Der Landkreis Breslau war ein preußischer Landkreis in Schlesien, der von 1742 bis 1945 bestand. Sein früheres Territorium liegt heute in der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien.
Verwaltungsgeschichte
BearbeitenKönigreich Preußen/Deutscher Bund
BearbeitenNach der Eroberung des größten Teils von Schlesien durch Preußen im Jahre 1741 wurden durch die königliche Kabinettsorder vom 25. November 1741 in Niederschlesien die preußischen Verwaltungsstrukturen eingeführt.[1] Dazu gehörte die Einrichtung zweier Kriegs- und Domänenkammern in Breslau und Glogau sowie deren Gliederung in Kreise und die Einsetzung von Landräten zum 1. Januar 1742.[2]
Im Fürstentum Breslau, einem der schlesischen Teilfürstentümer, wurden aus den alten schlesischen Weichbildern Breslau, Canth, Neumarkt und Namslau die preußischen Kreise Breslau, Namslau und Neumarkt-Canth gebildet. Als erster Landrat des Kreises Breslau wurde Johann Wenzel von Trach eingesetzt.[3][4] Der Kreis Breslau unterstand zunächst der Kriegs- und Domänenkammer Breslau und wurde im Zuge der Stein-Hardenbergischen Reformen 1815 dem Regierungsbezirk Breslau der Provinz Schlesien zugeordnet.[5]
Die Kreisfreiheit der Stadt Breslau wurde im Gendarmerie-Edikt von 1812 ausdrücklich bestätigt.[6]
Bei der Kreisreform vom 1. Januar 1818 im Regierungsbezirk Breslau wurden folgende Umgliederungen vorgenommen:[7][8]
- Die Dörfer Baumgarten, Bohrau, Deutschlauben, Grosburg, Jelline, Jexau, Klein Bresa, Krentsch, Kurtsch, Michelwitz, Neidchen, Ottwitz, Petrikau, Schönfeld, Schweinbraten und Wäldchen wechselten aus dem Kreis Breslau in den Kreis Strehlen.
- Die Dörfer Beckern, Jeltsch, Lange, Neuvorwerk und Rattwitz wechselten aus dem Kreis Breslau in den Kreis Ohlau.
- Die Dörfer Groß und Klein Bischkowitz, Haasenau, Hennigsdorf, Kottwitz, Kunzendorf, Schebitz, Sponsberg und Striese wechselten aus dem Kreis Breslau in den Kreis Trebnitz.
- Die Stadt Auras, der Marktflecken Dyhrnfurth sowie die Dörfer Althof, Cranz, Hauffen, Heinzendorf, Jäckel, Liebenau, Pathendorf, Racke, Reichwald, Riemberg, Schönborn, Seiffersdorf, Sorge, Sürchen, Thannwald, Thiergarten, Vogtswalde und Wahren wechselten aus dem Kreis Breslau in den Kreis Wohlau.
Deutsches Reich
BearbeitenSeit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Zum 1. April 1897 fanden die ersten größere Eingemeindungen zu Gunsten Breslaus statt. Die Landgemeinden Kleinburg und Pöpelwitz und der Gutsbezirk Pöpelwitz schieden aus dem Landkreis Breslau aus und traten in den Stadtkreis Breslau ein.
Zum 1. April 1904 verloren durch Eingliederung in den Stadtkreis Breslau die Landgemeinden Dürrgoy, Herdain und Morgenau und die Gutsbezirke Morgenau und Leerbeutel ihre Selbstständigkeit und zum 1. April 1911 die Landgemeinde Gräbschen und der Gutsbezirk Gräbschen. Zum 8. November 1919 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet.
Die größte Eingemeindungswelle zu Gunsten der Stadt und zu Lasten des Landkreises erfolgte zum 1. April 1928. Dabei verlor der Landkreis Breslau an den Stadtkreis Breslau ganz oder teilweise:
- die Landgemeinden Althofnaß, Drachenbrunn, Goldschmieden, Groß Masselwitz, Groß Tschansch, Grüneiche, Hartlieb, Herrnprotsch, Karlowitz, Kawallen, Klein Gandau, Klein Masselwitz, Klein Mochbern, Klein Tschansch, Kosel, Krietern, Kundschütz, Lilienthal, Maria-Höfchen, Neukirch, Oltaschin, Oswitz, Ottwitz, Pilsnitz, Pohlanowitz, Rosenthal, Schmiedefeld, Schottwitz, Schwoitsch, Stabelwitz und Woischwitz sowie
- die Gutsbezirke Bartheln, Bischofswalde, Friedewalde, Goldschmieden, Groß Masselwitz, Hartlieb, Herrnprotsch, Kawallen, Klein Masselwitz, Kottwitz Forst, Maria-Höfchen, Neukirch, Oswitz, Ottwitz, Pilsnitz, Pirscham, Rosenthal, Schottwitz, Schmiedefeld, Schwoitsch, Stabelwitz, Wilhelmsruh, Zedlitz und Zimpel.
Zum 30. September 1929 wurden im Landkreis Breslau wie im übrigen Freistaat Preußen alle Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt.
Zum 1. Oktober 1932 erfolgten die folgenden Umgliederungen:[9][10]
- Die Stadt Kanth sowie die Landgemeinden Beilau, Fürstenau, Jürtsch, Kammenorf b. Kanth, Koslau, Landau, Lorzendorf, Mettkau, Neudorf, Nieder Struse, Ober Struse, Ocklitz, Polsnitz, Rommenau, Sachwitz, Schimmelwitz, Stöschwitz und Zaugwitz wechselten aus dem Kreis Neumarkt in den Landkreis Breslau.
- Die Landgemeinden Bischkowitz, Groß Tinz, Grunau, Jäschwitz, Klein Tinz, Kuhnau, Naselwitz, Poppelwitz, Rankau, Stein, Strachau b. Zobten und Wilschkowitz wechselten aus dem aufgelösten Kreis Nimptsch in den Landkreis Breslau.
- Die Stadt Zobten sowie die Landgemeinden Altenburg, Bankwitz, Groß Mohnau, Groß Silsterwitz, Kapsdorf, Klein Silsterwitz, Kristelwitz, Marxdorf, Michelsdorf, Mörschelwitz-Rosenthal, Protschkenhain, Queitsch, Rogau-Rosenau, Striegelmühle, Ströbel und Wernersdorf wechselten aus dem Landkreis Schweidnitz in den Landkreis Breslau.
Am 1. April 1938 wurden die preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien zur neuen Provinz Schlesien zusammengeschlossen. Zum 18. Januar 1941 wurde die Provinz Schlesien wieder aufgelöst. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet.
Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt. Im Sommer 1945 wurde das Kreisgebiet von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Im Kreisgebiet begann darauf der Zuzug polnischer Zivilisten, die zum Teil aus den an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen. In der Folgezeit wurde die deutsche Bevölkerung größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben.
Einwohnerentwicklung
BearbeitenJahr | Einwohner | Quelle |
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1819 | 41.112 | [11] |
1871 | 68.927 | [12] |
1885 | 80.653 | [13] |
1900 | 88.125 | [14] |
1910 | 95.237 | [14] |
1925 | 102.625 | [15] |
1939 | 102.622 | [15] |
Landräte
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Kommunalverfassung
BearbeitenDer Landkreis Breslau gliederte sich zunächst nach der Abgabe der Stadt Auras im Jahre 1818 an den Kreis Wohlau nur in Landgemeinden und Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. 1932 traten die Städte Kanth und Zobten in den Landkreis ein und die Gemeinde Brockau wurde am 1. Juni 1939 zur Stadt erhoben. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.
Gemeinden
BearbeitenDer Landkreis Breslau umfasste 1936 drei Städte und 183 Landgemeinden:[7][15]
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- Eingemeindungen bis 1938
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Ortsnamen
BearbeitenIm Jahre 1937 wurden im Landkreis Breslau zahlreiche Ortsnamen eingedeutscht. Das waren meist lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder freie Erfindungen:[7][15]
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Literatur
Bearbeiten- Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 195–196, Ziffer 11.
- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 80–93 (Faksimile in der Google-Buchsuche).
- Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- Beschreibung des Kreises Breslau aus dem Jahre 1792
Weblinks
Bearbeiten- Landkreis Breslau – Territorial.de (Rolf Jehke, 2008)
- genealogienetz.de: Landkreis Breslau
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Roland Gehrke: Landtag und Öffentlichkeit: Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20413-6, S. 45 (Teildigitalisat).
- ↑ Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Akten vom 31. Mai 1740 bis Ende 1745. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 6,2. Paul Parey, Berlin 1901, Königliche Ordre zur Bestellung von Landräthen in Niederschlesien, S. 259 (Digitalisat).
- ↑ W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate. Carl Heymann, Berlin 1839, Kreiseinteilung des preußischen Herzogtums Schlesien im 18. Jahrhundert, S. 290 (Digitalisat).
- ↑ a b Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
- ↑ Verordnung zur Eintheilung des preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung. 1815 (Digitalisat).
- ↑ Walther Hubatsch (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen. Band 4: Dieter Stüttgen: Schlesien., S. 39, Johann-Gottfried-Harder-Institut, Marburg/Lahn 1976, ISBN 3-87969-116-9.
- ↑ a b c Territoriale Veränderungen in Deutschland
- ↑ Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau 1817, Nr. XLV. Neue Eintheilung und Abgränzung der Kreise im Breslauer Regierungs-Departement vom 31. Oktober 1817. Breslau, S. 476 ff. (Digitalisat).
- ↑ Verordnung über die Neugliederung von Landkreisen vom 1. August 1932. In: Preußisches Staatsministerium (Hrsg.): Preußische Gesetzessammlung. Berlin 1932, Kreisreform 1932, S. 256 (Digitalisat).
- ↑ Walther Hubatsch (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen. Band 4: Dieter Stüttgen: Schlesien. Johann-Gottfried-Harder-Institut, Marburg/Lahn 1976, ISBN 3-87969-116-9.
- ↑ Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 87 (Digitalisat).
- ↑ Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871
- ↑ Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885
- ↑ a b www.gemeindeverzeichnis.de
- ↑ a b c d Michael Rademacher: Sch_breslau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ a b Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. K. G. Saur, 2009, ISBN 978-3-598-23229-9, S. 809.