Hymne der Sowjetunion
Die staatliche Hymne der Sowjetunion (russisch Гимн Советского Союза) war der am 1. Januar 1944 von Josef Stalin eingeführte Nachfolger der bis dahin als sowjetische Nationalhymne verwendeten Internationale. Der Text stammt von Sergei Michalkow und Gabriel El-Registan, die Musik von Alexander Alexandrow. Ihre Melodie wurde mit neuem Text zehn Jahre nach dem Ende der Sowjetunion am 30. Dezember 2000 als Hymne der Russischen Föderation erneut eingeführt.
Entstehungshintergrund
BearbeitenDas Lied vom Vaterland (Широка страна моя родная) von Isaak Dunajewski und Wassili Lebedew-Kumatsch (deutsche Nachdichtung von Erich Weinert) aus dem Film Der Zirkus (Цирк, 1936, Regie: Grigori Alexandrow) galt seit den 1930er Jahren als „inoffizielle Hymne“ der Sowjetunion.[1]
Die Staatshymne der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (russisch Государственный гимн Союза Советских Социалистических Республик) entstand im Jahre 1943. Alexandrow, der seit 1928 Gründungsdirektor des Lied- und Tanzensembles der Sowjetischen Armee war, benutzte für die Gestaltung der Hymne die Melodie, die er 1938 schon einmal der Hymne der bolschewistischen Partei von Wassili Lebedew-Kumatsch verlieh. Er unterzog sie dabei nur geringfügigen Änderungen. Das musikalische Material, das Alexandrow für die Parteihymne benutzt hatte, ist mit demjenigen der Staatshymne annähernd identisch und stellte somit den hörbaren Zusammenhang von Staat, Gesellschaft, Partei und Patriotismus her.
Der ursprüngliche Text, der in der zweiten Strophe einen Lobgesang auf Stalin enthielt, wurde 1956 und 1977 vom Autor Michalkow umgeschrieben.[2] Der ursprünglich variierende Refrain erhielt für alle drei Instanzen einen einheitlichen Text. In der dann vorliegenden Form war die Hymne bis ins Jahr 1991 in Gebrauch. Mit der Auflösung der Sowjetunion und der Gründung der Russischen Föderation galt seit 1990/91 zunächst das Patriotische Lied von Michail Glinka als Hymne in Russland, bevor im Jahr 2000 die Hymne der Russischen Föderation mit der alten Melodie der sowjetischen Hymne eingeführt wurde. Aufs Neue dichtete Sergei Michalkow den Text, diesmal über das von Gott zu schützende Heimatland.
Verbot
BearbeitenDie Aufführung kommunistischer Lieder ist, je nach Kontext, in Ungarn (seit 1994),[3] Lettland und Litauen (seit 2008)[4] verboten. Ein derartiges Verbot, das u. a. die Nutzung kommunistischer Symbole mit zwei Jahren Freiheitsstrafe ahndete, bestand seit 2009 in Polen,[5] mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 19. Juli 2011 wurde es jedoch für verfassungswidrig erklärt und als vom Anfang an nichtig betrachtet.[6]
Hymnentexte
Bearbeiten1943
BearbeitenOriginalversion | Transkription (Duden) | Übersetzung |
---|---|---|
Союз нерушимый республик свободных |
Sojus neruschimy respublik swobodnych |
Die unzerbrechliche Union der freien Republiken |
:Припев:
Славься, Отечество наше свободное, |
:Pripew:
Slawsja, Otetschestwo nasche swobodnoje, |
:Refrain:
Rühme dich, unser freies Vaterland, |
Сквозь грозы сияло нам солнце свободы, |
Skwos grosy sijalo nam solnze swobody, |
Durch Gewitter schien uns die Sonne der Freiheit, |
(dieselbe nach der Entstalinisierung) Сквозь грозы сияло нам солнце свободы, |
Skwos grosy sijalo nam solnze swobody, |
Durch Gewitter schien uns die Sonne der Freiheit, |
:Припев:
Славься, Отечество наше свободное, |
:Pripew:
Slawsja, Otetschestwo nasche swobodnoje, |
:Refrain:
Rühme dich, unser freies Vaterland, |
Мы армию нашу растили в сраженьях, |
My armiju naschu rastili w sraschenjach, |
Wir stärkten unsere Armee in Schlachten, |
:Припев:
Славься, Отечество наше свободное, |
:Pripew:
Slawsja, Otetschestwo nasche swobodnoje, |
:Refrain:
Rühme dich, unser freies Vaterland, |
1977
BearbeitenOriginalversion | Transkription (Duden) | Übersetzung |
---|---|---|
Союз нерушимый республик свободных |
Sojus neruschimy respublik swobodnych |
Die unzerbrechliche Union der freien Republiken |
:Припев:
Славься, Отечество наше свободное, |
:Pripew:
Slawsja, Otetschestwo nasche swobodnoje, |
:Refrain:
Rühme dich, unser freies Vaterland, |
Сквозь грозы сияло нам солнце свободы |
Skwos grosy sijalo nam solnze swobody |
Durch die Gewitter schien uns die Sonne der Freiheit, |
:Припев: / :Pripew: / :Refrain: | ||
В победе бессмертных идей коммунизма |
W pobede bessmertnych idei kommunisma |
Im Sieg der unsterblichen Ideen des Kommunismus |
:Припев: / :Pripew: / :Refrain: |
Referenzen in anderen Musikstücken
Bearbeiten- Das Lied Go West (1979) der Village People, später von den Pet Shop Boys neu aufgenommen, nimmt starke Anleihen von der Melodie der Hymne.
- ( ).
- Auch Rainhard Fendrich orientierte sich an der Melodie für den Refrain seines Liedes Blond aus dem Jahr 1997.
- Im Titelstück des Albums Stalingrad (2012) der deutschen Heavy-Metal Band Accept wird die Hymne musikalisch zitiert.
- Im Lied "Defense of Moscow" (2021) der schwedischen Heavy/Power-Metal Band Sabaton wird ein Teil der Melodie gespielt.
- Umgekehrt wird die der Hymne zugrundeliegende Harmonie auf den Kanon und Gigue in D-Dur des Barockkomponisten Johann Pachelbel zurückgeführt.
Literatur
Bearbeiten- Harry Schurdel: Nationalhymnen der Welt : Entstehung und Gehalt, Atlantis-Musikbuch-Verlag, 2006, ISBN 3-254-08221-4
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Efim G. Ėtkind: Russische Lyrik von der Oktoberrevolution bis zur Gegenwart. C. H. Beck, 1984, S. 126; Susan Amert: In a Shattered Mirror. The Later Poetry of Anna Akhmatova. Stanford University Press, 1992, S. 43; Emma Widdis: Visions of a New Land. Soviet Film from the Revolution to the Second World War. Yale University Press, 2003, S. 143; James von Geldern, Richard Stites (Hrsg.): Mass Culture in Soviet Russia. Indiana University Press, 1995, S. 271ff.
- ↑ Serhii Plokhy: Lost Kingdom. The Quest for Empire and the Making of the Russian Nation. Basic Books, New York 2017, ISBN 978-0-465-09849-1, S. 320–321.
- ↑ Ungarisches Strafgesetzbuch 269/B.§ (1993.)
- ↑ Lithuanian ban on Soviet symbols. In: news.bbc.co.uk. 17. Juni 2008, abgerufen am 24. Februar 2024 (englisch).
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 2. Dezember 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Dz.U. 2011 nr 160 poz. 964; Wyrok Trybunału Konstytucyjnego z dnia 19 lipca 2011 r. sygn. akt K 11/10. In: Dziennik Ustaw auf der Website des ISAP. Kanzlei des Sejm, 19. Juli 2011, abgerufen am 24. November 2013 (polnisch, PDF-Datei s. Tekst ogłoszony).