Tomasz Niewodniczański

polnischer Kernphysiker, deutscher Unternehmer und europäischer Sammler kartographischer Werke

Tomasz Niewodniczański (* 25. September 1933 in Vilnius; † 3. Januar 2010 in Bitburg) war ein polnischer Kernphysiker, deutscher Unternehmer und europäischer Sammler kartographischer Werke.

Niewodniczański entstammt einer polnischen Gelehrtenfamilie. Nach seinem Vater Henryk Niewodniczański (1900–1968) wurde 1988 das Institut für Kernphysik in Krakau benannt. Seine Mutter Irena, geb. Prawocheńska, ist eine Tochter des bekannten Pferdezüchters Roman Prawocheński (1877–1965), Professor für Biologie an der Jagiellonen-Universität.[1] Sein Bruder Jerzy Niewodniczański war von 1992 bis 2009 Präsident der Nationalen Atomenergie-Organisation in Polen.[2]

Niewodniczański wuchs in Vilnius auf, wo sein Großvater Wiktor Niewodniczański (1872–1929) Direktor des ersten Elektrizitätswerkes war und zeitweise auch in Cambridge und Posen; 1945 zog die Familie nach Krakau, wo er am Nowodworski-Gymnasium die Hochschulreife erwarb. Seinen ursprünglichen Berufswunsch, Schiffbau-Ingenieur zu werden, konnte Tomasz nicht gegen den Willen seines Vaters durchsetzen, der seine Söhne dazu „zwang“, wie er selbst Atomphysiker zu werden. Deshalb absolvierten beide die Fakultät für Physik der Jagiellonen-Universität. 1955 legte Thomasz Niewodniczanski die Magister-Prüfung ab, danach arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kernforschung in Warschau.

1956 erhielt er ein Stipendium für das Institut für Physik der Technischen Universität in Zürich, wo er 1963 promovierte. Dort lernte er die Bitburger Architektur-Studentin Marie-Luise Simon kennen, die er 1960 in der Schweiz heiratete. Die kirchliche Trauung fand danach in der katholischen Pfarrkirche St. Paulin zu Trier statt. 1963 wurde der älteste seiner drei Söhne in Bitburg geboren; danach zog die Familie gemeinsam nach Warschau,[3] wo er das Samodzielne Laboratorium Budowy Akceleratora Liniowego (Unabhängiges Laboratorium für den Bau eines Linearbeschleunigers) geleitet hat. Nach der Fertigstellung des Linearbeschleunigers emigrierte die Familie 1970 in die Bundesrepublik Deutschland, wo Niewodniczański zuerst an einem Physik-Institut in Heidelberg arbeitete und am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, wo er an der Entwicklung des GSI-Linearbeschleunigers beteiligt war.

Gemeinsam mit dem Ehemann einer Cousine seiner Frau, Michael Dietzsch, sowie ihrem Vetter Axel Th. Simon übernahm Niewodniczański 1975 die Geschäftsführung der Bitburger Brauerei; später übernahm er die Funktion als Finanz-Direktor der Bitburger Holding. Während dieser Tätigkeit wurde für Bitburger eine neue Großbrauerei in Bitburg-Süd errichtet, bei der er seine Erfahrungen aus der Schweizer Zeit bei Planung und Bau des CERN nutzen konnte; Niewodniczański kommentierte dies später mit den Worten: „Im Prinzip ist es doch egal, ob man einen Teilchen-Beschleuniger baut oder eine neue Brauerei.“[4]

Schriften (Auswahl)

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  • Thomas Niewodniczański (Hrsg.): „Ich bin gesund und fühle mich wohl“. Briefe polnischer Häftlinge aus den deutschen Konzentrationslagern. Übersetzt von Marie-Luise Niewodniczańska, Katalog zur Ausstellung aus der Sammlung Thomas Niewodniczański des Geschichtsvereins Prümer Land e.V. in der Kundenhalle der Kreissparkasse Bitburg-Prüm in Prüm, Prüm 2009.
  • n'-γ[Gamma]-Winkelkorrelation für 56Fe <n, n'γ>0,845 bei 2,0 MeV, Dissertation, Zürich 1963, doi:10.3929/ethz-a-000087575.
  • Imago Germaniae: Das Deutschlandbild der Kartenmacher in fünf Jahrhunderten; aus der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preussischer Kulturbesitz – und der Collection Niewodniczański, Bitburg. Katalog der Ausstellung in der Staatsbibliothek zu Berlin, 23. September bis 9. November 1996 / [Ausstellung und Katalog: Lothar Zögner. Mit einer Einführung von Joachim Neumann] ISBN 3-87437-388-6.
  • Danzig, alte Stadtansichten, Landkarten, Dokumente ; Auswahl aus der Sammlung Tomasz Niewodniczański. Ausstellung: Deutsches Polen-Institut Darmstadt, Haus Deiters, 13. Oktober – 17. November 2000 / [hrsg. vom Deutschen Polen-Institut Darmstadt. Ausstellung und Katalog Kriemhild Kern und Matthias Kneip].
  • Brückenschlag – Polnische Geschichte in Karten und Dokumenten: vom 18. April bis 8. Juni 2002 Staatsbibliothek zu Berlin Preussischer Kulturbesitz / Ausstellung des deutsch-polnischen Sammlers Tomasz Niewodniczański. 2002.[5]

Ehrungen und Mitgliedschaften

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Literatur

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  • Joachim Neumann: Tomasz Niewodniczaski 23. 9.1933 - 3.1.2010. In: Cartographica Helvetica : Fachzeitschrift für Kartengeschichte Band 41–42 (2010) Heft 42
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Einzelnachweise

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  1. https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/sammler-physiker-unternehmer-tomasz-niewodniczanski?page=1#body-top
  2. Der Traum vom polnischen Atom (Memento vom 29. November 2018 im Internet Archive)
  3. Bitburg, Warschau und zurück. In: volksfreund.de. 14. Oktober 2012, abgerufen am 18. Februar 2024.
  4. https://www.jugend-forscht.de/uploads/media/Nachruf_Niewodniczanski_Tierischer_Volksfreund.pdf
  5. https://staatsbibliothek-berlin.de/en/about-the-library/ausstellungen-und-veranstaltungen/detail/article/2002-04-15-1170/