Dual-Use

Verwendbarkeit von Technologien zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken

Dual-Use (auch Dual Use; englisch dual-use; deutsch Doppelverwendungsfähigkeit) beschreibt die prinzipielle Verwendbarkeit von Technologien oder Gütern sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken. Hierunter fallen insbesondere Güter aus dem Bereich der sensitiven Elektronik, Telekommunikation, IT-Technik, aber auch Datenverarbeitungsprogramme (Software) oder andere Technologien (Konstruktionspläne etc.). Der aus dem Englischen entlehnte Begriff wird überwiegend in der Exportkontrolle und im Zusammenhang mit der Proliferation von Massenvernichtungswaffen verwendet.

Die geländegängigen Klein-Lkw der Unimog-Baureihe wurden ursprünglich für landwirtschaftliche Zwecke entwickelt. Das Modell Unimog 404 entstand ab 1952 nach Vorgaben des französischen Militärs, die deutsche Bundeswehr wurde später zum Hauptabnehmer. Zusammen mit der sehr ähnlichen zivilen Variante wurde das Modell von 1955 bis 1980 gebaut.

Güter mit doppeltem Verwendungszweck sind auch alle Waren, „die sowohl für nichtexplosive Zwecke als auch für jedwede Form der Unterstützung bei der Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern verwendet werden können.“ gemäß Art. 2 Abs. 1 der EU-Dual-Use-Güter-Verordnung.[1] Umgangssprachlich beschrieb die FAZ „Dual Use“ als „Forschung, die zum Wohle der Menschheit betrieben wird, die in den falschen Händen aber zur Katastrophe führen kann.“[2]

Dual-Use-Gut

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Güter mit doppeltem Verwendungszweck (Dual-Use-Güter) sind Waren (einschließlich Software und Technologie), die für einen zivilen Verwendungszweck hergestellt worden sind, aber aufgrund ihrer Eigenschaften (z. B. Materialbeschaffenheit oder Leistungsfähigkeit) auch für militärische Zwecke verwendet werden können. Internationale Kontrollregime, wie die Nuclear Suppliers Group, die Australische Gruppe, das Missile Technology Control Regime (MTCR) und das Wassenaar-Abkommen führen regelmäßig aktualisierte Listen dieser Güter. Diese Listen werden in supranationale (Europa) bzw. nationale Listen übernommen. Letztere werden teilweise noch durch nationale Einträge ergänzt.

Alle Güter mit doppeltem Verwendungszweck, die in den (inter)nationalen Güterlisten aufgeführt sind, unterliegen der Exportkontrolle des jeweiligen Landes, d. h. ein Export eines gelisteten Gutes bedarf, von einigen Ausnahmen abgesehen, der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die entsprechenden Genehmigungsbehörden behalten sich vor, in Fällen der nicht eindeutigen Verwendung der zu exportierenden Güter die Ausfuhr dieser Dual-Use-Güter zu untersagen. So kann beispielsweise der Export von Hochgeschwindigkeits-Zentrifugensystemen, die einerseits in der Medizin und Pharmakologie Anwendung finden können, andererseits auch zum Anreichern von Uran zur Atombombenproduktion benutzt werden können (vgl. Atomprogramm des Iran) von der zuständigen Behörde untersagt werden, wenn im Genehmigungsverfahren die ausschließlich zivile Nutzung nicht einwandfrei feststellbar ist.

In Deutschland ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA, das ehemalige Bundesamt für gewerbliche Ausfuhr) in Eschborn/Taunus für die Erteilung der Exportgenehmigungen zuständig.

Alle international geregelten Dual-Use-Güter sind im Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (Dual-Use-Verordnung) aufgeführt. Deutschland hat diesen Anhang I, erweitert um einige nationale Positionen, mit dem Abschnitt B der Ausfuhrliste (Anlage zur Außenwirtschaftsverordnung, AWV) in deutsches Recht umgesetzt.

Die Schweiz ist ebenfalls Mitglied in allen vier Kontrollregimen und im „Bundesgesetz über die Kontrolle zivil und militärisch verwendbarer Güter sowie besonderer militärischer Güter (Güterkontrollgesetz, GKG)“ staatliche Kontrollmassnahmen geregelt. Zuständig ist innerhalb des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD) das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mit der Direktion für Aussenwirtschaft.

In den USA sind die Dual-Use-Güter in der Commerce Control List aufgeführt, die Bestandteil der Export Administration Regulations (EAR) ist.

Kodierung

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Jedes Dual-Use-Gut wird mit einer eindeutigen Zahl-Buchstabe-Zahlenkombination in den Listen geführt. In Deutschland wird diese Kodierung als Ausfuhrlisten-Nummer (AL-Nummer) und in den USA als Export Control Classification Number (ECCN) bezeichnet. Dabei steht die erste Zahl dieser Kodierung für die dem der Exportkontrolle unterliegenden Dual-Use-Gütern zugeordneten Kategorie:

  • 0 Kerntechnische Materialien, Anlagen und Ausrüstung
  • 1 Werkstoffe, Chemikalien, Mikroorganismen und Toxine
  • 2 Werkstoffbearbeitung
  • 3 Allgemeine Elektronik
  • 4 Rechner
  • 5 Telekommunikation und Informationssicherheit
  • 6 Sensoren und Laser
  • 7 Luftfahrtelektronik und Navigation
  • 8 Meeres- und Schiffstechnik
  • 9 Antriebssysteme, Raumfahrzeuge und zugehörige Ausrüstung

Jede Kategorie wird wiederum in fünf Gattungen unterteilt, die durch einen Buchstaben gekennzeichnet ist:

  • A Systeme, Ausrüstung und Bestandteile
  • B Prüf-, Test- und Herstellungsausrüstung
  • C Werkstoffe und Materialien
  • D Datenverarbeitungsprogramme (Software)
  • E Technologie

Die nachfolgenden drei Ziffern (die Kennung) setzen sich aus dem Grund der Kontrolle (erste Ziffer) und einer laufenden Nummer zusammen. Güter mit einer Kennung im Bereich 901–999 weisen auf nationale Beschränkungen hin, d. h. diese Güter sind nicht in den internationalen Güterlisten aufgeführt.

Siehe auch

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Literatur

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  • J. Böer, A. Groba, H. Hohmann: Praxis der US-(Re-)Exportkontrolle – EAR – ITAR – OFAC – US-Regelungen sicher beherrschen. Bundesanzeiger Verlag, Köln 2008, ISBN 978-3-89817-641-5.
  • Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Hrsg.): HADDEX – Handbuch der deutschen Exportkontrolle. Loseblattwerk.
  • H. Hohmann: Die Neufassung der Dual-Use-Verordnung für die Exportkontrolle. In: Neue Juristische Wochenschrift. (NJW) 2000, S. 3765.
  • U. Karpenstein: Die neue Dual-use-Verordnung. In: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht. 2000, S. 677 ff.
  • M. Pießkalla: Güterausfuhr. Deutscher Sparkassenverlag, Stuttgart 2007.
  • A. von Portatius: Die novellierte Dual-use-Verordnung (EG) Nr. 428/2009. In: AW-Prax. Außenwirtschaftliche Praxis – Zeitschrift für Außenwirtschaft in Recht und Praxis. Ausg. 9/2009, Bundesanzeiger Verlag, Köln, 2009, S. 283 f.
  • Frank Th. Petermann: Dual-Use – Aspekte des Bundesgesetzes über die Kontrolle zivil und militärisch verwendbarer Güter sowie besonderer militärischer Güter und Güterlisten. Dike Verlag, Zürich / St. Gallen 2014.
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Schweiz

Einzelnachweise

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  1. Verordnung (EG) Nr. 428/2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck in der konsolidierten Fassung vom 16. November 2016, abgerufen am 4. Januar 2019
  2. Alard von Kittlitz: Die Geschichte eines Virus. Jenseits von Eden. In: faz.net, 12. Mai 2012, abgerufen am 16. Mai 2012.