Gerichtsorganisation im Großherzogtum Berg
Die Gerichtsorganisation im Großherzogtum Berg wurde 1811 der französischen Gerichtsorganisation angepasst.
Das Großherzogtum Berg sollte auch als Modellstaat für die anderen deutschen Staaten dienen. Daher wurden 1810 der Code civil und der Code pénal als Grundlage der Rechtsprechung eingeführt. Zwei Jahre später wurde die bisherige Justizorganisation nach französischem Vorbild umgebildet.[1]
Rechtsgrundlage war das Kaiserliche Dekret vom 17. Dezember 1811 über die Organisation der Justiz. Damit wurde auch die Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung vollzogen.
Die Umsetzung war jedoch durch die geringe Größe des Großherzogtums beeinträchtigt. Es hatte die Größe eines großen französischen Départements, war jedoch 1811 in drei Departements und neun Arrondissements gegliedert. Eine Einrichtung von Tribunalen erster Instanz in allen neun Arrondissements hätte eine zu hohe Dichte an Gerichten (und damit Kosten) bedeutet. Auch war es nicht sinnvoll, einen eigenen Kassationshof zu errichten.
Es wurde daher der Kassationshof Paris als oberstes Gericht des Großherzogtums bestimmt. Das französische Gerichtssystem sah vor, Urteile des jeweiligen Appellationsgerichtshofs, die vom Kassationshof beanstandet wurden, an einen anderen Appellationsgerichtshof zurückzuverweisen. Auch dies konnte nicht gelingen, da der Appellationsgerichtshof Düsseldorf der einzige des Großherzogtums war. Bei fehlerhaften Urteilen sollte der Kassationshof Paris die Prozesse daher an die Appellationsgerichtshöfe Lüttich, Brüssel, Den Haag oder Hamburg zurückverweisen, obwohl diese formal im Ausland lagen.
Bei den Tribunalen erster Instanz, die auf Ebene der Arrondissements eingerichtet wurden, wurden für das Arrondissement Siegen und das Arrondissement Elberfeld keine eigenen Gerichte eingerichtet. Es bestanden daher nur sieben statt neun dieser Gerichte.
Liste der Gerichte
BearbeitenAn Ober- und Mittelgerichten bestanden:
Für schwere Kriminalfälle wurden auf Ebene der Départements Schwurgerichte gebildet. Diesen stand ein Senatspräsident oder Rat des Appellationsgerichtshofs Düsseldorf vor.
Darunter bestanden folgende 59 Friedensgerichte auf Ebene der Kantone:
Mit Gesetz vom 17. Dezember 1811 wurden nach französischem Vorbild Conseils de Prud’hommes (deutsch zeitgenössisch übersetzt mit: Räte von Gewerbesachverständigen) angeordnet. Eine Umsetzung dieses Gesetzes erfolgte jedoch aufgrund des Zusammenbruchs des Großherzogtums nicht.[2]
Am 4. März 1812 wurde ein Spezialgerichtshof zur Aburteilung von Zollvergehen, das Spezial-Zolltribunal eröffnet.[3]
Generalgouvernement Berg
BearbeitenBereits zwei Jahre nach der Neuordnung der Gerichtsorganisation endete das Großherzogtum Berg. Im Generalgouvernement Berg ergaben sich notwendigerweise Änderungen. Zunächst fiel die Möglichkeit einer Anrufung des Kassationshofes in Paris weg. Stattdessen wurde ein Kassationshof Düsseldorf als Oberstes Gericht eingesetzt. Diesem war das bestehende Appellationsgerichtshof Düsseldorf sowie das am 16. Dezember 1813 eingesetzte Handelsgericht Elberfeld untergeordnet. An Tribunalen erster Instanz waren, bedingt durch die Gebietsverluste nur noch das Tribunal erster Instanz Düsseldorf (für den nördlichen Teil des Generalgouvernements) und das Tribunal erster Instanz Mülheim (für den südlichen Teil des Generalgouvernements) verblieben. Es gab nun keine Übereinstimmung mehr mit den Verwaltungsgebieten. Die Schwurgerichte waren mit Erlass vom 28. Februar 1814 abgeschafft worden.
Liste der Gerichte im Generalgouvernement Berg
Bearbeiten- Kassationshof Düsseldorf
- Handelsgericht Elberfeld
- Appellationsgerichtshof Düsseldorf
- Tribunal erster Instanz Düsseldorf
- Tribunal erster Instanz Mülheim am Rhein
(sowie die verbliebenen Friedensgerichte im Generalgouvernement Berg)
Literatur
Bearbeiten- Hermann Lohausen: Die obersten Zivilgerichte im Großherzogtum Berg und im Generalgouvernement Berg 1812 bis 1819. 1994, ISBN 3-412-05795-9
- Friedrich August Lottner, F. W. Leitner, J. F. Marquardt (Hrsg.): Sammlung der für die königlich preußische Rheinprovinz seit dem Jahre 1813 hinsichtlich der Rechts- und Gerichtsverfassung ergangenen Gesetze, Verordnungen, Ministerial-Rescripte etc. 1. Band 1813–1819, Sander, Berlin 1834, bei Google books
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Wilhelm Ribhegge: Preußen im Westen. Kampf um den Parlamentarismus in Rheinland und Westfalen. Münster, 2008, S. 36.
- ↑ Jürgen Brand: Untersuchungen zur Entstehung der Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland, Band 2 - Von der Ehre zum Anspruch. ISBN 3-465-03185-7, 2002, S. 348
- ↑ Max Bär: Die Behördenverfassung der Rheinprovinz. 1919, Nachdruck 1965, S. 66