Das Finsternisjahr ist das Zeitintervall von aufeinander folgenden Passagen desselben Mondknotens durch die Sonne und dauert rund

Sonnenjahr (365,24 Tage), Mondjahr (354,37 Tage) und Finsternisjahr (346,62 Tage) im Schema einer heliozentrischen Darstellung.
Konstellationen des Durchgangs der Knotenlinie durch die Sonne begrenzen Finsternishalbjahre
   (346 Tage, 14 Stunden, 53 Minuten).

Nach einem halben Finsternisjahr (173,31 Tage) liegt einer der beiden Mondknoten wieder vor der Sonne. Diese Konstellation bildet die Mitte eines Zeitfensters weniger Wochen, in dem Sonnenfinsternisse oder Mondfinsternisse von der Erde aus beobachtet werden können. Passiert der Mond im gleichen Zeitpunkt einen Knoten, ist die Finsternis zentrisch. Bei nicht allzu früherer oder späterer Passage ist sie partiell. Die Bestimmung der Finsterniszeitpunkte geschieht ohne Benutzen des Finsternisjahres: Ausgehend von einem Ereignis und dessen Lage im Zeitfenster werden diejenigen Zeitpunkte ermittelt, in denen in vorgegebener Näherung eine ganze Zahl siderischer Monate und eine ganze Zahl halber drakonitischer Monate des Erdmondes vergangen sind.

Für ein Finsternisjahr wird gelegentlich die Bezeichnung „drakonitisches Jahr“ als Synonym verwendet.[1][2] Diese Benennung ist jedoch missverständlich, denn ein Finsternisjahr setzt sich nicht aus drakonitischen Monaten zusammen. Im Englischen heißt das Finsternisjahr eclipse/ecliptical year und wird daneben auch draconic/draconitic year genannt.

Grundlagen

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Grobes Schema der Verschneidung von Mondbahnebene und Erdbahnebene
(tatsächliche Inklination nur etwa 5°)

Im aufsteigenden wie im absteigenden Knoten schneidet die Mondbahn die Ebene der Ekliptik und nur in der Nähe dieser Schnittpunkte kann der Mond so auftreten, dass sich eine Finsternis ereignet. Wenn der Mond dabei in Konjunktion mit der Sonne ist, zu Neumond, so tritt er von der Erde aus gesehen vor die Sonne und verursacht eine Sonnenfinsternis. Ist der Mond hingegen in Opposition gegenüber der Sonne, zu Vollmond, so taucht er in den Schatten der Erde ein und wird beschattet als Mondfinsternis.

Für beide Arten von Finsternis ist also neben der passenden Phase des Mondes auch die Lage eines der beiden Mondknoten – beziehungsweise ihrer Knotenlinie genannten Verbindungsgeraden – in Richtung auf die Sonne notwendige Bedingung, damit der Mond in dieser Phase nun verdecken kann oder verdunkelt werden kann.

Etwa alle halbe Finsternisjahre sind Erde und Mondknoten zur Sonne in einer solchen Stellung, die verschiedene Arten von Finsternis erlaubt. Wann genau dann eine Finsternis auftritt und welcher Art, hängt vom aktuellen Mondlauf ab. Die Zeitspanne von Neumond zu Neumond, (wahre) Lunation genannt, kann um mehr als 13 Stunden (0,56 d) schwanken, ihr errechneter Mittelwert ist der Synodische Monat und beträgt etwa 29,53 Tage. Das Intervall zwischen zwei Durchgängen des Mondes durch denselben Bahnknoten beträgt im Mittel etwa 27,21 Tage und wird als Drakonitischer Monat bezeichnet.

Vom Lauf des Mondes her betrachtet sind Finsternisse grundsätzlich nur möglich innerhalb schmaler Zeitfenster, für die zwei verschiedene Bedingungen mindestens nahezu erfüllt sind: Der Mond muss sowohl in Voll- oder Neumond stehen als auch durch den auf- oder absteigenden Knoten gehen. Jede der Bedingungen wiederholt sich nun in Intervallen von ganzzahligen Vielfachen der halben Länge ihrer Periode, und sie treffen dann beispielsweise nach 12 halben synodischen Monaten (177,18 Tage) oder 13 halben drakonitischen Monaten (176,87 Tage) wieder zu, womöglich beide gemeinsam. Somit kann nach etwa sechs synodischen Monaten, einem Semester, wieder ein Finsternisereignis auftreten.

Ein Finsternisjahr ist knapp 19 Tage kürzer als das Sonnenjahr zu 365,2422 Tagen, weil durch die Präzession des kreiselnden Mondes dessen Bahnebene gedreht und die Knoten daher in der Ekliptikebene jährlich um rund 19° rückläufig verschoben werden (19,34° Regression bezogen auf ein tropisches Jahr), und es dauert so mit etwa 346,52 Tagen auch kürzer als das astronomische Mondjahr zu 354,3671 Tagen, das aus zwölf synodischen Monaten besteht.

Zusammenhänge mit Finsterniszyklen

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Einem halben Finsternisjahr zu etwa 173,31 Tagen gegenüber dauert es also knapp vier Tage länger, bis sechs Lunationen des Mondes vollzogen sind in ungefähr 177,18 Tagen, der Periode für den Semesterzyklus als dem kürzesten der Finsterniszyklen für die mehrmalige Wiederholung von Finsternissen. Da sich jeweils von Ereignis zu Ereignis der Abstand zum Knoten verändert und schließlich zu groß wird, bricht eine Semesterzyklus-Reihe nach acht, neun oder zehn wiederholten Finsternisereignissen ab.

Ein langer Finsterniszyklus enthält aus dem Canon[3] aller Finsternisse ausgelesene Ereignisse. Je mehr einzelne Ereignisse bei der Zusammenfassung zu einem Zyklus übersprungen werden, desto länger können die Zyklus-Reihen werden. Bei dem bekannten Saros-Zyklus erhält man derart Reihen mit zumeist 71 einander ähnlichen Finsternisereignissen in Intervallen, die 223 synodische Monate (6.585,32 Tage) dauern. Verglichen mit 19 Finsternisjahren (6.585,78 Tage) ist die Abweichung kleiner als ein halber Tag (0,46 d), noch geringer die von 242 drakonitischen Monaten (6585,36 Tage). Die Saros-Periode beträgt somit ungefähr 18,03 Sonnenjahre und die mit dieser Periode aufeinander bezogenen Finsternisse bilden dann einen Saros-Zyklus mit Reihen von rund 1.270 Sonnenjahren. Mit ungefähr 29,95 Sonnenjahren noch etwas länger ist die Inex-Periode; sie dauert 716 halbe synodische Monate, von denen 777 halbe drakonitische Monate oder 61 halbe Finsternisjahre nur noch sehr geringfügig abweichen.

Je größer die Periode eines Auslese-Zyklus ist, umso genauer also lässt sich diese als ein Vielfaches halber Finsternisjahre annähern.

Abschätzung des Finsternis-Zeitfensters

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Das halbe Finsternisjahr ist die Dauer zwischen zwei Mondknotenpassagen durch die Sonne und gibt so einen Anhalt für den Zeitpunkt, um den herum eine Finsternis stattfinden kann; es gibt aber nicht die tatsächliche Zeitspanne zwischen Finsternissen an. Da die scheinbare Größe der Sonne und die des Mondes je etwa einen halben Winkelgrad betragen und des Weiteren die Länge des Erddurchmessers den Mond unter einer Parallaxe von bis zu etwa 1° erscheinen lassen kann, können Finsternisse von der Erde aus in einem gewissen Zeitraum vor und nach dem Durchgang der Mondknoten beobachtet werden. Für partielle Sonnenfinsternisse beträgt dieses Zeitfenster bis zu plus/minus etwa 17 Tagen, also knapp 5 Wochen, so auch für die unauffälligen Halbschatten-Mondfinsternisse; für totale Sonnenfinsternisse wie auch für (partielle) Kernschatten-Mondfinsternisse ist es kleiner mit plus/minus etwa 11 Tagen, also gut 3 Wochen. Die tatsächlichen Termine ergeben sich aus dem Eintritt von Sonne und Mond in den jeweiligen Finsternisbereich.

In diesen für verschiedene Arten von Finsternissen je unterschiedlich limitierten Bereichen tritt immer dann eine Finsternis auf, wenn die folgenden drei Bedingungen jeweils annähernder Weise erfüllt sind:

(1) es ist jetzt Vollmond oder Neumond (dazwischen vergeht durchschnittlich ein halber synodischer Monat),
(2) der Mond steht im aufsteigenden oder absteigenden Knoten (dazwischen ein halber drakonitischer Monat),
(3) einer der Mondknoten liegt nun von Erde aus gesehen vor der Sonne (dazwischen ein halbes Finsternisjahr).

Ausgehend von einem Finsternisereignis lässt sich das Auftreten einer vorangegangenen oder nachfolgenden Finsternis daher grob abschätzen durch die ungefähre Übereinstimmung von ganzzahligen Vielfachen der jeweiligen Halbperioden, sei es von synodischem und drakonitischem Monat (1 und 2) oder von synodischem Monat und Finsternisjahr (1 und 3) oder von drakonitischem Monat und Finsternisjahr (2 und 3).

Das Finsternisjahr gibt somit die besonderen Umstände der Verschneidung der Bahnebene des Mondes mit der Bahnebene der Erde wieder als notwendige – aber nicht hinreichende – Bedingung für das Ereignis einer Finsternis.

Präzession der Bahnebene des Mondes

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Die Bahnebene des Mondes ist um etwa 5° geneigt gegen die Ekliptikebene, in der die Erde ihre Bahn um die Sonne zieht, sodass der Mond von der Erde aus gesehen maximal um diesen Betrag höher oder tiefer als die Sonne stehen kann. Ohne diese Neigung (Inklination = 0°) würden Erdbahn und Mondbahn in der gleichen Ebene liegen und jeder Neumond wäre mit einer Sonnenfinsternis wie jeder Vollmond mit einer Mondfinsternis verbunden.

Die Mondknoten als die Schnittpunkte der Mondbahn mit der Ekliptikebene liegen in Bezug auf die Sonne – in heliozentrischem Bezugssystem – räumlich nicht fest. Während eines Umlaufs der Erde und damit auch des Mondes um die Sonne verändert sich natürlich die Lage der beiden Knoten auf der ekliptikalen Ebene und sie nehmen auch unterschiedliche Distanzen bezüglich der Sonne ein. Vergleicht man nun nach einem vollständigen Erdumlauf die Lage beider Knoten zueinander (z. B. als Knotenlinie) mit deren Lage zueinander ein Jahr zuvor, so zeigt sich darüber hinaus ein besonderer Umstand: die Bahnebene des Mondes ist noch gleicher Neigung, doch hat sie sich relativ zur Ekliptikebene inzwischen etwas gedreht, um rund 19° rückläufig zur Umlaufrichtung. Diese Bewegung der Mondbahnebene wird als Kreiseleffekt verstanden und Präzession genannt.

Durch die jährlichen Verlagerung um gut 19° wird mit einer Periode von etwa 18,6 Jahren eine volle 360°-Drehung vollzogen und die Ausgangslage der Knotenlinie wieder erreicht. Die Präzessionsbewegung der Mondbahn bildet sich auch in periodischen leichten Schwankungen der Erdachse von gleicher Dauer ab; diese überlagern die Präzession der Erdachse – deren Zyklus von knapp 26.000 Jahren auch Platonisches Jahr genannt wird – und stellen den Hauptanteil eines Effektes, der in der Astronomie als Nutation der Erdachse bezeichnet wird.

Mit Verständnis dieser Zusammenhänge gibt das Finsternisjahr auch ein Maß für die Präzessionsbewegung der Mondbahn wieder, wenn es beispielsweise zum tropischen Jahr in Relation gesetzt wird.

Einzelnachweise

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  1. Joseph Drecker: Zeitmessung und Sterndeutung in geschichtlicher Darstellung, Berlin: Borntraeger, 1925.
  2. Spaceglobe, astronomical professional
  3. Zum Beispiel der Canon von Theodor Oppolzer: Canon der Finsternisse, Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften mathematisch naturwissenschaftlicher Classe, L II.Bd., Wien 1887.

Literatur

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