H. Benne Henton

US-amerikanischer Altsaxophonist

H. Benne Henton, eigentlich Benjamin Hopkins[A 1] Henton (* 23. Oktober 1877[1][2][A 2] in Shelbyville, Illinois; † 9. Juli 1938 in Philadelphia) war ein dem Ragtime sowie dem frühen Jazz zuzuordnender US-amerikanischer Altsaxophonist und der erste in den Vereinigten Staaten geborene Vertreter seines Faches, der internationale Reputation erlangte. Insbesondere in den 1910er Jahren trug er mit zahlreichen Tonaufnahmen und seinem furiosen Spiel in verschiedenen Bands maßgeblich zur Steigerung der Popularität des Saxophons in der Bevölkerung bei. Er gilt nach wie vor als der erste „Superstar“ dieses Instruments[A 3] und der erste Musiker, der ein Saxophon-Solo aufgenommen hat. In späteren Jahren tat er sich als Musiklehrer, Unternehmer, Musikalienhändler, Dirigent und Autor hervor.

Familie und Privatleben

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Hentons Grabstelle: Die Boardman Crypt auf dem North Cedar Hill Cemetery in Philadelphia

Der Künstler wurde als Sohn des Waggonbauers Isaiah Henton (1836–1924) und Susan A. Freshwater (1839–1904) unter dem bürgerlichen Namen Benjamin geboren. Seine Eltern hatten 1858 geheiratet. Benne hatte fünf ältere Geschwister:

  • Dora A. (* 1859; ⚭ William Oaks)
  • Alice M. (* 1861–1940; ⚭ Elias Miller)
  • Minnie A. (* 1862–1945; ⚭ Electious Downs)
  • Rachel A. (* 1863)
  • John Rodney (1866–1951; ⚭ Gertrude Richardson)

Er lebte in seiner Kindheit mit der Familie im Ridge Township (Shelby County, Illinois). Später wohnte er um 1907 in La Porte (Texas) und verbrachte dort nach eigener Aussage zweieinhalb der glücklichsten Jahre seines Lebens.[3] Im März besagten Jahres wurde Henton für zwölf Monate als Sekretär in den Vorstand der Friedhofs-Gesellschaft gewählt, die den neuen Cedarhurst Cemetery konzipierte, gestaltete und verwaltete.[4] Um 1910 lebte er in seiner Geburtsstadt Shelbyville bei seiner Schwester Alice und ihrem Mann Elias, um 1917/1918 in Atlantic City[5] und ab etwa 1920 in Philadelphia. 1915 hatte er Mabel Jane Vickers (* 1894) geheiratet.

Henton, der in der Öffentlichkeit nie sein Alter genannt hatte,[6] starb am 9. Juli 1938 sechzigjährig und wurde vier Tage später auf dem North Cedar Hill Cemetery (Sec. K, Lot 35, 36, 49, 50, Boardman Crypt) in Philadelphia beigesetzt.[A 4]

Musikalische und berufliche Laufbahn

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„Playing a band instrument has enabled me to travel from one end of the country to the other. To form acquaintanceships with presidents, senators, educators and big business men – besides professional associations with world famous musicians. This opportunity is open to any boy.“

Rückschau Hentons in einer Zeitschriftenanzeige der C. G. Conn, Ltd. (Boys’ Life, März 1930, S. 47)

Die Anfänge

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Wie viele Saxophonisten fand auch Henton seinen Weg in die Musik über die Klarinette.[1] Früh zeigte sich seine musikalischen Neigung, als er bereits mit drei Jahren auf dem Instrument großes Geschick bewies, Töne zu erkennen und zu halten.[7] Im Alter von zehn Jahren gehörte er einer kleinen Stadtkapelle in Tower Hill (Illinois) an.[8] Als sich im Teenageralter sein weiterer künstlerischer Werdegang abzuzeichnen begann, wollte ihn seine Familie von diesen Überlegungen abbringen. Stattdessen sollte er entweder eine Karriere als Priester oder als Rechtsanwalt einschlagen.[7] Um dem zu entgehen, das Land bereisen und als professioneller Musiker arbeiten zu können, schloss er sich zunächst der Band des Ringling Brothers Circus an, tourte allerdings auch mit Minstrel Shows.[9]

Hentons favorisierte Tonart auf der Klarinette war stets Es-Dur.[10] Bereits mit 15 Jahren bewarb er sich – offenbar überzeugt vom eigenen Talent – im Februar 1893 um eine Aufnahme in die Band des bekannten Dirigenten John Philip Sousa, wurde allerdings abgelehnt.[11]

Wahrscheinlich inspirierten ihn die Darbietungen des zur damaligen Zeit sehr bekannten Saxophon-Komödianten Knox Wilson zum Umstieg auf dessen Instrument. Den Schritt vollzog er 1903 und erlernte das Saxophonspiel in Chicago. Dort arbeitete Henton mit zahlreichen Violinisten und Opern- beziehungsweise Operettensängern zusammen, was sein Augenmerk auch auf die unterschiedlichen Tonlagen der menschlichen Stimme als Mittel zum künstlerischen Ausdruck lenkte – und darauf, dass das Saxophon diese von allen Instrumenten am besten imitieren kann.

Einsetzender Ruhm

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Über die folgenden Stationen von Hentons Karriere liegen nur bruchstückhafte Informationen vor, die beispielsweise weder genaue Aussagen über Datum noch über Dauer einzelner Engagements oder Zusammenarbeiten ermöglichen. Gesichert ist jedoch, dass er bereits im folgenden Jahr am 31. März 1904 als Leiter des Saxophonquartetts bei der vom Komponisten Richard Strauss selbst dirigierten ersten Aufführung der Sinfonia domestica auf US-amerikanischem Boden in der New Yorker Carnegie Hall spielte.[12] Die vorherigen Aufführungen in Deutschland hatten in Ermangelung geeigneter Musiker[13] noch keine der daher ad libitum komponierten Saxophon-Passagen beinhaltet. Er war Solist in der bekannten Band Allessandro Liberatis (1847–1927) sowie in Thomas D. van Ostens Marine-Band, ehe er mit anderen Musikern die szenische Rezitatorin und Bühnenkünstlerin Lulu Tyler Gates begleitete – dabei spielte er zunächst noch sowohl Klarinette als auch Saxophon.[14] Während dieser unklar definierten Periode stand er unter dem Management des Redpath Lyceum Bureau und des Slayton Lyceum Bureau. 1906 war Henton dann Gründungsmitglied[15] der Band von Bohumir Kryl (1875–1961).

Bereits kurz nach seinem Umstieg auf das Saxophon hatte er als Ausnahmetalent gegolten und seine Auftritte wurden stets mit großem Lob und Bewunderung bedacht.[16] Ab 1909 nahm er für die Victor Talking Machine Company sowie Edison Records zahlreiche seiner Arrangements auf Phonographenwalzen und Schellackplatten auf – ab 1911 auch eigene Kompositionen. Die Aufnahmen fanden Absatz in aller Welt und erhielten in der Regel äußerst positive Rezensionen. Wie schon seit spätestens Ende August 1909 für mehrere Saisons, stieß er auch im Juli 1916 wieder als Solist und Assistenz-Dirigent zur Band von Patrick Conway (1865–1929) und absolvierte mit ihr in den folgenden Jahren viele Auftritte.

„H. Benne Henton, world famous saxophonist to be heard with the celebrated Patrick Conway Band this season: Bandmaster Patrick Conway is pleased to announce through the courtesy of the C. G. Conn, Ltd. that H. Benne Henton, the great exponent of the saxophone will be heard with his celebrated organization this season. The news is being hailed with delight by Mr. Henton’s many friends and admirers.“

The Metronome, Juli 1916, S. 6

208 Tage mit Sousa

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Am 11. Juni 1919 reiste er nach New York City, um zweitägige Proben mit Sousas Band zu absolvieren. Auch diesem waren weder Hentons mittlerweile herausragender Ruf noch die Tatsache, dass das Saxophone bei Musikern und Publikum eine nie da gewesene Beliebtheit erreichte, verborgen geblieben und als er im Sommer wie jedes Jahr einige Neubesetzungen vornahm, engagierte er mit insgesamt sieben Saxophonisten mehr als je zuvor. Auch Henton überzeugte ihn und wurde – anders als noch 26 Jahre zuvor – in die Gruppe aufgenommen; er war als publikumswirksamer Solist, die anderen als Sextett vorgesehen.

Wenig später brach man zu einer großen, 20 Konzerte umfassenden Tour durch Kanada auf, in deren Verlauf Henton am 30. Juni im Rahmen der Calgary Exhibition seinen ersten Auftritt mit der Band hatte. Dieser Termin – wie auch alle weiteren der fünfwöchigen Tour in Edmonton, Saskatoon, Winnipeg und Regina – waren Buchungen der Western Canada Fairs Association.[17] H. Benne Henton wurde schnell zu einem Publikumsliebling und erhielt bei den Konzerten auch ausreichend Möglichkeiten, sich zu profilieren. Zwischen dem 7. August und dem 14. September gastierte man in Willow Grove (Pennsylvania), unter anderem mit einigen Park-Konzerten. Am 15. September schließlich begann in Westfield (Massachusetts) der eigentliche Hauptteil der Saison: Die jährliche Transcontinental Tour der Band, die zwölfte insgesamt.

Zumeist wurden an den Auftrittsorten, die sich über die gesamten Vereinigten Staaten erstreckten, eine nachmittägliche Matinée sowie eine Abendvorstellung gegeben. Hentons Soli waren anders als jene früherer Sousa-Saxophonisten nicht einem festen Programmplatz zugeordnet. So spielte er manchmal an siebter Stelle, manchmal an achter Position und manchmal an zweiter. Je nach Applaus, der für ihn in der Regel überschwänglich ausfiel, schenkte er dem Publikum noch ein oder zwei Einzelzugaben oder wurde dabei vom Saxophon-Sextett begleitet. Sein Repertoire in dieser Zeit bestand aus dreizehn Musikstücken, von denen er drei selbst komponiert und drei weitere selbst arrangiert hatte.

Zum einschneidenden Datum wurde der 5. Januar 1920. An diesem Tag war die Gruppe in Winston-Salem gebucht und sollte eine Matinée sowie ein abendliches Konzert spielen. Die Musiker waren verärgert über des Öfteren mangelhaft koordinierte Hotelbuchungen zum Ende der Tour und nicht abgesprochene Fahrplanänderungen bei der 660 Kilometer langen Zugverbindung vom letzten Auftrittsort Nashville (3. Januar) nach Winston-Salem.[19] Übermüdet und in schlechter Stimmung beschloss man, seinen Unmut dadurch kundzutun, die Matinée nicht zu spielen; der zweite Auftritt sollte allerdings wie geplant stattfinden. Auch H. Benne Henton beteiligte sich am Protest. Schließlich betraten von den 57 Musikern der Band nur 19[19] die Bühne und absolvierten die Matinée. Das musikalische Niveau der Veranstaltung war trotz aller Ausgleichsbemühungen[19] dementsprechend mangelhaft. Anschließend bot Sousa dem Publikum eine Rückerstattung des vollen Eintrittspreises an diejenigen an, die dies wünschten. Keiner der Zuhörer ging jedoch auf dieses Angebot ein.[20] Sousa war als Reaktion auf den Streik außer sich. In seinen Augen war es auch unter den widrigen Umständen unentschuldbar für einen Musiker, einen vertraglich vereinbarten Auftritt vor dafür zahlendem Publikum abzusagen, wenn man physisch dazu in der Lage wäre. Er wies seinen Personalchef an, bis auf eine Ausnahme (Perkussionist Gus Helmecke) keinen der streikenden Musiker nach Ende der Tour fünf Tage später jemals wieder für ein Engagement in der Band zu berücksichtigen.[20] So endete auch Hentons Zeit bei Sousa nach 208 Tagen und 119[1] Auftritten.

Musik nach Sousa

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Dem Jazz als vergleichsweise neuer Musikrichtung schlug seitens der Kritiker Anfang des 20. Jahrhunderts zunächst viel Ablehnung entgegen. Dass das Saxophon zu einem der Leitinstrumente dieses Stils wurde, trug nicht zur Verbesserung der Situation bei, da es unter Kritikern ohnehin zumeist noch als Amateurinstrument der leichten Kunst aus dem Varieté- und Zirkusmilieu galt. Dies mag viele klassische Saxophonisten dazu bewogen haben, sich – auch verbal – weitestmöglich vom Jazz zu distanzieren. Auch Henton ging diesen Weg und bemerkte beispielsweise noch im Januar 1927, dass er nichts spielen würde, was den „geringsten Makel an Jazz“[21] in sich trage. Bereits vier Jahre zuvor hatte er sich ähnlich geäußert:

„Die Jazz-Dummheit und das angetäuschte [Original: trick] Saxophonspiel scheinen eine Sache der Vergangenheit zu sein. Selbstverständlich mögen da einige Orchester in abgelegenen Orten sein, die dieses Zeug [noch] machen, aber ich habe seit über einem Jahr keinen Heulton, Nieser oder irgendeines dieser ähnlich abscheulichen Dinge gehört. Während dieser Zeit habe ich nahezu alle prominenteren Tanz- und Kaffeehausorchester im Osten und mittleren Westen angehört. Die Saxophonisten in diesen Orchestern und jene, die das große Geld machen, spielen nahezu so unverfälscht wie möglich und – das will ich Ihnen sagen – leisten damit verdammt gute Arbeit. […] Einige der speziellen Arrangements, die in diesen besseren Orchestern genutzt werden, haben sehr schöne und sehr schwierige Saxophon-Passagen. Jeder mit dem Saxophon [jeder Saxophonist] in diesen Orchestern bringt die freie Zeit, die sie zwischen Engagements und Proben haben, für Üben und Einstudieren auf. Das vergangene Jahr hat große Veränderungen in den Tanz-Orchestern gebracht und diese sind dem Saxophon und den Saxophonisten sehr zugutekommen, die ihr Instrument lernen und studieren. Es hat zudem den Ausstieg für jene markiert, die nicht lesen konnten [im Sinne von: das Instrument lesen], es aber geschafft hatten, für einige Zeit mit Vortäuschung über die Runden kommen.“

Äußerung Hentons in Jacob’s Band Monthly, Mai 1923

In späteren Jahren hatte er noch einige Auftritte mit der Conway School Concert Band, etwa am 17. Februar 1924 im Lyceum Theater[22][23] in Ithaca (New York) und am 1. März 1925 in der Sporthalle der Ithaca School of Physical Education.[24][25][26][27] Patrick Conway war zu dieser Zeit am Ithaca Conservatory of Music beschäftigt und leitete dort den Band-Fachbereich. Am 22. Juni 1925 absolvierte Henton bei einem Werbe-Konzert der Band seines Ladens ein Solo in Conshohocken (Pennsylvania).[28] Über etwaige musikalische Aktivitäten seinerseits danach ist nichts bekannt. Im September gleichen Jahres reisten Conway und er jedoch drei Tage lang durch das südliche und westliche Pennsylvania und wurden dabei in Willow Grove von Sousa zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen.[29] Es ist also davon auszugehen, dass sich das persönliche Verhältnis zwischen Henton und Sousa mit einigem zeitlichen Abstand zum Streik wieder gebessert hat. Auch mittels des noch vergleichsweise neuen Mediums Hörfunk versuchte Henton, die Menschen für das Saxophon zu begeistern. So trat er beispielsweise in einer am 16. Oktober 1927 gestarteten Serie des Chicagoer Radiosenders KYW auf. Initiiert hatte diese James F. Boyer, der Geschäftsführer der C. G. Conn Ltd. Über 26 Wochen wurde jeden Sonntagnachmittag eine halbstündige Sendung ausgestrahlt, in der mit Soli und Ensembles der Schwerpunkt jeweils auf ein anderes Instrument gelegt wurde. Exzellente Musiker spielten in diesem Rahmen und man erläuterte die Geschichte, die Schallerzeugung, die tonalen Qualitäten sowie die Einsatzmöglichkeiten des jeweiligen Instrumentes.[30] Auf speziellen Wunsch Conways war Henton am 21. Januar 1928 auch zu Gast in der einstündigen Sendung General Motors Family Party des Radiosenders WEAF in New York City.[31]

Nachweislich zumindest im Juni 1933 amtierte er dann als Sekretär der Bandmasters Association of Pennsylvania[32] und am 21. Juli 1936 fungierte er als Gastdirigent von David E. Crolls Perkiomen Symphony Orchestra bei einem Konzert in East Greenville (Pennsylvania).[33]

Unternehmerische Karriere

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Zeitungsanzeige von 1923 für das von Henton entwickelte Mundstück

Bereits wenige Monate nach dem Streik von Winston-Salem hatte Henton noch 1920 als Co-Eigner zusammen mit seinem ehemaligen Sousa-Kollegen Albert A. Knecht (1884–1954) einen schwerpunktmäßig auf Saxophonisten ausgerichteten Musikalienladen mit angeschlossener Musikschule im Stadtzentrum von Philadelphia eröffnet – das Henton-Knecht Conservatory zählte 1924 über 200 Schüler.[1] Die Einrichtung befand sich im Juli 1924 in der Market Street 1734, später in der South 17th Street 110 und ab Januar 1926 in der South 18th Street 24. Zu ihrer aktiven Zeit hatten beide während der langen Reisen quer durch die Vereinigten Staaten selten solch umfassende Betreuung und guten Service seitens Musikalienhändlern erfahren, wie sie sich gewünscht hätten. Sie hatten die Idealvorstellung, dass das führende Musikgeschäft eines Ortes gleich dem Hauptquartier eines Musikers sein müsse – ein Ort, an dem er den neuesten Klatsch sowie die neuesten Informationen aus seinem Gewerbe erfahren, falls nötig üben können und auch über Stellenangebote und ähnliches auf dem Laufenden gehalten werden sollte.[34] Diese Ideen versuchten sie in ihrem – auch auf Grund von umfassendem Marketing – sehr erfolgreichen Geschäft, in dem auch Hentons Bruder John angestellt[1] war, umzusetzen und wurden für das Konzept und die Realisierung hoch gelobt. Man fungierte als Vertragspartner unter anderem der Instrumentenmanufakturen C. G. Conn Ltd., deren Saxophone Henton selbst seit langer Zeit verwendet hatte, und Leedy Mfg. Co., die Membranophone produzierten. Notenbücher, Lehrmaterial und Instrumente wurden sowohl verkauft als auch vermietet – beispielsweise an Schulen, in denen Knecht und Henton zudem Musikunterricht gaben und bei der Organisation von Schulbands halfen. Auf Grund ihrer zahlreichen Kontakte aus früheren Jahren konnten sie auch zahlreiche professionelle Musiker zu ihren Kunden zählen, die maßgeblich zum regen Austausch im Geschäft beitrugen.

In dieser schlussendlich „sesshaften“ Zeit erhielt Henton am 27. Dezember 1921 die Hälfte eines von Harry E. O’Brien beim United States Patent and Trademark Office beantragten Patentes für ein Instrumentenmundstück (US 1401634 A) zugesprochen.[35] Am 7. Juli 1922 reichte er eine vollständig eigene Entwicklung ein, die am 18. März 1924 patentiert wurde (US 1487566 A).[36] Darüber hinaus veröffentlichte er 1928 ein Lehrbuch über den Einstieg in das Üben des Saxophons. Nach seinem Tod zehn Jahre später führte Knecht den Laden weiter.

Laverne Waltz Caprice
Fantasie on scenes that are brightest, Aufnahme von 1910
Cavatine aus Die Favoritin, Aufnahme von 1910
The kiss, Aufnahme von 1910

Zu seinen bekanntesten Arrangements zählen Versionen von Aloha ʻOe, des Volksliedes When you and I were young, Maggie (Original von James Austin Butterfield) sowie der Serenade Sing, smile, slumber, die Cavatine des Fernando aus dem vierten Akt der Donizetti-Oper Die Favoritin und der im Englischen The kiss betitelte Gesangswalzer von Luigi Arditi (Original ital.: Il Bacio, deutsch: Kusswalzer). 1918 veröffentlichte Henton Fantasie on scenes that are brightest, ein Stück mit Variationen, das auf einem Lied aus dem dritten Akt der Grand opéra Maritana von William Vincent Wallace basiert – es wurde zu seinem meistgespielten Werk. Eine Auswahl seiner berühmtesten eigenen Kompositionen, deren Schwierigkeitsgrad und Raffinesse sich im Laufe der Jahre kontinuierlich steigerte, ist im Folgenden aufgeführt:

  • 1910: Im März-Katalog von Victor Records gelistet
  • 1911: Veröffentlicht (gewidmet Laverne A. Morris)
  • 1912: Aufgenommen im März für Victor Records
  • Eleven O’Clock
  • 1911: Nachweislich teilweise gespielt
  • 1912: Veröffentlicht
  • Vermutlich nie aufgenommen
  • 1916: Veröffentlicht
  • 1916: Aufgenommen für Victor Records
  • 1919: Veröffentlicht

Stil und Einfluss

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Autograph der Kadenz zum 1911 von Henton komponierten Stück Eleven O’Clock, veröffentlicht 1912 in C. G. Conn’s Musical Truth. Deutlich wird hier die Nutzung des Tonbereiches Altissimo.

H. Benne Henton war ein Wegbereiter des modernen Saxophonspiels und maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Standards von Saxophonkonzerten nachhaltig stiegen. Einer seiner wichtigsten Nachfolger in den Bestrebungen, das Saxophon als Konzertinstrument zu etablieren, war Cecil Leeson (1902–1989), der bei seinem Vorspiel am Dana’s Musical Institute in Warren (Ohio) Lanette Waltz Caprice wählte und somit den Grundstein für seine musikalische Zukunft legte. Auch später blieb er Hentons Stücken eng verbunden.

Seine musikalischen Fähigkeiten ermöglichten es Henton rasch, auch über Varieté- und Zirkusvorstellungen hinaus in musisch anspruchsvollerem Umfeld erfolgreich zu sein. Er verfügte über ein außergewöhnlich tiefes und umfangreiches technisches Verständnis[15] und sein musikalisches Können war legendär. Charakteristisch für Henton war neben seinem Spiel im Rubato auch seine Experimentierfreudigkeit mit dem Bestreben, die Grenzen seines Instruments auszutesten und so weit wie möglich zu strapazieren. Bestes Beispiel hierfür ist eine 1911 gespielte Kadenz seiner eigenen im Folgejahr veröffentlichten Komposition Eleven O’Clock, die sich des Tonbereiches Altissimo bis hin zu d4 bedient. Auch wenn die Möglichkeiten dieser Tonlage bereits im 19. Jahrhundert entdeckt worden waren, so war Henton doch vermutlich der erste Solist, der virtuos Gebrauch davon machte. Obschon er das Stück wohl einige Male bei Auftritten vorführte, kam es vermutlich nie zu einer Aufnahme. Eine im Jahr 1918 für die Victor Talking Machine Company eingespielte Version von Laverne verdeutlicht jedoch seine Fertigkeiten in diesem höchst anspruchsvollen Bereich.[37] Kritiker hoben ihn als Poeten am Saxophon hervor und attestierten ihm, seinem Instrument einen kräftigen, vibrierenden Klang zu verleihen. Sein Spiel in meisterhafter Beherrschung glich demnach eher einer menschlichen Opernstimme als einem musischen Ton und schwebte lyrisch über dem Orchester.

Zunächst hatte er noch im Schatten von Edward A. Lefebre (1835–1911) gestanden. So urteilte etwa C. G. Conn’s Musical Truth im Januar 1912:

„[Henton] has become one of the leading band instrument artists of America, and many of his friends call him the ‚Saxophone Prince‘. They would no doubt call him the ‚Saxophone King‘, only that the famous Lefebre held that title and will always be known as such.“[9]

Etwas mehr als viereinhalb Jahre später bezeichnete ihn sein Plattenlabel Victor in einem im Oktober 1916 erschienenen Beiheft als „Paganini des Saxophons“[15] und in Ankündigungen für Konzerte wurde er noch 1924 als „World’s greatest saxophone soloist“[22] angepriesen. Selbst unter Berücksichtigung der beabsichtigten Werbewirkung und journalistischer Überspitzung ist dies bemerkenswert und verdeutlicht einerseits die exponierte Stellung, die Henton zur damaligen Zeit in der Musikwelt einnahm, und andererseits die signifikante Steigerung seines Renommees in diesen Jahren.

Publikationen

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  • Henton: Beginner’s method for the saxophone. Theodore Presser Co., Philadelphia 1928.

Anmerkungen

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  1. Hopkins ist ursprünglich ein Familienname. Seine Großeltern hießen Benjamin Henton und Sarah Hopkins. Der Namensbestandteil Hopkins wurde an mehrere Männer der Familie weitergegeben.
  2. Oftmals wird als Geburtsdatum auch 1867 genannt. Etwa in: Als verlässlichste Quelle gelten jedoch die Daten des United States Census, der 1877 als Geburtsjahr ausweist.
  3. Als „erste Superstars des Saxophons“ gelten gleichermaßen allerdings auch Edward A. Lefebre (1834–1911) und Rudy Wiedoeft (1893–1940).
  4. Die unterirdische Boardman-Gruft wurde im Jahre 1907 von John Boardman erworben. Henton wurde dort aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen bestattet: Seine Schwiegermutter Mary J. Boardman war die Tochter von John Boardman.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e H. Benne Henton in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 3. April 2014.
  2. Daten des United States Census 1880 aus dem Ridge Township (Shelby County, Illinois) auf files.usgwarchives.net. Abgerufen am 28. April 2014.
  3. Houston Texas Chronicle, 29. Dezember 1919.
  4. La Porte Chronicle, 14. März 1907, S. 1.
  5. Hentons World War I Draft Registration Card (Memento vom 29. August 2011 im Internet Archive) auf genforum.genealogy.com
  6. The Evening News, 11. Juli 1938, S. 18.
  7. a b The Lincoln Star, 6. Januar 1918, S. 11.
  8. Boys’ Life, März 1930, S. 47.
  9. a b C. G. Conn’s Musical Truth, Vol. IX, № 11, Januar 1912, S. 18.
  10. James Russell Noyes: Edward A. Lefebre (1835–1911). Preeminent Saxophonist of the Nineteenth Century. (PDF; 5,7 MB) Manhattan School of Music, New York City 2000, S. 168.
  11. James Russell Noyes: Edward A. Lefebre (1835–1911). Preeminent Saxophonist of the Nineteenth Century. (PDF; 5,7 MB) Manhattan School of Music, New York City 2000, S. 263.
  12. Vorstellung von Henton auf classicalmusicnow.com. Abgerufen am 3. April 2014.
  13. Frederick L. Hemke: The early history of the saxophone. University of Wisconsin Press, Madison 1975, S. 302.
  14. Broschüre des Slayton Lyceum Bureau über Lulu Tyler Gates and her Company of Artists (Memento des Originals vom 27. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sdrcdata.lib.uiowa.edu auf lib.uiowa.edu (University of Iowa). Abgerufen am 22. April 2014.
  15. a b c Stephen Cottrell: The Saxophone. Yale University Press, New Haven 2013, ISBN 978-0-300-10041-9, S. 161.
  16. Joel Patrick Vanderheyden: Approaching the classical style. A resource for jazz saxophonists. University of Iowa, 2010, S. 6.
  17. Billboard, 12. April 1919, S. 49.
  18. Michael E. Hester: A study of the saxophone soloists performing with the John Philip Sousa Band 1893–1930. (PDF; 4,9 MB) University of Arizona Press, Tucson 1995, S. 60–61.
  19. a b c Paul E. Bierley: The incredible band of John Philip Sousa. University of Illinois Press, Champaign 2006, ISBN 978-0-252-03147-2, S. 32.
  20. a b Paul E. Bierley: The incredible band of John Philip Sousa. University of Illinois Press, Champaign 2006, ISBN 978-0-252-03147-2, S. 33.
  21. „Saxophone Used in Fight on Devil“. In: Smyth County News, Jahrgang 44, 27. Januar 1927, S. 6.
  22. a b The Cornell Daily Sun, Volume XLIV, Nr. 97, 14. Februar 1924, S. 2.
  23. The Cornell Daily Sun, Volume XLIV, Nr. 99, 16. Februar 1924, S. 2.
  24. The Cornell Daily Sun, Volume XLV, Nr. 109, 25. Februar 1925, S. 2.
  25. The Cornell Daily Sun, Volume XLV, Nr. 110, 26. Februar 1925, S. 2.
  26. The Cornell Daily Sun, Volume XLV, Nr. 111, 27. Februar 1925, S. 2.
  27. The Cornell Daily Sun, Volume XLV, Nr. 112, 28. Februar 1925, S. 2.
  28. Henton-Knecht Co. featuring Conn line. In: The Music Trade Review, Vol. LXXX, Nr. 26, 27. Juni 1925, S. 40.
  29. Better grades predominate in the demand with Philadelphia merchants. In: The Music Trade Review, Vol. LXXXI, Nr. 12, 19. September 1925, S. 40 und 41.
  30. Indiana Evening Gazette, 6. Dezember 1927, S. 7.
  31. H. Benne Henton on radio with Conway’s band. In: The Music Trade Review, Vol. 86, Nr. 4, 28. Januar 1928, S. 24.
  32. Reading Times, 21. Juni 1933, S. 2.
  33. Pottstown Mercury, 21. Juli 1936, S. 6.
  34. How Henton and Knecht had an idea and it worked. Philadelphia Conn representatives find theory works out in practice judging by success. In: The Music Trade Review, Nr. 85, Section 2, 9. Juli 1927, S. 5 und 13.
  35. Patent US1401634A: Mouthpiece for musical instruments. Angemeldet am 29. November 1920, veröffentlicht am 27. Dezember 1921, Anmelder: H. Benne Henton, Erfinder: Harry E. O’Brien.
  36. Patent US1487566A: Mouthpiece for musical instruments. Angemeldet am 7. Juli 1922, veröffentlicht am 18. März 1924, Erfinder: H. Benne Henton.
  37. Stephen Cottrell: The Saxophone. Yale University Press, New Haven 2013, ISBN 978-0-300-10041-9, S. 162.
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Commons: H. Benne Henton – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien