihrerseits. Auf seine Nachfrage (2 Monate nach Ende der Reha) am 08.11. haben Sie ihm gesagt dass der Stuttgarter Traumatherapeut ihn nicht behandeln könne, da die Stadt Stuttgart nur Zuschüsse für die Behandlung der Einwohner Stuttgarts bezahle. Da er aus einem anderen Landkreis komme müsse die Kirche für die Kosten alleine aufkommen, dies sei ihr zu teuer. Jetzt haben Sie ihm einen Therapeuten aus Böblingen vorgeschlagen. Ich habe Sie gebeten mir mitzuteilen ob das DWW oder seine Krankenkasse für die Kosten aufkommt. Im letzteren Fall muss er bei seiner KK erst einen Antrag stellen, ein Gutachten über die Notwendigkeit erstellen lassen ecetera. Dies alles hätte man bereits im August / September in seiner Reha klären können. Wieder verstreicht wertvolle Zeit, auf meine e-mails antworten Sie nicht was mich zu oben genannten Schluss kommen lässt. Ich werde nun Helmut Klotzbücher vom Verein ehemaliger Heimkinder über den Stand der Dinge informieren. Dieser hat mich von Anfang an vor überzogenen Erwartungen gewarnt. Die Kirche habe nicht ohne Grund gedroht dem Runden Tisch fernzubleiben, sollten sich Opferverbände anwaltlich vertreten lassen. Sicher würde keine Einrichtung voreilig Fakten über eventuelle Hilfsmaßnahmen oder Entschädigungen schaffen indem sie wie auch immer geartete Zusagen mache.Mein bisheriger Schriftwechsel mit Lichtenstern und Ihnen hat mich vorübergehend anderes glauben lassen. (...)" --Katharina75

Update: Frau Scholz vom Diakonischen Werk Württemberg hat sich bis heute nicht mehr gemeldet. Am 26. Juni findet das Lichtensterner Jahresfest statt. Anders als zugesagt wird die Zeit in der die Einrichtung ein Erziehungsheim war kein Thema sein. Die Website wurde ebenfalls nicht überarbeitet. --Katharina75 08:02, 28. Mai 2011 (CEST)Beantworten

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Hallo in die Autorenrunde,

möchte den Anstoß geben, nach neueren Literaturquellen in Bezug auf die repressiven, und auf körperliche Züchtigung setzenden pädagogischen Konzepte, sowie teils untragbaren baulichen und hygienischen Unterbringungssituation in evangelischen Erziehungsheimen wie Lichtenstern zu suchen, damit dieses dunkle Kapitel auch hier im Beitrag zu Lichtenstern adäquat abgehandelt werden kann.

Hier ein kleiner Zufallsfund aus dem Jahr 2015, in der in einem Teilabschnitt Lichtenstern behandelt wird: https://www.wkgo.de/cms/article/print/164

Das wäre zumindest eine Teilgutmachung für die vielen verkrüppelten Biographien der mißhandelten Kinder und Jugendlichen (ich kenne selber jemanden, der noch heute als gestandener Mann ziemlich mit der Aufarbeitung der psychischen Folgen des sexuellen Mißbrauchs, den er in einem kirchlichen Internat erfuhr, zu tun hat. Fast noch mehr hat ihn allerdings bestürzt, daß obendrauf noch massiver Druck, Anfeindungen und Verleumdungsanschuldigungen draufgepackt wurden, als er sich kurz vor Erreichen des 18. Lebensjahres traute, seine Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu bringen). Und leider tun sich mit einer ehrlichen und gründlichen Aufarbeitung der Mißstände die Kirchen beider Konfessionen selbst bis zum heutigen Tag offensichtlich ziemlich schwer (von angemessenen Entschädigungen ganz zu schweigen), dazu gab es erst neulich wieder einen Beitrag im Deutschlandfunk.

(Trotzdem) einen frohen und besinnlichen Nikolausabend wünscht Allen, --Schmalzfeder (Diskussion) 16:24, 6. Dez. 2021 (CET)Beantworten