Johann VI. von Saalhausen

Bischof von Meißen

Johann von Saalhausen, auch Salhausen, Salhusen, Salhawssen (* 5. November 1444 in Thammenhain[1]:124; † 10. April 1518 in Stolpen), war von 1488 bis 1518 Bischof von Meißen.

Bischöfliches Wappen in Schloss Wurzen

Johanns Vater war Friedrich von Saalhausen; seine Mutter Dorothea Munzig (Muntzk). Aus dieser Ehe ging noch ein jüngerer Bruder Georg[1]:124 hervor. Johann von Saalhausen wurde bereits am 14. April 1466 im Alter von 21 Jahren in das Meißner Domkapitel aufgenommen und erhielt 1469 durch päpstliche Provision das vakante Amt des Wurzener Propsts, das höchste Amt im Wurzener Kollegiatskapitel. Erst 1470 wurde er an der Universität Erfurt unter dem Namen „D(omi)n(u)s Iohannes Salhawßen prepositus in Wurtzen“ immatrikuliert.[2] Welchen Abschluss er erwarb, ist nicht bekannt, üblich war ein Studium des römischen und des kanonischen Rechts. Der Überlieferung nach ging Johann von Saalhausen anschließend nach Italien. Eine Promotion zum Doktor des kanonischen Rechts (angeblich in Rom) kann als sicher angenommen werden, denn eine Urkunde des Meißner Domkapitels von 1476[3] sowie eine päpstliche Urkunde von 1488[4] weisen ihn als promovierten Kirchenmann aus. 1476 wählte das Meißner Domkapitel Johann von Saalhausen als Dekan. Während seiner Zeit als Dekan war er auch Rat des sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise.[1]:125–126

Am 12. November 1487 wählte das Meißner Domkapitel Johann von Saalhausen mit Stimmenmehrheit zum Bischof von Meißen, die Wahl wurde am 8. Februar 1488 von Papst Innozenz VIII. bestätigt. Die Bischofsweihe vollzogen der Merseburger Bischof Thilo von Trotha und der Naumburger Bischof Dietrich IV. von Schönberg am 28. Mai 1488 im Dom zu Meißen.[1]:126 Ein Bischof ist das geistliche Oberhaupt einer Diözese, im Mittelalter war er zugleich Reichsfürst und besaß als solcher die weltliche Macht als Landesherr in seinem Territorium, dem Hochstift. Die weltliche Herrschaft erhielt er durch Belehnung vom Kaiser. Kaiser Friedrich III. belehnte Bischof Johann erst am 13. Mai 1490. Zum Hochstift Meißen gehörten Gebiete um Stolpen, Bischofswerda, Mügeln und Wurzen. Bischof Johann von Saalhausen residierte meist in Stolpen und Wurzen.

Nach über dreißigjähriger Amtszeit starb Johann von Saalhausen am 10. April 1518 in Stolpen und wurde drei Tage später in der Grabkapelle im Westchor des Wurzener Doms beigesetzt.[5] Er war damit nach Bischof Herwig von Meißen der zweite Meißner Bischof, der auf die übliche Beisetzung im Meißner Dom verzichtete und Wurzen als Bestattungsort wählte.[1]:137

 
Ab 1491 erbaute Bischof Johann VI das Schloss in Wurzen vollständig neu

Beim Amtsantritt Bischof Johanns befand sich das Hochstift Meißen in einer prekären finanziellen Lage. Sein Vorgänger, Johann V. von Weißenbach, hatte Schulden in Höhe von 21.475 Gulden hinterlassen. Davon konnte Johann VI. etwa 8.500 Gulden mit Hilfe eines Rechtsgutachtens zurückweisen, das Johann von Breitenbach an der Juristenfakultät der Universität Leipzig erstellt hatte. Um die Wirtschaftsführung des Hochstifts grundlegend zu modernisieren, leitete Johann VI. ein Reformprogramm ein. Er strich überflüssige Stellen, verpachtete unrentable Wirtschaftseinheiten oder schloss sie ganz, so zum Beispiel das Viehhaus in Stolpen, das Bischofsschloss in Liebethal wurde abgerissen und der Wirtschaftsbetrieb mit dem in Stolpen zusammengelegt. Er ließ Viehweiden und Fischteiche anlegen (z. B. in Seeligstadt und Wilschdorf), Schäfereien einrichten und Mühlen in Schmölln und bei Wurzen bauen, Ödland urbar machen, neues Land kaufen und einige Dörfer bei Wurzen erwerben. Auf diese Weise konnte er in wenigen Jahren die Schuldenlast tilgen und erhebliche Einnahmen erzielen.[1]:127[6]:50–67

Zum Reformprogramm gehörte auch die Modernisierung der Stiftsverwaltung. Johann VI. ließ Rechte und Pflichten genau aufzeichnen und führte eine akribische Rechenschaftslegung ein. Das 1495 verfasste Liber Salhusii enthält Abschriften aller für Herrschaft und Verwaltung des Hochstifts wichtigen Urkunden: eine Übersicht des an Untertanen verlehnten Besitzes, ein Verzeichnis der bischöflichen Einkünfte, eine Auflistung der Kirchgemeinden und der von ihren Pfarrern an den Bischof zu entrichtenden Abgaben. Eine zweite Sammelhandschrift, Bischof Salhausens Lehnbuch enthält die Abschriften der unter Bischof Johann zwischen 1488 und 1518 ausgestellten Lehnbriefe, Schiedsverträge und Privilegien der Stiftsstädte Stolpen, Bischofswerda, Mügeln und Wurzen.[1]:127

Wurzen wurde von Johann VI. als Bischofssitz aufgewertet. Er residierte in Wurzen fast so oft wie in Meißen und damit weit häufiger als seine Vorgänger. Von 1491 bis 1497 errichtete er für 14.000 Taler das Schloss Wurzen mit zwei Türmen, einem Torturm, Gefängnissen und einem Burggraben. Am Wurzener Dom ließ er 1503 einen Westchor für die bischöfliche Grabkapelle bauen. Stolpen blieb aber weiterhin Hauptresidenz des Bischofs, dort befanden sich Kanzlei, Archiv und bischöfliches Gericht.

In baulicher Hinsicht ließ Bischof Johann die Kreuzkirche in Dresden, die Kirchen in Stolpen, Bischofswerda, Göda, Briesnitz, Coswig, Zschauitz, Alt- und Neu-Mügeln, dann die Pfarrgebäude von Wurzen, Thallwitz, Tätzschwitz und Röcknitz, sowie die bischöflichen Schlösser instand setzen. Als man in der Nähe von Wurzen zwei Steinbrüche fand, „duabus lapidicinis inventis,“ schenkte Johann dieser Stadt besonderes Wohlwollen. Er baute hier ein Kornhaus mit zwei Mühlen sowie den hohen Chor des Domes, legte neue Kapellen an und bestimmte eine davon zu seiner Grabstätte. Er errichtete zugleich zwei Altäre zu Ehren der heiligen Anna und Maria, der Heiligen Johannes und Donatus sowie drei steinerne Heiligenstatuen.

Johann hielt am katholischen Glauben bis an sein Lebensende fest, tat sehr viel für die Hebung des kirchlichen Lebens, gab 1502 der Kirche zu Kamenz die Erlaubnis, zum Fest der Kreuzauffindung einen feierlichen Umgang „cum figuris“ zu halten und spendete reichliche Ablässe. Johann sorgte für die Anstellung einer größeren Anzahl Geistlicher in seinem Bistum und für die Verbesserung ihres Einkommens. So legte er den Inhabern einiger Oberlausitzer Pfarreien die Pflicht auf, einen der sorbischen Sprache mächtigen Hilfsgeistlichen zu halten, da zuweilen einzelne Pfarrer zur Ersparung von Unkosten jährlich lieber nur einmal einen sorbischen Vikar zur Abnahme der Beichte kommen lassen wollten. Auch auf liturgischem Gebiet war Johann in seinem Amt aktiv. So verbesserte er nicht bloß die Statuten des Meißner Domkapitels, sondern ließ auch Messbücher, Gebetbücher, Lesebücher und Gesangbücher drucken und ermahnte 1500 die Geistlichen in Guben, wohllautenden Kirchengesang zu üben. Im Archiv in Weimar befinden sich noch die Grundzüge einer neuen Ordnung des Kirchengesangs, welche auf seine Veranlassung auch in Kraft trat.

Seine in bescheidenen Verhältnissen lebenden Verwandten soll er reichlich unterstützt haben, so dass sie zu den Gütern Lauenstein, Trebsen, Schieritz, Tetschen noch Püchau kaufen konnten, wobei allerdings Nachweise fehlen, ob die Mittel aus dem bischöflichen Einkommen oder aus seinem Patrimonialvermögen gegeben wurden.

Liturgische Bücher und Handschriften

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Missale Misniense (1495) mit Bischofswappen Johanns VI.

Johann VI. nutzte die von Johannes Gutenberg 1450 in Mainz erfundene Technik des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, um liturgische Texte und kirchliche Ordnungen in ausreichender Zahl im Bistum zu verbreiten. Während seiner Amtszeit ließ er auf eigene Kosten zunächst bei Peter Drach in Speyer, später in Leipzig etwa 20 Bücher drucken.[1]:128 1495 erschien bei Konrad Kachelofen in Leipzig das Missale Misnense, ein Messbuch für das Bistum Meißen, das er zuvor von Andreas Proles einer gründlichen Revision hatte unterziehen lassen. Weitere Ausgaben folgten 1500, 1503 und 1510.[6]:103/109 1504 erschienen die Synodalstatuten, eine Ordnung für die Priester des Bistums mit Vorschriften für deren Lebensführung und der Bestimmung, dass die Messe in lateinischer Sprache, die Predigt aber in der Muttersprache zu halten sei, weshalb die Priester in der Ober- und Niederlausitz angehalten wurden, die sorbische Sprache zu erlernen oder einen sorbischen Hilfsgeistlichen einzustellen. Johann VI. ließ ab 1502 mehrfach Breviere drucken und gab 1512 das Benediktionale des Bistums Meißen heraus, in dem die liturgischen Riten für Weihen und Segnungen sowie die Ordnungen für kirchliche Feste enthalten waren.[6]:111[1]:128

Meißner Chorbücher: Einige Prachthandschriften, die zu den größten erhaltenen Handschriften des Mittelalters zählen, gehen auf Johann VI. zurück. Er ließ zwischen 1500 und 1506 in Leipzig acht Chorbücher anfertigen, die die lateinischen Psalmen und Gebete für den Chorgesang im Meißner Dom enthalten. Die acht Bände bestehen aus zwei fast identischen Gradualien für das Winter- und zwei für das Sommerhalbjahr, zwei fast identischen Antiphonalen für das Winter- und zwei für das Sommerhalbjahr. Sie standen paarweise in der Mitte des Chores und mussten sehr groß sein, damit die Chorherren, Vikare und Priester, die auf beiden Seiten im Chorgestühl saßen, die Texte und Noten aus der Ferne lesen konnten. Alle acht Codices sind mit prächtigen Buchmalereien, Initialen und Zierseiten geschmückt. Ein Band umfasst zwischen 275 und 337 Pergamentblätter von ca. 65 cm Breite und 80 cm Höhe und wiegt zusammen mit den lederbezogenen, hölzernen Buchdeckeln ca. 45 kg, jedes Blatt kostete etwa 6 Gulden. Nach Einführung der Reformation in Meißen gingen die Chorbücher in den Besitz des Landesherrn über. Im Jahre 1580 gelang es dem inzwischen ebenfalls evangelisch gewordenen Naumburger Domkapitel, die kostbaren Bände für den eigenen Gottesdienst zu erwerben. Sie blieben bis ins 19. Jahrhundert in Benutzung. Heute werden sie in der Naumburger Domstiftsbibliothek aufbewahrt und sind als Naumburger Chorbücher bekannt. Im Jahr 2015 wurden sie an der Universitätsbibliothek Leipzig digitalisiert.[1]:128[7][8]

Bewertung

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Johann von Saalhausen wird in der späteren sächsischen Geschichtsschreibung häufig kritisiert, weil er sich der aufkommenden Reformation Martin Luthers noch nicht anschloss. Dabei ist die Fragestellung schon anachronistisch. Zudem hätte Johann sich, der von Zeitzeugen als strenger und kompromissloser Patriarch geschildert wird, trotzdem gegenüber seinem Landesfürsten Georg von Sachsen, der Luthers Reformation ablehnte, schwerlich durchsetzen können.

Ausstellung

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Literatur

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  • Matthias Donath, Lars-Arne Dannenberg, Alexander Wieckowski: Bischof Johann VI. von Meißen (1444–1518) und die Familie von Salhausen in Sachsen und Böhmen. In: Sächsische Heimatblätter. Band 64, Nr. 2, 2018, S. 123–142, doi:10.52410/shb.Bd.64.2018.H.2.S.123-142.
  • Christian Ruf: 1496: Wurzener Stiftskapital wählt Johann VI. zum Probst – Die Ausstellung „Mein Glaube, meine Macht“ würdigt späteren Bischof von Meißen. 4-spaltiger Zeitungsartikel in der Leipziger Volkszeitung (Druckausgabe), Multentalkurier, 27. August 2018, Seite 28
  • Uwe Schirmer: Der Verwaltungsbericht des Bischofs Johannes von Meißen aus dem Jahre 1512. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte, Bd. 66 (1995), Weimar 1996, S. 69–101.
  • Siegfried Seifert: Salhausen, Johann von (1444–1518). In: Erwin Gatz: Die Bischöfe des heiligen römischen Reiches 1448–1648. Ein biographisches Lexikon. Berlin, 1996, S. 612.
  • Ralf Thomas: Johannes von Salhausen – Bischof von Meißen 1487–1518. In: Der Rundblick. Kulturspiegel der Kreise Wurzen-Oschatz-Grimma, H. 1 (1988), S. 26–28.
  • Julius Leopold Pasig: Johannes VI. Bischof von Meissen: ein Beitrag zur sächsischen Kirchen- und Landesgeschichte, insbesondere zur Geschichte des Hochstifts Meissen. (Online) Leipzig: J. C. Hinrichs, 1867.
  • Eduard Machatschek: Geschichte der Bischöfe des Hochstiftes Meissen in chronologischer Reihenfolge: Zugleich en Beitrag zur Culturgeschichte der Mark Meissen und des Herzog und Kurfürstenthums Sachsens. Nach dem Codex diplomaticus Saxoniae regiae, anderen glaubwürdigen Quellen und bewährten Geschichtswerken bearbeitet. Dresden: C.C. Meinhold, 1884.
  • Matthias Donath: Die Grabmonumente im Dom zu Meissen. Leipziger Universitätsverlag, 2005, ISBN 978-3-937209-45-6, S. 385f.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j Matthias Donath, Lars-Arne Dannenberg, Alexander Wieckowski: Bischof Johann VI. von Meißen (1444–1518) und die Familie von Salhausen in Sachsen und Böhmen. In: Sächsische Heimatblätter. Band 64, Nr. 2, 2018, S. 123–142, doi:10.52410/shb.Bd.64.2018.H.2.S.123-142.
  2. ein „Iohannes Salhausyn de Osschatczs“, der sich 1460 an der Leipziger Universität einschrieb, galt lange als identisch mit dem späteren Meißner Bischof, er wurde aber inzwischen als Sohn einer Oschatzer Bürgerfamilie identifiziert.
  3. Codex diplomaticus Saxoniae regiae CDS II,3 No. 1200, Digitalisat
  4. Codex diplomaticus Saxoniae regiae CDS II,3 No. 1200, Digitalisat
  5. Codex diplomaticus Saxoniae regiae CDS II,3 No. 1363, Digitalisat
  6. a b c Julius Leopold Pasig: Johannes VI. Bischof von Meissen: ein Beitrag zur sächsischen Kirchen- und Landesgeschichte, insbesondere zur Geschichte des Hochstifts Meissen. J. C. Hinrichs, Leipzig 1867 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Universitätsbibliothek Leipzig
  8. Karin Welck, Holger Kunde: Die Naumburger Chorbücher: Liturgische Prachthandschriften des ausgehenden Mittelalters. Michael Imhof, Petersberg 2016, ISBN 978-3-7319-0409-0.
  9. Kai-Uwe Brandt: Oberbürgermeister eröffnet Ausstellung in der Stadtkirche St. Wenceslai - Ganz im Zeichen des Wurzener Bischofs Johann VI. von Salhausen steht seit Pfingstmontag die Ausstellung „Mein Glaube, meine Macht“ in der Wenceslaikirche. Die zumeist originalen Exponate sind bis Anfang Oktober zu sehen. Leipziger Volkszeitung, Online-Portal. Abgerufen am 27. Mai 2018.
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Commons: Johann VI. von Saalhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
VorgängerAmtNachfolger
Johann V. von WeißenbachBischof von Meißen
1487–1518
Johann VII. von Schleinitz