Der Kreis Oletzko (ab 1933 Kreis Treuburg) war ein Landkreis im Osten der preußischen Provinz Ostpreußen. Er bestand von 1818 bis 1945 und gehörte zum Regierungsbezirk Gumbinnen. Der Name des Kreises bezog sich auf Schloss Oletzko, dem langjährigen Sitz des Landratsamts, das in der Kreisstadt Marggrabowa (1928–1945 Treuburg, heute Olecko) lag. Bereits von 1752 bis 1818 bestand in Ostpreußen ein Kreis Oletzko, der allerdings ein deutlich größeres Gebiet umfasste.
Verwaltungsgeschichte
BearbeitenKönigreich Preußen
Bearbeiten1752 führte Preußen eine Kreisreform durch, bei der aus den alten ostpreußischen Hauptämtern Oletzko, Lyck und Johannisburg ein erster Kreis Oletzko gebildet wurde. Er war nach dem in der Stadt Marggrabowa gelegenen Schloss Oletzko benannt, hatte eine Fläche von ca. 3000 km² und im Jahre 1800 62.372 Einwohner.[1][2][3][4]
Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen ergab sich mit der „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden“ vom 30. April 1815 die Notwendigkeit einer umfassenden Kreisreform in ganz Ostpreußen, da sich die 1752 eingerichteten Kreise als unzweckmäßig und zu groß erwiesen hatten. Der Kreis Oletzko wurde zum 1. September 1818 neu zugeschnitten und umfasste nun nur noch den nördlichen Teil des alten Kreises, im Wesentlichen das alte Hauptamt Oletzko mit den Kirchspielen Czychen, Gonsken, Mierunsken, Marggrabowa, Schareyken, Schwentainen und Wielitzken.[5] Das restliche alte Kreisgebiet kam zu den neuen Kreisen Lyck und Johannisburg. Der Kreis Oletzko wurde dem Regierungsbezirk Gumbinnen unterstellt. Landrat mit Amtssitz auf Schloss Oletzko blieb Karl Heinrich von Morstein, der dieses Amt bereits seit 1798 im alten Kreis Oletzko innehatte.[6]
Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der Provinzen Preußen und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg i. Pr.
Norddeutscher Bund und Deutsches Reich
BearbeitenSeit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Nach der Teilung der Provinz Preußen in die neuen Provinzen Ostpreußen und Westpreußen wurde der Kreis Oletzko am 1. April 1878 Bestandteil Ostpreußens.
Am 1. Juli 1909 wurden die Landgemeinde Groß Czymochen und der Gutsbezirk Czymochen aus dem Kreis Lyck in den Kreis Oletzko umgegliedert.
Am 18. Februar 1920 trat für die Zeit der Volksabstimmung der Kreis Oletzko vorübergehend vom Regierungsbezirk Gumbinnen zum Regierungsbezirk Allenstein, der das Abstimmungsgebiet Allenstein bildete, wo das Volk über die Zugehörigkeit zu Deutschland abstimmen sollte. Im Kreis Oletzko entfielen 28.625 Stimmen auf den Verbleib in Ostpreußen und 2 auf den Anschluss an Polen.[7]
Die Kreisstadt Marggrabowa wurde am 21. Dezember 1928 in Treuburg umbenannt. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Oletzko entsprechend der Entwicklung im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle Gutsbezirke bis auf einen aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.
Seit dem 27. Juni 1933 trug auch der Kreis den neuen Namen Treuburg.
Während der Schlacht um Ostpreußen im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt. Nach Kriegsende wurde das Kreisgebiet im Sommer 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Soweit die deutsche Bevölkerung nicht geflohen war, wurde sie in der Folgezeit größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben.
Dem ehemaligen Landkreis entspricht heute ungefähr das Powiat Olecki in Polen.
Einwohnerentwicklung
BearbeitenJahr | Einwohner | Quelle |
---|---|---|
1800 | 62.372 | [8] |
1818 | 19.373 | [9] |
1846 | 30.595 | [10] |
1871 | 38.432 | [11] |
1890 | 40.401 davon 420 Katholiken, 223 Juden (24.000 Polen) | [12] |
1900 | 38.430 davon 37.714 Evangelische, 436 Katholiken | [12] |
1910 | 38.850 davon 37.679 Evangelische, 709 Katholiken | [12] |
1925 | 40.107 | [12] |
1933 | 39.938 | [12] |
1939 | 37.998 | [12] |
Politik
BearbeitenLandräte
Bearbeiten- 1752–1763 Timotheus von Brauchitsch
- 1763–1769 Alexander von Drygalski
- 1769–1775 Johann Albrecht von Stach de Goltzheim
- 1775–1797 Heinrich Wilhelm von der Mülbe
- 1798–1833Karl Heinrich von Morstein (1758–1842)[13]
- 1833–1841Gustav von Saltzwedel (1808–1897)
- 1841–1850 Karl von Lenski
- 1850–1852 Wahl (vertretungsweise)
- 1852–1859 von Küster
- 1859 von Wedel-Schwerin (vertretungsweise)
- 1859 Steinberg (kommissarisch)
- 1860–1874Julius Frenzel (1830–1880)
- 1874–1877 Bruno Fornet
- 1877 Albrecht Oberg (kommissarisch)
- 1877–1879 Rudolf Moehrs
- 1879–1888 Karl Volprecht
- 1888–1894 Wilhelm Meister
- 1894–1919Emil Braemer (1860–1939)
- 1919–1921Paul Walzer (1879–1936)
- 1921–1933Bruno Wachsmann
- 1933–1934 von Winterfeld
- 1934–1945Walter Tubenthal (1900–1987)
Wahlen
BearbeitenIm Deutschen Kaiserreich bildete der Kreis Oletzko zusammen mit den Kreisen Johannisburg und Lyck den Reichstagswahlkreis Gumbinnen 6.[14]
Kommunalverfassung
BearbeitenDer Kreis Oletzko gliederte sich in die Stadt Marggrabowa, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständigem Wegfall – in Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle Gemeinden. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.
Gemeinden
BearbeitenNach den Gebietsreformen der 1920er Jahre umfasste der Kreis Oletzko bzw. Treuburg bis 1945 die Stadt Treuburg und 99 weitere Gemeinden:[12][5]
Im Kreis lag außerdem der gemeindefreie Gutsbezirk Forst Borker Heide.
- Vor 1945 aufgelöste Gemeinden
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Ortsnamen
BearbeitenBereits am 21. Dezember 1928 wurde die Kreisstadt Marggrabowa in „Treuburg“ umbenannt.
1938, vereinzelt auch schon in den Jahren davor, wurden im Kreis zahlreiche Ortsnamen eingedeutscht. Das waren meist lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder freie Erfindungen:
- Babken (Ksp. Gonsken): Babeck
- Babken (Ksp. Marggrabowa): Legenquelle
- Barannen: Barnen
- Bittkowen: Bittkau (Ostpr.)
- Borawsken: Deutscheck (Ostpr.)
- Borkowinnen: Jarken
- Borrishof: Borishof
- Chelchen (Ksp. Schareyken): Vorbergen
- Chelchen (Ksp. Schwentainen): Kelchen
- Czukten: Schuchten
- Czychen: Bolken
- Daniellen: Kleinreimannswalde
- Diebowen: Diebauen
- Doliwen: Teichwalde (Ostpr.)
- Dombrowsken: Königsruh (Ostpr.)
- Dopken: Markgrafsfelde
- Duneyken: Duneiken
- Duttken: Sargensee
- Dworatzken (ab 1934:) Herrendorf
- Dzingellen: Dingeln
- Drosdowen: (ab 1934) Drosten
- Friedrichsheyde: Friedrichsheide
- Gonsken: Herzogskirchen
- Gollubien (Ksp. Czychen): Friedberg
- Gollubien (Ksp. Marggrabowa): Kalkhof
- Gonsken: Herzogskirchen
- Gordeyken: Gordeiken
- Gortzitzen (ab 1909:) Gartenberg
- Grappendorf: Kleinbolken
- Groß Czymochen (ab 1928:) Reuß
- Groß Gonschorowen: Klinken (Ostpr.)
- Grünheyde: Grünheide (Dorf)
- Grünheyde: Grünheide (Forst)
- Jaschken: Jesken
- Jelittken: Gelitten
- Judzicken (ab 1929:) Wiesenhöhe
- Jurken: Jürgen (Ostpr.)
- Kiliannen: Kilianen
- Klein Borawsken: Kleindeutscheck
- Klein Gonschorowen: Kleinkiöwen
- Klein Gordeyken: Kleingordeiken
- Klein Lassek: Liebchensruh
- Klein Oletzko: Herzogshöhe
- Klein Sawadden: Kleinschwalgenort
- Klein Schwalg: Schwalg
- Kleszöwen, ab 1936: Kleschöwen: Kleschen
- Könitzberg (ab 1929:) Gertrudenhof
- Kowahlen: Reimannswalde
- Krzysöwken (ab 1927:) Kreuzdorf
- Krzywen (ab 1934:) Bergenau
- Kukowen: Reinkental
- Kukowken: Heinrichstal (Ostpr.)
- Lakellen: Schönhofen (Ostpr.)
- Lengowen: Lengau
- Leschnicken: Kleinheinrichstal
- Markowsken: Markau (Ostpr.)
- Masuhren: Masuren
- Mierunsken: Merunen
- Monethen: Moneten
- Moosznen (1936: Mooschnen): Moschnen
- Niedzwetzken (ab 1926:) Bärengrund
- Nordenthal: Nordental
- Olschöwen (ab 1933:) Erlental
- Orzechowken (ab 1925:) Nußdorf
- Polommen: Herzogsmühle
- Pomiannen: Kelchdorf
- Przytullen: Siebenbergen
- Puchowken (ab 1929:) Wiesenfelde
- Rdzawen (ab 1928:) Rostau
- Refusowisna (ab 1921:) Rehfeld
- Rogowken: Roggenfelde (Ostpr.)
- Rosochatzken (ab 1927:) Albrechtsfelde
- Sabielnen: Podersbach
- Salleschen: Tannau (Ostpr.)
- Sawadden: Schwalgenort
- Sayden: Saiden
- Sattyken: Satticken
- Schareyken: Schareiken
- Schlepien: Schlöppen
- Schwidrowken I (ab 1929:) Eduardsfelde
- Schwidrowken II (ab 1929:) Wilhelmsruh (nicht mehr existent)
- Seesken (Ksp. Groß Czymochen): Draheim
- Sobollen: Richtenberg
- Sokolken: Halldorf
- Starosten: Müllersbrück
- Stobbenorth: Stobbenort
- Stoosznen: Stosnau
- Suleyken: Suleiken
- Sydden: Sidden
- Wensöwen: Eibenau
- Wessolowen: Kleinfronicken (nicht mehr existent)
- Wielitzken: Wallenrode
- Woynassen: Woinassen
- Wronken: Fronicken
Literatur
Bearbeiten- Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage. Band 2, Berlin 1874, S. 34–25, Ziffer 16.
- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 298–305.
- Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Oletzko. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Friedrich Justin Bertuch (Hrsg.): Allgemeine geographische Ephemeriden, Band 31. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1810 (google.de).
- ↑ Max Toeppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen. Gotha: Perthes 1858, Seite 320.
- ↑ Ludwig von Baczko: Handbuch der Geschichte, Erdbeschreibung und Statistik Preussens, Band 2. Friedrich Nicolovius, Königsberg und Leipzig 1803, S. 45 (google.de).
- ↑ Karte der ostpreußischen Kreiseinteilung von 1752 bis 1818
- ↑ a b Kreis Oletzko/Treuburg (territorial.de)
- ↑ Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
- ↑ Andreas Kossert: Preußen, Deutsche oder Polen? Die Masuren im Spannungsfeld des ethnischen Nationalismus 1870–1956. Hrsg.: Deutsches Historisches Institut Warschau. Otto Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2001, ISBN 3-447-04415-2, S. 157.
- ↑ Friedrich Justin Bertuch (Hrsg.): Allgemeine geographische Ephemeriden, Band 31. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1810 (google.de).
- ↑ Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Gumbinnen (Digitalisat [abgerufen am 9. September 2020]).
- ↑ Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 307 (Digitalisat).
- ↑ Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preußen und ihre Bevölkerung 1871
- ↑ a b c d e f g Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Oletzko. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
- ↑ Datenbank der Reichstagsabgeordneten