St. Kasimir (Vilnius)

Kirchengebäude in Vilnius

Die Kasimir-Kirche (litauisch Švento Kazimiero bažnyčia) ist eine der bedeutendsten Kirchen der Stadt Vilnius. Sie ist der erste Vertreter des Baustils des Barock in der litauischen Hauptstadt, der mit den Jesuiten in den fernen Nordosten Europas kam. Namenspatron der Kirche ist der heilige Kasimir, der Schutzpatron Litauens.

Fassade der Kirche
 
Die mächtige Kuppel der Kasimirkirche in Vilnius mit der Krone des litauischen Großfürsten

Die Bauzeit der Kasimir-Kirche war 1604–09. Die endgültige Fertigstellung im Inneren erfolgte 1615. Sie wurde die Gemeindekirche der Jesuiten, die 1569 nach Vilnius gekommen waren und zunächst die neben der von ihnen begründeten Universität gelegene Johannes-Kirche für ihre Gottesdienste nutzten. Wie viele Kirchen der Jesuiten war auch die Kasimir-Kirche der ersten Kirche der Jesuiten, Il Gesù in Rom nachempfunden. Typisch für die frühbarocke Kirche ist die Verbindung von Zentralraum- und Langhausarchitektur mit einer großen, Licht spendenden Kuppel über der Vierung (hier 40 m hoch und 17 m im Durchmesser), einem breiten einschiffigen Langhaus (hier 25 m breit) sowie die zur Mitte hin zunehmende plastische Gestaltung der Frontfassade. Im Unterschied zu Il Gesù verfügt die Frontfassade von St. Kasimir über zwei Türme.

Geschichte

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Die Jesuiten sollten von Vilnius aus die Gegenreformation im Litauischen Großfürstentum unterstützen. Einer ihrer wichtigsten Vertreter aus dieser Zeit des früheren 17. Jhs. war der heilige Andreas Bobola, der 1622 als Priester in der Kasimir-Kirche ordiniert wurde, nachdem er zuvor an der Jesuiten-Universität in Vilnius studiert hatte.

Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr die Kirche etliche Verwüstungen: 1655 durch die Besetzung der Stadt durch russische Truppen, 1706 durch einen Brand im Zusammenhang mit der Belagerung durch die Schweden, 1749 erneut durch Brand. 1750–1755 wurde die Kirche im hochbarocken Stil neu eingerichtet, u. a. mit einem prächtigen Hochaltar und die markante vergoldete Krone über der Vierung. Nachdem das Großfürstentum 1795 geendet hatte, wurde 1796 auch die Krone auf der Kirchenkuppel zerstört. Die Inneneinrichtung verwüsteten Napoleons Truppen, die hier 1812 einen Lagerraum einrichteten. Nach dem Verbot des Jesuiten-Ordens 1773 übernahmen die Augustiner die Kirche, später ein Missionsorden und nach dem Aufstand 1831 wurde die Kirche im Rahmen der Russifizierungsbemühungen der zaristischen Verwaltung 1839 in die orthodoxe Nikolaus-Kirche umgewandelt. In dieser Zeit wurde sie nach einem Entwurf des russischen Architekten Nikolai Tschagin[1] stark umgebaut (1864–1868): die Türme wurden zurückgebaut und erhielten Zwiebelturmhelme, zudem wurde die Frontfassade stark verändert und eine Ikonostase eingebaut.

Nach dem Ersten Weltkrieg, Litauen war seit der endgültigen Teilung Polens russisch beherrscht und hatte seine Unabhängigkeit vom Russischen Kaiserreich erklärt, übernahmen wieder die Jesuiten die Leitung der Kirche. Die baltischen Staaten wurden zu Beginn des Zweiten Weltkrieges von der Sowjetunion zuerst besetzt und dann annektiert. Die einmarschierende Wehrmacht verdrängte sie und wurde von deren Einwohnern als deren Befreier begrüßt. Jonas Mulokas entwarf und fertigte 1941 die Kuppelkrone, sie ist heute ein Symbol der Unabhängigkeit, an. Als die Rote Armee 1944 nach Litauen zurückkehrte, flohen zahlreiche Litauer vor ihr, um einer erwarteten Verfolgung zu entgehen. Die Sowjetbehörden der jetzigen Litauischen SSR schlossen die Kirche 1949, zerstörten deren Inneneinrichtung und nutzten sie als Lagerraum für Wein und Getreide. Nach einem Umbau 1955–57 wurde 1966 ein Museum des Atheismus in der Kirche eröffnet. 1989 wurde die Kirche wieder an die Jesuiten zurückgegeben und 1991 feierlich wieder eröffnet.

 
Orgel von 2003

2003 baute der litauische Orgelbauer Laimis Pikutis auf der Empore der Kirche eine große dreimanualige Orgel mit 45 Registern und 16′-Prospekt ein, die unter Verwendung älterer Teile einer Stumm-Orgel, die Heinrich Voit 1894 erstmals umgebaut hatte, 1968 von dem deutschen Orgelbauer Oberlinger für die Stadtkirche Durlach gebaut worden war.[2][3]

I Positiv C–g3
Holzgedackt 08′
Quintatön 08′
Principal 04′
Spitzflöte 04′
Nasat 0223
Oktav 02′
Terzian II 0113
Scharff IV
Dulcian 16′
Vox humana 0 08′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
Grossgedackt 16′
Principal 08′
Hohlpfeife 08′
Viola da Gamba 0 08′
Oktave 04′
Rohrflöte 04′
Salicional 04′
Quinte 0223
Superoktav 02′
Blockflöte 02′
Terz 0135
Quinte 0113
Mixtur IV–VI 01′
Cornett IV
Trompete 08′
Klarine 04′
III Echo C–g3
Gedackt 8′
Principal 4′
Flöte 4′
Doublette 2′
Quinte 113
Flageolett II 0 1′
Cymbel IV
Krummhorn 8′
Tremulant
Pedalwerk C–f1
Principalbass 0 16′
Subbass 16′
Metalloktav 08′
Holzoktav 08′
Oktav 04′
Pommer 04′
Waldflöte 02′
Mixtur VI
Posaune 16′
Trompete 08′
Trompete 04′

All die Zerstörungen unbeschadet überstanden hat die Krypta aus der Zeit des ersten Kirchenbaus im 17. Jahrhundert, die erst bei den Renovierungsarbeiten 1991 entdeckt wurde. An ihren bis zu 6 m hohen Gewölbewänden haben sich Zeichnungen und Liedtexte erhalten.

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Commons: St. Kasimir (Vilnius) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Fußnoten

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  1. russisch Николай Михайлович Чагин
  2. Informationen zur Orgel; abgerufen am 30. Januar 2022.
  3. Orgel auf vargonai.lt; abgerufen am 30. Januar 2022.

Koordinaten: 54° 40′ 39,4″ N, 25° 17′ 18,6″ O