Thermostabile DNA-Polymerasen sind DNA-Polymerasen, die von Thermophilen, zumeist Bakterien- oder Archaeenarten, entstammen und daher thermostabil sind. Sie werden zur Polymerasekettenreaktion und verwandten Methoden zur Vervielfältigung und Modifikation von DNA verwendet.

Taq-DNA-Polymerase mit Exonuklease- (oben links) und Polymerasedomäne mit DNA (unten rechts)

Bakterielle Polymerasen

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Thermostabile DNA-Polymerasen natürlichen Ursprungs kommen unter anderem bei thermophilen Bakterien, Archaeen und deren Pathogenen vor. Unter den bakteriellen thermostabilen DNA-Polymerasen werden die Taq-Polymerase, die Tfl-Polymerase, die Tma-Polymerase, die Tne-Polymerase und die Tth-Polymerase verwendet.[1][2][3]

Die zu den A-Typ-DNA-Polymerasen gehörenden bakteriellen thermostabilen DNA-Polymerasen besitzen neben der 5'→3'-Polymerase-Aktivität eine 5'→3'-Exonuklease-Aktivität und erzeugen am 3'-Ende des neu erzeugten Stranges einen Adenosin-Überhang (engl. englisch sticky ends). Die Prozessivität (engl. processivity) beschreibt die durchschnittliche Anzahl an Basenpaaren, bevor eine Polymerase von der DNA-Vorlage (engl. template) abfällt. Die Prozessivität der verwendeten Polymerase begrenzt den maximalen Abstand des Primers zur Sonde in der real time quantitative PCR. Die Prozessivität einer Taq-Polymerase liegt bei etwa 200 Basenpaaren.

Archaeische Polymerasen

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Pfu-Polymerase mit zwei Magnesiumionen (graue Kugeln)

Häufig verwendete DNA-Polymerasen des B-Typs sind die aus verschiedenen Archaeen stammende Pfu-Polymerase,[1] die Pwo-Polymerase, die KOD-Polymerase,[4] die Tli-Polymerase (auch Vent genannt),[5] die Tag-Polymerase,[6] die Tce-Polymerase,[7] die Tgo-Polymerase,[8] die TNA1-Polymerase,[9] die Tpe-Polymerase,[10] die Tthi-Polymerase,[11] die Neq-Polymerase[12] und die Pab-Polymerase.[13]

Die zum B-Typ gehörenden Archaeen-Varianten erzeugen keinen Überhang (engl. blunt ends, die Tli-Polymerase macht bei etwa 30 % der Produkte einen Überhang) und besitzen anstatt der 5'→3'-Exonuklease-Aktivität eine Aktivität zur Korrektur von Synthesefehlern (engl. proof-reading), die 3'→5'-Exonuklease-Aktivität.[14][15] Bei den archaeischen Polymerasen leidet bei der Erzeugung eines analogen Klenow-Fragments die Fehlerrate, da die korrigierende Exonuklease-Aktivität dabei entfernt wird.[1] Manche DNA-Polymerasen von Archaeen zeichnen sich weniger durch ihre Eignung zur Standard-PCR aus, sondern durch ihre verminderte Hemmung bei der Amplifikation von aDNA.[16]

Modifizierte Polymerasen

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Durch Proteindesign wurde aus verschiedenen thermostabilen Polymerasen und der DNA-Klammer des thermostabilen DNA-bindenden Proteins SSo7d verschiedene Fusionsproteine mit der niedrigen Fehlerrate archaeischer und der hohen Syntheserate bakterieller thermostabiler DNA-Polymerasen erzeugt (Q5-Polymerase).[17] Auch wurde ein Fusionsprotein des PCNA-Homologs aus Archaeoglobus fulgidus mit archaeischen thermostabilen DNA-Polymerasen erzeugt.[18] Analog wurden Fusionsproteine thermostabiler DNA-Polymerasen mit der thermostabilen DNA-bindenden Proteindomäne einer Topoisomerase (vom Typ V, mit Helix-hairpin-Helix-Motiv, HhH) aus Methanopyrus kandleri erzeugt (TopoTaq und PfuC2).[19][20] Ebenfalls durch Proteindesign wurde eine modifizierte Pfu-Polymerase erzeugt (Pfu Ultra).[21] Ähnliche Effekte werden auch mit Mischungen thermostabiler DNA-Polymerasen beider Typen mit einem Mischungsverhältnis der Enzymaktivitäten der Polymerasen des Typs A und B von 30 zu 1 erzielt,[10][22] z. B. die Herculase als kommerzielle Mischung der Taq- und der Pfu-Polymerase.[8]

Die Basissyntheseraten verschiedener Polymerasen (engl. productivity) sind verglichen worden.[8] Die Syntheserate der Taq-Polymerase liegt bei etwa 60 Basenpaaren pro Sekunde. Unter den unmodifizierten thermostabilen DNA-Polymerasen liegt nur die Syntheserate der KOD-Polymerase über 100 Basenpaaren pro Sekunde (circa 120 bp/s).[23] Unter den modifizierten thermostabilen DNA-Polymerasen sind verschiedene Mutationen beschrieben worden, die die Syntheserate steigern.[24][25] Die KOD-Polymerase und einige modifizierte thermostabile DNA-Polymerasen (iProof, Pfu Ultra, Phusion, Velocity oder Z-Taq) werden aufgrund ihrer hohen Syntheserate zu einer PCR-Variante mit kürzeren Amplifikationszyklen eingesetzt (Fast-PCR, High-speed PCR).

Die Fehlerraten verschiedener Polymerasen (engl. fidelity) sind bekannt und beschrieben worden. Die Fehlerrate der Taq-Polymerase beträgt 8 · 10−6 Fehler pro Basenpaar, die der KOD-Polymerase 3,5 · 10−6 Fehler pro Basenpaar, die der Tli-Polymerase und der Herculase 2,8 · 10−6 Fehler pro Basenpaar, die der Pfu-Polymerase 1,3 · 10−6 Fehler pro Basenpaar und die der Pfu Ultra 4,3 · 10−7 Fehler pro Basenpaar.[1][8]

Bei den bakteriellen thermostabilen DNA-Polymerasen kann, analog zu der DNA-Polymerase aus E. coli durch Deletion der Exonuklease-Domäne im Zuge eines Proteindesigns ein Klenow-Fragment (Klen-Taq) oder ein Stoffel-Fragment erzeugt werden, was in einer höheren Produktkonzentration resultiert.[2][26] Zwei für die Exonukleasefunktion der Taq-Polymerase notwendige Aminosäuren wurden durch Mutagenese als Arginine an den Positionen 25 und 74 (R25 und R74) identifiziert.[27]

Die Bevorzugung einzelner Nukleotide durch eine thermostabile DNA-Polymerase wird als Nukleotidspezifität (engl. bias ‚Vorliebe‘, ‚Voreingenommenheit‘) bezeichnet. Bei der PCR-basierten DNA-Sequenzierung mit Kettenabbruchsubstraten (Didesoxymethode) ist oftmals deren gleichmäßiger Einbau und somit eine gleichmäßige Erzeugung aller Kettenabbruchprodukte erwünscht, um eine höhere Sensitivität und eine leichtere Auswertung zu ermöglichen. Hierzu wurde eine KlenTaq-Polymerase durch Deletion erzeugt und durch ortsspezifische Mutagenese ein Phenylalanin an Position 667 gegen Tyrosin getauscht (kurz: F667Y) und als Thermo Sequenase bezeichnet.[28][29] Diese Polymerase kann auch für den Einbau Fluoreszenz-markierter Didesoxynukleotide verwendet werden.[30]

Andere DNA-Polymerasen

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Die in den isothermalen DNA-Amplifikationen, z. B. bei der Multidisplacement Amplification, der Recombinase Polymerase Amplification oder dem Isothermal Assembly, zur Amplifikation ganzer Genome eingesetzten DNA-Polymerasen (z. B. die φ29-DNA-Polymerase aus dem Bakteriophagen phi29) sind nicht thermostabil. Die T4-, die T6- und die T7-DNA-Polymerase sind ebenfalls nicht thermostabil.

Anwendungen

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Neben der Wahl der eingesetzten thermostabilen DNA-Polymerase werden im Zuge einer PCR-Optimierung weitere Parameter einer PCR gezielt verändert.

Die thermostabilen DNA-Polymerasen werden neben der PCR auch für die Varianten der RT-PCR, der qPCR in verschiedenen Varianten, der ortsspezifischen Mutagenese und der DNA-Sequenzierung eingesetzt. Daneben werden damit auch Hybridisierungssonden für Southern Blot und Northern Blot durch Random priming hergestellt. Die 5'→3'-Exonuklease-Aktivität wird, ohne dass eine DNA-Vermehrung (Amplifikation) stattfindet, unter anderem zur Nick translation und zur TaqMan eingesetzt.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b c d J. Cline, J. C. Braman, H. H. Hogrefe: PCR fidelity of pfu DNA polymerase and other thermostable DNA polymerases. In: Nucleic Acids Research., Bd. 24, Nr. 18, 1996, S. 3546–3551. PMID 8836181; PMC 146123 (freier Volltext).
  2. a b B. Villbrandt, H. Sobek, B. Frey, D. Schomburg: Domain exchange: chimeras of Thermus aquaticus DNA polymerase, Escherichia coli DNA polymerase I and Thermotoga neapolitana DNA polymerase. In: Protein Eng., Bd. 13, Nr. 9, 2000, S. 645–654. PMID 11054459.
  3. W. Abu Al-Soud, P. Râdström: Capacity of nine thermostable DNA polymerases to mediate DNA amplification in the presence of PCR-inhibiting samples. In: Appl. Environ. Microbiol., Bd. 64, Nr. 10, 1998, S. 3748–3753. PMID 9758794; PMC 106538 (freier Volltext).
  4. M. Takagi, M. Nishioka, H. Kakihara, M. Kitabayashi, H. Inoue, B. Kawakami, M. Oka, T. Imanaka: Characterization of DNA polymerase from Pyrococcus sp. strain KOD1 and its application to PCR. In: Appl. Environ. Microbiol., Bd. 63, Nr. 11, 1997, S. 4504–4510. PMID 9361436; PMC 168769 (freier Volltext).
  5. H. Kong, R. B. Kucera, W. E. Jack: Characterization of a DNA polymerase from the hyperthermophile archaea Thermococcus litoralis. Vent DNA polymerase, steady state kinetics, thermal stability, processivity, strand displacement, and exonuclease activities. In: J Biol Chem., Bd. 268, Nr. 3, 1993, S. 1965–1975. PMID 8420970.
  6. K. Böhlke, F. M. Pisani, C. E. Vorgias, B. Frey, H. Sobek, M. Rossi, G. Antranikian: PCR performance of the B-type DNA polymerase from the thermophilic euryarchaeon Thermococcus aggregans improved by mutations in the Y-GG/A motif. In: Nucleic Acids Res., Bd. 28, Nr. 20, 2000, S. 3910–3917. PMID 11024170; PMC 110800 (freier Volltext).
  7. K. P. Kim, H. Bae, I. H. Kim, S. T. Kwon: Cloning, expression, and PCR application of DNA polymerase from the hyperthermophilic archaeon, Thermococcus celer. In: Biotechnol Lett. (2011), Bd. 33(2), S. 339–46. PMID 20953664.
  8. a b c d Bahram Arezi, Weimei Xing, Joseph A. Sorge, Holly H. Hogrefe: Amplification efficiency of thermostable DNA polymerases. In: Analytical Biochemistry. Band 321, Nr. 2, 15. Oktober 2003, S. 226–235, doi:10.1016/S0003-2697(03)00465-2, PMID 14511688 (PDF).
  9. Y. Cho, H. S. Lee, Y. J. Kim, S. G. Kang, S. J. Kim, J. H. Lee: Characterization of a dUTPase from the hyperthermophilic archaeon Thermococcus onnurineus NA1 and its application in polymerase chain reaction amplification. In: Mar Biotechnol (NY), Bd. 9, Nr. 4, 2007, S. 450–458. PMID 17549447.
  10. a b J. I. Lee, Y. J. Kim, H. Bae, S. S. Cho, J. H. Lee, S. T. Kwon: Biochemical properties and PCR performance of a family B DNA polymerase from hyperthermophilic euryarchaeon Thermococcus peptonophilus. In: Appl Biochem Biotechnol., Bd. 160, Nr. 6, 2010, S. 1585–1899. PMID 19440663.
  11. D. Marsic, J. M. Flaman, J. D. Ng: New DNA polymerase from the hyperthermophilic marine archaeon Thermococcus thioreducens. In: Extremophiles, Bd. 12, Nr. 6, 2008, S. 775–788. PMID 18670731.
  12. J. G. Song, E. J. Kil, S. S. Cho, I. H. Kim, S. T. Kwon: An amino acid residue in the middle of the fingers subdomain is involved in Neq DNA polymerase processivity: enhanced processivity of engineered Neq DNA polymerase and its PCR application. In: Protein Eng. Des. Sel., Bd. 23, Nr. 11, 2010, S. 835–842. PMID 20851826.
  13. J. Dietrich, P. Schmitt, M. Zieger, B. Preve, J. L. Rolland, H. Chaabihi, Y. Gueguen: PCR performance of the highly thermostable proof-reading B-type DNA polymerase from Pyrococcus abyssi. In: FEMS Microbiol Lett., Bd. 217, Nr. 1, 2002, S. 89–94. PMID 12445650.
  14. E. M. Kennedy, C. Hergott, S. Dewhurst, B. Kim: The mechanistic architecture of thermostable Pyrococcus furiosus family B DNA polymerase motif A and its interaction with the dNTP substrate. In: Biochemistry (2009), Bd. 48(47), S. 11161–8. PMID 19817489; PMC 3097049 (freier Volltext).
  15. T. Kuroita, H. Matsumura, N. Yokota, M. Kitabayashi, H. Hashimoto, T. Inoue, T. Imanaka, Y. Kai: Structural mechanism for coordination of proofreading and polymerase activities in archaeal DNA polymerases. In: J Mol Biol. (2005), Bd. 351(2), S. 291–8. PMID 16019029.
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  18. M. Motz, I. Kober, C. Girardot, E. Loeser, U. Bauer, M. Albers, G. Moeckel, E. Minch, H. Voss, C. Kilger, M. Koegl: Elucidation of an archaeal replication protein network to generate enhanced PCR enzymes. In: J Biol Chem. (2002), Band 277(18), S. 16179–88. PMID 11805086. PDF.
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  20. A. R. Pavlov, N. V. Pavlova, S. A. Kozyavkin, A. I. Slesarev: Recent developments in the optimization of thermostable DNA polymerases for efficient applications. In: Trends Biotechnol. Band 22, Nr. 5, 2004, S. 253–260, doi:10.1016/j.tibtech.2004.02.011, PMID 15109812.
  21. Holly H. Hogrefe, M. Borns: High fidelity PCR enzymes. In: C.W. Dieffenbach, G.S. Dveksler (Eds.): PCR Primer: A Laboratory Manual, Cold Spring Harbor Laboratory Press, Cold Spring Harbor, NY, 2003.
  22. W. M. Barnes: PCR amplification of up to 35-kb DNA with high fidelity and high yield from lambda bacteriophage templates. In: Proc Natl Acad Sci U S A (1994), Bd. 91(6), S. 2216–20. PMID 8134376; PMC 43341 (freier Volltext).
  23. Patentanmeldung EP1752534A1: Hochgeschwindigkeits-PCR unter Verwendung von Hochgeschwindigkeits-DNA-Polymerase. Angemeldet am 12. Mai 2005, veröffentlicht am 14. Februar 2007, Anmelder: Toyo Boseki, Erfinder: Masaya Segawa et Al.
  24. Patentanmeldung US2013034879A1: DNA Polymerases. Angemeldet am 2. August 2012, veröffentlicht am 14. Februar 2007, Anmelder: Fermentas UAB et Al, Erfinder: Remigijus Skirgaila et Al.
  25. Patentanmeldung US2009280539A1: DNA Polymerases and related methods. Angemeldet am 16. April 2009, veröffentlicht am 12. November 2009, Anmelder: Roche Molecular Systems Inc, Erfinder: Keith A. Bauer.
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  27. L. S. Merkens, S. K. Bryan, R. E. Moses: Inactivation of the 5'-3' exonuclease of Thermus aquaticus DNA polymerase. In: Biochim Biophys Acta (1995), Band 1264(2), S. 243–8. PMID 7495870.
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  29. P. B. Vander Horn, M. C. Davis, J. J. Cunniff, C. Ruan, B. F. McArdle, S. B. Samols, J. Szasz, G. Hu, K. M. Hujer, S. T. Domke, S. R. Brummet, R. B. Moffett, C. W. Fuller: Thermo sequenase DNA polymerase and T. acidophilum pyrophosphatase: new thermostable enzymes for DNA sequencing. In: Biotechniques, Band 22, Nr. 4, 1997, S. 758–762, 764–765. PMID 9105629.
  30. J. M. Prober, G. L. Trainor, R. J. Dam, F. W. Hobbs, C. W. Robertson, R. J. Zagursky, A. J. Cocuzza, M. A. Jensen, K. Baumeister: A system for rapid DNA sequencing with fluorescent chain-terminating dideoxynucleotides. In: Science, Band 238, Nr. 4825, 1987, S. 336–341. PMID 2443975.