Seladonit
Seladonit, synonym bzw. als Pigment auch unter der Bezeichnung Grünerde (hauptsächlich aus Seladonit und Glaukonit bestehendes Gemenge), Veronesererde, Veronesergrün, Tirolererde bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung K(Mg,Fe2+)(Fe3+,Al)[(OH)2|Si4O10][3] und entwickelt überwiegend erdige bis massige Mineral-Aggregate, selten aber auch winzige, glimmerartige, schuppige Kristalle von hellgrüner bis blaugrüner Farbe und weißer Strichfarbe. Oft findet sich der Seladonit auch innig verwachsen mit Heulandit oder Stilbit und sorgt bei diesen normalerweise farblosen Mineralen für eine gleichmäßige, meergrüne Färbung.
Seladonit | |
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dunkelgrün gefärbter Heulandit durch Einschlüsse von Seladonit (Größe: 16 × 14,5 × 7 cm) aus Jalgaon, Maharashtra, Indien | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer |
1998 s.p.[1] |
IMA-Symbol |
Cel[2] |
Andere Namen |
englisch Celadonite |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VIII/H.10 VIII/H.10-030 9.EC.15 71.02.02a.06 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[4] oder monoklin-sphenoidisch; 2[3] |
Raumgruppe | C2/m (Nr. 12)[3] | oder C2 (Nr. 5)
Gitterparameter | a = 5,22 Å; b = 9,05 Å; c = 10,20 Å β = 100,4°[3] |
Formeleinheiten | Z = 2[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2 |
Dichte (g/cm3) | 3,00 bis 3,05 |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {001} |
Bruch; Tenazität | krümelig |
Farbe | hellgrün bis blaugrün |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchscheinend bis undurchsichtig |
Glanz | matt |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,606 bis 1,625[5] nβ = 1,630 bis 1,662[5] nγ = 1,579 bis 1,661[5] |
Doppelbrechung | δ = 0,027[5] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 5 bis 8°[5] |
Pleochroismus | sichtbar: x = gelblichgrün; y und z = grün bis smaragdgrün[4] |
Etymologie und Geschichte
BearbeitenErstmals beschrieben wurde Seladonit 1847 von Ernst Friedrich Glocker, der das Mineral aufgrund seiner charakteristischen Farbe nach dem französischen Wort „céladon“ für Meeresgrün benannte.
Für den Seladonit werden insgesamt drei Typlokalitäten angegeben: Planitz in Sachsen (Deutschland), „Malga Canalece“ bei Brentonico und „Tierno-Besagno“ bei Mori am Monte Baldo in der italienischen Provinz Trentino.[5] Ursache dafür ist, dass zur Bestimmung des Mineral mehrere Proben aus den genannten Fundorten herangezogen werden mussten.[6]
Klassifikation
BearbeitenIn der seit 2001 veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Systematik der Minerale nach Strunz gehört der Seladonit zur Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ und dort zur „Glimmergruppe, Untergruppe Seladonit-Muskovit-Reihe“.
Seit der Überarbeitung der Strunz’schen Mineralsystematik in der 9. Auflage werden die Schichtsilikate präziser nach der Struktur der Silikatschichten unterteilt und das Mineral findet sich entsprechend in der Unterabteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Glimmertafeln, zusammengesetzt aus tetraedrischen und oktaedrischen Netzen“, wo es Mitglied der Glaukonit-Gruppe mit der System-Nr. 9.EC.15 ist.
Die Systematik der Minerale nach Dana sortiert den Seladonit ebenfalls in die Abteilung der Schichtsilikate und auch in der Systematik von Dana wird nach der Kristallstruktur weiter präzisiert. Allerdings wird hier die Unterabteilung beschrieben als „Schichtsilikate mit Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 2:1-Lagen“. Das Mineral findet sich dort in der „Glimmergruppe (Muskovit-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 71.02.02a.
Kristallstruktur
BearbeitenSeladonit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12) oder C2 (Nr. 5) mit den Gitterparametern a = 5,22 Å; b = 9,05 Å; c = 10,20 Å und β = 100,4° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Bildung und Fundorte
BearbeitenSeladonit bildet sich vorwiegend in basischen Vulkaniten durch hydrothermale Vorgänge, wobei er primär vorhandene, eisen- und magnesiumhaltige Silikate ersetzt. Begleitminerale sind unter anderem Calcit, verschiedene Chlorite, verschiedene Heulandite, Klinoptilolith, Laumontit, Montmorillonit, Prehnit und Quarz.
Seladonit kommt in verschiedenen Lokalitäten vor und zeigt nach Fundort verschiedene Nuancen wie span-, bläulich- und seladongrün, oliven-, apfel- oder graugrün. Die bestfarbigen Seladonite kommen vom Monte Baldo bei Verona, wo sie in großen Massen vorzufinden sind.
Weitere Fundstätten sind im Trentino (Fassatal) und Tirol (Zillertal), am Harz, in Thüringen, Böhmen, Polen und Ungarn, in Schottland (Scuir Mohr) und auf den Färöern (Streymoy, Suduroy). Vorkommen in Nordamerika sind u. a. in Oregon (John Day Formation), am Mt. Rainier Nationalpark (Wash.), Kalifornien (Red Rock Canyon) und Nicaragua sowie in Japan (Präfekturen Miyagi, Yamagata, Kamogawa und Chiba). Weltweit konnte Seladonit bisher (Stand: 2010) an rund 200 Fundorten nachgewiesen werden.[7]
Ein bekannter Fundort ist auch der Monte Altissimo di Nago, der 2079 m hohe Nordgipfel des Monte Baldo mit einem Seladonit-Aufschluss, in dem das bereits im Altertum als „Terra verdi“ genutzte Pigment „Grünerde“ ansteht.[8]
Verwendung
BearbeitenSeladonit bzw. Grünerde dienten bereits seit dem Altertum als Pigment und wird auch heute noch fein geschlämmt zu sehr haltbaren, farbechten[9] und unschädlichen Farbmitteln für Anstriche und Malereien, sowohl als Ölfarbe wie auch als Leimfarbe verarbeitet. Durch mäßiges Glühen wird ihre Farbe in ein schönes Braun umgewandelt.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 750 (Erstausgabe: 1891).
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Nebel Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 250.
- Celadonite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 74 kB]).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2023, abgerufen am 9. Juni 2023 (englisch).
- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b c d e f Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 665.
- ↑ a b Webmineral – Celadonite (englisch)
- ↑ a b c d e f Mindat – Celadonite (englisch)
- ↑ Mineralienatlas:Typlokalität
- ↑ Mindat – Localities for Celadonite
- ↑ Eintrag zu Grünerde. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 23. Mai 2013.
- ↑ Uni Bayreuth – Farben und Licht ( des vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF ; zur Farbechtheit von Seladonit: S. 17; 6,2 MB)