Grubenhaus

Haus; halb im Boden eingelassen

Grubenhaus oder Grubenhütte ist die Bezeichnung für Gebäude, die ganz oder teilweise in den Boden eingetieft sind. Archäologisch sind Grubenhäuser durch Pfostengruben in Verbindung mit größeren Verfärbungen im Boden nachzuweisen, welche die Auffüllung des vormals ausgeschachteten Innenraums anzeigen.[1]

Rohbau eines rekonstruierten Grubenhauses auf der Burginsel des Castrum Vechtense
Rekonstruktion eines slawischen Grubenhauses im Geschichtspark Bärnau-Tachov
Rekonstruiertes Grubenhaus der mittelalterlichen Grubenhaussiedlung am Petersteich an der Fundstelle

Grubenhäuser sind eine Art von Erdhaus und haben Gemeinsamkeiten mit Wohnhöhlen. Heute werden vergleichbare Bauten als Erdkeller benutzt. Eine Grube ist die einfachste Methode, den Raum unter einem Dach zu erweitern. Wände brauchen nicht errichtet zu werden und die Dachkonstruktion kann sich auf dem Erdboden abstützen.

Rechteckige Grubenhäuser sind in vielen Teilen der Welt belegt, in Europa von der späten Eisenzeit bis ins Mittelalter. Eskimos verbrachten den Winter bis Mitte des 20. Jahrhunderts oft in mit Tierhäuten, Segeltuch und Moos oder Plaggen abgedeckten Qarmaqs.

Neolithische Grubenhäuser

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Für die Jungsteinzeit (Neolithikum) wird die Existenz von Grubenhäusern von vielen Forschern behauptet. So publizierten Buttler und Haberey die These, in der linearbandkeramischen Siedlung von Köln-Lindenthal hätten Kurvo-Komplexbauten als Wohnungen gedient, die rechteckigen Pfostenbauten lediglich als Erntescheunen.[2] Die These wurde erst durch Oscar Paret widerlegt.

Volker Wüstehube publizierte ein Grubenhaus der ältesten Linearbandkeramik mit rechteckigem Grundriss.[3] Gruben mit in den Wänden eingebauten Öfen werden manchmal als Küchengebäude interpretiert.[4]

In Südosteuropa werden Grubenhäuser oft in der untersten Schicht von Siedlungshügeln postuliert. Es handelt sich dabei um runde bis unregelmäßige Gruben oder Grubenkomplexe, meist mit unebenem Boden.[5] Nach Bailey wurden sie am Beginn der Besiedlung angelegt[6]. Die Nutzung zu Wohnzwecken ist jedoch sehr umstritten.[7]

Die Flachsiedlung von Makriyalos auf Kreta bestand ausschließlich aus eingetieften Befunden.[8] Bei einem Teil der Grubenhäuser könnte es sich auch um Kellergruben innerhalb größerer Gebäude handeln.[9]

Besonders in der Bischheimer Kultur sind rechteckige Grubenhäuser typisch (z. B. Schernau).[10] Auch aus der Trichterbecherkultur, besonders der Bernburger Kultur sind sie bekannt.[11] Ein sehr flaches rechteckiges Grubenhaus der Bernburger Kultur wurde in Windehausen, Kr. Nordhausen ausgegraben.[12]

Schlüsse auf die Bauform

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Die Eintiefung des Innenraums liegt zwischen 30 Zentimeter und mehr als einem Meter. Die Grundfläche derartiger Bauten war meist gering. An vielen Ausgrabungsorten wurden Grubenhäuser in größerer Zahl gefunden.[13]

Die genaue Konstruktion muss aus den Funden geschlossen werden. Viele scheinen einfache Gebäude ohne Seitenwände gewesen zu sein, deren Giebeldach bis auf den Erdboden reichte. In anderen Fällen deuten runde Grundrisse auf Hütten mit Flechtwänden hin. In einzelnen Grubenhäusern wurden dagegen Stützspuren einer Balkendecke gefunden und darunter die eines Herdfeuers. So kann sich hinter der Bezeichnung Grubenhaus eine Reihe von Gebäuden unterschiedlicher Nutzung verbergen, von einer einfachen Erdhütte bis zum (halb)unterkellerten Haus. Die Wände wurden wie auch bei anderen vor- und frühgeschichtlichen Haustypen in verschiedenen Bauformen aus Holz oder Reisig gefertigt und mit Lehm verkleidet.

Nutzungen

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Bei eisenzeitlichen Häusern gab es deutliche Unterschiede bei der Nutzung:

In keltischen und germanischen Siedlungen waren Grubenhäuser überwiegend Nebengebäude ohne Feuerstelle.[14] In vielen wurden Spuren handwerklicher Tätigkeit gefunden, nicht selten Webgewichte und Spinnwirtel, gelegentlich sogar Standspuren eines Webstuhls. Es wird daher eine Nutzung als Werkstätten, besonders als Webhäuser angenommen. In dem Zusammenhang wird auf TacitusGermania verwiesen, nach der die Germanen ihr Leinen „unter der Erde“ fertigten. Durch die höhere Luftfeuchtigkeit der in den Boden eingetieften Räume sind Flachsfasern geschmeidiger und damit leichter zu verarbeiten.[15] Sofern sie hinreichend gegen Sonneneinstrahlung abgeschirmt waren, hatten Grubenhäuser ein gleichmäßig feucht-kühles Innenklima und könnten als Lagerkeller für wärmeempfindliche Nahrungsmittel gedient haben.

In der angelsächsischen Siedlung West Stow fiel auf, dass die lockere Füllung der großen Grubenverfärbungen nicht zu einer ständigen Nutzung passt. Der Ausgräber spricht daher nicht von Grubenhäusern, sondern von Bauten mit eingetieftem Befund („Sunken Featured Buildings“). Auf dem Rand einer der Grubenverfärbungen kam eine halbe Herdstelle in Form einer Lehmpackung mit Holzkohle zutage, deren andere Hälfte in die Grube gestürzt war. Hier wurde gemutmaßt, dass die Grube ursprünglich mit einer Holzbohlenlage abgedeckt war, auf der sich die Herdstelle befand. Um die Befunde und die Schlussfolgerung experimentell zu überprüfen, entstand das Freilichtmuseum von West Stow.

In vor- und frühgeschichtlichen slawischen Siedlungen hatten dagegen großenteils die Wohngebäude einen eingetieften Boden.[16]

Die in den Karpaten und den osteuropäischen Waldsteppen vorkommenden Grubenhäuser werden als burdei oder bordei (Rumänisch: bordei, Ukrainisch: бурдей) bezeichnet.

Rekonstruktionen

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Rekonstruktionen von Grubenhäusern gibt es am Standort der mittelalterlichen Grubenhaussiedlung am Petersteich sowie in mehreren Freilichtmuseen, zum Beispiel im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim, im Geschichtspark Bärnau-Tachov, im Archäologischen Zentrum Hitzacker, im Keltenmuseum Hochdorf, im Museum und Park Kalkriese, im Freilichtlabor Lauresham, im Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen und beim Museum im Zeughaus Vechta. Außerdem findet man Rekonstruktionen von Grubenhäusern im Frühmittelalterdorf von Unterrabnitz, Österreich. In Großbritannien wurden in West Stow angelsächsische Häuser mit Kellergruben rekonstruiert.

Literatur

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  • Volker Babucke: Grubenhaus und Brettchenweber. Likias, Friedberg bei Augsburg 2005, ISBN 3-9807628-4-X.
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Commons: Grubenhäuser – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Heidengraben – Ausgrabungsstätte eines frühlatènezeitliches Grubenhauses (Memento vom 17. Januar 2007 im Internet Archive)
  2. Werner Buttler, Waldemar Haberey: Die bandkeramische Ansiedlung bei Köln-Lindenthal (= Römisch-Germanische Forschungen. Band 11). Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1936 (Digitalisat).
  3. Volker Wüstehube: Frühneolithische Grubenhäuser? – Neue Überlegungen zu einem alten Problem. In: Germania. Band 71, Teil 2, 1993, 521–531.
  4. Łukasz Połczyński, Katarzyna Michalak: The Role of Sunken-Floored Buildings in LBK Farmstead. In: Open Archaeology 2, 2016, 368–380. DOI:10.1515/opar-2016-0025
  5. Zum Beispiel Dimitris Kloukinas: Regional perspectives into the Neolithic building technology of Northern Greece. In: Apostolos Sarris et al. (Hrsg.): Communities, Landscapes and Interaction in Neolithic Greece. Ann Arbor 2017, 169 für Makedonien.
  6. Douglas Bailey, Balkan Prehistory. London, Routledge 2000, 263–265
  7. Clemens Lichter: Untersuchungen zu den Bauten des südosteuropäischen Neolithikums und Chalkolithikums. Leidorf, Erlbach 1993.
  8. Maria Pappa, Manthos Besios: The Neolithic settlement at Makriyalos, Norther Greece. Preliminary Report on the 1993–1995 excavations. In: Journal of Field Archaeology 26, 1999, 177–195
  9. Dimitris Kloukinas: Regional perspectives into the Neolithic building technology of Northern Greece. In: Apostolos Sarris et al. (Hrsg.): Communities, Landscapes and Interaction in Neolithic Greece. Ann Arbor 2017, 171 für Makedonien.
  10. Jens Lüning: Eine Siedlung der Mittelneolithischen Gruppe Bischheim in Schernau. Ldkr. Kitzingen (= Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte. Reihe A, Band 44). Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Kallmünz 1988.
  11. Jens Lüning: Ein Grubenhaus der Bernburger Kultur aus Schwanfeld, Lkr. Schweinfurt. In: Fritz-Rudolf Herrmann (Hrsg.): Festschrift für Günter Smolla (= Materialien zur Vor- und Frühgeschichte von Hessen. Band 8/2). Wiesbaden 1999, S. 415–469; Ulrich Dirks: Die Bernburger Kultur in Niedersachsen (= Beiträge zur Archäologie in Niedersachsen. Band 1). Leidorf, Rahden/Westfalen 2000, S. 103–106.
  12. M. Wehmer: Ein spätneolithisches Grubenhaus aus Windehausen, Lkr. Nordhausen. In: Jonas Beran, R. Einicke, V. Schimpff et al. (Hrsg.): Lehren – Sammeln – Publizieren. Hans-Jürgen Beier gewidmet. Leipzig 2016, S. 181–197.
  13. Bremer Archäologische Blätter, Beiheft 2, 2000: Siedler, Söldner und Piraten – Chauken und Sachsen im Bremer Raum, ISSN 0068-0907.
    • S. 55, Siedlung in Bremen-Rekum aus dem 1.–5. Jh. n. Chr. mit Wohnstallhäusern und Grubenhäusern
    • S. 83 ff. Frühgeschichtliche Siedlung in Bremen-Grambke, S. 90/91 Grubenhäuser
  14. Frankenfelde: Gruben (-häuser) von über 4 m Breite als Wohnhäuser gedeutet (Memento vom 16. September 2007 im Internet Archive)
  15. Cornelia Weinmann: Der Hausbau in Skandinavien vom Neolithikum bis zum Mittelalter (= Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker. Band 230 = Neue Folge, Band 106). Berlin/New York 1994, S. 158–164.
  16. Marek Dulinicz: Frühe Slawen, 2006 ISBN 3-529-01396-X