SBB Tm II
Die Tm II sind kleine zweiachsige Schienentraktoren der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und verschiedener Privatbahnen die für den Rangierdienst oder den Baudienstes verwendet wurden. Sie wurden seit 1950 über einen Zeitraum von fast 20 Jahren in grosser Stückzahl beschafft und werden als Tm 2/2 II bezeichnet. Es gibt sie in Normal- wie auch in Schmalspur, wobei die Schmalspurversion auch in einer Ausführung existiert, die für den gemischten Adhäsions- und Zahnradbetrieb ausgelegt ist.
SBB Tm II | |
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SBB Tm II 758, Brugg
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Nummerierung: | 601–853 |
Hersteller: | RACO (Robert Aebi AG, Zürich) |
Baujahr(e): | 1950 bis 1969 |
Achsformel: | B |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Länge über Kupplung: | 6070 |
Höchstgeschwindigkeit: | 45 km/h |
Installierte Leistung: | 70 kW |
Motorentyp: | Saurer |
Leistungsübertragung: | mechanisches Viergang-Schaltgetriebe |
Kupplungstyp: | Schraubenkupplung, Mittelpufferkupplung |
Technik
BearbeitenDie Schienentraktoren, kurz auch als Traktoren bezeichnet, haben eine gedeckte Ladefläche für den Materialtransport und ein grossräumiges, geschlossenes Führerhaus. Der Dieselmotor der Firma Saurer entwickelt eine Leistung von 70 kW, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 45 km/h Der Motor treibt über ein mechanisches Getriebe und Ketten beide Achsen an. Die werksseitige Typenbezeichnung bei Aebi war 95 SA3 RS.
Lieferungen
BearbeitenEiner von RACO in den Jahren 1948 und 1949 gelieferten als SBB Tm 535–542 bezeichneten Vorserie des Tm II mit einem benzinbetriebenen Motor und einer Leistung von lediglich 30 kW[1] folgten zwischen 1950 und 1969 etwa 250 Fahrzeuge der verstärkten, standardisierten Bauart, die von der Robert Aebi in Regensdorf an die Schweizerischen Bundesbahnen geliefert wurden. Die Benzinmotoren der Vorserienfahrzeuge wurden in den 1960er Jahren durch Dieselmotoren ersetzt.
Zwei Fahrzeuge wurden 1962 von RACO an die Bodensee-Toggenburg-Bahn (BT) als BT TM II 1 und 2 geliefert und sind seit der Fusion zur Südostbahn (SOB) als SOB Tm 236 001 und 002 eingereiht.
An die SBB-Brünigbahn gingen neben den reinen Adhäsionstraktoren SBB Tm II 596–598 und Tm II 981–983 auch zwei Fahrzeuge für Adhäsions- und Zahnradbetrieb. Sie wurden 1965 in Dienst gestellt und erhielten die Baureihenbezeichnung SBB Tmh 985 und 986. Sie hatten mit 120 kW einen wesentlich stärkeren Motor. Diese konnten auf der Zahnradstrecke mit einer Höchstgeschwindigkeit von 27 km/h gefahren werden, im Adhäsionsbetrieb mit maximal 40 km/h. Sie wurden im Jahre 2004 an die Dampfbahn Furka-Bergstrecke (DFB) verkauft.[2]
SBB Tm II 596–598 und Tm II 981–983 gingen mit der Übernahme der Brünigbahn von der SBB an die Zentralbahn in Meiringen.[3] Tm II 596 wurde später an das Regionalverkehrsunternehmen Regionalverkehr Bern–Solothurn (RBS) für deren Werkstattdienst in Worbboden verkauft. Er wurde dort noch im Jahre 2002 grundlegend restauriert und trägt die Bezeichnung RBS Tm 2/2 161.
In den 1980ern kamen zur Brünigbahn noch zwei aus Normalspur umgebaute Tm II 980 (ehemals Tm II 709) und 984 (ex Tm II 828) (siehe auch im Abschnitt Verbleib).
Bei der Zentralbahn ist heute neben dem von der SBB erworbenen Tm 101 auch ein 1961 gebauter ähnlicher Rangiertraktor mit der werksseitigen Typenbezeichnung 100 DA3 HT im Einsatz. Er wurde 1961 in 1000 mm Spurweite – zunächst als StEB Tm 51 bezeichnet – direkt an die Gesellschaft Stansstad–Engelberg-Bahn (StEB) geliefert. Über die Umfirmierung in Luzern–Stans–Engelberg-Bahn (LSE) im Jahre 1964 und die Übernahme der Brünigbahn ist er als Tm 102 bei der Zentralbahn eingereiht.[4]
Einsatz
BearbeitenUrsprünglich wurden die Traktoren im Baudienst eingesetzt, gegen Ende ihrer Einsatzzeit waren sie nur noch im Stationsdienst oder als Reserve für Winterdienste im Bestand. Mit der Einführung neuer Bauartbezeichnungen wurden die Tm II der Staatsbahn als Baureihe 230 unter Beibehaltung der laufenden Seriennummer bezeichnet, die Traktoren der Privatbahnen erhielten an der dritten und vierten Stelle zwei Ziffern zur Bezeichnung des Eigentümers. Mit der Einführung zwölfstelliger Nummern seit dem Jahre 2005 wurde daraus 98 85 5 230 ergänzt durch die ursprüngliche Seriennummer. Nur an wenigen Fahrzeugen war diese offizielle Bezeichnung in den Folgejahren aber auch tatsächlich angeschrieben. Am 1. Januar 2008 waren noch 36 Fahrzeuge bei den SBB im Bestand.[5] Aktuell sind nahezu alle Traktoren dieser Bauart bei den Schweizerischen Bundesbahnen ausgeschieden. Es sind nur noch der SBB Tm II 816 bei der Division Personenverkehr,[6] sowie SBB Tm II 635 und 647 bei der Division Infrastruktur vorhanden.[7]
Verbleib
BearbeitenDie Vorserienfahrzeuge wurden bis 1982 an Werk- und Privatbahnen verkauft, SBB Tm 536 ging 1980 an die Sihltal-Zürich-Uetliberg-Bahn (SZU), wurde dort als Tm 2/2 10 (in zweiter Besetzung) eingereiht. Er erhielt noch die Computernummer 236 510 und ist bei der Zürcher Museums-Bahn (ZMB) erhalten geblieben.[8]
Einige der Traktoren der standardisierten Bauart gingen nach dem Ende ihrer Dienstzeit an Werks- und Museumsbahnen.
Tm II 611 wurde erst im Jahre 2012 ausgemustert und ist bei der Stiftung Historisches Erbe der SBB (SBB Historic) erhalten geblieben.
Tm II 617 ist bei Markus Johannes Amrein, auch bekannt als EW Nostalgie, erhalten geblieben.[9]
Tm II 620 steht in der Rotonde Delémont und ist auf die SBB eingetragen.
Tm II 631 mit Ausstattung für den Winterräumdienst wurde als Denkmal am Eingang zum Rundlokschuppen in Sargans aufgestellt.
Tm II 633 steht im Rangierbahnhof von Delémont und ist im Besitz der Stiftung Historisches Erbe der SBB.
Tm II 635 war als einer der letzten Traktoren der Bauart noch gelistet und diente noch Ende des Jahres 2016 dem Depot des Rangierbahnhof in Zürich/Limmattal. Er wurde im Januar 2024 an den Verein Dampfgruppe Zürich abgegeben. Ebenfalls dem VDZ gehört der Tm II 758.
Tm II 643 dient der Recyclingfirma soRec AG aus Gossau SG als Werkstraktor.
Tm II 647 diente der SBB zuletzt im Rangierbahnhof Basel und wurde im Januar 2024 an den Verein Dampfbahn Bern verkauft.
Tm II 653 gehörte bis im Januar 2024 EW Nostalgie und wurde nun an den Verein Dispopendel verkauft.[10]
Tm II 663 wurde an die Mittelthurgaubahn (MThB) verkauft und war dort als Tm 236 647-4 im Einsatz. Später wurde er an die Winpro AG (ab 2005 Stadler Winterthur AG) in Winterthur verkauft.
Tm II 685 ging an EW Nostalgie als Tm 98 85 5 230 685-0 CH-MJA (intern Tm II 230 685). Er ist zusammen mit Tm II 784 & 801 und bei der Museumsbahn Etzwilen–Singen.[11][12]
Tm II 700 wurde im Februar 2002 ausgemustert und an die Regionalverkehr Mittelland (RM) verkauft. Dort trug er die Bezeichnung Tm 236 342-2 und kam im Juni 2006 durch die Fusionierung der Regionalverkehr Mittelland AG mit der BLS Lötschbergbahn (BLS) zur neuen BLS AG. Er behielt seine Nummer und war fortan als BLS Tm 236 342-2 eingereiht. Im Jahre 2011 schied er schliesslich auch bei der BLS aus und wurde an die LSB Lok Service Burkhardt AG in Hinwil verkauft. Im September 2016 war er noch auf deren Abstellgleisen im benachbarten Rüti abgestellt. Im November 2017 wurde er an das Ausbildungsunternehmen viafier by niggli verkauft, wo er für die VTE 10 Ausbildungen eingesetzt wird.
Tm II 706 steht als Tm 93 beim DVZO im Einsatz.[13]
Tm II 709 wurde 1987 auf Schmalspur für die SBB-Brünigbahn umgebaut und trug fort an die Bezeichnung Tm II 980. Im Jahr 2010 wurde er von der Meiringen-Innertkirchen-Bahn (MIB) übernommen, die ihm die Nummer 10 gab und nur ein Jahr später an die Museumsbahn La Traction als Tm II 10 weiter gab.[14][15]
Tm II 717 war zuletzt beim Verein 241A65, heute Dampflok Depot Full, vorhanden. Sein Verbleib ist unbekannt.
Tm II 725 & 785 sind in Biasca beim Swiss Railpark St. Gotthard (ehemals Club del San Gottardo) untergebracht.
Tm II 734 ging nach seiner Umspurung auf 1000 mm im Jahre 1995 als Tm 101 an die Luzern-Stans-Engelberg-Bahn (LSE) und gelangte durch deren Fusion mit der Brünigbahn ebenfalls zur Zentralbahn.[16]
Tm II 749 gehört zur Sammlung des Vereins DSF Koblenz.[17]
Tm II 751 wurde als Rangierlok an STAG Bahnwagen-Service in Sargans verkauft und trägt die Nummer Tm 98 85 5 230 751-0 CH-BWSHO.[18][19]
Tm II 770 ging an die Holcim und diente in deren Niederlassung in Sargans im ehemaligen Lokdepot dem Verschub von Güterwagen, die dort unterhalten werden.[20] Sein weiterer Verbleib ist unbekannt.
Der Tm II 797 wurde 2019 an die Sursee-Triengen-Bahn verkauft, im Sommer 2020 bei der LSB in Hinwil revidiert, perlviolett angestrichen und wird nun im Surental unter dem internen Namen „Bonbonina“ als Baudienst- und Rangiertraktor eingesetzt.[21]
Tm II 813 des Vereins «Mikado 1244» hat seinen ständigen Standort im Bahnpark Brugg.[22]
Tm II 815 und 849 gehören der Stauffer Schienen- und Spezialfahrzeuge aus Frauenfeld.
Tm II 816 wurde im November 2008 an das SBB Industriewerk Biel/Bienne für den internen Werksverschub abgegeben. Dort war er im August 2014 noch vorhanden.[23] Er wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt ebenfalls an STAG Bahnwagen-Service verkauft und kommt ebenfalls in Sargans zum Einsatz.
Tm II 828 wurde 1983 für die Verwendung auf der Brünigbahn auf 1000 mm umgespurt und zunächst als Tm II 984 bezeichnet. Mit der Übernahme durch die Zentralbahn erhielt er die Nummer Tm 172 984.[24] Im September 2014 wurde dieses Fahrzeug durch die Shiptec AG aus Luzern als Denkmal hergerichtet und beim Apart Hotel in Rotkreuz aufgestellt. Der Innenraum wurde mit einer Bar versehen.[25]
Tm II 834 gehört der Firma Lok Service Balmer aus Hinwil.
Tm II 854 ist am Bahnhof Wettingen vor der restaurierten Lokremise stationiert.
Der Tm II mit der Computernummer 98 85 5 230 864-1 unbekannter Herkunft gehört jetzt der Sursee-Triengen-Bahn. Er hat einen perlvioletten Anstrich erhalten und wird intern als „Violettina“ bezeichnet. Im Winter sind beidseitig Schneepflüge montiert für die Schneeräumung der Strecke Hinwil-Bauma und ist dann in Bäretswil stationiert.[26]
Siehe auch
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Peter Willen: Lokomotiven und Triebwagen der Schweizer Bahnen. Band 1: Schweizerische Bundesbahnen (SBB), Orell Füssli Verlag, Zürich 1988.
- ↑ DFB Tmh 2/2 985, auf hellertal.startbilder.de
- ↑ Tm 2/2 II - 597 (Tm 172 597-7) der der zb (Zentralbahn) abgestellt am 29.09.2012 in Meiringen., auf hellertal.startbilder.de
- ↑ Interessengemeinschaft Luzern-Stans-Engelberg Bahn IG LSE engelbergbahn.ch
- ↑ SBB-Traktoren im Jahr 2008 | Teil 1 Thermische Traktoren, bei le-rail.ch
- ↑ SBB-CFF-FFS electric locomotives and shunters ( vom 19. Juni 2015 im Internet Archive), bei railfaneupre.net
- ↑ SBB Infrastruktur locomotives and shunters ( vom 20. September 2016 im Internet Archive), bei railfaneupre.net
- ↑ Beschreibung des Tm 2/2 10 der SZU bei der Zürcher Museums-Bahn museumsbahn.ch
- ↑ EW Nostalgie - Start. Abgerufen am 20. Februar 2024.
- ↑ Der Tm II 653 ist da. vereindispopendel.ch, 8. Februar 2024, abgerufen am 28. Februar 2024.
- ↑ Schweizer Dieselpower: Etzwilen - Singen (Htw) 1994–1996, bei drehscheibe-online.de
- ↑ Tm II 801. etzwilen-singen.ch, abgerufen am 28. Februar 2024.
- ↑ Fahrzeugverzeichnis DVZO (PDF; 3,3 MB), S. 15, auf drehscheibe.hech.ch, abgerufen am 28. Februar 2024
- ↑ Lebenslauf des Tm II 709 bei rangierdiesel.de
- ↑ Theo Stolz: LT La Traction. Abschnitt Traktor Tm 10, ehemals MIB/SBB
- ↑ Interessengemeinschaft Luzern-Stans-Engelberg Bahn IG LSE engelbergbahn.ch
- ↑ Schienentraktor - Tm II 749-4, auf dsf-koblenz.ch, abgerufen am 28. Februar 2024
- ↑ Tm 98 85 5 230 751-0 in Sargans
- ↑ Rangierlokomotive auf der Homepage der STAG
- ↑ Holcim Tm 770 in Sargans bei bahnbilder.de
- ↑ Sursee Triengen Bahn auf Instagram: „Rückkehr des Tm ll „Bonbonina“ in Triengen. Unverkennbar mit dem frischen, tollen Anstrich. #surseetriengenbahn #triengen #winikon #büron…“ Abgerufen am 28. November 2020.
- ↑ Tm II 813 bei mikado1244.ch
- ↑ SBB - Tm 2/2 816 im Areal des IW Biel am 10. August 2014 bei bahnbilder.de
- ↑ Lebenslauf des Tm II 828 bei rangierdiesel.de
- ↑ Shiptec AG : APART ZÜGLI / SCHIENENTRAKTOR
- ↑ Artikel im Landboten: Unterwegs mit der auffälligen Aufräumerin. Abgerufen am 11. August 2020.
Weblinks
Bearbeiten- Abbildungen von Tm II auf railfaneurope.net
- Abbildungen von Tm II auf railroadpictures.de
- Traktoren der SBB bei 9-mm.ch
- Lökeli-Journal – Schienentraktoren der SBB, Ausgabe 4/1994, Kleinfeld-Verlag, Ipsach (Schweiz)
- Normalspur-Triebfahrzeuge im Eigentum der SBB bei sgeg.ch