Richilde (Musäus)

Märchen (AaTh 709) im ersten Band von Johann Karl August Musäus‘ Volksmährchen der Deutschen, 1782

Richilde ist ein Märchen (AaTh 709) im ersten Band von Johann Karl August MusäusVolksmährchen der Deutschen, 1782. Es gilt als Vorläufer zu Grimms Schneewittchen.

Illustration von Ludwig Richter

Gunderich der Pfaffenfreund, Graf von Brabant und seine Frau sind kinderlos. Albertus Magnus aber macht der Frau Hoffnung, sie bekommt ein schönes Töchterlein, Richilde. Er fertigt noch einen Spiegel, der Richilde jede Frage beantworten wird. Den erhält sie 15-jährig von der sterbenden Mutter. Bald ist sie von Freiern und Schmeichlern umgeben. Der Spiegel bestätigt, sie ist die Schönste. Gedrängt, endlich zu heiraten, lässt sie sich den schönsten Mann zeigen, Graf Gombald. Zu spät hört sie, dass er verheiratet ist. Er steckt seine schwangere Frau ins Kloster und lebt lustvoll mit Richilde. Dann plagt ihn das Gewissen, er fährt gen Jerusalem und stirbt. Richilde fragt den Spiegel, ob sie noch die Schönste ist, und sieht mit Schrecken statt ihres eigenen Gesichts das von Stieftochter Blanka, deren Mutter im Kloster starb. Der Hofarzt muss erst einen Granatapfel, dann eine Seife, zuletzt einen Brief für Blanka vergiften. Doch benutzt er nur ein Narkotikum. Blanka erwacht ein ums andere Mal in der Gruft, wo die Zwerge den Sarg bewachen. Das dritte Mal kommt Gottfried von Ardenne, auf dem Rückweg von einer Wallfahrt um der Seele seines Vaters willen, mit seiner Reliquie dazu. Er führt Blanka heim und lockt zur Hochzeit Richilde dazu. Die spricht sich ihr Urteil, in Eisenschuhen zu tanzen.

Quellen und Nachwirkung

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„Um die Zeit der Kreuzzüge“ soll der Graf von Brabant gelebt haben.[1] Albertus Magnus war ein bekannter Gelehrter. Der vergiftete Granatapfel wird mit dem „Unglücksapfel aus dem Paradies“ und dem „Apfel aus dem Garten der Hesperiden“ verglichen.[2]

Walter Scherf spricht von einer Märchennovelle. Er bemerkt, wie das Wort der Gräfin, sie habe gehofft, in ihrer Tochter wieder aufzuleben, sich zweifach erfüllt. Der Glassarg begegnet auch in Goethes Die Wahlverwandtschaften. In Ulrich Jahns Hans, der Grafensohn, und die schwarze Prinzessin (Volksmärchen aus Pommern und Rügen, Nr. 16) lässt sie sich im Dom aufbahren und frisst ihre Leichenwachen.[3]

Laut Harlinda Lox hat Richilde auf Grimms Schneewittchen erheblich eingewirkt.[4] Richilde ist der erste richtige Beleg eines Schneewittchen-Märchens, wobei im Mittelpunkt die Stiefmutter steht, ihre Vorgeschichte füllt etwa die erste Texthälfte. Basiles 2,8 Die kleine Sklavin hat nur Einzelmotive.[5] Anstatt der berühmten sieben Zwerge, sind es bei Musäus „Hofzwerge“. Gombalds Frau jammert, „daß es einen Stein hätte erbarmen mögen“,[6] vgl. später Grimms KHM 1, 80, 110, Jahns Die Prinzessin auf dem Baum.

Literatur

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  • Johann Karl August Musäus: Märchen und Sagen. Parkland. Köln 1997. ISBN 3-88059-881-9, S. 69–119.
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Commons: Richilda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Johann Karl August Musäus: Märchen und Sagen. Parkland. Köln 1997. ISBN 3-88059-881-9, S. 69.
  2. Johann Karl August Musäus: Märchen und Sagen. Parkland. Köln 1997. ISBN 3-88059-881-9, S. 107.
  3. Walter Scherf: Das Märchenlexikon. Band 2. C. H. Beck, München 1995, ISBN 978-3-406-51995-6, S. 982–986.
  4. Harlinda Lox: Musäus, Johann Karl August. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 9. Walter de Gruyter, Berlin/New York 1999, S. 1025–1030.
  5. Christine Shojaei Kawan: Schneewittchen. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 12. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, S. 129–140.
  6. Johann Karl August Musäus: Märchen und Sagen. Parkland. Köln 1997. ISBN 3-88059-881-9, S. 91.