Lust (Roman)

Roman von Elfriede Jelinek

Lust ist ein 1989 erschienener Roman der österreichischen Schriftstellerin Elfriede Jelinek.

Handlung

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Gerti, die Gattin eines Fabrikdirektors und alkoholkrank, lebt in einer unglücklichen Ehe, deren Bestandteil gewaltvolle Sexualität ist. Sie glaubt einen Ausweg in einer Affäre mit einem Studenten zu finden, jedoch nimmt diese schließlich ähnliche Formen an. Zurück in der unglücklichen Ehe, tötet sie gegen Ende des Romans ihren kleinen Sohn, stellvertretend für ihren Mann.[1]

Hintergrund

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Elfriede Jelinek plante mit ihrem Romanprojekt ursprünglich, einen Gegendiskurs zu jenen obszön-pornographischen Darstellungsweisen zu bilden, die etwa von George Bataille, Marquis de Sade oder Henry Miller geprägt sind. Als die „einzige gelungene weibliche Pornographie“ bezeichnete sie die Geschichte der O von Pauline Réage,[2] womit sie ihren eigenen Roman bereits vorab in den Kontext des Masochismus einordnete, was die mediale und literaturkritische Aufnahme des Textes deutlich mitprägte.[3]

Im Interview mit Brigitte Lahann bezeichnet Jelinek ihr Verfahren selbst als „Anti-Pornographie“ mit einer „dialektische[n] Wechselwirkung“.[2] Die Wirkungsweise des Romans besteht dabei in der Verunmöglichung eben jener voyeuristischen Lesart, die die Rezeption von Pornographie üblicherweise konstituiert.

Der Roman wurde im Literarischen Quartett[4] diskutiert. Sigrid Löffler urteilte: „Ein weiblicher Porno ist das ganz bestimmt nicht geworden, weil sich ja eigentlich diese Sprache gegen die Autorin gewendet hat. Man kann als Frau in der Gesellschaft, so wie sie ist, einen Porno nicht schreiben, weil es die Sprache dafür nicht gibt. Die Sprache ist von Männern besetzt.“[5] Marcel Reich-Ranicki äußerte: „Das Entscheidende, worauf es ankommt bei Büchern über Sexualthemen, ich meine Belletristik natürlich, bietet sie natürlich gar nicht. […] Es kommt darauf an, zu zeigen, was außerordentlich schwierig ist, was die Frau oder der Mann oder gar beide während dieser Sachen empfinden.“[5] Jürgen Busche kritisierte, der Roman müsse „selber transportieren, was [er] an Utopie oder an Alternativen zu dem, was er schildert, darstellt“, was er aber nicht tue.[5]

Literatur

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  • Uta Degner: Eine ‚unmögliche‘ Ästhetik – Elfriede Jelinek im literarischen Feld. Wien, Köln: Böhlau 2022 (Literaturgeschichte in Studien und Quellen Bd. 33), S. 227–273 [Kap. 6: „Lust als Extremsatire“]. DOI: 10.7767/9783205214861.
  • Norbert Christian Wolf: Lust im journalistischen Feld, Unlust an der Lektüre. Zur Funktion der Werkpolitik und Kritik an Jelineks Roman. In: Elfriede Jelinek: Provokationen der Kunst. Hg. v. Uta Degner u. Christa Gürtler. Berlin, Boston: De Gruyter 2021, S. 133–161. DOI: 10.1515/9783110742435-008

Einzelnachweise

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  1. Marion Bönnighausen: Jelinek, Elfriede: Lust. In: Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Kindlers Literatur Lexikon (KLL). 2020, ISBN 978-3-476-05728-0, doi:10.1007/978-3-476-05728-0_6983-1.
  2. a b Birgit Lahann: „Männer sehen in mir die große Domina“. In: Stern. Band 37, 8. September 1988, S. 76–85.
  3. Norbert Christian Wolf: Lust im journalistischen Feld, Unlust an der Lektüre. Zur Funktion der Werkpolitik und Kritik an Jelineks Roman. In: Uta Degner, Christa Gürtler (Hrsg.): Elfriede Jelinek: Provokationen der Kunst. De Gruyter, Berlin, Boston 2021, ISBN 978-3-11-074243-5, S. 133–161, doi:10.1515/9783110742435-008.
  4. Das Literarische Quartett 05 |10.03.1989| S.Rushdie,Th.Bernhard,H.Burger,E.Jelinek,E.Hemingway. Abgerufen am 14. Oktober 2023 (deutsch).
  5. a b c Marcel Reich-Ranicki: Das literarische Quartett. Gesamtausgabe aller 77 Sendungen von 1988 bis 2001. Hrsg.: Marcel Reich-Ranicki. Band 1. Directmedia, Berlin 2006, ISBN 978-3-89853-301-0, S. 140.