Industriearchäologie

Zweig der Archäologie, der sich mit der Industriegeschichte beschäftigt

Industriearchäologie ist im engeren Sinne die Erforschung der materiellen Überreste des Industriezeitalters.[1]

Fach, Lehre

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Industriearchäologie steht in engem Kontext mit Begriffen wie „Industriekultur“, „Industrielle Denkmäler“, „Kulturlandschaftsforschung“ und „Wüstungsforschung“ und kann daher auch umfassender als Methode zur Erforschung und Katalogisierung der Kulturlandschaft verstanden werden. Es handelt sich hierbei um eine ganzheitliche Auseinandersetzung mit der Kulturgeschichte des industriellen Zeitalters, im Speziellen mit der Entwicklung des geografischen Raumes in der industriellen Kulturlandschaft. In Deutschland hat sich dieser, in England erstmals verwendete, Begriff der Industriearchäologie nie so richtig durchsetzen können. In Deutschland wird häufig der Begriff „Industriekultur“ verwendet.

Wie viele der geographischen Themen stellt sich die Industriearchäologie ebenso interdisziplinär dar. In den 1950er-Jahren wurde begonnen, die Strukturen ehemaliger Industrieanlagen zu dokumentieren. Die typisch archäologische Arbeitsweise der Ausgrabung kommt dabei nur begrenzt zum Einsatz, da viele der Denkmäler noch über dem Boden erhalten sind. Im Vordergrund steht eine Dokumentation, die der Bauaufnahme entspricht, wie sie in der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit praktiziert wird. Aus Sicht der Archäologie ist die Industriearchäologie nur ein Teilgebiet der „Archäologie der Neuzeit“, die auch Themen des nicht-technischen Bereiches abdeckt (Kulturlandschaft, Mentalitätsgeschichte, Monumente der jüngeren Geschichte [z. B. Kriegsgefangenenlager, KZ, innerdeutsche Grenze]). Auswertungen zu Grundproduktion und Handwerk prähistorischer Zeit wurden forschungsgeschichtlich jedoch ebenfalls als Teil der Industriearchäologie verstanden und spielten bei ihrer Entwicklung eine wesentliche Rolle (Richard Pittioni).[2]

Als einzige deutsche Universität bietet die Technische Universität Bergakademie Freiberg Industriearchäologie als Bachelorstudiengang an.[3]

Die in Deutschland wohl bekannteste Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit für das Thema ist die „Route der Industriekultur“ im Ruhrgebiet. Hierbei handelt es sich vorwiegend um eine Tourismusinitiative des Landes Nordrhein-Westfalen, in der 46 Standorte der ehemaligen Industrielandschaft in verschiedenen Routen anzusteuern sind. Die Ruhrgebietsroute war beispielgebend für die Europäische Route der Industriekultur (ERIH).

Die Nachnutzung ehemaliger Industriekomplexe ist vielschichtig. Beispiele hierfür sind:

Nicht-akademische Teilbereiche

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Aus der weiten Streuung des Themenbereiches haben sich Unterkategorien ausgebildet. Sie haben umgangssprachlich Bedeutung, das heißt die professionelle Wissenschaft wird Tätigkeit in einem solchen thematischen Segment weiterhin als Industriearchäologie bezeichnen, während die Bearbeitung des Themas im Rahmen der Freizeitbeschäftigung (Hobby-Archäologie) mit dem Begriff der Unterkategorie angesprochen wird.

So wird beispielsweise die Suche nach Resten stillgelegter Eisenbahnstrecken von Eisenbahnfreunden auch Eisenbahnarchäologie genannt, während Straßenbahnenthusiasten bei der Suche nach stillgelegten Straßenbahnabschnitten von Gleisarchäologie sprechen, auch wenn sich die Tätigkeit (Wiederauffindung von Gleistrassen) ähnelt.

Literatur (Auswahl)

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  • James Douet (Hrsg.): Industrial Heritage Re-tooled: The TICCIH guide to Industrial Heritage Conservation. Carnegie, Lancaster 2012, ISBN 978-1-85936-218-1. (englisch)
  • Detlef Hopp, Martin Vollmer-König: Archäologie der Schwerindustrie. In: Archäologie in Deutschland. Nr. 3, 2018, ISSN 0176-8522, S. 8–13.
  • Kenneth Hudson, Pippa Brand (Illustr.): The archaeology of industry. 1. Auflage. The Bodley Head, London u. a. 1976, ISBN 0-370-01591-6. (englisch)
  • Peter Itzen/Christian Müller (Hrsg.): The Invention of Industrial Pasts: Heritage, Political Culture and Economic Debates in Great Britain and Germany, 1850–2010. Wissner. Augsburg 2013, ISBN 978-3-89639-910-6. (englisch)
  • Rainer Slotta: Einführung in die Industriearchäologie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1982, ISBN 3-534-07411-4.
  • Ulrich Linse: Die Entdeckung der technischen Denkmäler. Über die Anfänge der „Industriearchäologie“ in Deutschland. In: Technikgeschichte. Band 53, 1986, ISSN 0040-117X, S. 201–222.
  • Marilyn Palmer, Peter Neaverson: Industrial Archaeology. Principles and Practice. Routledge, London u. a. 1998, ISBN 0-415-16626-8. (englisch)
  • Gerhard A. Stadler: Industriearchäologie quo vadis? Vom Aufbruch in die industrielle Vergangenheit. In: Blätter für Technikgeschichte. Band 63.2001. Edition Technisches Museum Wien, Wien 2002, ISSN 0067-9127, S. 13–32.
  • Gerhard A. Stadler: Industriearchäologie in Österreich. In: Hans-Joachim Braun (Hrsg.), Reinhard Schmidt: Industriearchäologie, Industriekultur, Industriedenkmalpflege. Vorträge der Jahrestagung der Georg-Agricola-Gesellschaft 2008 in Schlatt (Schweiz). (Die Technikgeschichte als Vorbild moderner Technik, Band 34). Georg-Agricola-Gesellschaft, Freiberg 2011, ISBN 978-3-931730-15-8, S. 53–80.
  • Manfred Wehdorn: Die Baudenkmäler des Eisenhüttenwesens in Österreich. (Ein Beitrag zur Erforschung und Erhaltung technisch-wirtschaftlicher Bauten). Zwei Bände. Dissertation. Technische Hochschule Wien, Wien 1969, OBV.
  • Maurice Daumas: L’archéologie industrielle en France. (Les hommes et l’histoire). Laffont, Paris 1980, ISBN 2-221-50108-X. (französisch)
  • Ulrich Linse: Die Entdeckung der technischen Denkmäler. Über die Anfänge der “Industriearchäologie” in Deutschland. Technikgeschichte 53, 1986, S. 201–222.
  • Detlef Hopp (Hrsg.): Industrie. Archäologie. Essen. Industriearchäologie in Essen. Klartext Verlag, Essen 2010, ISBN 978-3-8375-0428-6
  • Manfred Hösch: Lagetypologie der Industriebetriebe im Viertel unter dem Wienerwald bis 1850. Dissertation. Technische Universität Wien, Wien 1984, OBV. (Volltext, PDF: Textband (16,5 MB) und Bildband (Pläne) (10,6 MB))
  • Industriearchäologie. Studien zur Erforschung, Dokumentation und Bewahrung von Quellen zur Industriekultur. Zweckverband Sächsisches Industriemuseum, Chemnitz 1.2001–, ISSN 1617-8998.
  • Frank Norbert Nagel (Hrsg.): Kulturlandschaftsforschung und Industriearchäologie. Ergebnisse der Fachsitzung des 52. Deutschen Geographentags Hamburg. (Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg, Band 91). Verlag Steiner, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07950-5.
  • Frank Norbert Nagel (Hrsg.): Türme, Schornsteine, Industrie-Mühlen, Land-Art. Bedeutung und Bewertung von Landmarken in der Kulturlandschaft. (Kulturlandschaftsforschung und Industriearchäologie, Band 2). Institut für Geographie u. a., Hamburg u. a. 2006, ISBN 3-8334-5035-5.
  • Christiane Segers-Glocke (Hrsg.): Auf den Spuren einer frühen Industrielandschaft. Naturraum – Mensch – Umwelt im Harz. (Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 21). Books on Demand, Norderstedt 2006, ISBN 3-8271-8021-X.
  • Gerhard A. Stadler: Das industrielle Erbe Niederösterreichs. Geschichte, Technik, Architektur. Böhlau, Wien 2006, ISBN 3-205-77460-4.
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Commons: Industriearchäologie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • lostareas
  • „Industriearchäologie“ ausführliches Gespräch mit Gerhard Stadler in der Radioreihe A palaver zum Thema Industriearchäologie; als Stream frei verfügbar, 7. August 2006
  • kult-indarch.de Publikationen zur Kulturlandschaftsforschung und Industriearchäologie an der Universität Hamburg

Einzelnachweise

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  1. Kenneth Hudson: Industrial archaeology. An introduction. 1. Auflage. Baker Publishing Group, London 1963, OBV.
  2. Richard Pittioni: Studien zur Industrie-Archäologie. I. Wesen und Methode der Industrie-Archäologie. In: Anzeiger. Philosophisch-historische Klasse. Band 105, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 1968, ZDB-ID 211204-8.
  3. Technikgeschichte und Industriearchäologie | TU Bergakademie Freiberg. Abgerufen am 31. März 2017.