Giesensdorf (Lichterfelde)

ehemaliges Dorf und Rittergut bei Lichterfelde

Das ehemalige Dorf und Rittergut Giesensdorf ist seit 1878 ein Teil der Gemeinde Groß-Lichterfelde, die 1920 in Groß-Berlin integriert wurde. Es gehört seit 2001 zum Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf.

Dorfkirche Giesensdorf

Geschichte

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10.–15. Jahrhundert

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Petruskirche auf dem Oberhofer Platz

In der Nähe der Giesensdorfer Dorfkirche gab es seit dem 10. Jahrhundert eine slawische Siedlung, die Anfang des 13. Jahrhunderts aufgegeben wurde. Die umgesiedelten Slawen wirkten mit bei der Anlage des um 1230 errichteten Dorfes Giesensdorf, dessen Dorfform im 21. Jahrhundert nicht mehr erkennbar ist. Es handelte sich um ein Straßendorf längs des heutigen Ostpreußendamms, mit der Dorfkirche im Mittelpunkt, an der Abzweigung der Straße zum Nachbardorf Osdorf. Etwa um 1250 wurde mit dem Bau der Dorfkirche begonnen, und zwar mit der Osthälfte (Altarraum), fortgesetzt etwa um 1350.

Giesensdorf wurde 1299 als Ghiselbrechtstorp (Giesebrechtstorff)[1] erstmals urkundlich erwähnt. Es gehörte zu dieser Zeit dem Markgrafen und gelangte um 1308 bis nach 1375 an den Bischof von Brandenburg. Er behielt die Einkünfte, während die übrigen Hebungen und Dienste weiterverliehen wurden. Nach dem Landbuch Kaiser Karls IV. umfasste das Dorf Gyselbrechtstorpp bzw. Gieseberchstorff im Jahr 1375 insgesamt 50 Hufe (rund 383 Hektar = 3,83 km²), davon drei Pfarrhufe und eine wüst liegende Wassermühle, aber keinen Krug.

Um 1400 fiel es wieder an den Markgrafen zurück. Er gab das Dorf vor 1429[2] bis nach an die Familie von Quast zu Saarmund, vor 1480 bis 1792 an die Familie Gröben. Sie erhielten das gesamte Dorf nebst Ober- und Untergericht sowie das Kirchenpatronat. Danach wurde der Besitz geteilt und ein häufiger Besitzwechsel war die Folge. 1450 war Giesensdorf 50 Hufe groß, davon drei Pfarrhufe; es gab sieben Kötter und einen Hirten, die für die 47 Hufe Zinsen bezahlen mussten. 1480 waren sechs Hufe wüst gefallen, sechs weitere „verbrannt“, während die verbleibenden Hufe nach wie vor abgabenpflichtig waren. Von den sieben Köttern lebten aber nur noch vier im Ort.

16. und 17. Jahrhundert

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1541 besaß der Pfarrer in Gisempsdorff (1542) drei Hufe, von denen er eine selbst bewirtschaftete. Er erhielt von allen Hufen die „30. Mandel“ sowie ein Drittel des Fleischzehnt. Er durfte auf dem See fischen und erhielt sieben Rauchhühner. Im Jahr 1546 gab es im Ort einen Schulzen und einen Krüger. Außerdem sind mehrere Hufnerhöfe benannt, darunter auch ein nicht näher benannter „Neuer Bauer“. Im Jahr 1608 hatte die Familie von der Gröben ihren Sitz in Giesensdorf. Vor dem Dreißigjährigen Krieg gab es im Ort elf Hufner, einen Kötter, einen Hirten sowie einen Hausmann. Sie bewirtschafteten 47 Hufe Land. Nach dem Krieg gab es nur noch einen Setzschulzen, zwei Bauern mit zwei Knechten sowie vier Kötter. Aus dem Jahr 1684 wurde vom Gutsbesitz derer von der Gröbens berichtet. Es bestand aus einem Haus, Hof und Ställen sowie neuneinhalb wüsten kontribuablen Hufe berichtet, die „er unterm Pflug“ hatte. Die Familie besaß die Schäfereigerechtigkeit, eine Windmühle, einen Weinberg und bezogen Einnahmen aus einem Fünfhufner, drei Vierhufnern, zwei Dreihufern sowie drei Bauern, die jedoch als im Besitz derer von Beeren gezählt wurden. Es gab weiterhin einen Kötter mit nur einem Hufe; ein Kötterhof war wüst. Der Küster bewohnte einen weiteren Kötterhof.

18. Jahrhundert

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1711 arbeiteten im Ort neun Hufner, ein Kötter, einen Hirten, ein Junge sowie drei Paar Hausleute. Sie zahlten für die 47 Hufe je acht Groschen Abgaben. Aus dem Jahr 1713 war bekannt, dass die von Gröben 34 des Ober- und Untergerichts sowie des Kirchenpatronats besaßen. Ihr Anteil ging in Folge an die nachstehenden Personen:

Die zweite Hälfte wurde ebenfalls in schneller Folge weitergeben:

Zwischenzeitlich lebten 1745 im Ort neun Bauern sowie ein Kötter; es gab einen Krug. Aus dem Jahr 1758 waren ein Fünfhufner, ein Viereinhalbhufner, fünf Vierhufner, ein Dreihufner sowie ein Kötter mit einem Hufen bekannt. 1771 bestanden im Ort zehn Giebel (= Wohnhäuser). Erstmals erschien ein Schmied, weiterhin ein Hirte und nur noch ein Paar Hausleute.

19.–21. Jahrhundert

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1801 lebten in Dorf und Gut neun Ganzbauern, neun Kötter und vier Büdner. Es gab einen Krug sowie 17 Feuerstellen (= Haushalte). 1840 war der Ort auf 16 Wohnhäuser angewachsen. In diesem Jahr erschien erstmals ein Torfstich. 1858 waren es acht Hof- und Gutseigentümer mit 40 Knechten und Mägden sowie 25 Tagelöhnern. Es gab drei nebengewerbliche Landwirte mit einer Magd sowie zehn Arbeiter und drei Personen Gesinde. Giesensdorf zählte acht Besitzungen. Das Rittergut war mit 1480 Morgen die größte Besitzung. Sieben weitere Besitzungen waren zwischen 30 und 300 Morgen groß und kamen zusammen auf 1197 Morgen. Neben einem Grobschmiedemeister führte die Statistik drei Ortsarme. 1860 bestanden im Dorf drei öffentliche Gebäude. Hinzu kamen 12 Wohn- und 25 Wirtschaftsgebäude. Im Gut gab es sechs Wohn- und acht Wirtschaftsgebäude sowie eine Schäferei.

Der Unternehmer Carstenn erwarb 1865 die Güter Giesensdorf und Lichterfelde sowie Wilmersdorf mit dem Gebiet des späteren Friedenau, um auf diesen Flächen ausgedehnte Villenkolonien zu gründen.

Mit der Bebauung wuchsen Lichterfelde und Giesensdorf zusammen. Im Jahr 1877 erfolgte die Vereinigung und Aufsiedelung der Dörfer. Die Ortsbezeichnung Giesensdorf kam außer Gebrauch und lebt nur im Namen der evangelischen Kirchengemeinde Petrus-Giesensdorf, der Giesensdorfer Grundschule am Ostpreußendamm und der Giesensdorfer Straße weiter.

Bevölkerungsentwicklung

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Einwohnerentwicklung in Giesensdorf von 1734 bis 1971
Jahr 1734 1772 1801 1817 1840 1858
Einwohner 108 119 115 107 149
Dorf 129
Gut 059

Sehenswürdigkeiten

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Siehe auch

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Literatur

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Commons: Giesensdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kaiser Karl's IV. Landbuch der Mark Brandenburg nach handschriftlichen Quellen. In: Ernst Fidicin (Hrsg.): Das Landbuch. Band I., Der Kreis Teltow. J. Guttentag, Berlin 1856, S. 36 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 1. April 2023]).
  2. Leopold Freiherr von Ledebur: Adelslexicon der Preußischen Monarchie. Band 2, L - S. Q. Quast. Ludwig Rauh, Berlin, Leipzig 1856, S. 241 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 1. April 2023]).
  3. Unter Aufsicht des Kammergerichts (Hrsg.): Topographie der Untergerichte der Kurmark Brandenburg und der dazu geschlagenen Landestheile. Giesensdorf bei Berlin. Dorf und Rittergut., 1) Das Rittergut und die Hälfte des Dorfs. 2) Die andere Hälfte aus 3 Bauernhöfen bestehend, zu Lichterfelde. Telt. Ludwig Oehmigke, Berlin 1837, S. 85 (google.de [abgerufen am 2. April 2023]).
  4. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser 1913. Der in Deutschland eingeborene Adel. In: GGT. "Der Gotha". 14. Auflage. Rieben, Karl Konstantin Freiherr von Rieben-Cosa-Brohm. Justus Perthes, Gotha 1912, S. 591 f. (archive.org [abgerufen am 1. April 2023]).
  5. Heinrich Karl Wilhelm Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Band 2, Der Teltowsche Kreis. Adolph Müller, Brandenburg 1855, S. 533 (google.de [abgerufen am 1. April 2023]).
  6. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1872. In: GGT. "Der Gotha". 45. Auflage. Pourtalès. II. Linie, Heinrich Graf von Pourtalès 1815-1855. Justus Perthes, Gotha 1871, S. 625 (google.de [abgerufen am 1. April 2023]).
  7. G. Kolb, P. J. Altenhöfer: Beilage zur Allgemeinen Zeitung. In: Allgemeine Zeitung Augsburg. Nr. 45. J. G. Cotta, Stuttgart 14. Februar 1865, S. 727 (google.de [abgerufen am 1. April 2023]).
  8. Königliche Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin (Hrsg.): Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin. Oeffentlicher Anzeiger (Nº. 2) des 16sten Stück, Giesensdorf. A. W. Hayn, Potsdam 21. April 1865, S. 425 f. (google.de [abgerufen am 1. April 2023]).
  9. Paul von Bülow: Familienbuch der von Bülow. Neue Zeit, Linie Simen. Tabelle V. Fortsetzung. Zweig Lichterfelde-Jerchel. Zur Tabelle V. R. v. Decker, Berlin 1858, S. 226 f. (google.de [abgerufen am 2. April 2023]).
  10. Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon. In: Im Verein mit mehreren Historikern Ernst Heinrich Kneschke (Hrsg.): NaDAL. Band 6, Ludwig (Schild geviert). Friedrich Voigt, Leipzig 1865, S. 22 (google.de [abgerufen am 2. April 2023]).

Koordinaten: 52° 25′ N, 13° 19′ O