Rorschach

Gemeinde im Kanton St. Gallen in der Schweiz

Rorschach ist eine politische Gemeinde und eine Kleinstadt am Bodensee im Schweizer Kanton St. Gallen.

Rorschach
Wappen von Rorschach
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton St. Gallen St. Gallen (SG)
Wahlkreis: Rorschach
BFS-Nr.: 3215i1f3f4
Postleitzahl: 9400
UN/LOCODE: CH RRC
Koordinaten: 754900 / 260700Koordinaten: 47° 28′ 44″ N, 9° 29′ 38″ O; CH1903: 754900 / 260700
Höhe: 471 m ü. M.
Höhenbereich: 395–470 m ü. M.[1]
Fläche: 1,78 km²[2]
Einwohner: 9955 (31. Dezember 2023)[3]
Einwohnerdichte: 5593 Einw. pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne
Schweizer Bürgerrecht)
52,1 %
(31. Dezember 2023)[4]
Stadtpräsident: Robert Raths (FDP)
Website: www.rorschach.ch
Panorama der Stadt Rorschach
Panorama der Stadt Rorschach
Lage der Gemeinde
Karte von RorschachBodenseeUnterer BurgweierMannenweierBuebenweierChrüzweierWenigerweierRütiweierSchlossweierÖsterreichKanton Appenzell AusserrhodenKanton Appenzell InnerrhodenKanton Appenzell InnerrhodenKanton Appenzell InnerrhodenWahlkreis St. GallenKanton ThurgauKanton ThurgauWahlkreis St. GallenWahlkreis RheintalBerg SGBerg SGGoldach SGMörschwilRorschachRorschacherbergSteinach SGThal SGTübachUntereggen
Karte von Rorschach
{w

Geographie

Bearbeiten

Rorschach liegt in der Ostschweiz am Südufer des Bodensees am südlichsten Punkt des Sees, etwa gegenüber der Mündung der Argen und südlich der deutschen Bodenseestadt Friedrichshafen.

Rorschach ist das Zentrum einer Agglomeration (etwa von Arbon bis Rheineck) mit ca. 35'000 Einwohnern. Von der Fläche her (1,78 km²) ist die Stadt selbst aber eine der kleinsten der Schweiz.

Geschichte

Bearbeiten
 
Historisches Luftbild von Walter Mittelholzer zwischen 1918 und 1937
 
Rorschacher Hafen mit dem neuen Zoll

Die Ortsgeschichte geht bis auf die Alemannen zurück. Erstmals bezeugt findet sich das Dorf 850 in der Lagebeschreibung inter Coldahun villam et Rorscachun situm‚ 'zwischen dem Dorf Goldach und Rorschach gelegen‘.[5] Der Name ist eine Bildung aus althochdeutsch rōr, 'Rohr, Schilf‘ und scahho, 'einzeln stehendes Wäldchen, Schachen‘.[6]

Im Jahre 947 verlieh König Otto I. dem Abt Graloh vom Kloster St. Gallen das Markt-, Münz- und Zollrecht zu Rorschach. Seit dem Frühmittelalter war Rorschach Durchgangsort der grossen Pilgerzüge. Im Jahr 1351 wurde das Reichsgut unter Kaiser Karl IV. erstmals verpfändet an Hermann von Breitenlandenberg. Nach verschiedenen anderen Pfandherren erhielt der Abt von St. Gallen 1464 die Erlaubnis Kaiser Friedrichs III., das Pfand einzulösen.[7]

1597 wurde die Monatszeitung Annus Christi (auch bekannt als Historische relatio bzw. Rorschacher Monatsschrift) in Rorschach gedruckt. Es ist mutmasslich die erste Zeitung weltweit, die periodisch erschien und zudem wesentliche Merkmale einer Zeitung enthielt. Sie wurde nach einem Jahr – vermutlich auf Grund finanzieller Schwierigkeiten oder mangelnden Leserinteresses (150 Exemplare) – eingestellt.

Auf dem heutigen Kronenplatz stand die dem Apostel Jakob gewidmete Jakobskapelle, eine Raststätte für Pilger. Sie wurde 1833 abgebrochen; als Erinnerung daran der Jakobsbrunnen gebaut. Noch heute läutet täglich zweimal die Glocke zum Angelus.

1905 streikten die Arbeiter der metallurgischen Betriebe.[8]

Die «Badhütte» aus dem Jahre 1924, eine auf Betonpfeilern im Wasser stehende, dreiflügelige Badeanstalt, ist das einzige verbliebene Bauwerk seiner Art am Schweizer Bodenseeufer.[9] Erbaut wurde sie vom Architekten Köpplin.

2009–2013 wurde im Gebiet «Neuseeland» an der Churerstrasse das Würth Haus Rorschach (Verwaltungs- und Ausbildungszentrum mit Kongresssaal sowie dem Kunstmuseum «Forum Würth») durch das Zürcher Architekturbüro Gigon/Guyer erstellt. Reinhold Würth eröffnete das Haus am 20. April 2013.

Beschreibung: In Rot eine goldene strenggebundene Getreidegarbe von je einem silbernen gestürzten Fisch zu den Seiten begleitet. Die Fische symbolisieren die Fischerei am Bodensee, während die Korngarbe wohl im Zusammenhang mit dem historischen Kornhaus zu sehen ist.[7]

Fusionspläne

Bearbeiten

Rorschach, Rorschacherberg und Goldach prüften 2007 eine Fusion zu einer «Stadt am See» mit rund 25'000 Einwohnern, was eine der grössten Städte im Kanton St. Gallen ergeben hätte. Nachdem sich in Goldach eine Fusion wegen des niedrigeren Steuerfusses als politisch nicht durchsetzbar erwies, stand nur eine Fusion von Rorschach und Rorschacherberg zur Diskussion, welche von den Bürgern Rorschacherbergs Ende 2008 abgelehnt wurde. In Rorschach wurde die Fusion hingegen stark befürwortet, da starke Steuersenkungen resultiert hätten.[10]

Im Jahr 2014 wurde erneut eine Grundsatzabstimmung über die Fusion der drei Gemeinden zur «Stadt am See» durchgeführt. Ziel dieser Abstimmung war es, den Gemeinderäten einen Auftrag zur vertieften Prüfung zu erteilen und innerhalb von 2 Jahren eine definitive Abstimmung zur Fusion durchzuführen. Diese Grundsatzabstimmung wurde wieder, wie die vorherigen, von den Gemeinden Goldach und Rorschacherberg klar abgelehnt und von der Stadt Rorschach mit deutlicher Mehrheit angenommen.[11] Durch diesen neuerlichen Entscheid wurden weitere Massnahmen für eine Fusion sistiert und vorgesehene und teils bestehende Zusammenarbeiten durch die Stadt Rorschach beendet oder auf Eis gelegt.

Städtepartnerschaft

Bearbeiten

In Rorschach sind folgende Höhere Schulen ansässig:

 
Kornhaus
 
WÜRTH-Haus Rorschach

Das Museum im Kornhaus am Rorschacher Hafen bezeichnet sich als Erlebnismuseum für Gross und Klein. Das Ausstellungsspektrum reicht von Urgeschichte, Stadtentwicklung, Wirtschaft, Industrie, Tierwelt am Bodensee zu Optik/Illusion, Schriften/Zeichen und Mathe-Magie.[12]

Beim jährlich stattfindenden Sandskulpturen-Festival bauen eingeladene Künstler internationaler Herkunft während einer vorgegebenen Zeit Skulpturen aus Sand zu einem Thema, das zu Beginn des Festivals bekannt gegeben wird. Am Ende des Festivals werden die besten Skulpturen vom Publikum und einer Fachjury gekürt.[13]

Das Forum Würth wurde 2013 eröffnet (siehe Geschichte).

Wirtschaft

Bearbeiten

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann auch in Rorschach die Industrialisierung. Die Aluminiumwerke AG Rorschach begründeten zusammen mit Feldmühle AG (Maschinenstickerei) und Conservenfabrik Rorschach (Roco-Konservenprodukte) den Ruf der Industriestadt.[14]

Zu den ansässigen Unternehmen zählt die Zollern-Mimtec AG, ein Teil der Zollern-Gruppe.

Die Frisco-Findus AG, ein Hersteller von Speiseeis, hatte vor der Übernahme durch Nestlé ihren Sitz in Rorschach. Die Firma galt als Pionier im Bereich Speiseeis und brachte 1960 das erste in der ganzen Schweiz erhältliche Speiseeis (in der Schweiz Glacé genannt) auf den Markt.[15] Die Speiseeis-Herstellung des Joint-Ventures Froneri ist heute in der neuen Fabrik im benachbarten Goldach konzentriert.

Die 1871 gegründete Brauerei Löwengarten wurde nach der Übernahme (2006) durch die Brauerei Schützengarten stillgelegt. An ihrer Stelle entsteht ein Wohnquartier, in das Teile der alten Brauereigebäude integriert werden. Das Löwengartenbier wird heute in St. Gallen in der Brauerei Schützengarten produziert.[16] Nach der Schliessung von Löwengarten wurde 2007 eine lokale Brauerei gegründet, diese Kornhausbräu hat sich einen Namen durch die Produktion ihrer diversen Spezialbiere gemacht.

Das Familienunternehmen Molkerei Fuchs existiert seit 1883 und verfügt damit über eine landesweite Bekanntheit. Eine kleine internationale Verbreitung erfuhr die Molkerei als Zulieferer des Airline Caterers LSG Sky Chefs/First Catering.[17]

 
Hauptstrasse in Rorschach

Rorschach besitzt einen Bahnhof und die Haltestellen Rorschach Hafen und Rorschach Stadt. Der Erstgenannte war lange Zeit einer der wichtigsten der Schweizerischen Bundesbahnen, hat mittlerweile aber stark an Bedeutung verloren. Die Schienenverbindungen führen auf der Seelinie nach Schaffhausen, auf der Schnellzuglinie nach St. Gallen sowie über St. Margrethen nach Chur; die Rorschach-Heiden-Bergbahn bietet Verbindungen nach Heiden an.

Der Rorschacher Hafen besitzt Anlegestellen für Kursschiffe der Weissen Flotte und ist Heimathafen der Rorschacher Fahrgastschiffe.

Rorschach verfügt über keine eigene Autobahnanbindung, die nächsten Anschlussstellen befinden sich auf dem Gebiet der Gemeinden Thal und Goldach. Es sind Abklärungen für eine neue Autobahnanbindung für den Westen der Stadt im Gange. Ziel ist es, den Verkehr direkt von Rorschach und Rorschacherberg auf die Autobahn zu bringen und so die Ortskerne von Goldach und Staad zu entlasten.

Sehenswürdigkeiten

Bearbeiten
 
Badhütte Rorschach
  • Katholische Pfarrkirche Sankt Kolumban und Konstantius (1782 klassizistisch umgebaut und erweitert).[18] Fünfstimmiges Bronzegeläute mit Schlagtonfolge a0–c1–d1–e1–g1 (leicht verzogene Schlagtonlinie).
  • Katholische Herz-Jesu-Kirche (1897, neugotisch), meist als «Jugendkirche» bezeichnet. Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund grosser Bevölkerungszahlen (etwa 30 % mehr als heute) erbaut. Die Schliessung wurde 2004 diskutiert: Sie erfolgte zwar bisher nicht, allerdings finden hier keine Gottesdienste mehr statt (Stand 2015).[19][20] Seit März 2015 werden Ideen für eine Umnutzung der Kirche in Form von Wohnungen und Geschäften öffentlich diskutiert.[21]
  • Reformierte Kirche (1904), Sakralbau mit burgähnlicher Architektur mit als Kuppel aufgesetztem Glockenturm (beherbergt mit den vier Bronzeglocken f0–a0–c1–f1 eines der schwersten und tontiefsten Geläute der Schweiz)
  • Jakobsbrunnen, bildet den Ausgangsort des Rorschacher Jakobswegs nach Santiago de Compostela.
  • Kornhaus, barockes Handels- und Lagerhaus am Hafen[22][23]
  • ehemaliges Kloster Mariaberg, 1487 bis 1489 von Abt Ulrich Rösch erbaut (heute Pädagogische Hochschule).
  • Badhütte an der Thurgauerstrasse: Seebad im Bodensee auf Betonpfählen, über eine Brücke erreichbar – der Bau wurde im Jahr 1923 durch Niedrigwasser erleichtert, das Bad wurde zur Badesaison 1924 eröffnet.[24]
  • Die Schwebende: Skulptur (1955) des Bildhauers Hermann Haller, nackte Frau in einer natürlich tänzerischen Pose.[25]
  • Der 2012 erbaute, etwa 30 Meter hohe Stadtbalkon ist mit seinem Aufzug und der Brücke ein Zugang zu dem hinter dem Hauptbahnhof gelegenen Wohnquartier und zugleich eine Aussichtsplattform.

Persönlichkeiten

Bearbeiten

In Rorschach geboren

Bearbeiten

In Rorschach gewirkt

Bearbeiten

In Rorschach gestorben

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Rorschach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
  2. Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
  3. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
  4. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
  5. StiASG, Urk. III 184. Online auf e-chartae, abgerufen am 25. Juni 2020.
  6. Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Hrsg. vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuenburg unter der Leitung von Andres Kristol. Frauenfeld/Lausanne 2005, S. 756.
  7. a b Erhard Nietzschmann: Die Freien auf dem Lande. Ehemalige deutsche Reichsdörfer und ihre Wappen. Melchior, Wolfenbüttel 2013, ISBN 978-3-944289-16-8, S. 66.
  8. Marco Zanoli, François Walter, Laurent Auberson: Atlas historique de la Suisse – L’histoire suisse en cartes. Édition augmentée. 3. Auflage. Éditions Livreo-Alphil, Neuchâtel 2022, ISBN 978-2-88950-104-5, S. 167.
  9. Herzlich willkommen in der Badhütte Rorschach. Stadt Rorschach, abgerufen am 21. Dezember 2013.
  10. Gemeindefusion: Neue Stadt am Bodensee? ORF Vorarlberg, 11. März 2007, abgerufen am 26. Dezember 2020.
  11. Keine Fusion in der Region Rorschach Tagblatt Online, Artikel vom 18. Mai 2014
  12. Erlebniswelt Museum im Kornhaus
  13. 15. internationales sandskulpturen festival. Sandskulpturen Festival Verein, abgerufen am 21. Dezember 2013.
  14. Die Industrie hält Einzug - Rorschachergeschichten. Abgerufen am 13. November 2024.
  15. 50 Jahre FRISCO. (PDF) Nestlé, 15. April 2010, abgerufen am 21. Dezember 2013.
  16. ÜBER UNS. BRAUEREI SCHÜTZENGARTEN AG, abgerufen am 21. Dezember 2013.
  17. Fuchs-Joghurt fliegt um die Welt, St. Galler Tagblatt, 5. Juli 2014
  18. Johannes Huber: Pfarrkirche St. Kolumban und Konstantius in Rorschach. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 574). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1995.
  19. Pfarrblatt (Memento vom 13. April 2015 im Internet Archive) der katholischen Kirchgemeinde Rorschach. Aufgerufen am 13. April 2015.
  20. Gutachten zur Orgel der Herz-Jesu-Kirche von 2011.
  21. Artikel des Katholischen Medienzentrums vom 24. März 2015.
  22. Kornhaus (Memento vom 13. April 2017 im Internet Archive) Rorschach sehen & erleben auf rorschach.ch
  23. Museum im Kornhaus auf museum-rorschach.ch
  24. Alexander Pohle: Die Badhütte. In: 99 x Bodensee wie Sie ihn noch nicht kennen. Bruckmann Verlag GmbH, München 2014. ISBN 978-3-7654-8303-5. S. 83–84.
  25. Patrick Brauns: Der Bodensee. 101 Orte usw. WBG, Darmstadt 2015, S. 154 f.