Hugh of Lincoln (Ritualmordlegende)

angebliches Ritualmordopfer

Hugh of Lincoln (auch St Hugh of Lincoln oder Little St Hugh) (* um 1246; † unsicher: 27. August 1255 in Lincoln) war ein englischer Junge, dessen Tod zu einer Ritualmordanklage gegen Juden führte.

Der Schrein von Little Hugh in der Kathedrale von Lincoln

Der angebliche Ritualmord

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Hugh stammte aus Lincoln, seine Mutter hieß Beatrice. Er wird auch als Little Hugh bezeichnet, um ihn von dem heiliggesprochenen Bischof Hugo von Lincoln zu unterscheiden. Nach den damaligen Berichten soll Beatrice erfahren haben, dass ihr Sohn mit gleichaltrigen jüdischen Kindern gespielt hatte. Anscheinend war Hugh tatsächlich tödlich verunglückt, doch nach den Berichten seien die Kinder in das Haus eines jüdischen Einwohners gegangen. Einige Tage später wurde die Leiche des Jungen in einem Brunnen oder einer Grube im Haus des Juden Copin (auch Jopin) gefunden. Über die Dauer von Hughs angeblicher Gefangenschaft gibt es unterschiedliche Darstellungen, sie reichen von zehn Tagen bis zu 26 Tagen. Nachdem die Leiche gefunden wurde, wurde Copin unverzüglich festgenommen. Der Richter John of Lexinton sah in dem Fall einen Ritualmord, vermutlich war ihm die Geschichte des jungen William von Norwich bekannt, der bereits 1144 das Opfer eines Ritualmords gewesen sein soll. Lexinton brachte Copin dazu, den Mord zu gestehen und Details des Rituals zu beschreiben. Im Gegenzug soll er ihm zugesichert haben, dass er weder gefoltert noch hingerichtet würde. Nach dem Bericht von Matthew Paris soll der eingeschüchterte Copin gestanden haben, dass nicht nur alle jüdischen Einwohner von Lincoln, sondern dass Juden aus ganz England nach Lincoln gekommen und an dem Ritualmord beteiligt waren. Danach sei der Junge gegeißelt, mit einer Dornenkrone gekrönt und anschließend gekreuzigt worden. Anschließend sei der Leichnam ausgeweidet und für magische Zwecke benutzt worden.

Folgen für die jüdische Bevölkerung

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Für die Zeitgenossen war das Geständnis von Copin schockierend.[1] Deshalb führte es nicht nur zur Verfolgung der jüdischen Einwohner von Lincoln, sondern zu Übergriffen und Ausschreitungen gegen Juden in ganz England. Entgegen Lexintons Versprechen wurde Copin auf Befehl von König Heinrich III. hingerichtet, wobei er von einem Pferd durch die Straßen von Lincoln zum Galgen geschleift wurde. Achtzehn weitere Juden wurden in London durch Hängen hingerichtet, während 91 Juden im Tower eingekerkert wurden. Nachdem sich zunächst entweder die Franziskaner oder die Dominikaner vergeblich für sie eingesetzt hatten, wurden sie schließlich nach Zahlung einer hohen Geldstrafe an Richard von Cornwall, dem die Abgaben der jüdischen Bevölkerung zustanden, freigelassen.

 
Der Leichnam von Little Hugh in seinem Schrein, Zeichnung aus dem 18. Jahrhundert

Nachwirkung und künstlerische Rezeption

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Dem Leichnam des jungen Hugh wurden viele Wunder nachgesagt. Copin selbst soll ausgesagt haben, dass das Grab, das die Juden für ihn geschaufelt hätten, den Leichnam wieder ausgeworfen hätte. Daraufhin hätten sie die Leiche in den Brunnen geworfen. Eine blinde Frau soll ihre Sehkraft zurückgewonnen haben, nachdem sie ihre Augen mit Wasser aus diesem Brunnen gewaschen habe.[2] Das angebliche Martyrium und die Wunderberichte führten dazu, dass Bischof Henry of Lexinton, ein Bruder des Richters, den Leichnam noch 1255 in der Kathedrale von Lincoln bestatten ließ. Dort wurde sein Schrein im Mittelalter volkstümlich verehrt, sein traditioneller Gedenktag ist der 27. Juli. Eine offizielle Kanonisation erfolgte jedoch nie. Die Geschichte von dem Ritualmord wurde zunächst in einer französischen Ballade weitererzählt, die später zum Vorbild für zahlreiche andere Balladen und Erzählungen wurde.

Literatur

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  • Karl-Heinz Göller: Sir Hugh of Lincoln. From History to Nursery Rhyme. In: Bernd Engler, Kurt Müller: Jewish Life and Jewish Suffering as Mirrored in English and American Literature. Schöningh, Paderborn 1987, ISBN 3-506-70816-3, S. 17–31.
  • Joseph Jacobs: Little St Hugh of Lincoln. In: Jewish ideals and other essays, Nutt, London 1896, S. 192–224
  • Gavin I. Langmuir: The knight’s tale of young Hugh of Lincoln, in: Speculum 47 (1972), S. 459–482
  • Richard Utz: Remembering Ritual Murder: The Anti-Semitic Blood Accusation Narrative in Medieval and Contemporary Cultural Memory. In Eyolf Østrem: Genre and Ritual: The Cultural Heritage of Medieval Rituals. Museum Tusculanum Press, Kopenhagen 2005. ISBN 87-635-0241-0, S. 145–162
  • Richard Utz: The Medieval Myth of Jewish Ritual Murder. Toward a History of Literary Reception. In: The Year’s Work in Medievalism, 14 (1999), S. 22–42
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Einzelnachweise

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  1. David Carpenter: Crucifixion and Conversion: King Henry III and the Jews 1255. In: Susanne Jenks u. a.: Laws, lawyers and texts. Studies in medieval legal history in honour of Paul Brand. Brill, Leiden 2012, ISBN 978-90-04-21248-0, S. 129.
  2. David Carpenter: Crucifixion and Conversion: King Henry III and the Jews 1255. In: Susanne Jenks u. a.: Laws, lawyers and texts. Studies in medieval legal history in honour of Paul Brand. Brill, Leiden 2012, ISBN 978-90-04-21248-0, S. 131.