Naturforschende Gesellschaft in Danzig
Die Naturforschende Gesellschaft in Danzig (lateinisch Societas Physicae Experimentalis, polnisch Gdańskie Towarzystwo Przyrodnicze) war eine Vereinigung in Danzig, die sich der Förderung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse widmete. Sie wurde 1743 auf Anregung von Daniel Gralath gegründet und bestand bis 1936.
Geschichte
BearbeitenAnfänge
Gralath äußerte erstmals am 7. November 1742 privat die Idee, eine Societas Physicae experimentalis („Gesellschaft für Experimentalphysik“) zu gründen. Nach positivem Echo fand sich ein kleiner Kreis von Gelehrten zu vorbereitenden Sitzungen zusammen, auf denen nach Vorschlägen Gralaths die Statuten der Gesellschaft beschlossen und ein Vorstand gewählt wurde. Am 2. Januar 1743 trafen sich neun Personen im Haus von Adrian Söhner zur Gründungsversammlung.[1] Sie gründeten eine der ersten Naturforschenden Gesellschaften in Mitteleuropa.
Weitere Entwicklung
Experimente, etwa mit der Leidener Flasche, wurden zunächst in der Halle des Grünen Tors durchgeführt. Ab 1845 residierten die Mitglieder der Gesellschaft am Mottlau-Ufer direkt neben dem Frauentor.
1869 stiftete die Gesellschaft anlässlich des 100. Geburtstags von Humboldt das Humboldt-Stipendium zur Unterstützung naturwissenschaftlicher Arbeiten. Die Gesellschaft setzte sich für die Gründung der Technischen Hochschule Danzig im Jahre 1904 ein und stiftete ihr später auch ihre kostbare Bibliothek.[2] Die umfangreichen naturkundlichen Sammlungen waren dem 1879 begründeten Westpreußischen Provinzial-Museum übergeben worden, kehrten dann aber ins Grüne Tor zurück.
Die Gesellschaft bestand bis 1936. Das Haus wurde im Jahre 1945 zerstört. Das Gebäude wurde wieder aufgebaut und beherbergt seit dem Ende des 20. Jahrhunderts das Danziger Archäologische Museum.
Mitglieder
BearbeitenGründungsmitglieder
- David Kade, Arzt, erster Direktor[3]
- Michael Christoph Hanow, Gymnasialprofessor für Mathematik
- Heinrich Kühn, Gymnasialprofessor für Philosophie
- Daniel Gralath, Privatgelehrter, später Bürgermeister
- Jacob Theodor Klein, Stadtsekretär
- Adrian Gottlieb Söhner, Unterrichter
- Paul Swietlicki, polnischer Prediger an St. Johannes
- Heinrich Wilhelm von Rosenberg, Subsyndicus, später Bürgermeister
- Friedrich August Zorn von Plobsheim, Privatgelehrter
Ehrenmitglieder
- Johann Reinhold Forster (1775)
- Johann Ernst Immanuel Walch
- Friedrich Heinrich Wilhelm Martini
- Alexander von Humboldt (1840)
- Heinrich Göppert (1875)
Weitere Mitglieder
- Nathanael von Wolf
- Michael Christoph Hanow
- Gottfried Lengnich
- Johann Jacob Mascov mit seiner „Geschichte der Teutschen“
- Johann Uphagen
- Eduard O’Rourke, erster katholischer Bischof von Danzig, seit 1922
Schriften
BearbeitenDie Gesellschaft veröffentlichte regelmäßig Publikationen, in denen sie über neueste naturwissenschaftliche Erkenntnisse berichtete
- Versuche und Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft
- Schriften der Naturforschenden Gesellschaft
Literatur
Bearbeiten- Eduard Schumann: Geschichte der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig 1743–1892, Leipzig 1893. (Festschrift zur Feier des 150jährigen Bestehens der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig am 2. Januar 1893).
- Statut der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig, Danzig 1834
- Hauptverzeichnis aller Veröffentlichungen der Naturforschenden Gesellschaft seit ihrer Begründung 1743. ZDB-ID 1000240-6
- Marc Banditt: Gelehrte – Republik – Gelehrtenrepublik. Der Strukturwandel der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig 1743 bis 1820 und die Danziger Aufklärung. (5 Abb., 3 Diagramme, 1 Karte, 4 Tabellen). Harrassowitz, Wiesbaden 2018. ISBN 978-3-447-11147-8.
Weblinks
BearbeitenGeschichte
- Towarzystwo Przyrodnicze Gedanopedia, mit Abbildungen (polnisch)
- Geschichte der Danziger Naturforschenden Gesellschaft von Peter Latkemann
Publikationen
- Publikationen der Naturforschenden Gesellschaft WorldCat
- Publikationen der Naturforschenden Gesellschaft Deutsche Digitale Bibliothek
- Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. 1.(1863/66) - 20.(1935/38)
Die ungedruckten Jahresberichte
(„Acta Societatis Physicae experimentalis“. Bde. 2-23. 1744-1792). [3] Digitalisat von 18 Manuskriptbänden mit den handschriftlichen Jahresberichten, die in jeweils 3 Teile gegliedert sind:[4]
- Historia: Protokolle der geschäftlichen („außerordentlichen“) Sitzungen,
- Ephemeriden: Referate über die in den ordentlichen Sitzungen gehaltenen Vorträge,
- Commentarien: Einzelne Originalmanuskripte gehaltener Vorträge.
Einteilung: Bd. 1 fehlt; Bde. 2(1744) bis 13(1755); Bd. 14(1756-1757);
Bd. 15(1758-1759); Bd. 16(1760-1761); Bd. 17(1762-1763); Bd. 18(1764-17667);
Bd. 19(1768-1770); Bd. 20(1771-1775); Bd. 21(1776-1792); Bd. 22(1793-1817);
Bd. 23(1818-1832); weitere Bde. fehlen.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Eduard Schumann: Geschichte der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig 1743–1892, Leipzig 1893. (Festschrift zur Feier des 150jährigen Bestehens der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig am 2. Januar 1893).
- ↑ Catalog der Bibliothek der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Boenig, Danzig 1874. (Online: [1]).
- ↑ Ein Überblick, über die Gelehrten und Wissenschaftler, welche seit der Entstehung der Naturforschenden Gesellschaft Danzig bis hin zur bevorstehenden industriellen Revolution an der Lehre der Gesellschaft teilgenommen haben, kann in David de la Croix und Maximilian Ganterer, (2021), Scholars and Literati at the Danzig Research Society (1743–1800), Repertorium Eruditorum Totius Europae/RETE, 1:49-54, gefunden werden.
- ↑ Eduard Schumann: Geschichte der naturforschenden Gesellschaft in Danzig 1743-1892. Leipzig 1893, S. 1 [2]
Koordinaten: 54° 20′ 57″ N, 18° 39′ 24″ O