Karla Höcker

deutsche Schriftstellerin und Musikerin

Karla Alexandra Höcker (* 1. September 1901 in Berlin; † 15. Oktober 1992 ebenda;[1] Pseudonym Christiana Rautter) war eine deutsche Schriftstellerin, Journalistin und Musikerin.

Leben und Wirken

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Karla Höcker war Tochter des Schriftstellers Paul Oskar Höcker. Die Höckers waren eine patriotische Familie. Als der Vater 1914 sich als Soldat für den Ersten Weltkrieg zur Verfügung gestellt hatte und eingerückt war, dichtete die damals 13-jährige Karla über den „Deutschen von der Wasserkant’“, der mit dem Kreuzer Augsburg die russische Seefestung Libau in Brand schoss:[2]

Mit seinem Schiffe, ’nen Kreuzer nur klein,
Drang muthig er in den Hafen ein.
Verwundert sahen die Russen ihm zu,
Als er die Minen legte voll Ruh.

1923 bis 1927 studierte sie in Berlin an der Staatl. Akadem. Hochschule für Musik. Als Bratschistin spielte sie zwischen 1927 und 1937 im Bruinier-Quartett. Sie wirkte als Dramaturgin der Berliner Kammeroper. Künstlerporträts veröffentlichte sie bis 1945 in verschiedenen Zeitschriften, ab 1946 schrieb sie vor allem Komponisten-Biographen. Zudem publizierte sie im Telegraf. Als erste der Berliner Autoren beschreibt sie nach dem Zweiten Weltkrieg die psychische Problematik aus Kriegsgefangenschaft heimkehrender Männer.[3]

Höcker gehörte zum so genannten Karl Foerster- oder „Bornimer-Kreis“, einem Freundeskreis fortschrittlicher Intellektueller. Dort trafen sich unter anderen die Landschaftsarchitekten Herta Hammerbacher, Hermann Mattern, Gottfried Kühn, die Architekten Otto Bartning, Hans Scharoun und Hans Poelzig, die Pianisten Wilhelm Kempff und Edwin Fischer und der Kunsthistoriker Edwin Redslob.[4][5] 1949 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern des Berliner Schriftsteller-Verbandes (BSV-Berlin).[6] Zwischen 1957 und 1990 gehörte Höcker 14 Mal zu den Empfängern von Autorenspenden Hermann Sudermanns.[7]

Hans Chemin-Petit vertonte 1927 ihr Der gefangene Vogel – Ein lyrisches Spiel für Menschen oder Marionetten.[8][9] Ein von ihr im Auftrage der Berliner Festwochen geschriebener Einakter Name unbekannt wurde mit zwei anderen Stücken zur Flüchtlings-Thematik unter dem Sammeltitel Unterwegs 1955 im Hebbel-Theater aufgeführt.[10][11] Aussagen von ihr werden zitiert in Walter Kempowskis Echolot.[12]

Ihre Bibliothek befindet sich heute in der Akademie der Künste Berlin.[13]

Werke (Auswahl)

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Schriften

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  • Erlebnis in Florenz. Roman. Velhagen & Klasings Feldpost-Lesebogen, ohne Nr., Bielefeld 1943.
  • Sinfonische Reise. Konzerte, Gespräche, Fahrten mit Wilhelm Furtwängler und den Berliner Philharmonikern. Das kleine Buch, Nr. 72 (C. Bertelsmman), Gütersloh 1955.
  • Gespräche mit Berliner Künstlern. Stapp, 1964.
  • Die letzten und die ersten Tage: Berliner Aufzeichnungen 1945. Hessling, Berlin 1966.[14]
  • Johannes Brahms: Begegnung mit dem Menschen. Mit 79 zeitgenössischen Bildern, Notenbeispielen und Dokumenten. (Vorwort von Dietrich Fischer-Dieskau). Klopp, 1983.
  • Beschreibung eines Jahres: Berliner Notizen 1945. Arani, Berlin 1984.
  • Vom Trost auf Erden. 20 Prosatexte (Essays). Lothar Blanvalet, Berlin 1946.[15]
  • Franz Schubert in seiner Welt. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1984, ISBN 978-3-423-07946-4.
  • Das Leben von Clara Schumann, geb. Wieck. ISBN 978-3-7817-0761-0.
  • Wilhelm Furtwängler: Begegnungen und Gespräche. Rembrandt, 1961.

Tonträger

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  • Als Bratschistin im Bruinier-Quartett. Ultraphon, aufgenommen in Berlin, Januar 1931:
  • Karla Höcker liest aus eigenen Werken: 'Die nie vergessenen Klänge' und 'Ein Kind von Damals’ . Musik: Friedrich Zehm: Tre Ricordanze. Klavier: Irma Hofmeister. LP: Mars 307909 / EMI, 1979[16]
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Einzelnachweise

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  1. Birgit Jochens, Sonja Miltenberger: Zwischen Rebellion und Reform: Frauen im Berliner Westen. Jaron Verlag, 1999, ISBN 978-3-89773-003-8, S. 100.
  2. Image 3. [New York], October 2, 1914. In: World War history: daily records and comments as appeared in American and foreign newspapers, 1914–1926. Abgerufen am 10. Dezember 2019.
  3. Ursula Heukenkamp (Hrsg.): Deutsche Erinnerungen: Berliner Beiträge zur Prosa der Nachkriegsjahre (1945–1960). Erich Schmidt, Berlin 1999, ISBN 3-503-04948-7, S. 122.
  4. Garten des Wohnhauses Falckensteinstraße 10. Denkmaldatenbank der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin; abgerufen am 8. August 2013.
  5. Der Bornimer Kreis. Karl-Foerster-Stiftung; abgerufen am 8. August 2013.
  6. Ursula Heulenkamp (Hrsg.): Unterm Notdach. Nachkriegsliteratur in Berlin 1945–1949. Erich Schmidt, Berlin 1996, ISBN 3-503-03736-5, S. 85.
  7. Geschichte des Preises. Hermann Sudermann-Stiftung Berlin; abgerufen am 8. August 2013.
  8. Werkverzeichnis – Bühnenwerke (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive) auf der Website zum Komponisten, abgerufen am 8. August 2013.
  9. Hans Chemin-Petit – Zum 100. Geburtstag am 24. Juli 2002. Robert Lienau Musikverlag; abgerufen am 8. August 2013.
  10. Festwochen / Theater – Thema Flüchtlinge. In: Der Spiegel. Nr. 42, 1955 (online).
  11. Martin Pfeideler: Berliner Festwochen und der deutsche Osten – Eine kritische Betrachtung. (PDF; 10,1 MB) In Das Ostpreußenblatt, 29. Oktober 1955, S. 3. Preußische Allgemeine Zeitung; abgerufen am 8. August 2013.
  12. Michael Rutschky: Der Pazifist als zorniger Gott. In: Frankfurter Rundschau, 23. März 2009; abgerufen am 8. August 2013.
  13. Dagmar Jank: Bibliotheken von Frauen: ein Lexikon. Harrassowitz, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-447-11200-0, S. 93 (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen; 64).
  14. Auch als Haupttext einer Radiofassung: Die letzten und die ersten Tage – Berlin 1945. Hörspieldatenbank hoerdat.de; abgerufen am 8. August 2013.
  15. Ursula Heulenkamp (Hrsg.): Unterm Notdach. Nachkriegsliteratur in Berlin 1945–1949. Erich Schmidt, Berlin 1996, ISBN 3-503-03736-5, S. 131.
  16. Werkverzeichnis auf der Website des Komponisten, abgerufen am 8. August 2013.