Die Orgel des Klosters Altenberg wurde 1757 von Johann Wilhelm Schöler (Bad Ems) gebaut und 1758 aufgestellt. Die Brüstungsorgel verfügt über 23 Register auf zwei Manualen und Pedal. Nahezu unverändert erhalten, ist das wertvolle historische Instrument ein Zeugnis des spätbarocken Orgelbaus.

Orgel des Klosters Altenberg
Allgemeines
Ort Kloster Altenberg
Orgelerbauer Johann Wilhelm Schöler
Baujahr 1757–1758
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 2002–2004 durch Förster & Nicolaus
Epoche Spätbarock
Orgellandschaft Hessen
Technische Daten
Anzahl der Register 23
Anzahl der Pfeifenreihen 27
Anzahl der Manuale 2
Originaler Spieltisch

Baugeschichte

Bearbeiten

Orgelbauten 1452 und 1653

Bearbeiten

Eine mittelalterliche Orgel von 1452 wurde 1653 durch ein neues Instrument mit acht Registern und einem Zimbelstern ersetzt.[1]

Neubau durch Schöler 1757

Bearbeiten

Schölers Orgel in Altenberg wird noch seiner frühen Phase zugerechnet. Das Instrument war hinsichtlich des Tonumfangs und Klangvolumens von Anfang an für eine Klosterkirche konzipiert. Nach dem Siebenjährigen Krieg wurden 1766 drei Register im Unterwerk durch Register in der Bauart von Friedrich Carl Stumm (Rhaunen-Sulzbach) ersetzt.[2] Die Ursachen für diesen Eingriff wenige Jahre nach dem qualitativ vorzüglichen Neubau sind bisher nicht geklärt, stehen aber möglicherweise mit der Kirchenrenovierung von 1768 im Zusammenhang.[3] In den Folgejahren sind nur Wartungen und kleine Reparaturen belegt. Nach der Säkularisation des Klosters 1802 ging es in den Besitz des Fürsten von Solms-Braunfels über, der 1804 eine Orgelrenovierung durch die Gebrüder Bürgy veranlasste.[4] Seitdem wurden nur noch gelegentlich evangelische Gottesdienste gefeiert und das Instrument kaum verwendet. Dabei blieb das Instrument nahezu unverändert erhalten;[5] nur die ursprüngliche Pedalklaviatur ging verloren und wurde bei der letzten Restaurierung durch eine erhaltene Klaviatur einer anderen Schöler-Orgel ersetzt.[6] Selbst die originale Balganlage, die Windladen und die Zungenregister überstanden die Jahrhunderte unbeschadet.

Der verhältnismäßig zarte und farbige Klang der Orgel und der geringe Pedalumfang erklären sich aus der liturgischen Funktion der Orgel, die im Kloster keinen Gemeindegesang zu begleiten hatte.[2] Im Unterwerk sind die drei Register Mixtur, Rohrflaut 4′ und Vox humana 8′ in der Bauweise Stumm gefertigt.[7] Ansonsten handelt es sich ausnahmslos um Originalregister von Schöler. Die hölzernen Register Bourdon grand, Gedackt und Hohlpfeif (ab c1 Metall) sind gedeckt. Nazard und Salicional (mit Seitenbärten) sind konisch. Die hölzerne Flaut travers ist offen und erklingt C-h0 aus der Hohlpfeif. Die Rohrflaut ist ein Rohrgedackt und bis d1 zugelötet. Alle Pedalregister sind aus Holz: Bei der Posaune sind die Becher aus Fichte, Stiefel und Kehlen aus Eiche; Principalbass und Octavbass sind offen. Die Manualzungen sind in Bass und Diskant geteilt. Dass eine Orgel ein Vierteljahrtausend ohne substantielle Eingriffe überstanden hat, ist der sorgfältigen handwerklichen Ausführung Schölers zu verdanken, der zudem nur exzellente Baumaterialien verwendete. Zum anderen haben die historischen Umstände das Instrument vor größeren Veränderungen bewahrt.[8]

Renovierungen

Bearbeiten

Durch die Firma Gebr. Oberlinger (Windesheim) erfolgte 1977 eine schonende Instandsetzung nach strengen denkmalpflegerischen Grundsätzen und 1987 eine Reinigung, nachdem die Orgel durch Baumaßnahmen in der Kirche in Mitleidenschaft gezogen war.[9]

2002 bis 2004 folgte eine Instandsetzung durch die Firma Förster & Nicolaus (Lich), ohne dass in die Originalsubstanz eingriffen wurde.[2]

Disposition seit 1757

Bearbeiten
 
Detail des Hauptwerk-Prospekts
I Unterwerk C–c3
Flaut travers 8′
Hohlpfeif 8′
Principal 4′
Rohrflaut 4′
Nazard 3′
Salicional 2′
Mixtur III 1′
Vox humana B/D 8′
II Hauptwerk C–c3
Bourdon grand 16′
Principal 8′
Viol di Gamba 8′
Gedackt 8′
Octav 4′
Salicional 4′
Quint 3′
Superoctav 2′
Tertz 135
Mixtur III 1′
Trompett B/D 8′
Pedal C–c0
Sub Bass 16′
Principal Bass 8′
Octav Bass 4′
Posaunen Bass 16′
  • Tremulant: Kanaltremulant
  • Ventilzug (Hauptwerkslade)

Technische Daten

Bearbeiten
 
Blick von der Empore auf den Spieltisch
  • 23 Register
  • Traktur:
    • Tontraktur: Mechanisch
    • Registertraktur: Mechanisch
  • Windversorgung:
    • Drei Spanbälge in separatem Balghaus hinter dem Werk
    • Winddruck: 68 mmWS
  • Stimmung:

Literatur

Bearbeiten
  • Hans Martin Balz: Die Schöler-Orgel im ehemaligen Kloster Altenberg bei Wetzlar. In: Ars Organi. Jg. 49, 2001, S. 235–239.
  • Martin Balz: Göttliche Musik. Orgeln in Deutschland (= 230. Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde). Konrad Theiss, Stuttgart 2008, ISBN 3-8062-2062-X, S. 138 f.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2, S. 20–23.
  • Jürgen Rodeland: Die Orgelbauwerkstatt Schöler in Bad Ems. Katzbichler, München u. Salzburg 1991, ISBN 3-87397-512-2.
  • Verein Kloster Altenberg (Hrsg.): Die Schöler-Orgel im ehemaligen Kloster Altenberg. Solms-Oberbiel 2007.

Aufnahmen/Tonträger

Bearbeiten
  • Reinhardt Menger: Die Schöler-Orgel, erbaut 1757 im ehemaligen Kloster zu Altenberg. 1978. Organo Phon E 10001, LP (Werke von L. N. Clerambault, W. Boyce, C. P. E. Bach, J. S. Bach).
  • Reinhardt Menger: J. S. Bach Werke. 1984. Organo Phon NR 90016, LP.
Bearbeiten
Commons: Orgel des Klosters Altenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1. 1975, S. 20.
  2. a b c Martin Balz: Göttliche Musik. Orgeln in Deutschland (= 230. Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde). Konrad Theiss, Stuttgart 2008, ISBN 3-8062-2062-X, S. 138.
  3. Verein Kloster Altenberg (Hrsg.): Die Schöler-Orgel im ehemaligen Kloster Altenberg. 2007, S. 16.
  4. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1. 1975, S. 21.
  5. Porträt auf orgel-information.de, abgerufen am 29. Januar 2023.
  6. Verein Kloster Altenberg (Hrsg.): Die Schöler-Orgel im ehemaligen Kloster Altenberg. 2007, S. 9.
  7. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1. 1975, S. 23.
  8. Balz: Die Schöler-Orgel im ehemaligen Kloster Altenberg bei Wetzlar. 2001, S. 235–236.
  9. Verein Kloster Altenberg (Hrsg.): Die Schöler-Orgel im ehemaligen Kloster Altenberg. 2007, S. 8.

Koordinaten: 50° 33′ 30,2″ N, 8° 26′ 39″ O