Maziar Bahari

persisch-kanadischer Journalist, Filmemacher und Menschenrechts-Aktivist

Maziar Bahari (persisch مازیار بهاری; * 1967 in Teheran) ist ein persisch-kanadischer Journalist, Filmemacher und Menschenrechtsaktivist. Bahari arbeitete von 1998 bis 2011 als Reporter für die Zeitschrift Newsweek. Von Juni 2009 bis zum 20. Oktober 2009 war Bahari auf Veranlassung der iranischen Regierung inhaftiert.[1][2] 2011 wurden seine Memoiren Then They Came for Me (dt.: Dann kamen sie wegen mir) veröffentlicht, in denen er seine Inhaftierung verarbeitet.

Maziar Bahari (2011)

Bahari entstammt einer politisch engagierten Familie: Sein Vater war in der Zeit des Pahlawi-Regimes in den 1950er Jahren inhaftiert, seine Schwester erlitt das gleiche Schicksal in den 1980er Jahren während der Regierung Ajatollah Khomeinis.[3]

Bahari wurde in Teheran geboren, wo er lebte. 1988 zog Bahari nach Montreal, Kanada, wo er an der Concordia University Kommunikations-, Film- und Politikwissenschaften studierte.

Bald nach seinem Abschluss produzierte er seinen ersten Film Die Reise der „Saint Louis“. Der Film erzählt von dem Versuch 937 deutscher Juden, per Schiff aus Nazi-Deutschland zu entkommen. Der Film zeigt die Fahrt nach Kuba und den USA im Jahr 1939, wo die Flüchtlinge jedoch zur Rückkehr nach Deutschland gezwungen wurden. Baharis Werk war der erste Film eines Muslims, der den Holocaust zum Thema hatte. Nach seiner Motivation befragt zitierte Bahari aus einem Seminar seiner Studienzeit in Concordia:

„Ich studierte die jüngere Geschichte des Judentums und war fasziniert von der Historie der Juden in Nordamerika. Ich hatte einen Kurs über Freud und Religion belegt und der Professor sprach viel über den Antisemitismus in den Vereinigten Staaten und dem Kanada des frühen 20. Jahrhunderts. Ich hatte keine Ahnung, dass noch bis in die 1950er Jahre Juden in Nordamerika diskriminiert worden waren. Als Immigrant interessierte mich die Geschichte der jüdischen Zuwanderung aus Europa nach Amerika. Daher suchte ich nach einer Story, um all diese Elemente zu verbinden und stieß auf die Geschichte der St. Louis.“

Im Teheraner Gefängnis Evin wurde ihm unter Verweis auf diesen Film vorgeworfen, auf einer – so wörtlich – Mission für die Zionisten zu sein.[4]

1997 startete Bahari Reportagen über den Iran und produzierte unabhängige Dokumentationen. Ein Jahr später wurde er Iran-Korrespondent des Nachrichtenmagazins Newsweek.[5] In den folgenden Jahren produzierte er neben seiner journalistischen Arbeit zahlreiche Dokumentarfilme und Reportagen für die Sender Channel 4, BBC, u. a. über das Leben schiitischer Geistlicher, afrikanischer Architektur, iranische Fußball-Begeisterung und zeitgenössische iranische Geschichte.

Verhaftung, Haft und Freilassung

Bearbeiten

Am Morgen des 21. Juni 2009, während der Iranischen Proteste gegen den Wahlbetrug 2009, wurde Bahari in seiner Wohnung verhaftet und in das Evin-Gefängnis eingeliefert.[6] Während seiner Haft, im Juli 2009, erschien Bahari im Iranischen Fernsehen[7], wo er erklärte, westliche Journalisten würden als Spione arbeiten.[8] Das Bild- und Tonmaterial wurde auch durch den iranischen regierungsnahen Sender PressTV international verbreitet. Bahari wurde gezwungen, sich selbst der Vorbereitung einer Farbrevolution sowie illegaler Demonstrationen zu beschuldigen.[9][10]

2011 erschienen bei Random House seine Memoiren Then They Came For Me: A Family’s Story of Love, Captivity, and Survival, die er gemeinsam mit der Autorin Aimee Molloy schrieb. In dem Buch erzählt Bahari seine Familiengeschichte und von seiner Inhaftierung. 2014 adaptierte Jon Stewart das Buch im Film Rosewater, in dem der Schauspieler Gael García Bernal als Bahari zu sehen ist.

Privates

Bearbeiten

Bahari ist mit der italienisch-englischen Rechtsanwältin Paola Gourley verheiratet, die in London lebt.[11] Das Paar hat eine gemeinsame Tochter, die im Oktober 2009 geboren wurde, nur kurz nach Baharis Entlassung aus dem Gefängnis.[12]

Ehrungen

Bearbeiten
  • 2003 bezeichnete das Harvard Film Archive Baharis Arbeits wie folgt:

    "In a country known for neorealist fiction films that focus on small events in the lives of individuals, the work of Iranian director Maziar Bahari is somewhat anomalous. Employing a traditional documentary style to explore more far-reaching cultural events, Bahari’s films provide a glimpse inside contemporary Iranian culture as they reveal the human element behind the headlines and capture cultural truths through the lens of individual experience. Representing a new generation of young Iranian filmmakers, Bahari’s trenchant looks at social issues in his country have brought both controversy and international acclaim."[13]

  • 2005 Emmy[14]
  • 2007 Retrospektive der Filme Baharis anlässlich des International Documentary Film Festival Amsterdam[15]
  • 2009 nominierte Desmond Tutu ihn für den Prinzessin-von-Asturien-Preis in der Kategorie „Eintracht“.[16]

Filmografie

Bearbeiten
  • 1999: Paint! No Matter What
  • 2004: Mohammad and the Matchmaker (Kurzfilm)
  • 2004: And Along Came a Spider
  • 2005: Targets: Reporters in Iraq (Fernsehdokumentarfilm)
  • 2008: Countdown
  • 2010: An Iranian Odyssey
  • 2012: Forced Confessions
  • 2014: To Light a Candle
Bearbeiten
Commons: Maziar Bahari – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Newsweek: Journalist detained in Iran now in UK, 20. Oktober 2009. Abgerufen am 21. Oktober 2009 
  2. Newsweek Reporter Maziar Bahari Released in Iran. Newsweek, abgerufen am 20. Oktober 2009.
  3. Maziar Bahari: Maziar Bahari on the Iranian Jailers Who Tortured His Family - The Daily Beast. Newsweek.com, 26. Juni 2011, abgerufen am 28. Dezember 2011.
  4. Nadine Epstein: 118 Days in Iran's Evin Prison. In: Moment Magazine. 2011, abgerufen am 30. Juni 2011.
  5. Brian Stelter: Newsweek Steps Up Effort to Free Reporter in Iran, The New York Times, 3. August 2009. Abgerufen am 21. Oktober 2009 
  6. NEWSWEEK Reporter Arrested Without Charge in Iran - The Daily Beast. Newsweek.com, 20. Juni 2009, abgerufen am 28. Dezember 2011.
  7. Gravshon, Michael, Magratten, Drew: Newsweek's Bahari Recalls Iran Detention. In: 60 Minutes. CBS News, 22. November 2009, S. 2–3, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 1. Dezember 2009.@1@2Vorlage:Toter Link/www.thedailyshow.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. Bahari, Maziar: Newsweek Reporter's Ordeal in Iran. Newsweek, S. 5, archiviert vom Original am 25. November 2009; abgerufen am 1. Dezember 2009.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.newsweek.com
  9. Thomas Erdbrink, William Branigin: Iran's Leadership Cautions Against Protest After Certification of Vote Results, The Washington Post, 1. Juli 2009. Abgerufen am 21. Oktober 2009 
  10. Canwest News Service: Journalist Maziar Bahari released from Iranian jail. In: canada.com. 20. Oktober 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. November 2012; abgerufen am 1. Dezember 2009.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.canada.com
  11. Christopher Dickey: Dickey: 100 Iranians on trial, one baby's future in the balance - The Daily Beast. Newsweek.com, 3. August 2009, abgerufen am 28. Dezember 2011.
  12. Maziar Bahari: 'Then They Came For' Journalist Maziar Bahari. NPR, abgerufen am 28. Dezember 2011.
  13. Maziar Bahari - Harvard Film Archive. Hcl.harvard.edu, 13. Mai 2003, archiviert vom Original am 3. April 2012; abgerufen am 28. Dezember 2011.
  14. Previous Finalists. The Rory Peck Trust, archiviert vom Original am 24. März 2012; abgerufen am 28. Dezember 2011.
  15. Global Writers and Filmmakers Call for Bahari's Release, Newsweek, 17. Juli 2009. Abgerufen am 21. Oktober 2009 
  16. Free Maziar Bahari, New York Times, 8. September 2009. Abgerufen am 21. Oktober 2009