Potenzreihe

mathematische Funktion
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Unter einer Potenzreihe versteht man in der Analysis eine unendliche Reihe der Form

mit

  • einer beliebigen Folge reeller oder komplexer Zahlen
  • dem Entwicklungspunkt der Potenzreihe.

Potenzreihen spielen eine wichtige Rolle in der Funktionentheorie und erlauben oft eine sinnvolle Fortsetzung reeller Funktionen in die komplexe Zahlenebene. Insbesondere stellt sich die Frage, für welche reellen oder komplexen Zahlen eine Potenzreihe konvergiert. Diese Frage führt zum Begriff des Konvergenzradius.

Konvergenzradius

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Als Konvergenzradius einer Potenzreihe um den Entwicklungspunkt   ist die größte Zahl   definiert, für welche die Potenzreihe für alle   mit   konvergiert. Die offene Kugel   mit Radius   um   nennt man Konvergenzkreis. Der Konvergenzradius ist also der Radius des Konvergenzkreises. Falls die Reihe für alle   konvergiert, so sagt man, der Konvergenzradius ist unendlich. Konvergiert sie nur für  , so ist der Konvergenzradius 0, die Reihe wird dann manchmal auch nirgends konvergent genannt.

Bei Potenzreihen lässt sich der Konvergenzradius   mit der Formel von Cauchy-Hadamard berechnen. Es gilt:

 

In diesem Zusammenhang definiert man   und  .

In vielen Fällen kann der Konvergenzradius bei Potenzreihen mit nichtverschwindenden Koeffizienten auch einfacher berechnet werden. Es gilt nämlich

 

sofern dieser Grenzwert existiert.

Beispiele

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Jede Polynomfunktion lässt sich als Potenzreihe auffassen, bei der fast alle Koeffizienten   gleich 0 sind. Wichtige andere Beispiele sind Taylorreihe und Maclaurinsche Reihe. Funktionen, die sich durch eine Potenzreihe darstellen lassen, werden auch analytische Funktionen genannt. Hier noch beispielhaft die Potenzreihendarstellung einiger bekannter Funktionen:

  • Exponentialfunktion:   für alle  , d. h., der Konvergenzradius ist unendlich.
  • Sinus:  
  • Kosinus:  
Der Konvergenzradius ist sowohl für den Sinus als auch für den Kosinus unendlich. Die Potenzreihendarstellung ergibt sich direkt mit der eulerschen Formel aus der Exponentialfunktion.
  • Logarithmusfunktion:  
für  , d. h.: Der Konvergenzradius ist 1, für   ist die Reihe konvergent, für   divergent.
  • Wurzelfunktion:   für  , d. h., der Konvergenzradius ist 1 und die Reihe konvergiert sowohl für   als auch für  .

Eigenschaften

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Potenzreihen sind innerhalb ihres Konvergenzkreises normal konvergent. Daraus folgt direkt, dass jede durch eine Potenzreihe definierte Funktion stetig ist. Des Weiteren folgt daraus, dass auf kompakten Teilmengen des Konvergenzkreises gleichmäßige Konvergenz vorliegt. Dies rechtfertigt das gliedweise Differenzieren und Integrieren einer Potenzreihe und zeigt, dass Potenzreihen unendlich oft differenzierbar sind.

Innerhalb des Konvergenzkreises liegt absolute Konvergenz vor. Über das Verhalten einer Potenzreihe auf dem Rand des Konvergenzkreises kann keine allgemeine Aussage getroffen werden, in manchen Fällen erlaubt aber der abelsche Grenzwertsatz, eine Aussage zu treffen.

Die Potenzreihendarstellung einer Funktion um einen Entwicklungspunkt ist eindeutig bestimmt (Identitätssatz für Potenzreihen). Insbesondere ist für einen gegebenen Entwicklungspunkt die Taylorentwicklung die einzig mögliche Potenzreihenentwicklung.

Operationen mit Potenzreihen

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Addition und skalare Multiplikation

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Sind   und   durch zwei Potenzreihen

 
 

mit dem Konvergenzradius   dargestellt und ist   eine feste komplexe Zahl, dann sind   und   in Potenzreihen mit Konvergenzradius mindestens   entwickelbar und es gilt:

 
 

Multiplikation

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Das Produkt zweier Potenzreihen mit dem Konvergenzradius   ist eine Potenzreihe mit einem Konvergenzradius, der mindestens   ist. Da im Inneren des Konvergenzkreises absolute Konvergenz vorliegt, gilt nach der Cauchy-Produktformel:

 

Dabei wird die durch   definierte Folge   als Faltung oder Konvolution der beiden Folgen   und   bezeichnet.

Verkettung

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Es gebe zu   und   zwei Potenzreihen

 
 

mit positiven Konvergenzradien und der Eigenschaft

 .

Dann ist die Verkettung   beider Funktionen lokal wieder eine analytische Funktion und somit um   in eine Potenzreihe entwickelbar:

 

Nach dem Satz von Taylor gilt:

 

Mit der Formel von Faà di Bruno kann man diesen Ausdruck nun in einer geschlossenen Formel in Abhängigkeit von den gegebenen Reihenkoeffizienten angeben, da:

 

Man erhält mit Multiindex-Schreibweise:

 

Dabei ist   der Multinomialkoeffizient zu   und   ist die Menge aller Partitionen von   (siehe Partitionsfunktion).

Differentiation und Integration

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Eine Potenzreihe ist im Inneren ihres Konvergenzkreises differenzierbar und die Ableitung ergibt sich durch gliedweise Differentiation:

 

Hierbei ist   beliebig oft differenzierbar und es gilt:

 

Analog erhält man eine Stammfunktion durch gliedweise Integration einer Potenzreihe:

 

In beiden Fällen ist der Konvergenzradius gleich dem der ursprünglichen Reihe.

Darstellung von Funktionen als Potenzreihen

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Oft ist man zu einer gegebenen Funktion an einer Potenzreihendarstellung interessiert – insbesondere, um die Frage zu beantworten, ob die Funktion analytisch ist. Es gibt einige Strategien, um eine Potenzreihendarstellung zu bestimmen, die allgemeinste mittels der Taylorreihe. Hier tritt aber oft das Problem auf, dass man eine geschlossene Darstellung für die Ableitungen benötigt, die oft schwer zu bestimmen ist. Für gebrochen rationale Funktionen gibt es jedoch einige leichtere Strategien. Als Beispiel soll die Funktion

 

betrachtet werden.

Mittels der geometrischen Reihe

Durch Faktorisieren des Nenners und anschließender Anwendung der Formel für Summe einer geometrischen Reihe erhält man eine Darstellung der Funktion als Produkt von unendlichen Reihen:

 

Beide Reihen sind Potenzreihen um den Entwicklungspunkt   und können daher in der oben genannten Weise multipliziert werden. Dasselbe Ergebnis liefert auch die Cauchy-Produktformel

 

mit

 

und

 

Daraus folgt durch Anwendung der Formel für die Partialsumme einer geometrischen Reihe

 

als geschlossene Darstellung für die Koeffizientenfolge der Potenzreihe. Damit ist die Potenzreihendarstellung der Funktion um den Entwicklungspunkt 0 gegeben durch

 .
Durch Koeffizientenvergleich

Oft ist der Weg über die geometrische Reihe umständlich und fehleranfällig. Deshalb bietet sich folgender Ansatz an: Man nimmt an, dass eine Potenzreihendarstellung

 

der Funktion mit unbekannter Koeffizientenfolge   existiert. Nach dem Durchmultiplizieren des Nenners und einer Indexverschiebung ergibt sich die Identität:

 

Da aber zwei Potenzreihen genau dann gleich sind, wenn ihre Koeffizientenfolgen übereinstimmen, ergibt sich durch Koeffizientenvergleich

 

und die Rekursionsgleichung

 ,

aus der mittels vollständiger Induktion die obige geschlossene Darstellung folgt.

Das Vorgehen mittels Koeffizientenvergleiches hat auch den Vorteil, dass andere Entwicklungspunkte als   möglich sind. Betrachte als Beispiel den Entwicklungspunkt  . Zuerst muss die gebrochen rationale Funktion als Polynom in   dargestellt werden:

 

Analog zu oben nimmt man nun an, dass eine formale Potenzreihe um den Entwicklungspunkt existiert mit unbekannter Koeffizientenfolge und multipliziert mit dem Nenner durch:

 

Wieder ergibt sich mittels Koeffizientenvergleiches

 

und als Rekursionsgleichung für die Koeffizienten:

 
Durch Partialbruchzerlegung

Wendet man auf die gegebene Funktion zuerst Polynomdivision und dann die Partialbruchzerlegung an, so erhält man die Darstellung

 .

Durch Einsetzen der geometrischen Reihe ergibt sich:

 

Wegen   ergibt sich wie oben  .

Verallgemeinerungen

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Potenzreihen lassen sich nicht nur für   definieren, sondern sind auch verallgemeinerbar. So sind z. B. das Matrixexponential und der Matrixlogarithmus Verallgemeinerungen von Potenzreihen auf dem Raum der quadratischen Matrizen.

Kommen in einer Reihe auch Potenzen mit negativen ganzzahligen Exponenten vor, so spricht man von einer Laurent-Reihe. Erlaubt man den Exponenten, auch gebrochene Werte anzunehmen, handelt es sich um eine Puiseux-Reihe.

Formale Potenzreihen werden beispielsweise als erzeugende Funktionen in der Kombinatorik und der Wahrscheinlichkeitstheorie (etwa als wahrscheinlichkeitserzeugende Funktionen) verwendet. In der Algebra werden formale Potenzreihen über allgemeinen kommutativen Ringen untersucht.

Literatur

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