Provirus
Als Provirus (oder Endogenes Virus) wird Virus-DNA bezeichnet, die in das Genom der Wirtszelle integriert ist. In diesem Zustand kann das Virus in einem latenten (d. h. passiven) Zustand im Organismus verbleiben und an die Tochterzellen weitervererbt werden. Die provirale Form ist Teil des normalen Replikationszyklus von Retroviren und anderen Viren, deren DNA in das Genom integriert wird. Etwa acht Prozent des menschlichen Genoms sind Provirus-Gene, und zwar ausschließlich Gene von endogenen Retroviren.[1]
Übergeordnet |
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Chromosom |
Gene Ontology |
QuickGO |
Der Begriff geht zurück auf Richard Shope, der 1935 das Papillomvirus des Kaninchens beschrieb und vermutete, dass dieses DNA-Virus als Provirus in latenter Form im Organismus verbleiben könne. Die Entdeckung der reversen Transkriptase durch Howard M. Temin zeigte erstmals, wie auch Retroviren dieses Ziel erreichen können.[2]
Wenn dagegen das Virusgenum selbst bereits aus DNA besteht (siehe DNA-Viren), dann ist keine reverse Transkriptase nötig, bei Einzelstrang-DNA muss lediglich der Komplementärstrang ergänzt werden. Eine Integrase reicht aus zum Einbau der DNA. Beispiele gibt es
- bei DNA-Bakteriophagen (z. B. der Ordnung Caudovirales) – in diesen Fällen wird synonym die Bezeichnung „Prophage“ verwendet
- bei Virophagen der Familie Lavidviridae und anderer Polinton-ähnlicher Viren (PLVs, Phylum Preplasmiviricota) mit dsDNA-Genom, wenn diese sich in das Genom ihrer Helferviren integrieren – in diesem Fall findet synonym die Bezeichnung „Provirophage“ Anwendung.[3]
Die Stellen an sich das Virusgenom in das Genom des Wirts integriert, wird als englisch attachment site ‚Anheftungsstelle‘ bezeichnet.[4]
Literatur
Bearbeiten- G. M. Cooper: The DNA provirus. Howard Temin’s scientific legacy. ASM Press, Washington DC 1995, ISBN 1-55581-098-5.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ R. Belshaw, V. Pereira u. a.: Long-term reinfection of the human genome by endogenous retroviruses. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, Band 101, Nummer 14, April 2004, S. 4894–4899; doi:10.1073/pnas.0307800101. PMID 15044706. PMC 387345 (freier Volltext).
- ↑ R. E. Shope, E. W. Hurst: Infectious Papillomatosis Of Rabbits: With A Note On The Histopathology. In: Journal of experimental medicine, Band 58, Nummer 5, Oktober 1933, S. 607–624; PMID 19870219. PMC 2132321 (freier Volltext).
- ↑ Said Mougari, Dehia Sahmi-Bounsiar, Anthony Levasseur, Philippe Colson, Bernard La Scola: Virophages of Giant Viruses: An Update at Eleven. In: Viruses, Band 11, Nr. 8, Juli/August 2019, S. 733, doi:10.3390/v11080733, PMC 6723459 (freier Volltext), PMID 31398856.
- ↑ E. Fidelma Boyd, Kathryn E. Moyer, Lei Shi, Matthew K. Waldor: Infectious CTXΦ and the Vibrio Pathogenicity Island Prophage in Vibrio mimicus: Evidence for Recent Horizontal Transfer between V. mimicus and V. cholerae. In: Infection and Immunity. 68. Jahrgang, Nr. 3, 2000, S. 1507–1513, doi:10.1128/IAI.68.3.1507-1513.2000, PMID 10678967, PMC 97308 (freier Volltext) – (englisch).