Salzgitter-Bunker

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Salzgitter-Bunker sind normierte Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Entwickelt im Rahmen des sogenannten Geilenberg-Programms bei den Reichswerken in Salzgitter entstanden sie 1944 vornehmlich auf dem Gelände von Raffinerien, Tanklagern und Hydrierwerken zum Schutz der Belegschaft. Die Bauform bestand aus Stahlbeton mit länglichen Tonnengewölbe und rechteckigen Eingangsbauten. Salzgitter-Bunker wurden in verschiedenen Orten des Deutschen Reichs etwa 250-mal gebaut.

Innenraum eines Luftschutzbunkers vom Typ Salzgitter (1944)

Geschichte

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Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges entstanden auf dem Areal von Industrieanlagen Luftschutzbunker, die in erster Linie für die Arbeiter bei Luftangriffen zur Verfügung stehen sollten. Hierbei kamen verschiedene Bauformen zur Anwendung. Die Bauart Salzgitter wurde nach Beginn der Alliierten Luftoffensive auf die deutsche Treibstoffindustrie innerhalb kurzer Zeit als Regelbunker zum Schutz der Belegschaft vorrangig ölverarbeitender Unternehmen konstruiert und gebaut. Den Prototyp entwickelten im Auftrag von Edmund Geilenberg Techniker und Ingenieure der Reichswerke in Salzgitter, wo auch die Fertigung der für den Bau benötigten Stahlrundbögen erfolgte. Geilenberg war Direktor der Reichswerke in Salzgitter und ab Mai 1944 Generalkommissar für Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Treibstoffindustrie, weshalb die Bauart gelegentlich auch Geilenberg-Bunker genannt wurde. Weitere Bezeichnungen waren Mannschaftsbunker Salzgitter oder Bunker Salzgitter-Ausführung.[1]

Salzgitter-Bunker galten als bombensicher.[1] Entsprechend der Konzeptionierung waren sie schnell zu errichten und einsatzbereit. Nahezu alle entstanden im zweiten Halbjahr 1944. Die Bauausführung erfolgte nach Ausschreibung überwiegend durch private Unternehmen wie Dywidag, Philipp Holzmann oder Leonhard Moll, aber auch an mehreren Standorten durch die Organisation Todt. Aufgrund des im Verlauf des Krieges immer größer werdenden Arbeitskräftemangels wurden beim Bau dieser Bunkeranlagen vielerorts KZ-Häftlinge für untergeordnete Arbeiten herangezogen.[2] Insgesamt entstanden im damaligen Reichsgebiet zwischen Mai und Dezember 1944 rund 250 Salzgitter-Bunker.[3]

Am 28. Dezember 1944 untersagte das Reichsluftfahrtministerium (RLM) die weitere Errichtung. Grund dafür war der im Verhältnis zur Zahl der Schutzplätze zu hohe Baustoffaufwand. Der Runderlass 24/45 des RLM stellte dazu fest (Auszug):

„Infolge des hohen Baustoffaufwandes müssen insbesondere auch die sog. Salzgitter-Bunker in Zukunft ausscheiden. Durch ihre langgestreckte Form im Vergleich zu dem errichteten Schutzraum besitzen diese eine große Oberfläche und damit neben der erhöhten Gefährdung auch den Nachteil eines fast verdoppelten Betonaufwands gegenüber der würfel- oder zylinderförmigen Bauweise.“[4]

Innerhalb des Geilenberg-Programms entstanden weitere spezielle Bauwerke, wie Brandwachenstände, Befehls- sowie Rettungsstellen und insbesondere die U-verlagerten Geheimobjekte.[1] In der Nachkriegszeit dienten die Salzgitter-Bunker oft als Notunterkunft für Ausgebombte und Flüchtlinge. Nur wenige wurden damals gesprengt, da die Gefahr bestand, dass bei Sprengungen Gebäude in der Nachbarschaft Beschädigungen erlangten. Ab 1950 wurde die Sprengung von Bunkern gänzlich eingestellt. Mit der Eskalation des Kalten Krieges folgte in beiden Teilen Deutschlands der Aufbau eines neuen Zivilschutzes und damit eine erneute Nutzung der Bunkeranlagen. Nach 1990 wurden mehrere Bunker von den zuständigen Bundesbehörden verkauft oder abgerissen. Einige Salzgitter-Bunker dienen heute unter anderem der Polizei als Schießstände, dem THW als Lager oder Werksfeuerwehren als Gerätedepots.[5]

Bauweise

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Salzgitter-Bunker sind grundsätzlich Einraumbunker.[1] Vom Grundaufbau her sind sie rohrförmige, längliche Hochbunker, die aus einen Tonnengewölbe mit Eingangsbauten bestehen. Auf einer massiven Fundamentplatte von 2–3,75 m Dicke wurden in festgelegten Abständen gebogene Stahlstreifen eingebaut und mit Brettern als Schalung versehen. Zum Einsatz kam dann die Braunschweiger Bewehrung mit Baustahl von 14 mm Durchmesser. In den entstandenen Hohlraum wurde anschließend eine 2,50 m dicke Betondecke gegossen. Je nach Baulänge verfügten die Bunker über ein bis drei Gasschleusen, die sich an kubischen, ebenfalls bewehrten Eingangsbereichen an den Enden oder in der Mitte der Röhre befanden.[4][6][7]

Nahezu alle wurden durch Ansaugrohre von außen mit Frischluft versorgt. Gewährleistet sein sollte, dass genug Frischluft für sechs Personen pro Quadratmeter zur Verfügung stand. Das Ansaugen der Luft erfolgte über T-Rohre oder geschützte Lüftungskanäle zu externen Betonbauten und über andere Belüftungssysteme. Die Salzgitter-Bunker unterschieden sich in zwei grundlegenden Varianten: Salzgitter I und Salzgitter II. Der Unterschied lag in der Länge und im Einsatzzweck.[4]

Typ II hatte eine lichte Breite von 4 m, eine Wand-/Deckenstärke von 2,50 m und wurde in eisenarmer Weise gebaut. Die Länge lag meist zwischen 30 und 60 m. Typ I war lediglich etwas schmaler und kürzer, wobei die Länge der Bunker variierte und von den örtlichen Verhältnissen abhing. Während die kurze Variante vor allem als Feuerlöschbunker vorgesehen war, also zur Aufbewahrung von Löschgeräten und Maschinen der Werksfeuerwehr diente, war die längere Variante für die Aufnahme der Belegschaft sowie zusätzlich manchmal als Befehlsstelle des Werkluftschutzes in einem abgetrennten Teil vorgesehen.[4][6][7]

In verschiedenen Orten wurden sie auch zum Schutz der Menschen in Wohngebieten gebaut, beispielsweise in den Werksiedlungen der Hydrierwerke Pölitz AG in Stettin, der Schaffgotsch-Benzin GmbH in Deschowitz, der Brabag Zeitz und Magdeburg. Seltene Varianten sind Salzgitter-Bunker mit zwei parallelen Röhren oder winklig angelegte Bauten, wie vereinzelt bei den Leunawerken oder im Brabag-Werk Schwarzheide.[4][6][7]

Standorte

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Gemäß der Feldforschung von Michael Foedrowitz wurden mindestens 413 Salzgitter-Bunker projektiert, davon nachweislich 221 realisiert. Folgende Auflistung ist eine Auswahl vollständig errichteter Salzgitter-Bunker. Zu beachten ist, dass sich an fast allen Standorten weitere Bunker dieser Bauart im Bau befanden oder geplant waren, deren Fertigstellung jedoch nach Erlass des RLM abgebrochen wurde.[3]

Standort Anzahl Gebrauch Status[3]
Wien und Umgebung 12 diverse Raffinerien und Großtanklager in der Lobau,
in Liesing, Schwechat, Vösendorf, Floridsdorf
5 noch vorhanden
Hamburg 10 diverse Raffinerien und Großtanklager
im Petroleumhafen
2 noch vorhanden
Stettin-Pölitz
heute Police
18 Hydrierwerke Pölitz alle noch vorhanden
Maltheuern
heute Záluží
20 Sudetenländische Treibstoffwerke (SUTAG) 17 noch vorhanden
Heydebreck O.S.
heute Kędzierzyn
15 Hydrierwerk Heydebreck (IG Farben) alle noch vorhanden
Cosel
heute Koźle
4 Belegschaftssiedlung Hydrierwerk Heydebreck alle noch vorhanden
Blechhammer
heute Blachownia Śląska
21 Oberschlesische Hydrierwerke AG (OHW) alle noch vorhanden
Ehrenforst
heute Sławięcice
2 Belegschaftssiedlung OHW alle noch vorhanden
Hemmingstedt 5 Raffinerie Heide 3 noch vorhanden
Korneuburg 2 Raffinerie Korneuburg 1 noch vorhanden
Moosbierbaum 6 Hydrierwerk Moosbierbaum 1 noch vorhanden
Krumpa 6 Mineralölwerk Lützkendorf 2 noch vorhanden
Tröglitz 7 Brabag-Werk Zeitz alle entfernt
Rehmsdorf 1 Belegschaftssiedlung Brabag-Werk Zeitz noch vorhanden
Schwarzheide 9 Brabag-Werk Schwarzheide 2 noch vorhanden
Magdeburg-Rothensee 12 Brabag-Werk Magdeburg 1 noch vorhanden
Böhlen 10 Brabag-Werk Böhlen 1 noch vorhanden
Leuna 7 Leunawerke 1 teilweise vorhanden
Berlin-Zehlendorf
Am Sandwerder
1 Reichsschule der NS-Frauenschaft
Reichsstelle Deutsches Frauenwerk
entfernt
Bottrop-Welheim 3 Ruhröl GmbH entfernt
Bremen-Häfen 1 Deutsche Vacuum Oil AG entfernt
Deschowitz
heute Zdzieszowice
6 Schaffgotsch-Benzin GmbH alle vorhanden
Emmerich 1 Raffinerie der Gasolin AG entfernt
Gelsenkirchen
(Scholven-Buer)
4 Hydrierwerk Scholven 1 noch vorhanden
Gelsenkirchen-Horst 3 Hydrierwerk Gelsenberg Horst
später BP Raffinerie Gelsenkirchen-Horst
alle entfernt
Hannover-Linden 1 Mechanische Weberei Linden entfernt
Hannover-Misburg 6 Tanklager und Raffinerie
der Deurag-Nerag
2 noch vorhanden
Oberhausen-Holten 1 Fischer-Tropsch-Anlagen der Ruhrchemie entfernt
Wesseling 3 Union Rheinische Braunkohlen Kraftstoff AG 1 noch vorhanden
Monowitz
heute Monowice
3 Hydrier- und Buna-Werke Auschwitz-Monowitz alle noch vorhanden
Mährisch-Ostrau
heute Ostrava
3 Reichswerke Hermann Göring (Schwelerei,
Chemie- und Witkowitzer Eisenwerke)
alle noch vorhanden
Trzebinia 1 Erdöl-Raffinerie GmbH (Wintershall) noch vorhanden
Monheim 3 Raffinerie der Rhenania-Ossag alle entfernt
Luckenwalde 1 Baustab der Mineralölbaugesellschaft AG noch vorhanden
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Literatur

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  • Ingo Danielzik, Holger Förstemann: RL-Nummern-Liste. Kenn-Nummern der Reichsanstalt für Luftschutz 1936–1944 (2. aktualisierte Auflage 2008). BoD Norderstedt, Books on Demand 2008.
  • Michael Foedrowitz: Salzgitter-Bunker. Selbstverlag, Berlin, 2008.
  • Michael Foedrowitz: Bunkerwelten. Luftschutzanlagen in Norddeutschland. Weltbild Verlag, 2011.

Einzelnachweise

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  1. a b c d Helga Schmal, Tobias Selke: Bunker. Luftschutz und Luftschutzbau in Hamburg. Verlag Christians, Hamburg, 2001, S. 54, 130, Anmerkung 349.
  2. Ronald Rossig: Hamburgs Bunker. Dunkle Welten der Hansestadt. Ch. Links Verlag 2014, S. 46–47.
  3. a b c Mannschaftsbunker Typ Salzgitter (vgl. auch Foedrowitz: Salzgitter-Bunker. / Ingo Danielzik, Holger Förstemann: RL-Nummern-Liste. Kenn-Nummern der Reichsanstalt für Luftschutz 1936–1944.) Arbeitskreis Bunker in Wilhelmshaven und Umkreis, abgerufen am 5. August 2024.
  4. a b c d e René Geyer: Der Salzgitter-Bunker im Zentrum von Luckenwalde. In: Arbeitskreis Bunkerforschung (Hrsg.): Newsletter Ausgabe 6. Arbeitskreis Bunkerforschung des Geschichtsvereins Bietigheim-Bissingen e.V., Februar 2020, S. 9–14.
  5. Michael Foedrowitz: Salzgitter-Bunker. Selbstverlag, Berlin, 2008, S. 4 f.
  6. a b c Salzgitter-Bunker Bunker in Braunschweig, abgerufen am 5. August 2024.
  7. a b c Ingo Danielzik, Holger Förstemann: RL-Nummern-Liste. Kenn-Nummern der Reichsanstalt für Luftschutz 1936–1944 (2. aktualisierte Auflage 2008). BoD Norderstedt, 2008, S. 6 f.