Kumpf
Ein Kumpf (von urgermanisch *kumpa- auch *kumba- „Gefäß, Maßgefäß“)[1][2] bezeichnet verschiedene alt- und mittelhochdeutsche Raummaße sowie das (teilweise mit Wasser gefüllte) Behältnis zum Mitführen des Wetzsteins, siehe Kumpf (Köcher). Ein Kumpf im ersten Sinne entsprach regional unterschiedlich zwischen 6, 8 und 10 Liter.[3][4][5] Abgeleitet ist die bereits im 15. Jahrhundert bekannte Bedeutung von Kump als Brunnentrog auf dem Marktplatz.
Der Kumpf als kleineres Maß leitete sich vom Malter ab. So galt für das sogenannte Frucht- und Getreidemaß.
Im Großherzogtum Hessen galt 1 Malter = 4 Simmer = 16 Kumpf = 64 Gescheid = 256 Mäschen = 64 Liter.[6]
Vorgeschichte
BearbeitenLinearbandkeramische Kultur
BearbeitenEin häufiger Gefäßtyp der jungsteinzeitlichen Bandkeramischen Kultur wird von Archäologen als Kumpf bezeichnet.[7] Es handelt sich um ein rundbodiges und henkelloses Gefäß. Es kann ritzverziert sein oder Knubben oder Griffwarzen tragen. Frühe Kümpfe sind flachbodig und leicht doppelkonisch[8], spätere Formen meist rund. Von Schuchardt wurde angenommen, dass die Form organischer Kalebassen nachempfunden wurde, jedoch war der Flaschenkürbis zu dieser Zeit in Mitteleuropa unbekannt. Intarsien sind eine für 5134 v. Chr. in einem Brunnen in Droßdorf im Landkreis Leipzig nachgewiesene Kumpfverzierung. Dabei ist die Oberfläche des Gefäßes mit Birkenpech überzogen und in das Pech sind Reihen von Dreiecken aus Birkenrinde eingelegt, die sich zu Spiralen formen. Die Verzierung mit Pech (auch als Bemalung) ist typisch für den Šárka-Stil, der nach einem Prager Vorort benannt ist. Eine solche Verzierung ist auch von Gefäßen aus den Brunnen in Altscherbitz und Eythra und aus Siedlungsfunden bekannt.
Der Kumpf verschwindet mit dem Ende der Stichbandkeramik.
Weitere Funde
BearbeitenEinfache handgeformte Gefäße mit meist grob kugliger Form werden auch in anderen archäologischen Kulturen als Kumpf bezeichnet. So gehörten Kümpfe in der Merowingerzeit häufig zu den Grabbeigaben in Kindergräbern, manchmal lassen sich in den Gefäßen noch Reste von Getreidebrei als Speisebeigabe nachweisen. Sie findet sich aber z. B. auch auf der Iberischen Halbinsel in den ungeplünderten Antas von Poço da Gateira und in Farisoa I in der Region Monsaraz in Portugal. Eine unmittelbare Übernahme dieser Gefäßform scheint durch die Cerny-Kultur im Pariser Becken erfolgt zu sein, wo sich ein Kumpf in der Anlage von Balloy-Les Réaudins fand.
Heutiger Gebrauch in Dialekten
BearbeitenIm Odenwälder Dialekt (Odenwälderisch) kennt man den „Kummbe“ im Sinne eines irdenen Trinkgefäßes (z. B. „Kaffeekummbe“), im rheinischen Dialekt bezeichnet „Kump“, häufiger noch in der Verniedlichungsform „Kömpche“ bzw. „Kümpche“, ein Gefäß. Im Hunsrückischen bezeichnet „Kump“ eine tiefe Schüssel und einen Viehtrog.[9]
Etymologie
BearbeitenFür die germanische Ursprache ist *kumpaz zu rekonstruieren; daneben ist (beruhend u. a. auf Kumme ‚tiefe Schale, Schüssel‘) noch eine Variante oder verwandte Bildung *kumbō anzusetzen. Dessen weitere Herkunft ist unsicher. Vielleicht besteht ein Zusammenhang mit altgriechisch kúmbos (maskulin), kúmbē (feminin) ‚Trinkgefäß, Schale‘.[10] Möglicherweise handelt es sich um ein altes Lehnwort aus Südeuropa. Darüber hinaus bezeichnet kumbha auch im Sanskrit den ‚Krug‘ (vgl. auch den Namen des hohen hinduistischen Feiertages Kumbh Mela, übersetzt als ‚Fest des Kruges‘); dieses Wort lässt sich für die indoiranische Ursprache rekonstruieren und scheint ein uraltes Wanderwort zu sein, das auch in mehreren europäischen Zweigen der indogermanischen Sprachfamilie auftaucht.[11]
Namensbestandteil
BearbeitenDer Ausdruck hat sich in Süddeutschland und in Österreich auch als Familienname erhalten; bekannt ist beispielsweise der österreichische Maler Gottfried Kumpf. Der Ortsname Kumpfmühle oder Kumpfmühl findet sich vor allem in Oberbayern häufig. Als Namensbestandteil tritt der Ausdruck bei den Literaten Michael Kumpfmüller und Hans Kumpfmüller auf.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Johannes A. Potratz: Vorgeschichtliche Gefäße. Wiederveröffentlichung durch das Helms-Museum, Hamburg 2000.
- Gerhard Köbler: Indogermanisches Wörterbuch. 3. Auflage. 2000.
- Joachim Preuß: Das Neolithikum in Mitteleuropa Band 1, 1. Weissbach 1998.
- indogermanisches etymologisches Wörterbuch. archive.org
- Kumpf. In: Pfälzisches Wörterbuch
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Kumpf. In: Vormalige Akademie der Wissenschaften der DDR, Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtswörterbuch. Band 8, Heft 2 (bearbeitet von Heino Speer u. a.). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1985, OCLC 832567175 (adw.uni-heidelberg.de – Fortsetzung im Folgeheft).
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 3. Oktober 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ [1] (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 6. Mai 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 13. Mai 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ C. Bopp: Die internationale Maß-, Gewichts- und Münz-Einigung durch das metrische System. Julius Maier, Stuttgart 1869, S. 118.
- ↑ Joachim Preuß: Das Neolithikum in Mitteleuropa 1,1. Weissbach 1998, S. 281–285
- ↑ Maria Cladders, Die Tonware der ältesten Bandkeramik: Untersuchung zur zeitlichen und räumlichen Gliederung. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 72. Bonn, Habelt
- ↑ Georg Walter Diener: Hunsrücker Wörterbuch. M. Sändig, Niederwalluf 1971, (S. 147)
- ↑ „Kumpf“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, abgerufen am 9. November 2021.
- ↑ Robert S. P. Beekes, Lucien van Beek (2010), Etymological Dictionary of Greek (Leiden Indo-European Etymological Dictionary Series; 10), Leiden und Boston: Brill, S. 802.