Enzymkinetik

Erforschung der biophysikalischen Zusammenhänge von Enzymreaktionen

Die Enzymkinetik ist ein Teilgebiet der biophysikalischen Chemie. Sie beschreibt, wie schnell enzymkatalysierte chemische Reaktionen verlaufen. Die Enzymkinetik findet breite Anwendung in Biologie und Medizin, da auch biologische Substrate (Reaktionspartner) – darunter solche, die im Menschen auftreten – untersucht werden. Ein Hauptziel der Enzymkinetik ist die Beschreibung der Konzentrationsabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit mit geeigneten Formeln, sowie die Bestimmung der dazugehörigen Parameter für ein bestimmtes Protein (Enzymaktivität und katalytische Effizienz). Da Enzyme dazu dienen, Reaktionen zu beschleunigen und zu lenken, ist die enzymkinetische Analyse zum Verständnis von Enzymfunktionen unerlässlich.

Theorie für Enzyme mit einer Substratbindungsstelle

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Der Erste, der den Zusammenhang zwischen Substrat-Konzentration   und Umsatzgeschwindigkeit eines Enzymes   beschrieb, war der französische Physikochemiker Victor Henri 1902. Allerdings war die Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentration für enzymatische Reaktionen damals noch nicht bekannt, erst nachdem Sørensen 1909 den pH-Wert definiert und die Pufferung eingeführt hatte, konnten der Deutsche Leonor Michaelis und seine kanadische Post-Doktorandin Maud Menten 1913 die Ergebnisse Henris experimentell bestätigen.[1] Die Henri-Michaelis-Menten-Gleichung wurde 1925 von G. E. Briggs und J. B. S. Haldane verallgemeinert (Michaelis-Menten-Theorie).

Henris Schlüsselidee war, die enzymatische Reaktion in zwei Phasen zu zerlegen, die Bindung des Substrates S an das Enzym E und die Umsetzung des resultierenden Enzym-Substrat-Komplexes ES in Enzym und Produkt P:

   (1)

Hierbei sind   Geschwindigkeitskonstanten, die bei der kinetischen Herleitung des Massenwirkungsgesetzes (MWG) verwendet werden.[2] Zur Beschreibung eines Reaktionsgleichgewichts der Bindungsreaktion hat die Gleichheit der Geschwindigkeiten von Hin- und Rückreaktion die Form:

 

wobei   die Konzentration der Substanz   bezeichnet. Durch die angegebenen mathematischen Operationen entsteht für die Bindungsreaktion die eingeführte Formulierung des MWGs:

  (2)

Da die (nach Standard im Zähler notierten) Reaktionsprodukte aus einer Dissoziation des Enzym-Substrat-Komplexes hervorgehen, wird die Gleichgewichtskonstante   als Dissoziationskonstante bezeichnet.

Wie aus Gleichung (2) hervorgeht, hat   die Dimension einer Konzentration. Für die Substratkonzentration   ist die Hälfte aller Enzymmoleküle an Substrat gebunden, die andere Hälfte ist frei; dies wird als Halbsättigung des Enzyms bezeichnet. (Die Weiterreaktion   bleibt zunächst außer Betracht.)

Rechnung hierzu  
 (2)

Einsetzen von  :

 
 , wie behauptet.

  ist umgekehrt proportional zur Affinität des Enzymes für das Substrat: Je besser das Enzym das Substrat bindet, umso niedriger ist die für eine Halbsättigung des Enzyms erforderliche Substratkonzentration.

Zur Beschreibung eines Reaktionsgleichgewichts der Reaktion (1) insgesamt hat die Gleichheit der Geschwindigkeiten von Hin- und Rückreaktion die Form:

 

hierbei ist   die Geschwindigkeitskonstante der (als nicht umkehrbar vorausgesetzten) Reaktion  . Durch die angegebenen mathematischen Operationen entsteht für die Reaktion (1) die eingeführte Formulierung des MWGs:

 (3)

  heißt Michaelis-Menten-Konstante. Zur Beschreibung der Reaktionsgeschwindigkeit   der betrachteten Katalyse wird (für entsprechend geeignete Fälle) weiter vorausgesetzt:

  • Die Konzentration   des insgesamt vorhandenen Enzyms ändert sich nicht und ist die Summe aus den Konzentrationen substratgebundenen und freien Enzyms, also  .
  • Die katalysierte Reaktion ist erster Ordnung, so dass ihre Geschwindigkeit zur Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes proportional ist, also  .
  • Eine maximale Reaktionsgeschwindigkeit   wird als Rechengröße eingeführt. Diese entspricht dem fiktiven Fall, dass sämtliches vorhandenes Enzym als Enzym-Substrat-Komplex vorliegt, also  .

Durch Einführung dieser Bedingungen lässt sich (3) in die Michaelis-Menten-Gleichung umformen, die   in Abhängigkeit von der Substratkonzentration   darstellt:

 
Umformung  

 


um   in den Bruch einzuführen, wird dieser mit   erweitert:

 

 Michaelis-Menten-Gleichung

Der Graph dieser Gleichung ist Teil einer Hyperbel, die sich für zunehmende   der waagerechten Asymptote   nähert.

Rechnung zur Klassifikation des Graphen als Teil einer Hyperbel; Betrachtung der Asymptoten  

A. Da   und   Konstanten sind, ist die Funktion

 

eine Hyperbel mit der waagerechten Asymptote   für   und der senkrechten Asymptote   für  .

  • Verschiebung um   in  -Richtung ergibt:
 
  • (Nachfolgende) Spiegelung an der [S]-Achse ergibt:
 
  • (Nachfolgende) Verschiebung um   in  -Richtung ergibt:
 

da   durch eine Verkettung von Kongruenzabbildungen aus   erzeugt werden kann, ist   ebenfalls eine Hyperbel. Der Graph der Michaelis-Menton-Gleichung ist die Teilmenge von  , für die   ist.

B. Die beiden zuerst genannten Kongruenzabbildungen ändern nichts an der waagerechten Asymptote der Hyperbel, die letztgenannte verschiebt sie um   in  -Richtung. Also hat   die Asymptote   für  ; der in   enthaltenen Graphen der Michaelis-Menton-Gleichung strebt für   gegen diese Asymptote.

Die zuerst genannte Kongruenzabbildungen verschiebt die senkrechte Asymptote der Hyperbel um   in  -Richtung, die beiden letztgenannten ändern nichts an ihr. Also hat   die Asymptote   für  .

Wie aus Gleichung (3) hervorgeht, hat auch   die Dimension einer Konzentration. Für die Substratkonzentration  ist  .

Rechnung hierzu  

Einsetzen von   in die Michaelis-Menton-Gleichung:

 .

Zur Bestimmung von   und   aus Messreihen von   und   dienen computergestützte Verfahren wie die nichtlineare Regressionsanalyse (Simplex- oder Levenberg-Marquardt-Verfahren). Graphische Extrapolationsverfahren (Linearisierungen) wie etwa die doppelt-reziproke Auftragung nach Lineweaver und Burk sollten dafür nicht verwendet werden, da sie zu ungenau sind. Sie eignet sich jedoch sehr gut zur Präsentation der Ergebnisse enzymkinetischer Versuche.

Theorie für Enzyme mit mehreren Substratbindungsstellen

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Die Hill-Gleichung und ihre Herleitung aus dem Massenwirkungsgesetz

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Die Hill-Gleichung wurde ursprünglich von Archibald Vivian Hill eingeführt, um die Sauerstoffbindung an Hämoglobin in Abhängigkeit von verschiedenen Sauerstoffkonzentrationen mathematisch zu beschreiben.[3] Die hier beschriebene Hill-Gleichung ist eine andere als die Hill-Gleichung zur Beschreibung der Muskelkontraktion, an deren Erstellung der gleiche Autor beteiligt war.[4]

Obwohl die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin kein katalytischer Vorgang ist, lässt sich mit einer Hill-Gleichung auch die Kinetik enzymatischer Katalysen beschreiben, insbesondere auch solcher, deren Kinetik sich nicht mit einer Michaelis-Menten-Gleichung beschreiben lässt. Hier folgt eine Herleitung der Hill-Gleichung aus dem Massenwirkungsgesetz, die die Analogie zur Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung hervorhebt. Entsprechend bedeutet die Variable   die Anzahl der Bindungsstellen, die ein Molekül Enzym für je ein Molekül Substrat bereithält, und ist damit eine positive natürliche Zahl. Die experimentell gefundenen Werte von   weichen hiervon ab (s. u. "Der empirische Hill-Koeffizienten   als Maß der Kooperativität von Enzymen").

Die Bindung von   Molekülen Substrat an ein Enzym lässt sich modellieren mit:

   (1')

Wie in Gleichung (1) sind   Geschwindigkeitskonstanten, die bei der kinetischen Herleitung des Massenwirkungsgesetzes (MWG) verwendet werden. Zur Beschreibung eines Reaktionsgleichgewichts der Bindungsreaktion hat die Gleichheit der Geschwindigkeiten von Hin- und Rückreaktion die Form:

 

hierbei ist   die Konzentration freien Enzyms,   die Substratkonzentration,   die Konzentration der Enzym-Substrat-Komplexe mit   Molekülen Substrat. Der Exponent   heißt Hill-Koeffizient. Durch die angegebenen mathematischen Operationen entsteht für die Bindungsreaktion die eingeführte Formulierung des MWGs:

  (2')

Analog der Dissoziationskonstante   in Gleichung (2) heißt   scheinbare Dissoziationskonstante. Das Adjektiv "scheinbar" trägt der Tatsache Rechnung, dass die experimentell gemessenen Werte für   von den nach diesem Modell zu erwartenden abweichen.

Wie aus Gleichung (2') hervorgeht, hat die (neu einzuführende) Konstante

 (3')

die Dimension einer Konzentration. Für die Substratkonzentration   ist die Hälfte aller Enzymmoleküle an Substrat gebunden, die andere Hälfte ist frei; dies wird als Halbsättigung des Enzyms bezeichnet.

Rechnung  

Gleichsetzen der Gleichungen (2') und (3') ergibt:

 

Einsetzen von  :

 
 , wie behauptet.

  wird daher als Halbsättigungskonstante bezeichnet[5] und auch   (für „50%“) geschrieben.   ist (wie die Konstante   der Michaelis-Menten-Gleichung) umgekehrt proportional zur Affinität des Enzymes für das Substrat: Je besser das Enzym das Substrat bindet, umso niedriger ist die für eine Halbsättigung des Enzyms erforderliche Substratkonzentration.

Wenn weiter vorausgesetzt wird,

  • dass sich die Konzentration   des insgesamt vorhandenen Enzyms nicht ändert und die Summe aus den Konzentrationen substratgebundenen und freien Enzyms ist, also  ,

dann ist der Anteil   substratgebundenen Enzyms an insgesamt vorhandenem mit Gleichung (2'):

 Hill-Gleichung
Rechnung  

 

um   in den Bruch einzuführen, wird dieser mit   erweitert:

 Hill-Gleichung

Um mit der Hill-Gleichung die Reaktionsgeschwindigkeit   der Katalyse durch ein Enzym mit mehreren Bindungsstellen zu beschreiben, ist hinreichend, weiter vorauszusetzen:

  • Eine maximale Reaktionsgeschwindigkeit   wird als Rechengröße eingeführt. Diese entspricht dem fiktiven Fall, dass sämtliches vorhandene Enzym als Enzym-Substrat-Komplex vorliegt, also  .
  •   ist zum Anteil   substratgebundenen Enzyms an insgesamt vorhandenem proportional.

Dann hat die Proportionalität die Form

 (4)
Rechnung  

Wegen der vorausgesetzten Proportionalität von   und   zu   existiert ein Proportionalitätsfaktor   so, dass:

  und  

Damit ist das Verhältnis von   zu  :

 (4)

Gleichsetzen mit der Hill-Gleichung ergibt eine Gleichung, die   in Abhängigkeit von der  -ten Potenz   der Substratkonzentration darstellt:

  (5)
Rechnung  

Gleichsetzen von Gleichung (4) mit der Hill-Gleichung ergibt:

 

  (5)

Die Herleitung der Gleichung (5) ist der Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung größtenteils analog. Unterschiede sind:

  • Die Geschwindigkeitskonstante   der katalysierten Reaktion wird nicht in die Herleitung von Gleichung (5) einbezogen:   hängt im Gegensatz zu   formal nicht von   ab.
  • Die Ordnung der katalysierten Reaktion wird bei der Herleitung von (5) nicht explizit betrachtet.

Statt der beiden letztgenannten Voraussetzungen geht die in Gleichung (4) formulierte Proportionalität in die Herleitung ein; ein abstrakter Proportionalitätsfaktor   tritt an die Stelle von  .

Weitere Darstellung für θ und für v. Die Sättigungsfunktion

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In der Hill-Gleichung ist   von   und von   abhängig,   selbst aber auch von   (siehe Gleichung (2')). Das Verhalten der Gleichung in Abhängigkeit von   ist einheitlicher darstellbar (s. u. halblogarithmisch aufgetragene Graphen), wenn   durch   ersetzt wird:

  (6)
Umformung  

Einsetzen von (3'):   in die Hill-Gleichung ergibt:

  mit   erweitern und   im Zähler und Nenner kürzen:

  (6)

Gleichsetzen der Gleichungen (4) und (6) ergibt eine Darstellung von  , die   ebenfalls nicht mehr enthält:

  (7)
Rechnung  

Gleichsetzen der Gleichungen (4) und (6) ergibt:

 
  (7)

Wenn an ein Molekül Enzym   Moleküle Substrat gebunden sind und die Konzentration der Enzym-Substrat-Komplexe   ist, so ist die Konzentration des gebundenen Substrats  . Als Sättigungsfunktion   wird das Verhältnis der Konzentration gebundenen Substrats zur Konzentration des insgesamt vorhandenen Enzyms bezeichnet:[6]

 

Der Zusammenhang zur Hill-Gleichung ist wegen   gegeben mit

  (8)

Der empirische Hill-Koeffizienten nH als Maß der Kooperativität von Enzymen

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Gemäß Herleitung der Hill-Gleichung aus dem Massenwirkungsgesetz (s. o.) ist der Hill-Koeffizient   die Anzahl der Bindungsstellen eines Enzyms und daher eine natürliche Zahl. (Genau) für   sind die Konstanten   und   gleich. Auch sind genau für   die Gleichungen (5) und (7) einer Michaelis-Menten-Gleichung äquivalent, indem die Konstante   als Michaelis-Menten-Konstante   aufgefasst wird.

Rechnung für Gleichung (7)  

  (7)

  einsetzen und mit   erweitern:

 

mit  :

  Michaelis-Menten-Gleichung

Zu Unterscheidung von   wird mit der Variable   derjenige Hill-Koeffizient bezeichnet, für den die Hill-Gleichung die Kinetik eines solchen Enzyms empirisch am besten beschreibt.   ist in der Regel kleiner als   und keine natürliche Zahl. Die Theorie der Hill-Gleichung ist bei Verwendung von   nur dann mathematisch konsistent, wenn   in allen zur Beschreibung der Kinetik verwendeten Gleichungen durch   ersetzt wird.  (9)

In Folgenden seien die Konstanten   und   in allen zu vergleichenden Situationen der jeweils betrachteten Enzyme gleich.   Der Unterschied zwischen   und   wird dadurch erklärt, dass Enzyme mit mehreren Substratbindungsstellen aus mehreren Untereinheiten bestehen, die jeweils eine Bindungsstelle tragen und demzufolge für sich betrachtet mit   und also einer Michaelis-Menten-Gleichung beschrieben werden können.

Ein als positive Kooperativität bezeichnetes Zusammenwirken der Untereinheiten kann aber auch bewirken, dass ein solches Enzym bei einer vorgegebenen Substratkonzentration   schneller reagiert, als gemäß einer Michaelis-Menten-Gleichung (mit  ) zu erwarten wäre. Eine Hill-Gleichung beschreibt für Konzentrationen   genau dann positive Kooperativität, wenn   ist. Weiter reagiert ein Enzym bei positiver Kooperativität bei einer vorgegebenen Substratkonzentrationen   umso schneller, je größer   ist. Logische Obergrenze für   ist (die Anzahl der Bindungsstellen)  .

Ganz entsprechend kann ein als negative Kooperativität bezeichnetes Zusammenwirken von Untereinheiten eines Enzyms bewirken, dass jenes bei einer vorgegebenen Substratkonzentration   langsamer reagiert, als gemäß einer Michaelis-Menten-Gleichung (mit  ) zu erwarten wäre. Eine Hill-Gleichung beschreibt für Konzentrationen   genau dann negative Kooperativität, wenn   ist, und bei einer vorgegebenen Substratkonzentrationen   reagiert ein Enzym bei negativer Kooperativität umso langsamer, je kleiner   ist.

Beweis  

Die folgende Ungleichung (i) verwendet Gleichung (7) zur Berechnung der Geschwindigkeiten zweier Enzyme, deren Situationen sich ausschließlich im Hill-Koeffizienten   bzw.   unterscheiden. Die folgenden Äquivalenzumformungen führen (i) auf die im Text genannten Bedingungen zurück.

 (i)

der übersichtlicheren Schreibweise dient die Substitution  . Nach (notwendiger) zusätzlicher Voraussetzung gilt

 
  (ii)

denn für die Überlegung kann   vorausgesetzt werden. Einsetzen ergibt:

 
 positive Brüche stürzen
 
  zu einer wählbaren Basis; mit der Rechenregel für den Logarithmus einer Potenz:
  wegen   nach (ii)
 
  • Für   ist die rechte Seite von (i) dem Funktionsterm eine Michaelis-Menten-Gleichung äquivalent (s. o. "Rechnung zu Gleichung (7)"). Daher zeigt Betrachtung von  , dass   in einer Hill-Gleichung für   positive Kooperativität beschreibt, wie behauptet.
  • Betrachtung beliebiger Paare   zeigt, dass von zwei (vergleichbaren) Enzymen, die positive Kooperativität zeigen, dasjenige mit größerem Hill-Koeffizienten für   schneller reagiert, wie behauptet.
  • Für   ist die linke Seite von (i) dem Funktionsterm eine Michaelis-Menten-Gleichung äquivalent (s. o. "Rechnung zu Gleichung (7)"). Daher zeigt Betrachtung von  , dass   in einer Hill-Gleichung für   negative Kooperativität beschreibt, wie behauptet.
  • Betrachtung beliebiger Paare   zeigt, dass von zwei (vergleichbaren) Enzymen, die negative Kooperativität zeigen, dasjenige mit kleinerem Hill-Koeffizienten für   langsamer reagiert, wie behauptet.

Ein Enzym mit mehreren Bindungsstellen, bei dem ein solches Zusammenwirken der Untereinheiten nicht zu beobachten ist, heißt nicht kooperativ.

Kooperativität ist nicht nur für Enzyme beschrieben, sondern auch für Nicht-Enzym-Proteine, an die mehrere andere Moleküle binden (s. o. Herleitung der Hill-Gleichung). Für die koordinative Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin, das aus   je ein Sauerstoffmolekül bindenden Untereinheiten besteht, wurde ein Hill-Koeffizient   von 2,8 bestimmt.[7]

Berechnung von nH

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Sind die Substratkonzentrationen   bzw.   bekannt, bei denen ein Enzym mit 10 % bzw. 90 % seiner Maximalgeschwindigkeit   reagiert, so lässt sich sein empirischer Hill-Koeffizient   bestimmen:

 

Verallgemeinerung: Sind zwei beliebige verschiedene Substratkonzentrationen   bzw.   bekannt, bei denen ein Enzym mit 0%< P% <100% bzw. 0%< Q% <100% seiner Maximalgeschwindigkeit   reagiert, so ist sein empirischer Hill-Koeffizient   durch den folgenden Quotienten gegeben:

 
Herleitung  

A. Mit Überlegung (9) ist bei Betrachtung des empirischen Hill-Koeffizienten   in Gleichung (6) durch   zu ersetzen. Die folgenden Umformungen lösen die entstehende Gleichung nach   auf:

 Übergang zur reziproken Zahl  
 Brüche stürzen  
 (i)

B. Mit Gleichung (4):

 

ist   außer durch die Hill-Gleichung auch durch den Anteil der gemessenen Reaktionsgeschwindigkeit   an der Maximalgeschwindigkeit   gegeben; dieser Anteil kann als Prozentsatz oder als Dezimalzahl angegeben sein. - Einsetzen von   für   bzw. von   für   in (i) ergibt:

 (ii)
 (iii)

C. (ii) und (iii) ergeben die Proportionalität:

 

Mit einem Logarithmus zu einer wählbaren Basis und der Rechenregel für den Logarithmus einer Potenz:

 da  
  wie angegeben.

D. Verallgemeinerung: Für zwei beliebige verschiedene Anteile   bzw.   von   und den zugehörigen Substratkonzentrationen   bzw.   ergibt der gleiche Rechenweg:

 (ii')
 (iii')
 

wobei der Bruch im letzten Schritt mit   erweitert wurde; mit Division durch den (nach Konstruktion von null verschiedenen) Faktor   folgt die angegebene Formel.

Nicht linearisierte Graphen

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Direkt-lineare Auftragung einer Enzymkinetik nach Michaelis-Menten

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Direkt-lineare Auftragung

Enzymkinetische Parameter lassen sich bequem und präzise direkt aus einer Sättigungshyperbel gemäß der Abbildung herleiten („direkt-lineare Auftragung“ auch „Cornish-Bowden-Diagramm“ genannt). In dieser Hyperbel ist die enzymatische Umsatzgeschwindigkeit   (Ordinate) als Funktion der Substratkonzentration   (Abszisse) dargestellt.

Für die direkt-lineare Auftragung überträgt man die Anfangsgeschwindigkeiten des enzymatischen Umsatzes direkt in das  - -Diagramm. Die  -Werte sind vor Versuchsbeginn bekannt (eingestellte Substratkonzentrationen); während der Versuchsreihe ist dann der Ordinatenwert für   (die Anfangsgeschwindigkeit) nachzutragen. Aus der maximalen Umsatzgeschwindigkeit   lässt sich die halbe maximale Umsatzgeschwindigkeit   ableiten. Graphisch kann man daraus den Koordinatenwert für   ermitteln. Die katalytische Effizienz folgt übrigens aus der Steigung der Tangente an den Ursprung:  ; daraus ergibt sich  .

Berechnung der Steigung der Tangente an den Ursprung  

Die Funktionsgleichung der Hyperbel ist die Michaelis-Menten-Gleichung

 

die Steigung   der Tangente an den Ursprung kann als Grenzwert einer Sekantensteigung aufgefasst werden, die durch einen Differenzenquotienten gegeben ist. Das ergibt bei Näherung von rechts:

 
 
  


Bemerkung: Der Standard-Weg über die Ableitung der Funktion   nach Quotientenregel erfordert wegen der nur einseitige Differenzierbarkeit von   an der Stelle   zusätzliche Überlegungen und ist zudem rechenaufwändiger.

Die Fehlerbehandlung wird im direkt-linearen Plot weitgehend vereinfacht: Mittelwertsbildung gibt dann die wahrscheinlichen Werte für die Parameter   und  . Bei Inspektion der Streubreite der Messpunkte (nicht identisch mit deren Standardabweichung) können Ausreißer leicht identifiziert und sogenannte Mediane abgelesen werden.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass alle (auch die nachfolgenden) Auswertungsverfahren nicht nur für Enzyme, sondern auch für die Bindungsvorgänge von Carriern oder Rezeptoren Gültigkeit haben. Historisch gesehen wurden all diese Methoden (Hanes und Eadie-Hofstee-Auftragung für Enzyme, Scatchard und Hill-Auftragungen für Carrier) ursprünglich von Woolf entwickelt.

Direkt-linear aufgetragene Graphen einer Enzymkinetik nach Hill für unterschiedliche Werte von nH

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Die aus der Hill-Gleichung hergeleitete Gleichung (5) lässt sich als eine Funktion auffassen, die die empirisch gefundene Reaktionsgeschwindigkeit   abhängig von der Substratkonzentration   beschreibt. Nach Überlegung (9) ist bei der Formulierung der Funktion   durch   zu ersetzen:

 

f([S]) ist überall streng monoton steigend und nähert sich für zunehmende   der waagerechten Asymptote  . Der Graph von f([S]) zeigt aber je nach Wert von   unterschiedliches Verhalten:[8]

  • Für   ist er Teil einer Hyperbel, da Gleichung (5) genau dann einer Michaelis-Menten-Gleichung äquivalent ist (s. o.).
  • Für   hat er genau einen Wendepunkt bei  . Unter Mitberücksichtigung ihres Steigungsverhaltens ist   daher in diesem Fall eine Sigmoidfunktion. Der Fall   lässt sich von den Fällen   und   durch bloße Betrachtung des Funktionsgraphen unterscheiden.
  • Für   hat er keinen Wendepunkt und sieht einem Teil einer Hyperbel ähnlich. Ein solcher Graph heißt pseudohyperbol, weil sich der Fall   vom Fall   durch bloße Betrachtung des Graphen nicht unterscheiden lässt.
Rechnerische Nachweise  

Vorüberlegungen:

  • Für die vorgelegte Problemstellung kann   (als Definitionsbereich von  ) sowie   vorausgesetzt werden. (i)
  • Für beliebige   sind Potenzfunktionen  streng monoton, und ihre Werte durchlaufen für   sämtliche positiven reellen Zahlen. (ii)
  • Für beliebige   sind für   die Potenzen  . (iii)

A. Für beliebige   ergibt die Konvergenz der Potenzfunktion:

 hieraus folgt für den Funktionsterms von   nach Erweitern um  :
  wie behauptet.

B. Die Ableitung

 

ist mit (i) und (iii) überall positiv für  , sodass   für alle   streng monoton steigt. Zusätzliche Berücksichtigung von   und   zeigt, dass   im gesamten Definitionsbereich streng monoton steigt, wie behauptet.

C. Die Wendepunkte von   sind genau die Nullstellen mit Vorzeichenwechsel der zweiten Ableitung

 wobei für die Hilfsfunktionen   gilt:
 für nach (i) und (iii);
 ;
 für nach (iii).

Da   für   nicht definiert ist, wechselt   in   nicht das Vorzeichen, und   hat bei   keinen Wendepunkt. Außer   gilt für alle Wendepunkte:

  (iv)

Mit (ii) hat Gleichung (iv) genau dann eine Lösung, wenn   ist, und dann genau eine (d. h. ihre Lösung   ist eindeutig, falls sie existiert).

Mit   ist   für  , sodass keine Lösung von (iv) existiert und   keinen Wendepunkt hat, wie behauptet.

Mit   ist   für  , sodass dann genau eine Lösung

 

von Gleichung (iv) existiert;   hat bei   nach (ii) höchstens einen Wendepunkt. Zu zeigen bleibt, dass   in   das Vorzeichen wechselt. Da die Bestimmung der dritten Ableitung   recht aufwendig ist, wird hier das Verhalten von   in einer Umgebung ihrer Nullstellen   untersucht.

Für beliebige   sind Potenzfunktionen   streng monoton steigend. Also gilt für beliebige  , für die   ist:

 (wegen  )
 
 
 .

Für eine geeignete  -Umgebung von   ist also   für alle   (v)

Mit   zeigen ausgehend von

 

die entsprechenden Umformungen, dass   für alle   ist.

Letzteres zeigt zusammen mit (v) den Vorzeichenwechsel von   in  .

Halblogarithmisch aufgetragene Graphen einer Hill-Gleichung für unterschiedliche Werte von nH

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Einzelne Graphen der Hill-Gleichung. Die Interpretation der Achsen ist im Text angegeben.   in der Zeichnung entspricht   im Text. Die Abszisse gibt keine molaren Konzentrationen an, sondern das (dimensionslose) Verhältnis  .

Im nebenstehenden Diagramm[9] ist die Ordinate der Anteil   substratgebundenen Enzyms an insgesamt vorhandenem. Die Abszisse gibt das Verhältnis   an; sie ist logarithmisch geteilt. Bei Verwendung des dekadischen Logarithmus ist

  • wegen   der Punkt „1“ Nullpunkt der Abszisse und
  • wegen   und   der Abstand zwischen den Punkten „1“ und „10“ Längeneinheit der Abszisse.

Für beliebiges   bezeichnet ein   Längeneinheiten vom Nullpunkt entfernter Punkt der Abszisse die Substratkonzentration  , wobei der Faktor   auf der Abszisse ablesbar ist. Jeder Graph des Diagramms zeigt eine Hill-Gleichung der Form (6):

 .
Erläuterung  

Jeder Graph des Diagramms zeigt eine Funktion

 ,

wie durch Betrachtung des Verhaltens dieser Funktion für   (am Nullpunkt "1" der Abszisse) und für   anschaulich wird. Einsetzen von

 

zeigt, dass jeder Graph auch eine Hill-Gleichung der Form (6) darstellt:

 .

Für je einen vorgegebene Hill-Koeffizienten   ist im Diagramm der Graph der Hill-Gleichungen zu allen Werten von   gleich, da   nicht direkt von   abhängt, sondern vom Verhältnis  . Die Gesamtheit der Graphen bildet für beliebige positive   eine (einparametrige) Schar direkt vergleichbarer Kurven; Teile einer Hyperbel oder pseudohyperbole Kurvenverläufe treten nicht auf.

Jeder Graph des Diagramms ist auch Graph einer logistischen Funktion   und hat daher

  • für   die Asymptote   sowie
  • für   die Asymptote  ;
  • jeder Graph ist punktsymmetrisch mit Symmetriezentrum  ;
  •   ist der Wendepunkt jeder Funktion  ;
  • die Steigung von   in   ist   . In diesem Sinne nimmt die Steilheit des Graphen mit   zu.
Beweis  

Die allgemeine logistische Funktion   kann geschrieben werden:

 ;

mit   hat   die Form:

 (6), q. e. d.

Die Eigenschaften der allgemeinen logistischen Funktion setzen sich auf   wie folgt fort:

  • Für   ist   Asymptote, q. e. d.,
  • für   ist   Asymptote, q. e. d.;
  • jeder Graph ist punktsymmetrisch mit Symmetriezentrum  ;
mit   und   ist  , q. e. d.;
  •   ist Wendepunkt von  , q. e. d.;
  • die Steigung von   in   ist  , q. e. d.

Weiter gehört jede logistische Funktion zu den Sigmoidfunktionen, d. h. jeder ihrer Graphen verläuft S-förmig.

Linearisierungsverfahren

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Linearisierungsverfahren wurden in der Vergangenheit sehr häufig für die schnelle grafische Bestimmung der wichtigen Kinetikparameter   und   verwendet. Sie sind zwar einprägsam und verbreitet, führen jedoch zu einer teils erheblichen Verfälschung des Ergebnisses durch Messfehler und sind zur Fehlerbetrachtung mehr oder weniger ungeeignet. Mittlerweile hat die Ermittlung der Michaelis-Menten-Parameter durch nichtlineare Regression stark an Bedeutung gewonnen, die zu deutlich genaueren Ergebnissen führt. Deshalb sollen die Linearisierungsverfahren hier nur gestreift werden.

Lineweaver-Burk-Diagramm

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Lineweaver-Burk-Diagramm

Hans Lineweaver (1907–2009) und Dean Burk (1904–1988) haben 1934 eine doppelt-reziproke Darstellung vorgestellt, bei der   als Funktion von   aufgetragen wird.[10]

Eine Umformung der Michaelis-Menten-Gleichung ergibt die folgende Gleichung:

 
Umformung  

  (Michaelis-Menten)   Übergang zur reziproken Zahl

 

  (Lineweaver-Burk)

Die Steigung dieser linearen Funktion beträgt  ; sie schneidet

  • die  -Achse bei   (Ordinatenabschnitt) und
  • die  -Achse bei   (Abszissenabschnitt).
Rechnung zu Achsenabschnitten und Steigung  

Indem   als Argument einer Funktion aufgefasst wird, beschreibt die Gleichung

 

eine lineare Funktion. Für diese lassen sich Steigung   und Ordinatenabschnitt   direkt aus der Funktionsgleichung ablesen.

Sei

  •   der Koordinatenursprung,
  •   der Schnittpunkt des Graphen der Gleichung mit der  -Achse, sodass   der Ordinatenabschnitt der Funktion ist, und
  •   der Schnittpunkt des Graphen der Gleichung mit der  -Achse, sodass   der Abszissenabschnitt der Funktion ist. Die  -Koordinate von   sei  .

Dann ist das Dreieck   einem Steigungsdreieck ähnlich. Also gilt für das Verhältnis der Streckenlängen von Ordinaten- und Abszissenabschnitt:

 
 Übergang zur reziproken Zahl  
 , wie in der Zeichnung angegeben.

Obwohl sie zur Datenrepräsentation meist verwendet wird, ist diese Methode zur Auswertung jedoch unverlässlich. Kleine Fehler in   ergeben bei kleinen  -Werten eine große Abweichung in  , bei großen  -Werten ist diese eher zu vernachlässigen. Die Autoren der Methode haben die Unsicherheit großer   Werte betont und darauf hingewiesen, dass diese grundsätzlich geringer zu gewichten sind. Spätere Anwender haben dies zumeist ignoriert. Wo immer möglich sollte dieses durch Computerverfahren zur Bestimmung enzymkinetischer Parameter ersetzt werden.

Eadie-Hofstee-Diagramm

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Das Eadie-Hofstee-Diagramm, auch Woolf–Eadie–Augustinsson–Hofstee- oder Eadie–Augustinsson-Diagramm, nimmt eine Mittelstellung ein. Hierbei wird   als Funktion von   aufgefasst. Die zugehörige Umformung der Michaelis-Menten-Gleichung ergibt:

 
Umformung  

  (Michaelis-Menten)

 

 

Umformung der linken Seite:   einsetzen:

 

  (Eadie-Hofstee)

Aus dem Diagramm lässt sich auf der  -Achse als Ordinatenabschnitt   ablesen, aus der (negativen) Steigung   der Regressionsgeraden   bestimmen.

Der Fehler wächst mit v/[S]. Da v bei beiden Koordinaten eingeht, konvergieren alle Abweichungen zum Ursprung.

Scatchard-Diagramm

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Das Scatchard-Diagramm fasst umgekehrt   als Funktion von   auf. Es entsteht aus dem Eadie-Hofstee-Diagramm durch Vertauschung der Achsen (oder äquivalent: durch Spiegelung des Diagramms insgesamt an der 1. Winkelhalbierenden des Koordinatensystems). Die entsprechende Umformung der zum Eadie-Hofstee-Diagramm gehörigen Gleichung ergibt:

 

Umformung  

   (Eadie-Hofstee) 

  

 

 (Scatchard)

Aus dem Diagramm lässt sich ebenfalls auf der  -Achse, die nun Abszisse ist,   als Abszissenabschnitt ablesen, denn ein Ordinatenabschnitt des Eadie-Hofstee-Diagramms geht durch die genannte Spiegelung in einen Abszissenabschnitt des Scatchard-Diagramms über. Ebenso lässt sich aus der (negativen) Steigung   der Regressionsgeraden durch Übergang zur reziproken Zahl und Vorzeichenwechsel   bestimmen. Der Ordinatenabschnitt der Gerade im Scatchard-Diagramm ist der im Abschnitt "Direkt-lineare Auftragung" als Maß der katalytischen Effizienz genannte Bruch.

Das Scatchard-Diagramm wird zumeist zur Repräsentation von Bindungsmessungen (anstelle enzymkinetischer Daten) angewendet. Scatchard- und Eadie-Hofstee-Diagramme gelten als die besten Werkzeuge zur Diagnose kooperativer Phänomene. Im Falle negativer Kooperativität oder nicht-identischer, isolierter Bindungsplätze entsteht ein konkaver Verlauf mit linearem Endast. Die Steigungen entsprechen hier den Affinitäten (Kd beziehungsweise  ) und die Gesamtzahl der Bindungsplätze (aktiven Zentren) ist aus dem Schnittpunkt mit der  -Achse abzulesen.

Hanes-Woolf-Diagramm (Hanes(-Wilkinson)-Diagramm)

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Hanes-Woolf-Diagramm

Das Hanes-Woolf-Diagramm[11] ist die bestmögliche lineare Auftragungsmöglichkeit. Es geht auf Charles Samuel Hanes (1903–1990) und Barnet Woolf (1902–1983) zurück. Hierbei wird eine Umformung der Michaelis-Menten-Gleichung verwendet, die [S]/v als Funktion von [S] darstellt:

 
Umformung  

   (Michaelis-Menten)   Brüche stürzen

 

  (Hanes-Woolf)

Die Steigung dieser linearen Funktion beträgt  ; sie schneidet

  • die  -Achse bei   (Ordinatenabschnitt) und
  • die  -Achse bei   (Abszissenabschnitt).
Rechnung zu Achsenabschnitten und Steigung  

Für die lineare Funktion mit der Gleichung

 

lassen sich Steigung   und Ordinatenabschnitt   direkt aus der Funktionsgleichung ablesen.

Sei

  •   der Koordinatenursprung.
  •   der Schnittpunkt des Graphen der Gleichung mit der  -Achse, sodass   der Ordinatenabschnitt der Funktion ist, und
  •   der Schnittpunkt des Graphen der Gleichung mit der  -Achse, sodass   der Abszissenabschnitt der Funktion ist. Die  -Koordinate von   sei  .

Dann ist das Dreieck   einem Steigungsdreieck ähnlich. Also gilt für das Verhältnis der Streckenlängen von Ordinaten- und Abszissenabschnitt:

 
 
  wie in der Zeichnung angegeben.

Fehler in [S]/v sind eine weit bessere Annäherung der Fehler in v. Aufgrund einer unverfälschten Spreizung der Messpunkte entlang der [S]-Achse wird das Ergebnis durch einzelne Ausreißer prinzipiell weniger verfälscht. Da aber abhängige und unabhängige Variable vermischt werden, ist auch hier eine Datenoptimierung durch lineare Regression nicht sinnvoll.

Hill-Diagramm

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Das Hill-Diagramm ist eine Darstellung der Hill-Gleichung, in der   (Ordinatenwert) als Funktion von   (Abszissenwert) aufgetragen wird. Die zugehörige Umformung der Hill-Gleichung ergibt:

 (10)
Umformung  

Die Hill-Gleichung wird nach Ersetzen vom   durch   gemäß Überlegung (9) zu:

  Übergang zur reziproken Zahl

 

  Brüche stürzen

  zu einer wählbaren Basis;

mit der Rechenregel für den Logarithmus eines Quotienten bzw. den Logarithmus einer Potenz:

 (10)

Bei Verwendung von   hat (10) die Form:

 (10a)
Umformung  

Die Definition der Halbsättigungskontante   in Gleichung (3') wird nach Ersetzen vom   durch   gemäß Überlegung (9) zu:

  zur gleichen Basis wie  

mit der Rechenregel für den Logarithmus einer Potenz:

 

dies kann in (10) eingesetzt werden.

Auch in den hier folgenden Gleichungen kann   an die Stelle von   treten.

Ist   bekannt, so lassen sich die Ordinatenwerte unter Verwendung von   bestimmen:

 (10b)
Umformung  

Die Gleichungen (10) und (10b) sind äquivalent, wenn das Argument des Logarithmus der linken Seite für beide Gleichungen übereinstimmt. Einsetzen von Gleichung (4) und Erweitern mit   ergibt:

 

Die Sättigungsfunktion   kann in die Gleichung eingeführt werden:

 (10c)
Umformung  

Die Definition der Sättigungsfunktion   nach Gleichung (6) wird nach Ersetzen vom   durch   gemäß Überlegung (9) zu:

  (i)

die Gleichungen (10) und (10c) sind äquivalent, wenn das Argument des Logarithmus der linken Seite für beide Gleichungen übereinstimmt. Erweitern mit   und Einsetzen von (i) ergibt:

 

Insoweit die Hill-Gleichung eine Enzymkinetik zutreffend beschreibt, zeigt das Hill-Diagramm eine Gerade  , aus der sich

  •   als deren Steigung und
  •   als Abszissenabschnitt (= Abszissenwert des Schnitts von   mit der Abszisse)

ablesen lässt; hieraus lässt sich nach Delogarithmieren   und nach Berechnung von   und anschließendem Delogarithmieren auch   bestimmen.

Begründung und Rechenhinweise  

A. Diejenigen Varianten der Gleichung (10), die den Summanden   enthalten, haben die Form

Ordinatenwert =  Abszissenwert + Ordinatenabschnitt

und sind daher als Funktionsvorschrift einer linearen Funktion mit Steigung   deutbar, deren Graph die angegebene Gerade   ist.

B. Zur Bestimmung des Abszissenabschnitts   einer solchen linearen Funktion ist ihr Ordinatenwert null zu setzen:

 
 

wie im Text angegeben.

Bemerkung: Diejenigen Varianten der Gleichung (10), die den Summanden   enthalten, sind Geradengleichungen der Form:

Ordinatenwert =  Abszissenwert -  Abszissenabschnitt =   (Abszissenwert - Abszissenabschnitt)


C. Ist   die Basis des gewählten Logarithmus, sodass   als Abszissenabschnitt aus dem Hill-Diagramm ablesbar ist, so ist die Formel zum Delogarithmieren  . Entsprechend zum Delogarithmieren von   .

Aus mathematischer Sicht könnte zur hier beschriebenen Rechnung eine beliebige Basis verwendet werden, üblich sind jedoch vor allem

  • die Basis 10 des dekadischen Logarithmus', der meist mit   bezeichnet wird, also   und
  • die Basis e des natürlichen Logarithmus', der meist mit   bezeichnet wird, also  ;

jeweils entsprechend zum Delogarithmieren von   bzw.  .

Im angelsächsischen Sprachraum wird nicht nur der allgemeine, sondern auch der natürliche Logarithmus zuweilen mit   bezeichnet (was zu Verwechselungen führen kann).

 
(Idealisierte) Hill-Diagramme; der Hill-Koeffizient   ist mit   bezeichnet. - Erläuterung der Achsen und ihrer Beschriftung im Text.

Im nebenstehenden Hill-Diagrammen[12] ist die Abszissenvariable   mit   bezeichnet, der Abszissenabschnitt   mit  , die Ordinatenvariable   mit  . (Die Längeneinheit ist für beide Achsen unterschiedlich gewählt, sodass die Steigung der roten Gerade nicht   ist. Der Schnitt einer Gerade mit der eingezeichneten Ordinate, die nicht durch den Nullpunkt der Abszisse führt, ist nicht der Ordinatenabschnitt der jeweiligen Gerade.)

Für den gleichen Abszissenabschnitt   (und damit den für beide Geraden gleichen Wert von  ) ist

  • die rote Gerade das Hill-Diagramm eines hochkooperativen Enzyms (Schnitt mit der Ordinate bei  Geradensteigung );
  • die grüne Gerade dasjenige eines kaum oder nicht kooperativen Enzyms (Schnitt mit der Ordinate bei  Geradensteigung ).

Wenn die berechneten Wertepaare nicht auf einer Gerade liegen, kann diese außer durch zufällige auch durch systematische Fehler bedingt sein, denn die Hill-Gleichung setzt voraus, dass der Hill-Koeffizient für alle Konzentrationen gleich ist. Eine Abweichung hiervon fand G.S. Adair, der ebenfalls die Sauerstoffbindung von Hämoglobin untersuchte.[13]

Zusammenstellung von Linearisierungen einer Hyperbel

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Linearisierungen einer Hyperbel

Inhibitoren

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Hauptartikel: Enzymhemmung

Viele Therapeutika und Gifte sind Hemmstoffe (Inhibitoren) von Enzymen. Aus diesem Grunde ist der Aufklärung des Wirkungsmechanismus immer eine besondere Bedeutung zugekommen. Die Nomenklatur der Hemmtypen wurde von William Wallace Cleland (* 1930) 1963 auf eine systematische Grundlage gestellt, leider werden in vielen Lehrbüchern immer noch Begriffe abweichend verwendet.

Hier sollte allerdings beachtet werden, dass sich klassische Analysen auf reversibel bindende Stoffe beschränken. Irreversible Bindung einer Substanz an ein Enzym führt zur Inaktivierung, nicht zur Hemmung.

Abgeleitet aus der Michaelis-Menten-Gleichung   stellt sich die allgemeine Inhibitionsgleichung wie folgt dar:

 

Danach kann das Verhältnis des  -Wertes (Dissoziationskonstante des Komplexes EI) und des  -Wertes (Dissoziationskonstante des Komplexes EIS) zur Ableitung des Inhibitionstyps dienen:

Kompetitiv

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Enzymhemmung

Inhibitor und Substrat schließen sich gegenseitig von der Bindung an das Enzym aus. Dies bedeutet jedoch nicht notwendigerweise, dass der Inhibitor an der gleichen Bindungsstelle bindet wie das Substrat. Auch wenn die Bindung von Substrat bzw. Inhibitor zu Konformationsänderung im Enzym führen, welche die Bindungsstelle für den jeweils anderen blockieren, ist die Hemmung kompetitiv. Wenn Substrat und Inhibitor allerdings die gleiche Bindungsstelle haben, dann ist der Hemmtyp notwendig kompetitiv.

Bei der Kompetitiven Hemmung kann der Inhibitor durch Substrat aus dem Enzym verdrängt werden,   ändert sich also nicht. Allerdings wird für jede gewünschte Geschwindigkeit eine höhere   benötigt, die scheinbare   wird also mit steigender   höher. Im Lineweaver-Burk-Diagramm führt dies bei unterschiedlichen   beziehungsweise   zu einer Schar von Geraden, die einen gemeinsamen Schnittpunkt auf der y-Achse bei ( ) haben.

Unkompetitiv

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Der Inhibitor bindet nicht an das freie Enzym, sondern an den ES-Komplex. Höhere Konzentrationen des Substrates können daher den Hemmstoff nicht vom Enzym verdrängen, sondern führen zu vermehrter Bindung. Umgekehrt vermindert Bindung des Hemmstoffes die Konzentration von ES, nach dem Prinzip von Le Chatelier muss sich also zusätzliches ES aus E und S bilden: Die scheinbare   vermindert sich, die Affinität des Enzymes für das Substrat steigt mit steigender  . Gleichzeitig nimmt natürlich   ab. Im Lineweaver-Burk-Diagramm finden wir eine Schar paralleler Geraden.

Nicht-kompetitiv

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Der Inhibitor kann sowohl an E als auch an ES binden. Im einfachsten Fall ist dabei  , d. h., dass die Substratbindung die Affinität des Enzymes für den Inhibitor nicht verändert, etwa durch Konformationsänderung. Dann folgt natürlich auch, dass die Bindung des Inhibitors die Affinität des Enzymes für das Substrat nicht ändert und  . Wegen des Zusammenhangs zwischen   und   ändert die Bindung von Inhibitor also auch nicht  .

Es lässt sich nun zeigen (durch Substitution und Eliminierung aus den Definitionen von   und  ), dass  . Wenn also  , dann folgt   und die scheinbare   steigt mit  . Falls andererseits  , dann folgt   und die scheinbare   sinkt mit steigendem  .

Die nicht-kompetitive Hemmung führt im Lineweaver-Burk-Diagramm zu einer Schar von Geraden mit gemeinsamen Schnittpunkt links von der y-Achse, der Schnittpunkt liegt auf der x-Achse wenn  , er liegt über der x-Achse falls   und unter der x-Achse falls  .

Gemischt-kompetitive Hemmung

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Der Mechanismus dieses Hemmtyps (der in der Praxis von geringer Bedeutung ist) ähnelt der nicht-kompetitiven Hemmung, allerdings hat der EIS-Komplex noch eine katalytische Aktivität. Auch das Lineweaver-Burk-Diagramm sieht aus wie bei der nicht-kompetitiven Hemmung (mit allen 3 Möglichkeiten). Im sog. Sekundärdiagramm (Steigung bzw. y-Schnittpunkt im Lineweaver-Burk-Diagram als Funktion von  ) sieht man aber im Falle der nicht-kompetitiven Hemmung Geraden, im Falle der gemischt-kompetitiven jedoch Kurven.

Siehe auch

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Literatur

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  • H. Bisswanger: Enzymkinetik – Theorie und Methoden. 3. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2000, ISBN 978-3-527-30096-9.
  • E. Buxbaum: Fundamentals of protein structure and function. Springer, New York 2007, ISBN 978-0-387-26352-6.
  • G. E. Briggs, J. B. Haldane: A Note on the Kinetics of Enzyme Action. In: Biochemical Journal. Band 19, Nr. 2, 1925, S. 338–229; PMID 16743508.
  • W. W. Cleland: The kinetics of enzyme-catalyzed reactions with two or more substrates or products. In: Biochimica et Biophysica Acta. Band 67, 1963, S. 104–137, 173–187, 188–196.
  • R. Eisenthal, A. Cornish-Bowden: The direct linear plot. A new graphical procedure for estimating enzyme kinetic parameters. In: Biochemical Journal. Band 139, Nr. 3, 1974, S. 715–720; PMID 4854723.
  • J. B. S. Haldane: Graphical methods in enzyme chemistry. In: Nature. Band 179, 1957, S. 832.
  • V. Henri: Theorie generale de l’action de quelques diastases. In: Comptes rendues l’Academie des sciences. Band 135, 1902, S. 916–919.
  • A. V. Hill: The possible effects of the aggregation of the molecules of haemoglobin on its dissociation curves. In: The Journal of Physiology Band 40, Supplement, 1910, S. iv–vii.
  • L. Michaelis, M. L. Menten: Die Kinetik der Invertin-Wirkung. In: Biochemische Zeitschrift. Band 49, 1913, S. 333–369.
  • I. H. Segel: Enzyme Kinetics. Wiley, New York 1975 (Nachdruck 1993).
  • S. P. L. Sørensen: Enzymstudien II. Über die Messung und Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentration bei enzymatischen Prozessen. In: Biochemische Zeitschrift. Band 21, 1909, S. 131–304.
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Einzelnachweise

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  1. Leonor Michaelis, Maud Leonora Menten: Die Kinetik der Invertinwirkung. In: Biochemische Zeitschrift. Band 49, 1913, ISSN 0366-0753, S. 333–369, urn:nbn:de:hebis:30-1090119.
  2. Die Darstellung orientiert sich in freier Formulierung der hier genannten Quelle.
  3. A.V. Hill, "The possible effects of the aggregation of the molecules of haemoglobin on its dissociation curves", J Physiol 1910, 40, S. iv–vii
  4. vgl. z. B. Jachen Denoth: „Theoretische Betrachtungen zur maximalen Leistung im Ausdauersport bei einem durch die maximale Sauerstoffaufnahme begrenzten Energieverbrauch“ in: Schweizer Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie 2008, 65 (2), S. 77–81
  5. z. B. zur Beschreibung einer Michaelis-Menten-Gleichung in: Hartmut Bossel: "Modellbildung und Simulation", Springer-Verlag, 13. März 2013, S. 271
  6. Hans Bisswanger: „Enzyme: Struktur, Kinetik und Anwendungen“, John Wiley & Sons, 29. Juni 2015, Box 11.2
  7. Berg/Stryer/Tymoczko: Biochemie, S. 214, Springer-Verlag, 27. Februar 2015.
  8. Schemazeichnung für die aufgeführten drei Möglichkeiten in https://images.slideplayer.org/1/649096/slides/slide_39.jpg
  9. Das Diagramm ist der englischsprachigen Wikipedia (Seite: Hill equation (biochemistry)) entnommen, der Kommentar unabhängig formuliert.
  10. H. Lineweaver, D. Burk: The Determination of Enzyme Dissociation Constants. In: Journal of the American Chemical Society, 56, 1934, S. 658–666. doi:10.1021/ja01318a036.
  11. Hanes, CS. (1932). Studies on plant amylases: The effect of starch concentration upon the velocity of hydrolysis by the amylase of germinated barley. In: Biochemical Journal 26: 1406–1421; PMID 16744959; PMC 1261052 (freier Volltext).
  12. Das Diagramm ist der englischsprachigen Wikipedia (Seite: Hill equation (biochemistry)) entnommen, der Kommentar unabhängig formuliert.
  13. 'The hemoglobin system. IV. The oxygen dissociation curve of hemoglobin' in: J Biol Chem 63, 1925, S. 529–545